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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 05.12.2002
Aktenzeichen: I ZB 25/02
Rechtsgebiete: ZPO, BRAGO


Vorschriften:

ZPO § 91 Abs. 1
BRAGO § 27 Abs. 1 Nr. 3
Fotokopiekosten sind - vorbehaltlich der in § 27 Abs. 1 Nr. 2 und § 6 Abs. 2 BRAGO geregelten Ausnahmen - grundsätzlich nicht erstattungsfähig.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

I ZB 25/02

vom

5. Dezember 2002

in der Rechtsbeschwerdesache

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 5. Dezember 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Starck, Pokrant und Dr. Büscher

beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Nürnberg, 3. Zivilsenat, vom 16. Mai 2002 wird auf Kosten der Verfügungsklägerin zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 9,-- €.

Gründe:

I. Die Parteien haben am 13. September 2000 vor dem Landgericht einen Vergleich mit Kostenregelung geschlossen.

Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Verfügungsklägerin im Kostenausgleich gegen die Verfügungsbeklagte weitere 26,40 DM Fotokopiekosten als erstattungsfähig festzusetzen.

II. Die Erstattung der Kosten der Kopien für den Verkehrsanwalt hat das Beschwerdegericht an der fehlenden Notwendigkeit der Mitwirkung des Verkehrsanwalts scheitern lassen. Dagegen erinnert die Rechtsbeschwerde nichts.

Hinsichtlich der übrigen Kopien meint die Rechtsbeschwerde, diese seien gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO von der Verfügungsklägerin gesondert zu vergüten und deshalb als notwendige Auslagen i.S. des § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO zu erstatten.

1. Nach den vom Beschwerdegericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen, von denen das Rechtsbeschwerdegericht gemäß § 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO auszugehen hat, macht die Verfügungsklägerin - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung - Kosten für Fotokopien geltend, die ihre Prozeßbevollmächtigten als Anlagen zu ihren eigenen Schriftsätzen, von Anlagen zu gegnerischen Schriftsätzen zum Zwecke der Unterrichtung der Verfügungsklägerin und für ihre Handakten gefertigt haben.

2. Das Beschwerdegericht hat die Erstattungsfähigkeit der für die Herstellung dieser Fotokopien entstandenen Kosten zu Recht verneint.

a) Gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1, § 92 ZPO kann eine Partei im Umfang ihres Obsiegens von dem Gegner insbesondere Erstattung der ihr erwachsenen Kosten, zu denen nach § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO neben den gesetzlichen Gebühren des Rechtsanwalts auch dessen Auslagen zählen, verlangen. Voraussetzung für die Erstattungsfähigkeit ist aber, daß die obsiegende Partei einem entsprechenden Erstattungsanspruch ihres Prozeßbevollmächtigten ausgesetzt ist. An dieser Voraussetzung fehlt es hinsichtlich der im Rechtsbeschwerdeverfahren noch in Rede stehenden Auslagen für Fotokopien. Denn die Prozeßbevollmächtigten der Verfügungsklägerin haben keinen Anspruch gegen ihre Auftraggeberin auf Erstattung der bislang nicht festgesetzten Kosten für die Anfertigung von Fotokopien.

b) Ob ein Rechtsanwalt gegen seinen Mandanten einen Anspruch auf Ersatz der Auslagen für Fotokopien hat, bestimmt sich nach § 27 Abs. 1 BRAGO. Die Vorschrift ist hier gemäß § 134 Abs. 1 BRAGO in ihrer bis zum 14. Dezember 2001 geltenden Fassung (neu gefaßt durch Gesetz über elektronische Register und Justizkosten für Telekommunikation v. 10.12.2001, BGBl. I S. 3422) anzuwenden. Danach hat der Rechtsanwalt Anspruch auf Ersatz der Schreibauslagen für Abschriften und Ablichtungen nur unter den in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen. Ist keiner der dort aufgeführten Tatbestände erfüllt, fallen die Kosten für die Herstellung von Fotokopien nach § 25 Abs. 1, 3 BRAGO unter die allgemeinen Geschäftskosten, die mit den Gebühren, die der Rechtsanwalt für seine Tätigkeit erhält, abgegolten sind. So liegt es auch im Streitfall.

