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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 12.02.1998
Aktenzeichen: I ZR 241/95
Rechtsgebiete: MarkenG, BGB


Vorschriften:

MarkenG § 14 Abs. 2
MarkenG § 24
BGB § 12
Rolex-Uhr mit Diamanten

MarkenG § 14 Abs. 2, § 24; BGB § 12

Eine Privatperson, welche sich mit einer veränderten Markenware kleidet, verletzt in rechtlich relevanter Weise weder die Marke noch den berühmten Namen des Markeninhabers.

BGH, Urt. v. 12. Februar 1998 - I ZR 241/95 - OLG Köln LG Köln


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

I ZR 241/95

Verkündet am: 12. Februar 1998

Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. Februar 1998 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann und die Richter Prof. Dr. Mees, Prof. Dr. Ullmann, Starck und Pokrant

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 11. Januar 1995 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von der Beklagten, der deutschen Vertriebsgesellschaft der Montres Rolex S.A., Genf, Herausgabe seiner Rolex-Uhr. Er hatte diese Uhr über einen Juwelier an die Beklagte zur Reparatur eingesandt. Die eingelieferte Uhr, welche auf der Bandschließe und der Aufzugskrone die Zeichen der Muttergesellschaft der Beklagten, die fünfzackige Krone und den Namen "Rolex" aufwies, befand sich nicht mehr im Originalzustand, in welchem sie zu einem empfohlenen Preis von 30.000,-- DM auf den Markt kam. Die Uhr wies vielmehr Veränderungen anonymen Ursprungs auf. Sie hatte ein fremdes Pave-Diamantzifferblatt; die mittleren Glieder des Goldbandes waren mit einer Rindengravur versehen worden; auf dem Saphirglas waren die fünfzackige Krone und der Name "Rolex" aufgebracht worden. Die Uhr entspricht mit diesem Erscheinungsbild einem Modell, das die Beklagte zu einem Preis von etwa 66.000,-- DM anbietet.

Die Beklagte, welche ebenso wie ihre Muttergesellschaft den Namen "Rolex" in ihrer Firma aufweist und welche ermächtigt ist, die Rechte aus dem Zeichen geltend zu machen, hat die Ansicht vertreten, die Rückgabe der Uhr verweigern zu dürfen, da mit den vorgenommenen Veränderungen die "Rolex"-Kennzeichen verletzt worden seien. Der Kläger habe jedenfalls die Beseitigung der vorgenommenen Änderungen zu dulden, weshalb sie (für den Fall, daß ihr Zurückbehaltungsrecht aus formalen Gründen gegenüber dem Herausgabeverlangen nicht durchgreife), hilfsweise widerklagend vom Kläger verlange zu dulden, daß (wahlweise) Name und Bildzeichen oder die Veränderungen beseitigt würden.

Das Landgericht hat dem Herausgabeverlangen stattgegeben. Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben.

Mit der (zugelassenen) Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag, die Klage abzuweisen, und ihre Hilfswiderklage weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Beklagten könnte gegenüber dem dinglichen Herausgabeanspruch des Klägers ein Recht zum Besitz dann zustehen, wenn der Kläger zur Duldung der Beseitigung der Veränderungen an der "Rolex"-Uhr verpflichtet sei. Dies sei indessen nicht der Fall. Die Beklagte könne sich gegenüber dem Kläger als Privatmann nicht auf warenzeichenrechtliche Ansprüche stützen, da der private Gebrauch der als "Rolex"-Uhr gekennzeichneten Uhr grundsätzlich frei sei. Die Ansicht der Beklagten, ein Privatgebrauch von "Rolex"- Uhren sei gar nicht möglich, weil diese Uhren eine "imageträchtige Kapitalanlage" mit besonderem Gebrauchtuhrenmarkt darstellten, sei vom zeichenrechtlichen Schutz nicht gedeckt. Auch namensrechtliche Ansprüche der Beklagten bestünden nicht. Dabei könne dahinstehen, ob die Veränderung eines mit einem Markennamen versehenen Gebrauchsartikels durch den privaten Nutzer eine Verletzung des Namensrechts des Herstellers oder Zeicheninhabers sein könne. Jedenfalls könne sich die hier vorgenommene Verschönerung nicht nachteilig auf den Namen und Umsatz des Herstellers auswirken. Zudem müsse eine etwaige Beeinträchtigung des Namens des Herstellers im Hinblick auf das Recht des Eigentümers der Sache, mit seinem Eigentum nach Belieben verfahren zu dürfen, hingenommen werden. Auch ein aus § 1004 BGB entnommener Anspruch zur Beseitigung eines dem Namens- und Ausstattungsrecht an "Rolex" widersprechenden Zustands bestehe nicht. Ein solches Recht für Hersteller oder Vertreiber von (Luxus-)Waren, den Gebrauch der vertriebenen Waren durch private Eigentümer zu reglementieren, finde im Gesetz keine Stütze. Soweit in der Rechtsprechung ein Anspruch auf Beseitigung einer gefälschten Signatur zugelassen worden sei, sei dies zum Schutz des Persönlichkeitsrechts eines Künstlers geschehen und nur für den Fall bejaht worden, daß die konkrete Befürchtung bestehe, die Fälschung könne auf den Markt gebracht werden. Hier sei weder ein Persönlichkeitsrecht berührt noch bestehe eine konkrete Gefahr, daß der Kläger die Uhr vermarkten wolle.

