Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 23.02.2004
Aktenzeichen: BLw 25/03
Rechtsgebiete: LwVG, GrdstVG


Vorschriften:

LwVG § 20 Abs. 1 Nr. 2
LwVG § 21 Abs. 2 Satz 2
GrdstVG § 9 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

BLw 25/03

vom 23. Februar 2004

in der Landwirtschaftssache

Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 23. Februar 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die Richter Prof. Dr. Krüger und Dr. Lemke - gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 2, 4 LwVG ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter - beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde und die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 3. Zivilsenats - Senat für Landwirtschaftssachen - des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 23. Juli 2003 werden auf Kosten des Beteiligten zu 2, der den übrigen Beteiligten auch die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten hat, als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 137.026,22 €.

Gründe:

I.

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 28. September 2001 erwarb die zwischenzeitlich verstorbene Ehefrau des Beteiligten zu 2 von dem Beteiligten zu 1 zwei landwirtschaftlich genutzte Flurstücke. Der Beteiligte zu 3 teilte den Kaufvertragsparteien mit Bescheid vom 29. Oktober 2001 mit, die Genehmigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG habe versagt werden müssen, weil die Durchführung des Kaufvertrags den Grundsätzen der Verbesserung der Agrarstruktur in erheblichem Umfang widerspreche; die Beteiligte zu 4 habe ihr Vorkaufsrecht ausgeübt. Hiergegen haben die Kaufvertragsparteien einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Nach dem Tod seiner Ehefrau hat der Beteiligte zu 2 als Erbe das Verfahren weitergeführt.

Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - hat den Antrag, den Grundstückskaufvertrag zu genehmigen, zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 2 ist erfolglos geblieben. Mit seiner - nicht zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgt er den Genehmigungsantrag weiter.

Die Rechtsbeschwerde ist am 17. September 2003, die Beschwerdebegründung am 20. Oktober 2003 bei dem Bundesgerichtshof eingegangen. Mit Anwaltsschriftsatz vom 13. November 2003, eingegangen am 14. November 2003, hat der Beteiligte zu 2 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde beantragt und dazu ausgeführt: Die Entscheidung des Beschwerdegerichts sei seinem Prozeßbevollmächtigten am 19. August 2003 zugestellt worden. Sowohl in den Akten als auch im Fristenkalender sei die Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde bis zum 19. September 2003 und eine Vorfrist für den 12. September 2003 eingetragen worden. Die Rechtsbeschwerdeschrift sei von dem Prozeßbevollmächtigten des Beteiligten zu 2 unterschrieben und einer Büroangestellten mit dem Auftrag übergeben worden, sie erst zum 19. September 2003 beim Bundesgerichtshof einzureichen, um die Begründungsfrist ausschöpfen bzw. den Beginn dieser Frist hinausschieben zu können. Die Angestellte habe die Rechtsbeschwerdeschrift bereits am 16. September 2003 zur Post gegeben. Am 19. September 2003 habe ihr ein Mitarbeiter des Bundesgerichtshofes telefonisch den Eingang der Rechtsbeschwerde am 17. September 2003 mitgeteilt. Einen entsprechenden Vermerk habe sie zu den Akten genommen. Bei der Eintragung der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde habe sie übersehen, daß es sich hier nicht um ein Verfahren nach der Zivilprozeßordnung handele, sondern um ein Verfahren nach dem Landwirtschaftsverfahrensgesetz; deshalb habe sie die Begründungsfrist versehentlich auf Montag, 20. Oktober 2003, notiert. Weiter hat der Beteiligte zu 2 vortragen lassen, daß der Beschluß des Beschwerdegerichts ohne Rechtsmittelbelehrung zugestellt worden sei.

In seiner dem Wiedereinsetzungsantrag beigefügten eidesstattlichen Erklärung hat der Prozeßbevollmächtigte des Beteiligten zu 2 u.a. ausgeführt, daß die Büroangestellte ihn am 13. September (richtig: Oktober) 2003 aufgrund der notierten Vorfrist auf den Ablauf der Begründungsfrist hingewiesen habe. Er habe den Begründungsschriftsatz dann ausgearbeitet, am Wochenende des 18./19. September (richtig: Oktober) 2003 noch einmal überarbeitet und am 20. Oktober 2003 bei dem Bundesgerichtshof eingereicht.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht innerhalb von einem Monat nach Einlegung begründet wurde (§ 26 Abs. 2 LwVG). Die Begründungsfrist lief am 17. Oktober 2003 ab. Entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 2 ändert daran nichts der Umstand, daß aus dem Empfangsbekenntnis, mit dem der angefochtene Beschluß seinem Prozeßbevollmächtigten zugestellt wurde, nicht die Zustellung auch der nach § 21 Abs. 2 Satz 2 LwVG notwendigen Rechtsmittelbelehrung ersichtlich ist. Das Fehlen einer Rechtsmittelbelehrung wirkt sich lediglich auf die Rechtsmittelfrist aus; sie beträgt dann für die Rechtsbeschwerde sechs Monate und beginnt mit der Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts (§ 25 LwVG i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 3 LwVG). Wird die Rechtsbeschwerde jedoch - wie hier - innerhalb dieser Frist eingelegt, beginnt damit die Begründungsfrist von einem Monat zu laufen (§ 26 Abs. 2 LwVG). Hier ging die Begründung erst nach Fristablauf ein. Auch hat der Beteiligte zu 2 innerhalb der 6-monatigen Rechtsmittelfrist nicht erneut Rechtsbeschwerde eingelegt, so daß keine neue Begründungsfrist zu laufen begann.

