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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 12.01.1999
Aktenzeichen: 4 StR 688/98
Rechtsgebiete: StGB a.F., StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 2 und 4
StPO § 357
StPO § 265
StPO § 154 Abs. 1
StGB a.F. § 249 Abs. 1
StGB a.F. § 250 Abs. 1 Nr. 2
StGB § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b
StGB § 25 Abs. 2
StGB § 2 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

4 StR 688/98

vom

12. Januar 1999

in der Strafsache

gegen

wegen schweren Raubes

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 12. Januar 1999 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 10. Juli 1998, soweit es ihn betrifft, im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes (angewandte Strafvorschriften: §§ 249 Abs. 1, 250 Abs. 1 Nr. 2 StGB a.F.) zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Strafausspruchs; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

Soweit der Angeklagte mit einer Verfahrensrüge beanstandet, daß das Landgericht den der abgeurteilten Tat vorausgegangenen Versuch, das Tatopfer zu berauben, der von der Staatsanwaltschaft nach § 154 Abs. 1 StPO ausgeschieden worden war, bei der Strafzumessung zu Lasten des Angeklagten verwertet hat, kann dahinstehen, ob nach der hier gegebenen Gestaltung des Verfahrens, wie der Generalbundesanwalt meint, ein entsprechender Hinweis nach § 265 StPO entbehrlich war (vgl. hierzu BGHR StPO § 154 Abs. 1 Hinweispflicht 1), weil das Rechtsmittel zum Strafausspruch schon mit der Sachbeschwerde Erfolg hat:

Das Landgericht hat die gegen den Angeklagten verhängte Strafe dem Strafrahmen des zur Tatzeit geltenden § 250 Abs. 1 Nr. 2 StGB entnommen. Es hat die von den früheren Mitangeklagten T. und K. mitgeführten Gaspistolen, die mit Schreckschußmunition geladen waren, als Tatmittel im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB n.F. angesehen. Nach Auffassung des Landgerichts ist der mildere § 250 Abs.1 StGB n.F. aber deshalb nicht anzuwenden, weil die Mittäter des Angeklagten die Gaspistolen, wie geplant, "durch drohendes Vorhalten gegenüber dem Zeugen N. " im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB n.F. verwendet hätten. Der Tatbestand des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB n.F. ist beim Einsatz einer lediglich mit Schreckschußmunition geladenen Gaspistole als Drohmittel aber nur dann erfüllt, wenn - was hier nicht der Fall war - durch Aufsetzen der Pistole mit der Abgabe eines Schusses gedroht wird (BGH, Beschluß vom 19. August 1998 - 3 StR 333/98) oder eine andere konkrete Anwendung des Tatmittels, etwa als Schlagwerkzeug, angedroht wird, die geeignet ist, erhebliche Verletzungen zu verursachen (vgl. BGH NJW 1998, 2915). Das dem Angeklagten zuzurechnende (§ 25 Abs. 2 StGB) Verhalten der Mitangeklagten erfüllt deshalb entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts nicht die Voraussetzungen des § 250 Abs. 2 Nr 1 StGB, sondern lediglich die Qualifikation des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB (vgl. BGH NJW 1998, 2915; BGH, Beschlüsse vom 23. Juni 1998 - 4 StR 245/98, 19. August 1998 - 3 StR 333/98, 22. Dezember 1998 - 3 StR 516/98 und vom 7. Januar 1999 - 4 StR 686/98). Dies gilt auch, soweit die Mittäter des Angeklagten die von ihnen mitgeführten Kabelbinder einsetzten, um dem Tatopfer die Hände zu fesseln (vgl. BGH, Beschluß vom 4. September 1998 - 2 StR 390/98). Da das Landgericht ohne Rechtsfehler einen minder schweren Fall im Sinne des § 250 Abs. 2 StGB a.F. verneint hat, hätte es den Strafrahmen des § 250 Abs. 1 StGB n.F., der mit einer Mindeststrafdrohung von nur noch drei Jahren im Verhältnis zum alten Recht das mildere Gesetz im Sinne des § 2 Abs. 3 StGB darstellt, zugrundelegen müssen. Der Senat kann nicht mit Sicherheit ausschließen, daß das Landgericht, wäre es von der Verwirklichung des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB n.F. ausgegangen, gegen den Angeklagten auf eine niedrigere Strafe erkannt hätte.

Einer Erstreckung der Aufhebung gemäß § 357 StPO auf die Strafaussprüche gegen die früheren Mitangeklagten T. (Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten) und K. (Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten) bedarf es jedoch nicht. Insbesondere im Hinblick darauf, daß sie - im Gegensatz zum Angeklagten G. - sämtliche Tatbestandsmerkmale eigenhändig verwirklichten und neben Bargeld (mindestens 6.000 DM; Beuteerwartung: 500.000 DM) in Erweiterung des ursprünglichen Tatplanes auch das neue Auto des Tatopfers (Wert: 81.000 DM) raubten, schließt der Senat aus, daß das Landgericht gegen sie mildere Strafen verhängt hätte, wenn es bei der Stafbemessung § 250 Abs. 1 StGB n.F. im Blick gehabt hätte.

Da sich das Verfahren nunmehr nur noch gegen einen erwachsenen Angeklagten richtet, verweist der Senat die Sache an eine allgemeine Strafkammer zurück (BGHSt 35, 267).



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