II. Die dagegen gerichtete Revision hat keinen Erfolg.

1. Revision und Revisionserwiderung wenden sich nicht gegen den Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, wonach ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten dieser auch das Recht verschaffe, gegenüber dem Herausgabeverlangen des Klägers gemäß § 985 BGB ein Besitzrecht i.S. des § 986 BGB einzuwenden. Dieser ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist auch ein Leistungsverweigerungsrecht i.S. des § 273 BGB, das lediglich zu einer Zug-um-Zug-Verurteilung führen kann, als ein Recht zum Besitz gemäß § 986 BGB anerkannt (BGH, Urt. v. 1.7.1966 - V ZR 167/65, WM 1966, 1086, 1088; Urt. v. 25.9.1985 - VIII ZR 270/84, WM 1985, 1421, 1422; Urt. v. 14.7.1995 - V ZR 45/94, NJW 1995, 2627, 2628; a.A. die überwiegende Meinung in der Literatur, vgl. MünchKomm-Medicus § 986 Rdn. 17 m.w.N.). Die Beklagte hat sich mit dem Vortrag, durch die Veränderung des Erscheinungsbildes ihrer Markenuhr werde der Prestigewert der Marke und des Namens "Rolex" beeinträchtigt, auf ein Zurückbehaltungsrecht i.S. des § 273 Abs. 2 BGB berufen. Nach dieser Vorschrift hat auch derjenige ein Recht, den Gegenstand, zu dessen Herausgabe er verpflichtet ist, zurückzuhalten, wenn ihm ein fälliger Anspruch wegen eines durch diesen Gegenstand verursachten Schadens zusteht. Da dem Kläger indessen rechtswidriges Verhalten nicht vorzuwerfen ist, sind weder die Voraussetzungen dieses noch die eines aus einer Duldungspflicht zur Beseitigung der Veränderung der Uhr vom Berufungsgericht gemäß § 242 BGB erwogenen Zurückbehaltungsrechts gegeben.

2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Markeninhaberin, welche die "Rolex"-Uhr in Verkehr gebracht habe, könne hinsichtlich der nachträglich daran vorgenommenen Änderungen keine Ansprüche wegen Verletzung ihres Markenrechts geltend machen.

a) Zutreffend und allgemein anerkannt ist der Ausgangspunkt der Revision, wonach der Zeicheninhaber sich seines Zeichenrechts mit dem ersten Inverkehrbringen der mit der Marke versehenen Ware nicht gänzlich begibt. Er kann sich vielmehr, wie § 24 Abs. 2 MarkenG zu entnehmen ist, der Veränderung der Eigenart seiner Markenware widersetzen (BGHZ 82, 152, 155 f. - Öffnungshinweis; 100, 51, 57 - Handtuchspender; 111, 182, 187 - Herstellerkennzeichen auf Unfallwagen; 131, 308, 316 - Gefärbte Jeans). Das Recht aus der Marke beschränkt sich jedoch auf deren Verwendung im geschäftlichen Verkehr (§ 14 Abs. 1 MarkenG) und untersagt es Dritten lediglich, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke die dem Markeninhaber vorbehaltene Kennzeichnung im geschäftlichen Verkehr zu benutzen (§ 14 Abs. 2, § 24 MarkenG). Das Verbietungsrecht findet seine Grenze, wenn die Verwendung der Marke nicht in Beziehung auf den geschäftlichen Verkehr stattfindet. Veränderungen einer Markenware, die der Abnehmer der Ware für den Eigenbedarf vornimmt oder vornehmen läßt, sind markenrechtlich irrelevant. Allein Veränderungen an einer zur Weiterveräußerung im geschäftlichen Verkehr bestimmten Ware können markenrechtliche Verbotsansprüche auslösen (BGHZ 100, 51, 58 - Handtuchspender; 111, 182, 186 - Herstellerkennzeichen auf Unfallwagen).