III.

Dem Beteiligten zu 2 kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Begründungsfrist nicht gewährt werden. Der Wiedereinsetzungsantrag ist unzulässig, weil er verspätet gestellt wurde.

1. Einem Rechtsbeschwerdeführer, der ohne sein Verschulden verhindert war, die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde einzuhalten, ist auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu erteilen, wenn er binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht (§ 26 Abs. 5 LwVG i.V.m. § 22 Abs. 2 FGG). Danach beginnt die 2-Wochen-Frist - wie im Verfahren nach der Zivilprozeßordnung (§ 234 Abs. 1 und 2 ZPO) -, sobald das der Fristwahrung entgegenstehende Hindernis behoben ist. Das Hindernis bestand hier in der irrtümlichen Annahme des Prozeßbevollmächtigten des Beteiligten zu 2, die Frist für die Begründung der Rechtsbeschwerde laufe erst am 20. Oktober 2003 ab. Es war behoben, sobald dieser Irrtum des Prozeßbevollmächtigten nicht mehr unverschuldet war. Das ist regelmäßig der Fall, wenn der Prozeßbevollmächtigte Anlaß hat, selbständig und eigenverantwortlich zu überprüfen, ob das Fristende richtig ermittelt und notiert wurde; dieser Anlaß besteht, wenn dem Prozeßbevollmächtigten anläßlich des bevorstehenden Fristablaufs die Sache - gleichviel, ob mit oder ohne die Akten - vorgelegt wird, wobei die Behebung des Hindernisses vor oder nach Ablauf der zu wahrenden Frist liegen kann (siehe nur BGH, Beschl. v. 6. Juli 1994, VIII ZB 12/94, NJW 1994, 2831, 2832).

2. Hier wurde die Sache dem Prozeßbevollmächtigten des Beteiligten zu 2 gemäß der notierten Vorfrist am 13. Oktober 2003 für den - vermeintlichen - Ablauf der Begründungsfrist am 20. Oktober 2003 vorgelegt. Damit entstand seine persönliche Verpflichtung zur Überprüfung der von der Büroangestellten ermittelten und eingetragenen Begründungsfrist, und zwar unabhängig davon, ob er sich daraufhin zur Fertigung der Begründung oder eines Fristverlängerungsantrags entschloß (BGH, aaO). Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn ihm die Sache ohne Zusammenhang mit einer fristgebundenen Verfahrenshandlung vorgelegt worden wäre (BGH, Beschl. v. 25. November 1998, XII ZB 204/96, NJW-RR 1999, 429, 430). So war es hier jedoch nicht. Allerdings war der Prozeßbevollmächtigte des Beteiligten zu 2 nicht verpflichtet, noch an demselben Tag die Richtigkeit der notierten Frist zu überprüfen (siehe nur BGH, Beschl. v. 5. Oktober 1999, VI ZB 22/99, NJW 2000, 365, 366 m.w.N.). Bis zu welchem Zeitpunkt innerhalb der Frist er sich damit Zeit lassen durfte, bedarf hier indes keiner Entscheidung. Denn für die Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags macht es keinen Unterschied, ob der Prozeßbevollmächtigte die falsch notierte Frist bereits bei der ersten Bearbeitung der Begründung der Rechtsbeschwerde vor dem Fristablauf oder erst bei der Überarbeitung am Wochenende nach dem Fristablauf bemerken mußte. Das am 14. November 2003 eingegangene Wiedereinsetzungsgesuch war in jedem Fall verspätet, weil die 2-Wochen-Frist spätestens am 3. November 2003 endete. Daß bis dahin kein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt wurde, zeigt, daß der Prozeßbevollmächtigte des Beteiligten zu 2 die von der Büroangestellten notierte Begründungsfrist gar nicht überprüft hat.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG, die Festsetzung des Gegenstandswerts auf § 36 Abs. 1 Satz 1 LwVG.



Ende der Entscheidung

Zurück