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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 29.04.2005
Aktenzeichen: BLw 21/04
Rechtsgebiete: LwAnpG


Vorschriften:

LwAnpG § 44 Abs. 1 Nr. 1
Der Anteil eines Mitglieds am Fondsvermögen einer LPG Typ I steht bei der Bemessung eines Abfindungsanspruchs nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 LwAnpG bei Ausscheiden aus einer LPG Typ III auch dann einem Inventarbeitrag gleich, wenn sich die LPG Typ I nicht an eine LPG Typ III angeschlossen hat, sondern wenn sie durch eine Änderung ihres Statuts zu einer LPG Typ III übergegangen ist.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

BLw 21/04

vom 29. April 2005

in der Landwirtschaftssache

betreffend Ansprüche nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz

Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat nach mündlicher Verhandlung am 29. April 2005 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die Richter Prof. Dr. Krüger und Dr. Lemke sowie die ehrenamtlichen Richter Kreye und Rukwied

beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des Landwirtschaftssenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 8. April 2004 wird auf Kosten der Antragsgegnerin, die der Antragstellerin auch die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten hat, zurückgewiesen.

Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens: 69.189,55 €

Gründe:

I.

Die Antragstellerin und ihr Ehemann W. L. traten 1960 in die LPG "P. " L. (im folgenden: LPG), Typ I, ein. W. L. brachte eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 32,09 ha ein und leistete einen vorläufigen Inventarbeitrag von 700 Mark je Hektar. Zum 31. Dezember 1973 beliefen sich die Eigenmittel der LPG einschließlich der geleisteten Inventarbeiträge auf 4.716,98 Mark je Hektar eingebrachter Nutzfläche, insgesamt auf 2.168.491,78 Mark. Durch Beschluß der Vollversammlung vom 1. April 1974 ging die LPG vom Typ I zum Typ III über. Gleichzeitig wurde ein Pflichtinventarbeitrag von 700 Mark je Hektar eingebrachter Nutzfläche festgesetzt.

Mit Überlassungsvertrag vom 23. Dezember 1976 übertrug W. L. den von ihm eingebrachten Boden auf seinen Sohn Wo. , der seit 1974 ebenfalls LPG-Mitglied war. W. L. verstarb 1977 und wurde von der Antragstellerin allein beerbt.

Am 29. April 1991 beschloß die Mitgliederversammlung die Umwandlung der LPG in die Antragsgegnerin, die am 31. Dezember 1991 in das Genossenschaftsregister eingetragen wurde. Die Antragstellerin und Wo. L. waren vorher ausgeschieden und wurden nicht Genossenschafter der Antragsgegnerin. Wo. L. verstarb 1992 und wurde von der früheren Antragstellerin zu 2 beerbt, deren Antrag rechtskräftig abgewiesen wurde und die nicht mehr Beteiligte des Verfahrens ist. Wegen der von W. L. geleisteten Inventarbeiträge zahlte die Antragsgegnerin bis 1994 insgesamt 16.045 DM zunächst an Wo. L. , später an die frühere Antragstellerin zu 2 zurück.

Die Antragstellerin macht einen Abfindungsanspruch in Höhe des Anteils von W. L. am Vermögen der LPG im Zeitpunkt des Übergangs vom Typ I zum Typ III geltend, den sie mit 151.367,88 DM (32,09 ha x 4.716,98 Mark) beziffert und auf den sie sich den an Wo. L. und die frühere Antragstellerin zu 2 gezahlten Betrag von 16.045 DM anrechnen läßt. Das Landwirtschaftsgericht hat ihrem auf Zahlung von 69.189,55 € gerichteten Antrag stattgegeben. Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der - zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgt sie ihren Abweisungsantrag weiter. Die Antragstellerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

II.

