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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 27.09.2007
Aktenzeichen: BLw 14/07
Rechtsgebiete: LwVG, HöfeO, FGG, ZPO, LVO


Vorschriften:

LwVG § 20 Abs. 1 Nr. 4
LwVG § 27 Abs. 2
LwVG § 44
LwVG § 45
HöfeO § 7
HöfeO § 7 Abs. 2
FGG § 20 Abs. 1
ZPO § 551 Abs. 3 Nr. 2 a
ZPO § 551 Abs. 3 Nr. 2 b
ZPO § 559 Abs. 1 Satz 2
LVO § 38 Abs. 4
LVO § 38 Abs. 5
Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

BLw 14/07

vom 27. September 2007

in der Landwirtschaftssache

betreffend die Genehmigung des Hofüberlassungsvertrags

Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 27. September 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Lemke und Dr. Czub - gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 LwVG ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter - beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Beteiligten zu 1 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird zurückgewiesen, weil die Rechtsverfolgung keinen Erfolg hat.

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Senats für Landwirtschaftssachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 29. Mai 2007 wird auf Kosten des Beteiligten zu 1, der den Beteiligten zu 2 und 3 auch die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten hat, zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 170.000 €.

Gründe:

I.

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 22. Juni 2005 übertrug der Beteiligte zu 3 seiner Nichte, der Beteiligten zu 2, seinen zu einem landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden Grundbesitz sowie Gesellschaftsanteile an der mit seinem Bruder betriebenen Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die den Betrieb bewirtschaftete. Die Kinder des Beteiligten zu 3, der Beteiligte zu 1 und seine Schwester, wurden im Hinblick auf ihre höferechtlichen Abfindungsansprüche auf den Pflichtteil gesetzt.

Auf Antrag der Beteiligten zu 2 und 3 hat das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - den Vertrag genehmigt. Die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1 hat das Oberlandesgericht - Senat für Landwirtschaftssachen - "zurückgewiesen". Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1.

II.

Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1 für unzulässig gehalten, weil ihm ein Beschwerderecht nicht zustehe. Die Rechte des an einem Übergabevertrag nicht beteiligten weichenden Erben würden durch die Genehmigung des Vertrags nicht beeinträchtigt, denn er sei noch nicht Erbe des Hofeigentümers und habe auch kein gesichertes Anwartschaftsrecht. Allenfalls habe er die tatsächliche Aussicht, Hoferbe zu werden. Dies begründe jedoch keine Beschwerdebefugnis. Ausnahmen gälten nur dann, wenn der Hofeigentümer den Beschwerdeführer bereits vor dem Abschluss des Übergabevertrags erbvertraglich, durch bindend gewordenes gemeinschaftliches Testament oder durch formlos bindende Hoferbenbestimmung zum Hoferben bestimmt hätte. Diese Ausnahmen lägen hier nicht vor.

Soweit der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung vom 9. Oktober 1951 (BGHZ 3, 203) das Beschwerderecht des allein wirtschaftsfähigen Abkömmlings bejaht habe, beruhe dies auf der früheren Fassung von § 7 Abs. 2 HöfeO, nach der ein Hofübergabevertrag der gerichtlichen Zustimmung bedurft habe, wenn der Übergeber seine sämtlichen Abkömmlinge als Hoferben habe übergehen wollen. Somit habe der einzige wirtschaftsfähige Abkömmling eine weitgehend gesicherte Anwartschaft darauf gehabt, Hoferbe zu werden. Diese sei einem für die Beschwerdeberechtigung notwendigen subjektiven Recht gleichzusetzen gewesen. Mit der Neufassung des § 7 HöfeO sei eine solche gesicherte Position des Abkömmlings jedoch entfallen.

Ein Beschwerderecht des übergangenen Hoferben für den Fall, dass der Hofübernehmer nicht wirtschaftsfähig sei, könne nicht anerkannt werden. Für die Frage der Verletzung eines subjektiven Rechts komme es allein auf die Rechtsstellung des weichenden Erben an, die von der Person des Übernehmers nicht abhängig sei.

Schließlich ergebe sich die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 1 auch nicht daraus, dass er in dem Genehmigungsverfahren nicht angehört worden sei.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

III.

Die Rechtsbeschwerde ist zwar zulässig (§ 24 Abs. 2 Nr. 2 LwVG), hat in der Sache aber keinen Erfolg. Das Beschwerdegericht hat ein Beschwerderecht des Beteiligten zu 1 zutreffend verneint.

