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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 15.09.2008
Aktenzeichen: AnwZ (B) 97/06
Rechtsgebiete: BRAO


Vorschriften:

BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

AnwZ (B) 97/06

vom 15. September 2008

in dem Verfahren

wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft

Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter, die Richter Dr. Ernemann, Dr. Schmidt-Räntsch und Schaal sowie den Rechtsanwalt Dr. Wosgien, die Rechtsanwältin Dr. Hauger und den Rechtsanwalt Prof. Dr. Stüer nach mündlicher Verhandlung am 15. September 2008

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 2. Senats des Sächsischen Anwaltsgerichtshofs vom 14. September 2006 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller wurde 1991 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Die Antragsgegnerin widerrief die Zulassung mit Bescheid vom 9. November 2005 nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls.

Der Anwaltsgerichtshof hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 BRAO), hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft ist mit Recht widerrufen worden.

1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Diese Voraussetzungen für den Widerruf waren bei Erlass der angegriffenen Verfügung erfüllt.

a) Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Dies wird nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO vermutet, wenn der Rechtsanwalt in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Schuldnerverzeichnis (§ 915 ZPO) eingetragen ist. Der Vermutungstatbestand war hier unstreitig erfüllt. Gegen den Antragsteller waren in insgesamt fünf Verfahren Haftbefehlsanordnungen zur Erzwingung der eidesstattlichen Versicherung ergangen. Er hatte schließlich am 29. September 2005 in dem Zwangsvollstreckungsverfahren 1 M 1972/05 die eidesstattliche Versicherung abgegeben. Darüber hinaus waren gegen ihn die weiteren in der Widerrufsverfügung aufgeführten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durchgeführt worden. Der Aufforderung der Antragsgegnerin, zu seinen Vermögensverhältnissen detailliert Stellung zu nehmen, ist er nicht nachgekommen. Dies geht zu seinen Lasten.

b) Anhaltspunkte dafür, dass ungeachtet des Vermögensverfalls die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet waren, lagen bei Erlass der Widerrufsverfügung nicht vor. Der Vermögensverfall führt regelmäßig zu einer derartigen Gefährdung, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Mandantengeldern.

2. Ein nachträglicher Wegfall des Widerrufsgrundes, der im gerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen wäre (BGHZ 75, 356; 84, 149), ist nicht gegeben.

a) Eine Konsolidierung seiner Vermögensverhältnisse hat der Antragsteller nicht nachgewiesen. Vielmehr sind auch nach Erlass der angefochtenen Entscheidung weitere Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen ihn bekannt geworden. So sind nach Mitteilungen des Amtsgerichts M. - Vollstreckungsgericht - allein im Zeitraum Dezember 2006 bis Mai 2007 gegen den Antragsteller auf Betreiben von sechs Gläubigern Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse wegen Forderungen in Gesamthöhe von ca. 51.000 €, darunter in einem Fall wegen eines (Kleinst-) Betrages von 95 €, erlassen worden. Zwar hat der Antragsteller zwischenzeitlich sein Hausanwesen in R. verkaufen können mit der Folge, dass die dinglich gesicherten Forderungen aus dem Kaufpreis beglichen werden konnten. Die Erfüllung der weiteren bekannt gewordenen Verbindlichkeiten, etwa gegenüber der Kreissparkasse M. (zuletzt: 14.668,67 €) oder der Gläubigerin B. Ro. (zuletzt: 5.448,55 €), hat er jedoch nicht dargetan. Soweit sich der Antragsteller einer eigenen Forderung in Höhe von 21.995,48 € aus einem früheren Sozietätsverhältnis berühmt, ist deren Bestand und Durchsetzbarkeit ungewiss. Schließlich ist mit Beschluss des Amtsgerichts D. vom 15. April 2008 über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden, so dass zwischenzeitlich auch insoweit der Vermutungstatbestand des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO gegeben ist.

Solange das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Antragstellers läuft, besteht die Grundlage der gesetzlichen Vermutung fort. Die Vermögensverhältnisse eines Schuldners können grundsätzlich erst mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens, mit welcher der Schuldner das Recht zurückerhält, über die vormalige Insolvenzmasse frei zu verfügen (§ 259 Abs. 1 Satz 2 InsO), und mit der Ankündigung der Restschuldbefreiung durch Beschluss des Insolvenzgerichts (§ 291 Abs. 1 InsO) wieder als geordnet angesehen werden (Senatsbeschluss vom 7. Dezember 2004 - AnwZ (B) 40/04, NJW 2005, 1271 unter II 2 und 3). Diese Voraussetzungen sind hier indes nicht gegeben.

b) Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall nicht (mehr) gefährdet sind. Wie der Bestimmung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO zu entnehmen ist, geht der Gesetzgeber grundsätzlich von einer Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden aus, wenn sich der Rechtsanwalt in Vermögensverfall befindet; dies ist auch in aller Regel der Fall, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Fremdgeldern und den darauf möglichen Zugriff von Gläubigern. Diese Gefährdung entfällt nicht bereits durch die Insolvenzeröffnung und die damit verbundene Verfügungsbeschränkung.

Ende der Entscheidung

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