Das Beschwerdegericht meint, der Anteil eines LPG-Mitglieds am Fondsvermögen der LPG Typ I stehe unabhängig davon einem Inventarbeitrag gleich, ob sich die LPG Typ I an eine bereits bestehende LPG Typ III angeschlossen oder ob sie sich durch eine Änderung ihres Statuts in eine LPG Typ III umgewandelt hat. In beiden Fällen sei das der LPG Typ III zugeordnete Fondsvermögen der LPG Typ I durch den Einsatz privaten Kapitals der Genossenschaftsmitglieder erwirtschaftet worden und deshalb nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 LwAnpG zurückzuerstatten. Auf der Grundlage der zum 31. Dezember 1973 erstellten Jahresabschlußrechnung der LPG ergebe sich ein Fondsanteil von W. L. in Höhe von (gerundet) 151.368 DM. Abzüglich der von der Antragsgegnerin geleisteten Zahlung ergebe dies den geltend gemachten Anspruch von 69.189,55 €, der auch nicht verhältnismäßig zu kürzen sei, da sich das verteilungsrelevante Eigenkapital der Antragsgegnerin unter Zugrundelegung der Jahresabschlußbilanz zum 31. Dezember 1991 einschließlich zwischenzeitlich aufgelöster Aufwandsrückstellungen auf mindestens 2.739.542,38 DM belaufe und damit die Gesamtsumme der Inventarbeiträge und gleichstehenden Leistungen der Mitglieder in Höhe von 2.339.733,58 DM übersteige.

III.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung stand.

1. Zutreffend geht das Beschwerdegericht davon aus, daß der Anteil eines LPG-Mitglieds an dem im Zeitpunkt des Übergangs einer LPG Typ I zu einer LGP Typ III vorhandenen Fondsvermögens im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 LwAnpG wie ein Inventarbeitrag zu behandeln ist, wenn die Vermögensbildung im wesentlichen auf dem Einsatz privaten Kapitals der Genossenschaftsmitglieder beruhte.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (BGHZ 120, 349, 351; 123, 23, 24 f.; 138, 371, 377 f.; Beschl. v. 24. November 1993, BLw 38/93, AgrarR 1994, 126, 127; Beschl. v. 22. Februar 1994, BLw 87/93, AgrarR 1994, 201; Beschl. v. 1. Juli 1994, BLw 46/94, AgrarR 1994, 367; Beschl. v. 23. Oktober 1998, BLw 13/98, WM 1999, 184, 185) steht dem Inventarbeitrag der bei dem Anschluß einer LPG Typ I an eine LPG Typ III von dieser übernommene Anteil des Mitglieds am Fondsvermögen der LPG Typ I gleich. Den Grund hierfür hat der Senat im wesentlichen darin gesehen, daß bei den Genossenschaften vom Typ I im allgemeinen noch keine Vergesellschaftung stattgefunden hatte (Arlt, Grundriß des LPG-Rechts, 1959, S. 172) und die Fonds der LPG Typ I daher anders als die Fonds der LPG Typ III weder durch staatliche Mittel in nennenswertem Umfang noch durch Inventar von Betrieben gespeist wurden, die der Rat des Kreises den Genossenschaften zur Bewirtschaftung zugeführt hatte. Demgegenüber hatte die LPG Typ III nach einem von der SED vorgelegten Perspektivplan 1959/65 nur 9,6 % der für erforderlich gehaltenen Investitionskosten aus Eigenmitteln zu erbringen; mehr als 50 % sollten über staatlich geförderte Kredite und knapp 40 % als staatliche Investitionen bzw. Beteiligungen finanziert werden (Krebs, in: Landwirtschaft im Wandel, Schriftenreihe der Forschungsgesellschaft für Agrarpolitik und Agrarsoziologie e.V., 1988, S. 73). Der Senat hat es deshalb als ein Gebot der Gerechtigkeit angesehen, das von der LPG Typ III übernommene Vermögen einer LPG Typ I anders zu behandeln als das Fondsvermögen der LPG Typ III. Dies stellt auch die Rechtsbeschwerde nicht in Frage.

b) Noch nicht entschieden hat der Senat bislang die Frage, ob diese Grundsätze auch dann Anwendung finden, wenn sich die LPG Typ I nicht an eine bereits bestehende LPG Typ III angeschlossen hat, sondern wenn sie durch eine Änderung ihres Statuts zu einer LPG Typ III übergegangen ist. Diese Frage ist, entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde, zu bejahen.