aa) Nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO kann der Rechtsanwalt Ersatz der Kosten für die Anfertigung von Abschriften und Ablichtungen zur Unterrichtung von mehr als drei Gegnern oder Beteiligten aufgrund einer Rechtsvorschrift oder nach Aufforderung des Gerichts verlangen. Dies gilt gemäß § 6 Abs. 2 BRAGO gleichermaßen für Abschriften und Ablichtungen zur notwendigen Unterrichtung von mehr als zehn Auftraggebern (vgl. nunmehr ausdrücklich § 27 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO n.F.). Eine Ersatzpflicht der Verfügungsklägerin gegenüber ihren Prozeßbevollmächtigten aufgrund dieser Bestimmung kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil das Verfahren der einstweiligen Verfügung sich nur gegen eine Person richtete.

bb) Eine Verpflichtung der Verfügungsklägerin zur Erstattung der Kopiekosten ihres Rechtsanwalts kommt auch nicht gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO in Betracht.

Unter Berücksichtigung des Wortlauts dieser Bestimmung, wonach "im übrigen nur" die Auslagen für solche Abschriften und Ablichtungen ersatzpflichtig sein sollen, die "zusätzlich" angefertigt worden sind, sowie im Hinblick auf die in § 27 Abs. 1 Nr. 2, § 6 Abs. 2 BRAGO getroffenen Regelungen können Abschriften und Ablichtungen für die Unterrichtung von weniger Verfahrensbeteiligten als in § 27 Abs.1 Nr. 2 BRAGO erwähnt nicht als gesondert vergütungsfähig angesehen werden. Der Gesetzgeber hat die hierdurch veranlaßten Kosten den allgemeinen Geschäftskosten zugerechnet. Das ergibt sich zudem aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 12/6962, S. 103 f.) des durch das Kostenrechtsänderungsgesetz vom 24. Juni 1994 (BGBl. I S. 1325) neu gefaßten § 27 Abs. 1 BRAGO, wonach (künftig) der Mehraufwand vergütet werden soll, der durch die Unterrichtung einer ungewöhnlich hohen Anzahl an Gegnern oder anderen Beteiligten entsteht.

Nicht zusätzlich angefertigt und damit nicht gesondert zu honorieren sind in diesem Rahmen solche Abschriften und Ablichtungen, die zur üblichen, ordentlichen Geschäftstätigkeit des Rechtsanwalts gehören.

(1) Bei allen bei Gericht einzureichenden Abschriften von Schriftsätzen und deren Anlagen handelt es sich danach um allgemeines und übliches Schreibwerk, das - vorbehaltlich der in § 27 Abs. 1 Nr. 2 und § 6 Abs. 2 BRAGO geregelten Ausnahmen - grundsätzlich durch die Prozeßgebühr abgegolten ist (vgl. u.a. OLG Stuttgart JurBüro 2000, 247 f.; NJW-RR 2000, 1726 f.; siehe auch BVerfG NJW 1996, 382). Mangels besonderer Absprachen kann der Auftraggeber erwarten, daß der Rechtsanwalt das Schreibwerk herstellt, das zur Prozeßführung notwendig ist. Es ist daher auch nicht Sache des Auftraggebers, dem Rechtsanwalt Schriftsatzanlagen in der zur Prozeßführung erforderlichen Anzahl zur Verfügung zu stellen (vgl. Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, BRAGO, 13. Aufl., § 27 Rdn. 13). Auf die Anzahl der hergestellten Abschriften oder die Relation der Anfertigungskosten zu den im konkreten Fall entstandenen Gebühren kommt es entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde dabei ebensowenig an wie darauf, ob es sich bei den angefertigten Ablichtungen um solche von eigenen Schriftsätzen des Rechtsanwalts oder um solche von beizufügenden Schriftsatzanlagen handelt (vgl. Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert aaO § 27 Rdn. 5, 13).