1. Der Beteiligte zu 1 ist nur beschwerdeberechtigt, wenn durch die Genehmigung des Überlassungsvertrags ein ihm zustehendes materielles subjektives Recht beeinträchtigt wird (§ 9 LwVG i.V.m. § 20 Abs. 1 FGG). Das ist nicht der Fall.

a) Nach der Rechtsprechung des Senats hat der an einem Hofübergabevertrag nicht beteiligte weichende Erbe grundsätzlich kein Beschwerderecht gegen die landwirtschaftsgerichtliche Genehmigung des Vertrags, und zwar weder unter dem Gesichtspunkt seiner eigenen Erbchance noch unter dem seiner gesetzlichen oder vertraglichen Abfindungsansprüche noch allein aus dem seiner formellen Beteiligteneigenschaft in dem Verfahren; ausgenommen hiervon sind die Fälle, in denen der Hofeigentümer vor dem Abschluss des Übergabevertrags den Beschwerdeführer erbvertraglich, durch bindend gewordenes gemeinschaftliches Testament oder durch formlos bindende Hoferbenbestimmung (Übertragung der Bewirtschaftung und Beschäftigung auf dem Hof) bereits zum Hoferben bestimmt und der Beschwerdeführer so eine rechtlich gesicherte Anwartschaft auf das Erbe erlangt hatte, die einem subjektiven Recht i.S. von § 20 Abs. 1 FGG gleichgestellt ist (Beschl. v. 18. April 1996, BLw 43/95, AgrarR 1996, 400, 401 m.w.N.). Diese Rechtsprechung hat das Beschwerdegericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Sie wird von dem Beteiligten zu 1 auch nicht in Frage gestellt.

b) Von vornherein ohne Erfolg beruft er sich in dem Rechtsbeschwerdeverfahren auf eine testamentarische Erbeinsetzung durch den Beteiligten zu 3. Sie reicht nicht aus, dem eingesetzten Erben ein gesichertes Anwartschaftsrecht auf das Erbe zu verschaffen; er hat lediglich die tatsächliche Aussicht, Hoferbe zu werden. Demgemäß hat selbst derjenige, der schon vor dem Abschluss eines Hofübergabevertrags durch eine einseitige Verfügung von Todes wegen zum Hoferben bestimmt worden ist, kein Beschwerderecht gegen die Genehmigung des Vertrags (Senat, Beschl. v. 18. April 1996, BLw 43/95, aaO).

c) Ebenfalls ohne Erfolg macht der Beteiligte zu 1 geltend, seine Beschwerdeberechtigung folge aus einer formlos bindenden Hoferbenbestimmung. Das Beschwerdegericht hat festgestellt, dass die Voraussetzungen für eine solche Bestimmung des Hoferben (§ 7 Abs. 2 Satz 1 und 2 HöfeO) nicht vorliegen. Daran ist der Senat gebunden, weil insoweit eine zulässige und begründete Verfahrensrüge nicht erhoben worden ist (§ 27 Abs. 2 LwVG i.V.m. § 559 Abs. 1 ZPO). Der Beteiligte zu 1 trägt in seiner Rechtsbeschwerdebegründung lediglich zum Umfang seiner Mitarbeit in dem landwirtschaftlichen Betrieb des Beteiligten zu 3 vor. Das genügt nicht den in §§ 559 Abs. 1 Satz 2, 551 Abs. 3 Nr. 2 a und b ZPO genannten Voraussetzungen; es fehlt an einer bestimmten Bezeichnung der Umstände und Tatsachen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das Beschwerdegericht und der Verfahrensmangel ergeben (vgl. Senat, Beschl. v. 29. September 1996, BLw 10/96, WM 1997, 678, 680).

2. Zu Recht hat das Beschwerdegericht die frühere Senatsrechtsprechung, nach welcher der einzige wirtschaftsfähige Abkömmling des Eigentümers bei Übertragung des Hofes auf einen anderen Abkömmling in dem Verfahren betreffend die Genehmigung des Übergabevertrags beschwerdeberechtigt ist (BGHZ 3, 203), für nicht anwendbar angesehen.

a) Diese Rechtsprechung beruht auf der Überlegung, dass nach der damaligen Rechtslage der allein wirtschaftsfähige Abkömmling des Hofeigentümers als Hoferbe nur ausgeschaltet werden konnte, wenn das Gericht die Zustimmung zu der Übergehung sämtlicher Abkömmlinge nach § 7 Abs. 2 HöfeO a.F. erteilte; diese Einschränkung der Testier- und Verfügungsfreiheit des Eigentümers verschaffte dem einzigen wirtschaftsfähigen Abkömmling eine einem subjektiven Recht i.S. von § 20 Abs. 1 FGG gleichgestellte weitgehend gesicherte Anwartschaft darauf, dass er Hoferbe wurde (vgl. BGHZ 3, 203, 204 f.). Das rechtfertigte seine Beschwerdeberechtigung. Sie ergab sich im Übrigen auch aus § 38 Abs. 4 und 5 der Verfahrensordnung für Landwirtschaftssachen (LVO) vom 2. Dezember 1947 (VOBl. für die brit. Zone S. 157). Anders ist es nach dem ab dem 1. Juli 1976 geltenden Recht. Eine dem § 7 Abs. 2 HöfeO a.F. entsprechende Genehmigungspflicht gibt es nicht mehr. Der Hofeigentümer kann den Hoferben frei bestimmen, wobei er auch seine Abkömmlinge - die wirtschaftsfähigen und die nicht wirtschaftsfähigen - übergehen kann, ohne dass dies einer gerichtlichen Genehmigung bedarf. Auch ist die in § 38 Abs. 4 und 5 LVO normiert gewesene Beschwerdeberechtigung ersatzlos entfallen. Dadurch hat sich die Rechtsstellung des einzigen wirtschaftsfähigen Abkömmlings gegenüber der früheren Rechtslage geändert. Er hat keine gesicherte Anwartschaft auf das Erbe mehr, sondern lediglich die Aussicht, Hoferbe zu werden. Die reicht, wie oben ausgeführt, indes nicht aus, ihm die Beschwerdeberechtigung in dem Verfahren betreffend die Genehmigung eines Hofübergabevertrags zuzusprechen.