aa) Der in § 19 LPGG (1959) geregelte Übergang von einer LPG niederen Typs zu einer LPG höheren Typs wurde nach damaligem Rechtsverständnis nicht als eine Neugründung einer LPG, verbunden mit der Auflösung der bestehenden Genossenschaft, sondern als eine - wenn auch sehr wesentliche - Änderung der Satzung der LPG, also als ein Fortbestehen der LPG in neuer Form angesehen (Arlt aaO S. 170). Dagegen hatte der in der Form des Anschlusses vollzogene Zusammenschluß (§ 20 LPGG [1959]) die Auflösung der sich anschließenden LPG zur Folge, während die aufnehmende LPG, wenn auch vergrößert, fortbestand (LPG-Recht, Lehrbuch, Autorenkollektiv, 1984, S. 102). Vermögensrechtlich wurde der Anschluß wie ein Einzel- oder Gruppenübertritt von Mitgliedern behandelt. Um den Fondsbesatz der LPG Typ III auf gleichem Niveau zu halten, sah man es als notwendig an, daß die übertretenden Mitglieder neben dem Pflichtinventarbeitrag einen sogenannten Fondsausgleichsbetrag leisteten, der sich am Vermögen der LPG Typ III je Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche orientierte und auf den der rechnerische Anteil der Mitglieder am Fondsvermögen der LPG Typ I oder II angerechnet wurde (LPG-Recht, Lehrbuch, 1976, S. 200, 208). Ein solcher Fondsausgleich war im Fall des identitätswahrenden (Kommentar zum LPG-Gesetz, Autorenkollektiv, S. 202) Übergangs von der LPG Typ I oder II zur LPG Typ III nicht vorzunehmen, da die Mitgliedschaftsverhältnisse in derselben LPG fortbestanden, ein Übertritt der Genossenschaftsmitglieder zu einer anderen LPG also nicht erfolgte. Dementsprechend bestand auch für eine Individualisierung der jeweiligen Fondsanteile der LPG-Mitglieder kein Anlaß.

bb) Gemessen an dem Zweck des § 44 Abs. 1 Nr. 1 LwAnpG rechtfertigen es diese Unterschiede nicht, den rechnerischen Anteil eines Genossenschaftsmitglieds am Fondsvermögen der LPG Typ I oder II nur im Fall des Anschlusses, nicht aber im Fall des Übergangs wie einen Inventarbeitrag zu behandeln. Ziel der Norm ist es, den durch die Zwangskollektivierung praktisch enteigneten Bauern ihre vermögensbildenden Leistungen nach Maßgabe des vorhandenen Eigenkapitals zurückzugewähren (Senat, Beschl. v. 8. Dezember 1995, BLw 32/95, VIZ 1996, 280; Beschl. v. 8. Mai 1998, BLw 1/98, VIZ 1998, 529 f.). Ein Fondsanteil ist deshalb immer dann in die Vermögensauseinandersetzung nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz einzubeziehen, wenn das Fondsvermögen im wesentlichen auf den Einsatz privaten Kapitals der Genossenschaftsmitglieder zurückzuführen ist (vgl. Senat, Beschl. v. 23. Oktober 1998, BLw 13/98, WM 1999, 184, 185). Hiervon kann bei Genossenschaften vom Typ I regelmäßig ausgegangen werden (Senat, BGHZ 123, 23, 29; 138, 371, 379). Dies gilt auch dann, wenn sich die "Weiterentwicklung" der LPG Typ I zur LPG Typ III nicht, wie üblich (LPG-Recht, Lehrbuch, 1976, S. 203), im Wege des Anschlusses, sondern im Wege des Übergangs vollzog. Dieser Umstand nimmt dem Fondsvermögen der LPG Typ I nicht nachträglich den Charakter eines aus privatem Kapital der Genossenschaftsbauern stammenden Vermögens. Daß bei einem Übergang keine rechnerische Aufteilung des Fondsvermögens auf die Mitglieder erfolgte, läßt nicht den Schluß zu, nach damaliger Betrachtungsweise sei das Fondsvermögen im Fall des Übergangs - anders als im Fall des Anschlusses (vgl. Senat, BGHZ 123, 23, 26 f.) - nicht als Privatvermögen angesehen worden. Vielmehr erübrigte sich eine Individualisierung des Fondsvermögens allein deshalb, weil sich dessen Rechtsträger nicht änderte. Selbst wenn man im Hinblick darauf, daß das Fondsvermögen nach dem Übergang zur LPG Typ III derselben Genossenschaft zugeordnet blieb, das Vorliegen einer - an sich erforderlichen - Leistung im Sinne einer bewußten und gezielten Vermögensmehrung (Senat, BGHZ 123, 23, 25) verneinte, wäre § 44 Abs. 1 Nr. 1 LwAnpG jedenfalls entsprechend anwendbar. Denn Anschluß und Übergang stellten lediglich unterschiedliche rechtstechnische Mittel zur Erreichung desselben Ziels dar, nämlich des Ziels einer umfassenden Vergesellschaftung sämtlicher Produktionsmittel in der zur LPG Typ III "weiterentwickelten" Genossenschaft (vgl. Nr. 12 Abs. 1 und Nr. 15 Abs. 1 des Musterstatuts für Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften Typ III [vom 30. April 1959, GBl. I S. 350 ff.]). Für die betroffenen Mitglieder der LPG Typ I oder II war es deshalb unerheblich, ob das Fondsvermögen, soweit es als Privatvermögen zu qualifizieren war, auf eine LPG Typ III überging oder in einer als LPG Typ III fortbestehenden Genossenschaft verblieb. Auch für die Vermögenslage der auf Zahlung einer Abfindung in Anspruch genommenen LPG ist es ohne Bedeutung, ob sie das Fondsvermögen einer LPG niederen Typs übernommen hat oder ob sie nach erfolgtem Übergang zur LPG Typ III weiterhin über das zuvor erwirtschaftete Fondsvermögen verfügen konnte. Daher gebietet es der Zweck des § 44 Abs. 1 Nr. 1 LwAnpG, die Fälle des Ausschlusses und des Übergangs gleich zu behandeln (a.A. OLG Jena, AgrarR 1999, 226, 227).