Nach diesen Grundsätzen schuldet die Verfügungsklägerin ihren Prozeßbevollmächtigten keinen Ersatz der Kosten für die Fotokopien, die diese als Anlagen zu ihren eigenen Schriftsätzen gefertigt und bei Gericht eingereicht haben. Sie zählen zu den gemäß § 25 Abs. 1 BRAGO abgegoltenen allgemeinen Geschäftskosten.

(2) Ebensowenig können die Prozeßbevollmächtigten der Verfügungsklägerin von dieser die Kosten für diejenigen Ablichtungen ersetzt verlangen, die sie von Anlagen zu gegnerischen Schriftsätzen zum Zwecke der Unterrichtung der Verfügungsklägerin gefertigt haben. Es gehört zur üblichen, ordnungsgemäßen Geschäftstätigkeit des Rechtsanwalts, seinen Auftraggeber über die eigene Tätigkeit und den Fortgang des Verfahrens zu unterrichten. Soweit er dieser Verpflichtung dadurch nachkommt, daß er für seinen Auftraggeber Abschriften oder Ablichtungen von das Verfahren betreffenden Schriftsätzen und Anlagen fertigt, gehört auch dies zur üblichen, ordnungsgemäßen Geschäftstätigkeit. Das ist hinsichtlich der von einem Rechtsanwalt für seinen Mandanten gefertigten Abschriften seiner eigenen Schriftsätze allgemein anerkannt (vgl. BVerfG NJW 1996, 382; Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 91 Rdn. 13; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 61. Aufl., § 91 Rdn. 188; Stein/Jonas/ Bork, ZPO, 21. Aufl., § 91 Rdn. 52c; Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert aaO § 27 Rdn. 6). In bezug auf die für den Mandanten gefertigten Fotokopien von Schriftsatzanlagen des Gegners gilt nichts anderes (vgl. OLG Düsseldorf OLGR 2001, 283, 284). Ablichtungen von Schriftsatzanlagen werden zwar üblicherweise nur einmal für den Gegner beigefügt. Lichtet dessen Prozeßbevollmächtigter zur Unterrichtung seines Mandanten die Anlagen noch einmal ab, so kommt er damit lediglich seiner anwaltlichen Pflicht nach, den Mandanten über den Prozeßstoff zu unterrichten. Daß er diese Verpflichtung zur Unterrichtung seines Mandanten auch anders erfüllen könnte als durch die Anfertigung von Fotokopien der gegnerischen Schriftsatzanlagen, ändert nichts daran, daß es zur üblichen Geschäftstätigkeit des Rechtsanwalts gehört, wenn er diesen Weg wählt. Diese Bürotätigkeit wohnt einer ordnungsgemäßen Erfüllung des Mandats inne. Es kann nicht davon gesprochen werden, daß der Mandant hierzu sein zusätzliches Einverständnis i. S. des § 27 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO erklären müßte, um den Rechtsanwalt zu dieser Tätigkeit zu veranlassen.

(3) Auch die von den Prozeßbevollmächtigten der Verfügungsklägerin für ihre eigenen Handakten gefertigten Fotokopien sind mit den allgemeinen Geschäftskosten abgegolten und daher nicht gesondert zu vergüten. Die Verfügungsklägerin hat hierzu vorgetragen, daß es sich um Fotokopien "von den Unterlagen" handele. Das rechtfertigt einen Ersatzanspruch nicht. Die für die Handakten gefertigten Ablichtungen von eigenen Schriftsätzen gehören zur üblichen, ordentlichen Geschäftstätigkeit des Rechtsanwalts (vgl. BVerfG NJW 1996, 382; Zöller/Herget aaO § 91 Rdn. 113; Stein/Jonas/Bork aaO § 91 Rdn. 52c; Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert aaO § 27 Rdn. 6). Nichts anderes gilt für Fotokopien von sonstigen Unterlagen, die der Rechtsanwalt für die Prozeßführung in seinen Handakten benötigt. Auch insoweit handelt es sich nicht um zusätzliches Schreibwerk.

III. Danach war die Rechtsbeschwerde mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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