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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 16.12.2008
Aktenzeichen: 4 StR 542/08
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 2
StPO § 403
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat

auf Antrag,

zu 1. nach Anhörung des Generalbundesanwalts und

nach Anhörung des Beschwerdeführers

am 16. Dezember 2008

gemäß §§ 349 Abs. 2 und 4, 406 Abs. 1 Satz 3 StPO

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 7. Juli 2008 aufgehoben, soweit dem Verletzten Schmerzensgeld zuerkannt wurde; von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag wird abgesehen.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch eines Widerstandsunfähigen und wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes unter Einbeziehung der Strafen aus zwei früheren Verurteilungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Außerdem hat es dem als Nebenkläger zugelassenen geschädigten Minderjährigen im Adhäsionsverfahren Schmerzensgeld in Höhe von 2.000 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. Juni 2008 zugesprochen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat hinsichtlich des Ausspruchs über das Schmerzensgeld Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1.

Der Ausspruch über die Zuerkennung von Schmerzensgeld hat keinen Bestand, weil es an einem wirksam gestellten Adhäsionsantrag fehlt. Der Adhäsionsantrag des Verletzten ist Verfahrensvoraussetzung für die Entscheidung über die Entschädigung, deren Vorliegen in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. BGH StV 2008, 127; Hilger in Löwe/Rosenberg 25. Aufl. § 404 Rdn. 1; Engelhardt in KK 6. Aufl. § 404 Rdn. 1, jeweils m.w.N.).

Vorliegend hat Rechtsanwältin H. für den Verletzten mit Schriftsatz vom 10. Juni 2008 den Adhäsionsantrag gestellt. Zu diesem Zeitpunkt war der am 19. Oktober 1992 geborene Verletzte noch nicht prozessfähig (§ 52 ZPO); daher hätte der Antrag durch seine Mutter als seine gesetzliche Vertreterin gestellt werden müssen (vgl. Meyer-Goßner StPO 51. Aufl. § 403 Rdn. 6). Diese hat weder selbst einen Adhäsionsantrag gestellt noch Rechtsanwältin H. zur Antragstellung bevollmächtigt; letzteres ist lediglich durch die Betreuerin der Mutter geschehen [Bd. I 180, 182; II 138]. Entgegen der Ansicht des Landgerichts war die Betreuerin zur Vertretung des Verletzten nicht berechtigt, da die Vertretungsmacht des Betreuers auf den ihm zugewiesenen Aufgabenkreis beschränkt ist, § 1902 BGB.

Das Recht, für einen Minderjährigen einen Adhäsionsantrag zu stellen, ist Ausfluss der elterlichen Sorge, die die Sorge für die Person und das Vermögen des minderjährigen Kindes umfasst (§ 1626 Abs. 1 BGB). Die elterliche Sorge und die sich aus ihr ergebenden Rechte sind höchstpersönlicher Natur und können nur in den gesetzlich geregelten Ausnahmefällen auf andere Personen übertragen werden. Die Bestellung eines Betreuers für den sorgeberechtigten Elternteil hat keine Auswirkungen auf die elterliche Sorge und beinhaltet nicht die Vertretung des minderjährigen Kindes (vgl. BayObLG BtPrax 2004, 239; Palandt/Diederichsen BGB 68. Aufl. § 1896 Rdn. 23; Schwab in MünchKomm BGB § 1896 Rdn. 100, § 1902 Rdn. 34; Bienwald in J. von Staudinger Kommentar zum BGB § 1902 Rdn. 34; Hoffmann BtPrax 2007, 95, 97).

2.

Da es an einer rechtswirksamen Bevollmächtigung fehlt, ist der Adhäsionsantrag unzulässig (§ 403 StPO). Der Senat spricht daher aus, dass gemäß § 406 Abs. 1 Satz 3 StPO von einer Entscheidung über den Antrag abgesehen wird (vgl. Meyer-Goßner aaO § 406 Rdn. 10).

3.

Der nur geringe Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten auch nur teilweise von den durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen. Die dem als Nebenkläger zugelassenen Verletzten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen hat der Angeklagte dagegen nicht zu tragen, da Rechtsanwältin H. zur Abgabe der Anschlusserklärung nach § 396 Abs. 1 StPO ebenfalls nicht rechtswirksam bevollmächtigt war.

Ende der Entscheidung

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