2. Nach der Rechtsprechung des Senats kann die in Anspruch genommene LPG, bzw. deren Rechtsnachfolgerin, den Anschein, daß das Fondsvermögen der LPG Typ I im wesentlichen auf dem Einsatz privaten Kapitals beruht, und nicht durch konkrete staatliche Maßnahmen in nennenswertem Umfang gefördert worden ist, im Einzelfall durch substantiierte Darlegungen erschüttern (BGHZ 138, 371, 379). Geschieht dies, so hängt es von Art und Umfang der staatlichen Unterstützung ab, ob sie durch einen entsprechenden Abzug von dem Fondsvermögen zu berücksichtigen ist oder ob sie dem Fondsvermögen insgesamt das Gepräge eines Fonds III-Vermögens verleiht (Senat, Beschl. v. 23. Oktober 1998, BLw 13/98, WM 1999, 184, 185).

a) Das Beschwerdegericht hat keine Umstände festgestellt, aus denen sich eine erhebliche staatliche Förderung der LPG "P. " L. vor ihrem Übergang zu einer Genossenschaft vom Typ III ergäbe. Soweit die Rechtsbeschwerde dazu Aufklärungsrügen erhebt, gehen diese fehl, da sie einen falschen Ansatz zugrunde legen.

Ob das Fondsvermögen einer LPG Typ I im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz wie das Fondsvermögen einer LPG Typ III zu behandeln ist, hängt allein davon ab, ob die LPG Typ I tatsächlich wie eine LPG Typ III behandelt und staatlich gefördert wurde. Nicht entscheidend ist, entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde, welchen Anteil die Arbeitsleistung der LPG-Mitglieder an der Vermögensbildung hatte, in welchem Umfang die individuelle durch eine genossenschaftliche Wirtschaftsführung abgelöst wurde und ob die LPG einen vorläufigen Pflichtinventarbeitrag erhoben hatte (vgl. Senat, Beschl. v. 23. Oktober 1998, BLw 13/98, WM 1999, 184, 185). Unerheblich ist auch, ob die LPG-Mitglieder beim Übergang der Genossenschaft zum Typ III staatliche Zuwendungen und sonstige Vergünstigungen erhalten haben, da dies keinen Einfluß auf das Fondsvermögen der LPG Typ I gehabt haben kann.

