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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 21.04.2004
Aktenzeichen: 5 StR 133/04
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 4
StPO § 349 Abs. 2
StGB § 250 Abs. 2
StGB § 250 Abs. 3
StGB § 20
StGB § 21
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

5 StR 133/04

vom 21. April 2004

in der Strafsache

gegen

wegen schweren räuberischen Diebstahls u. a.

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. April 2004 beschlossen:

Tenor:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 1. Dezember 2003 im Einzelstrafausspruch wegen schweren räuberischen Diebstahls und im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zwei Monaten nach § 349 Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls in sechs Fällen unter Einbeziehung der Strafe aus einer zäsurbegründenden rechtskräftigen Vorverurteilung zu sieben Monaten Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt, ferner wegen schweren räuberischen Diebstahls (§§ 252, 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB; Einsatzstrafe: fünf Jahre Freiheitsstrafe) und versuchter gefährlicher Körperverletzung zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zwei Monaten. Die im übrigen offensichtlich unbegründete Revision des Angeklagten hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg.

Bei der Prüfung eines minder schweren Falles nach § 250 Abs. 3 StGB hat das Landgericht tatbezogen mildernd zwar den "relativ geringen Wert" (UA S. 16) - 67 € - der entwendeten Farbspraydosen berücksichtigt, indes nicht ausdrücklich die Versuchsnähe der Tat bedacht, deren Beute unmittelbar nach der Tat bei dem letztlich erfolgreich verfolgten Angeklagten sichergestellt wurde. Trotz der stark erschwerenden Umstände aus den Vorbelastungen des Angeklagten schließt der Senat, da auch die Gewaltkomponente, gemessen an der Qualifikation nach § 250 Abs. 2 StGB, nicht von besonders starkem Gewicht war, nicht aus, daß diese Tatsache die Annahme eines minder schweren Falles und eine mildere Einsatzstrafe unter weiterer Berücksichtigung des Umstandes hätte rechtfertigen können, daß der Angeklagte Gegenstände für diejenige Tätigkeit entwendete, bei der er unter seinen sonst trostlosen Lebensbedingungen allein "Freunde und Anerkennung" (UA S. 4) fand.

Vor dem Hintergrund der Feststellungen zum ungewöhnlich unglücklichen Werdegang des Angeklagten, zu seinen massiven Lern- und Ausbildungsschwierigkeiten, zu seiner Unterkunft im betreuten Wohnen, zu seinem Drogen- und Alkoholkonsum und zu seiner mit der Mehrzahl der abgeurteilten Taten zusammenhängenden leidenschaftlichen Verhaftung in der "Graffiti-Szene" ist es ungewöhnlich, daß das angefochtene Urteil die Frage der Schuldfähigkeit gänzlich unerörtert läßt. Wenngleich besonders markante Anhaltspunkte für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 StGB noch nicht vorliegen, kann sich angesichts der genannten Feststellungen eine psychiatrische Begutachtung des jetzt in noch schwerere Kriminalität als bisher abgeglittenen, offenbar noch nie begutachteten, verhältnismäßig jungen und allein wegen seines Werdegangs und seiner mannigfachen Gefährdung naheliegend therapiebedürftigen Angeklagten für das neue Tatgericht empfehlen. Die Feststellung einer tatspezifischen Persönlichkeitsstörung auch unterhalb der Schwelle der Voraussetzungen der §§ 20, 21 StGB kann für die Gesamtwürdigung nach § 250 Abs. 3 StGB bedeutsam sein. Schuldunfähigkeit ist freilich sicher auszuschließen, und für die jeweils mit einer Orientierung an der Mindeststrafe geahndeten Vergehen kommt, selbst wenn § 21 StGB Anwendung finden sollte, eine noch mildere Ahndung nicht in Betracht.

Ende der Entscheidung

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