b) Nichts anderes folgt aus den von dem Beteiligten zu 1 für seine gegenteilige Auffassung herangezogenen Entscheidungen des Senats und des Oberlandesgerichts Oldenburg. Soweit die Senatsentscheidungen vor dem Wegfall des gerichtlichen Genehmigungserfordernisses (§ 7 Abs. 2 HöfeO a.F.) und der gesetzlich geregelten Beschwerdeberechtigung (§ 38 Abs. 4 und 5 LVO) ergangen sind, ergibt sich das aus der vorstehenden Begründung zu der Nichtanwendbarkeit der in BGHZ 3, 203 veröffentlichten Rechtsprechung; die zeitlich danach ergangenen Entscheidungen (Beschl. v. 26. Oktober 1999, BLw 2/99, AgrarR 2000, 227; Beschl. v. 6. Oktober 2005, Blw 5/05, nicht veröffentlicht) betreffen nicht die Beschwerdeberechtigung des einzigen wirtschaftsfähigen Abkömmlings in dem Verfahren betreffend die Genehmigung eines Übergabevertrags. Die in ArgarR 1980, 277 f. abgedruckte Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg spricht dem einzigen wirtschaftsfähigen Abkömmling allein in dieser Eigenschaft kein Beschwerderecht zu.

3. Schließlich hat das Beschwerdegericht ebenfalls zu Recht ein Beschwerderecht des Beteiligten zu 1 für den Fall verneint, dass die Beteiligte zu 2 nicht wirtschaftsfähig ist.

a) Zwar ist die Wirtschaftsfähigkeit des Hofübernehmers für die Genehmigung des Hofübergabevertrags von entscheidender Bedeutung. Denn zum Hoferben kann auch in einem Übergabevertrag (§ 17 HöfeO) - abgesehen von hier nicht vorliegenden Ausnahmen - nicht bestimmt werden, wer wegen Wirtschaftsunfähigkeit als Hoferbe ausscheidet (§ 7 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 HöfeO). Aber allein mit dieser gesetzlichen Regelung lässt sich in dem Fall der Hofübergabe an einen Wirtschaftsunfähigen kein Beschwerderecht des übergangenen Abkömmlings gegen die Genehmigung des Übergabevertrags begründen. Das gilt selbst dann, wenn er wirtschaftsfähig ist und deshalb als Hoferbe in Betracht kommt. Erforderlich ist nämlich auch, dass der Wegfall des Hofübernehmers dem übergangenen Abkömmling unmittelbar zugute kommt (OLG Oldenburg AgrarR 1980, 109 f.). Das ist nur dann der Fall, wenn er vor dem Abschluss des Hofübergabevertrags eine gesicherte Anwartschaft auf das Erbe gehabt hat. Daran fehlt es hier, wie bereits ausgeführt wurde; der Beteiligte zu 1 hat wegen der unbeschränkten Testier- und Verfügungsfreiheit des Beteiligen zu 3 lediglich die tatsächliche Aussicht, Hoferbe zu werden, wenn der Überlassungsvertrag nicht genehmigt wird. Das reicht nicht aus, ihm ein subjektives Recht i.S. von § 20 Abs. 1 FGG zuzusprechen, welches durch die Vertragsgenehmigung verletzt sein könnte.

b) Soweit in der Literatur - ohne Begründung - ein Beschwerderecht des übergangenen Hoferben generell bejaht wird, wenn der Hofübernehmer nicht wirtschaftsfähig ist (Barnstedt/Steffen, LwVG, 7. Aufl., § 22 Rdn. 119, zitiert von Wöhrmann/Stöcker, Das Landwirtschaftserbrecht, 8. Aufl., § 17 HöfeO Rdn. 149), kann dem nicht gefolgt werden. Das Beschwerdegericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass es für die Beschwerdeberechtigung ausschließlich darauf ankommt, ob die Genehmigung des Übergabevertrags den Übergangenen in einem subjektiven Recht verletzt. Wann das der Fall ist, hängt allein von seiner Rechtsstellung und nicht von Umständen ab, die in der Person des Übernehmers vorliegen.

IV.

Bleibt die Rechtsbeschwerde demnach ohne Erfolg, ist dem Beteiligten zu 1 die beantragte Prozesskostenhilfe zu versagen (§ 114 Satz 1 ZPO i.V.m. § 14 FGG).

V.

1. Der Senat entscheidet nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 LwVG ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter, weil es um die Unzulässigkeit der sofortigen Beschwerde geht (vgl. Senat, Beschl. v. 2. März 1995, BLw 70/94, RdL 1995, 134, 136).

2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG.

Ende der Entscheidung

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