b) Soweit die Antragsgegnerin erstmals mit der Rechtsbeschwerde vorträgt, der Vermögenszuwachs der LPG Typ I beruhe vor allem auf staatlichen Leistungen, insbesondere auf der kostenlosen Überlassung landwirtschaftlicher Nutzflächen, der Gewährung staatlicher Zuschüsse und der Vergabe unverzinslicher oder zinsgünstiger staatlicher Kredite, handelt es sich um neuen Tatsachenvortrag, der im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht eingeführt werden kann (§ 9 LwVG, § 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 559 Abs. 1 ZPO). Die Antragsgegnerin hätte diese Umstände spätestens in der Beschwerdeinstanz vorbringen müssen. Hiervon war sie auch nicht durch den in Landwirtschaftssachen geltenden Amtsermittlungsgrundsatz (§ 9 LwVG, § 12 FGG) entbunden. Dieser Grundsatz befreit die Beteiligten nicht von der Pflicht, durch eingehende Tatsachendarstellung an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken. Bei Versäumung dieser Pflicht kann von dem Gericht nicht erwartet werden, daß es allen nur denkbaren Möglichkeiten von Amts wegen nachgeht. Eine Aufklärungspflicht besteht für das Gericht nur, soweit der Vortrag der Beteiligten oder der Sachverhalt als solcher dazu Anlaß geben (Senat, BGHZ 16, 378, 383; BayObLGZ 1989, 44, 48; 2001, 347, 351; Keidel/Kuntze/Winkler/Schmidt, FGG, 15. Aufl., § 12 Rdn. 121). Insbesondere dann, wenn es sich - wie hier - um ein echtes Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit handelt, kann das Gericht, ohne eine Aufklärungspflicht zu verletzen, davon ausgehen, daß die Beteiligten ihnen vorteilhafte Umstände von sich aus vortragen (BGH, Beschl. v. 23. März 1988, IVb ZB 51/87, NJW 1988, 1839, 1840; Senat, Beschl. v. 9. Juni 1993, BLw 44/92, AgrarR 1993, 260, 261; OLG Jena, AgrarR 1998, 218; Keidel/Kuntze/Winkler/Schmidt, aaO, § 12 Rdn. 122). Dies hat die Antragsgegnerin in den Tatsacheninstanzen unterlassen, obwohl ihr unter Berücksichtigung der gefestigten Rechtsprechung des Senats (BGHZ 138, 371, 379; Beschl. v. 23. Oktober 1998, BLw 13/98, WM 1999, 184, 185) bekannt sein mußte, daß es Sache der in Anspruch genommenen LPG bzw. deren Rechtsnachfolgerin ist, abweichend vom Normalfall eine der LPG Typ III entsprechende staatliche Förderung der LPG Typ I darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Daß die Antragsgegnerin, wie von der Rechtsbeschwerde behauptet, diesen rechtlichen Gesichtspunkt übersehen haben könnte, war für das Beschwerdegericht nicht erkennbar. Aus dem Sachverhalt ergaben sich keine Anhaltspunkte dafür, daß die LPG schon vor ihrem Übergang in eine Genossenschaft vom Typ III wie eine solche staatlich geförderte Genossenschaft behandelt worden ist. Daher bestand keine eigenständige Pflicht des Gerichts, dahingehende Ermittlungen anzustellen. Die von der Rechtsbeschwerde erhobene Aufklärungsrüge bleibt daher ohne Erfolg.

c) Auf den neuen Sachvortrag käme es indes dann an, wenn die von der Antragstellerin bestrittene Behauptung der Antragsgegnerin zuträfe, das Beschwerdegericht habe in der mündlichen Verhandlung vom 4. März 2004 angekündigt, es werde den Beteiligten nochmals Gelegenheit zur Stellungnahme geben, falls es seine vorläufige Rechtsansicht, im Fall des Übergangs zu einer LPG Typ III sei der Anteil des Genossenschaftsmitglieds am Fondsvermögen der LPG Typ I bei der Vermögensauseinandersetzung nicht zu berücksichtigen, noch einmal ändern sollte.

Tatsächlich hat das Beschwerdegericht seine Rechtsauffassung geändert, ohne den Beteiligten noch einmal ausdrücklich Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Zwar hätte die Antragsgegnerin gleichwohl bis zum Erlaß der Beschwerdeentscheidung (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler/Schmidt, aaO, § 12 Rdn. 71) zu Art und Umfang der staatlichen Förderung vortragen können. Hierzu hatte sie jedoch keinen Anlaß, wenn sie mangels eines anders lautenden Hinweises davon ausgehen konnte, auf diesen Gesichtspunkt werde es nach der von dem Beschwerdegericht vertretenen Rechtsauffassung nicht ankommen.

Unterstellt man den Vortrag der Rechtsbeschwerde zum prozessualen Verhalten des Beschwerdegerichts, so läge darin eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG). Auf einen Hinweis des Gerichts hätte die Antragsgegnerin nämlich - wie sie geltend macht - die nunmehr im Rechtsbeschwerdeverfahren zur Frage der staatlichen Förderung vorgebrachten Tatsachen noch in der Beschwerdeinstanz rechtzeitig vorgetragen. Das ist ihr im Rechtsbeschwerdeverfahren verwehrt. Eine Nachholung des rechtlichen Gehörs ist dort nur zu Rechtsfragen, nicht zu Tatsachen möglich (Keidel/Kuntze/Winkler/Schmidt, aaO, § 12 Rdn. 77). Da nicht ausgeschlossen werden kann, daß das Beschwerdegericht, hätte es den Vortrag zu berücksichtigen gehabt, zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre, müßte die Beschwerdeentscheidung wegen des in der Gehörsverletzung liegenden Verfahrensfehlers aufgehoben und die Sache zur weiteren Aufklärung an das Beschwerdegericht zurückverwiesen werden (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler/Schmidt, aaO, § 12 Rdn. 173, 176).

Die dem Senat nach § 12 FGG obliegenden (vgl. Senat, BGHZ 130, 304, 307; BayObLGZ 1984, 95, 96; 1985, 158, 161; Bassenge, in: Bassenge/Herbst/Roth, FGG, 9. Aufl., § 27 Rdn. 24; Jansen, FGG, 2. Aufl., § 27 Rdn. 40; Keidel/Kuntze/Winkler/Schmidt, aaO, § 12 Rdn. 76; Keidel/Kuntze/Winkler/Meyer-Holz, aaO, § 27 Rdn. 46) und von ihm durchgeführten Ermittlungen haben indes den von der Rechtsbeschwerde behaupteten Verfahrensfehler nicht ergeben. Die Berufsrichter des Beschwerdegerichts haben sich dazu dienstlich geäußert und die Behauptung nicht bestätigt. Der Vorsitzende hat sie darüber hinaus, ebenso wie der Berichterstatter, ausdrücklich in Abrede gestellt. Der von den Laienrichtern noch amtierende Beisitzer hatte - naheliegend - an die prozessualen Besonderheiten der mündlichen Verhandlung keine Erinnerung mehr. Gestützt werden die dienstlichen Äußerungen der Berufsrichter durch die Rechtsbeschwerdeerwiderung der Antragstellerin, die eine Ankündigung des Vorsitzenden, er werde noch einmal rechtliches Gehör gewähren, falls der Senat seine vorläufige Rechtsauffassung ändern wolle, entschieden in Abrede gestellt hat.

Demgegenüber hat der Zeuge F. vor dem Senat zwar bekundet, der Vorsitzende habe zu erkennen gegeben, daß sich der Senat wohl dem Thüringer Oberlandesgericht anschließen und der Beschwerde der Antragsgegnerin stattgeben werde; sollte er sich anders entschließen, werde noch einmal Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Diese Aussage vermag den Senat aber nicht zu überzeugen. Sie findet weder in den übrigen Stellungnahmen noch in den begleitenden Umständen eine Stütze. Es bleibt insbesondere ganz unklar, welchen Sinn eine solche erneute Stellungnahmefrist hätte haben sollen. Die rechtliche Problematik war zwischen den Parteien ausgiebig erörtert worden. Dies hat auch der Zeuge F. bestätigt. Er wußte nicht zu sagen, wozu er eine erneute Stellungnahmefrist genutzt haben würde. Zudem stand den Parteien ohnehin eine Frist von etwa einem Monat zu weiteren Ausführungen zur Verfügung, von der beide Seiten Gebrauch gemacht haben. Neue rechtliche Gesichtspunkte, die den Senat nach der dienstlichen Stellungnahme des Vorsitzenden regelmäßig zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung veranlaßt haben würden, traten hierbei nicht auf. Der Terminsvermerk des Zeugen, der seine Bekundung bestätigt, ist wenig aussagekräftig, da er nicht am Tage der mündlichen Verhandlung, sondern erst sehr viel später, nämlich nach Einlegung der Rechtsbeschwerde, gefertigt worden ist, zu einem Zeitpunkt also, als die prozessuale Situation der Antragsgegnerin notleidend geworden war.

3. Rechtlich unbedenklich ist die Annahme des Berufungsgerichts, daß sich der Wert des zurückzugewährenden Fondsanteils abzüglich bereits geleisteter Zahlungen auf 135.323 DM (= 69.189,55 €) beläuft.

Ausweislich des von den Beteiligten übereinstimmend zugrunde gelegten Jahresabschlußberichts zum 31. Dezember 1973, und von der Rechtsbeschwerde nicht in Frage gestellt, belief sich das Fondsvermögen der LPG (Typ I) einschließlich der bis dahin geleisteten vorläufigen Inventarbeiträge im Zeitpunkt des Übergangs auf mindestens 2.168.492 Mark. Legt man eine von der LPG bewirtschaftete landwirtschaftliche Nutzfläche von 459,72 ha zugrunde, ergibt sich ein Fondsbesatz von 4.716,98 Mark je Hektar. Bei einer von dem Ehemann der Antragstellerin eingebrachten Bodenfläche von 32,09 ha ergibt sich daraus ein Fondsanteil von rund 151.368 Mark. Soweit die Rechtsbeschwerde geltend macht, die landwirtschaftliche Nutzfläche der LPG habe insgesamt 694 ha betragen, von der von dem Ehemann der Antragstellerin nur 24,09 ha eingebracht worden seien, handelt es sich um neuen Sachvortrag, der im Rechtsbeschwerdeverfahren unbeachtlich ist.

Neben der von der Antragstellerin selbst abgezogenen Rückerstattung von 16.045 DM sind weitere Rückzahlungen nicht in Abzug zu bringen (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 LwAnpG). Entgegen dem Vorbringen der Antragsgegnerin kann die am 30. August 1985 geleistete Zahlung von 1.228,50 Mark schon deswegen nicht die Rückerstattung des Pflichtinventarbeitrags des Ehemanns der Antragstellerin bezweckt haben, weil Pflichtinventarbeiträge mit der durch das Einführungsgesetz zum Zivilgesetzbuch der DDR vom 19. Juni 1975 (GBl. I S. 517) zum 1. Januar 1976 erfolgten Änderung des LPG-Gesetzes (1959) als Bestandteil der unteilbaren Fonds zum unverteilbaren genossenschaftlichen Eigentum erklärt worden waren. Die am 28. Mai 1990 geleistete Zahlung von 5.189,50 Mark wurde ausweislich des von der Antragsgegnerin vorgelegten Überweisungssammelauftrags nicht an die Antragstellerin, sondern an Wo. L. erbracht. Sie ist daher gegenüber der Antragstellerin nicht zu berücksichtigen.

Eine Kürzung nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 LwAnpG hat das Beschwerdegericht rechtsfehlerfrei verneint. Die Rechtsbeschwerde greift dies auch nicht an. Der Abfindungsanspruch ist daher in dem zugesprochenen Umfang begründet und kann von der Antragstellerin als Rechtsnachfolgerin ihres Ehemannes und als LPG-Mitglied (§ 24 Abs. 2 LPGG [1959]) geltend gemacht werden.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG.

Ende der Entscheidung

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