Der von der Revision angeführte Grundsatz, wonach der Begriff des geschäftlichen Verkehrs zum Schutz der Kennzeichenrechte weit auszulegen sei (vgl. BGHZ 100, 51, 58 - Handtuchspender), vermag ihr nicht zum Erfolg zu verhelfen. Der geschäftliche Verkehr wird durch das Tragen einer Uhr nicht in einem rechtlich bedeutsamen Sinne berührt. Die Art, sich zu kleiden, gehört zum persönlichen, privaten Bereich eines jeden Menschen. Wer sich dabei mit hochwertiger Markenware oder mit Luxusgegenständen schmückt, mag mit einer Steigerung seines Ansehens in der Öffentlichkeit, auch bei geschäftlichen Kontakten, rechnen. Die Art seines Auftretens bleibt aber seine persönliche Note. Wer Markenware trägt, wird damit nicht selbst zu einem der Bestimmung des Markeninhabers unterworfenen Objekt. Eine andere Beurteilung kann bei solchen Personen gegeben sein, die sich aus kommerziellen Gründen zum Tragen bestimmter Markenwaren verpflichten und insoweit auf ihr persönliches Selbstbestimmungsrecht verzichtet haben. So liegt der Streitfall indessen nicht.

b) Ohne Erfolg wendet sich die Revision des weiteren gegen die Versagung eines Zurückbehaltungsrechts wegen Verletzung des Rechts am Namen "Rolex". Der Schutz eines als Marke oder Firmenbestandteil eingesetzten Namens gemäß § 12 BGB ist zwar neben dem kennzeichenrechtlichen Schutz nicht grundsätzlich ausgeschlossen und kommt auch einer juristischen Person als Namensträgerin zu, er setzt jedoch einen Eingriffstatbestand voraus, der nicht bereits von den spezielleren Normen des Markengesetzes erfaßt oder freigestellt wird (vgl. Krüger-Nieland, Festschrift R. Fischer, 1979, 339, 342 f.). Der Tatbestand der Verletzung des Namens "Rolex" durch eine Namensanmaßung des Klägers ist indessen nicht gegeben. Wer einen Namen auf Bekleidungsstücken verwendet, tut dies nicht um sich namensmäßig zu bezeichnen oder um auf einen eigenen Geschäftsbetrieb unter diesem Namen hinzuweisen. Die Bezeichnung einer Ware mit einem Namen mag zu deren Wertschätzung erfolgen, sie geschieht aber nicht namensmäßig i.S. des § 12 BGB (vgl. BGHZ 119, 237, 241 - Universitätsemblem). Die Privatperson, die sich mit einer so bezeichneten Ware kleidet, trägt entgegen der Ansicht der Revision auch nicht zu einer gemäß § 12 BGB rechtlich relevanten "Zuordnungsverwirrung" bei. Ein Schutzrecht aus § 12 BGB kann einer juristischen Person nämlich nur insoweit zukommen, als eine Interessenverletzung in ihrem Funktionsbereich in Rede steht (BGH, Urt. v. 7.11.1975 - I ZR 128/74, GRUR 1976, 379, 380 - KSB; Urt. v. 24.10.1990 - XII ZR 112/89, GRUR 1991, 157, 158 - Johanniter-Bier). Das ist bei einem auf den privaten Bereich beschränkten Verhalten nicht der Fall.

c) Der Revision kann auch nicht beigetreten werden, soweit sie meint, unabhängig von den speziellen Regelungen zum Schutz von Marke und Name ergebe sich im Streitfall der von der Beklagten geltend gemachte Anspruch auf Beseitigung von Veränderungen an der "Rolex"-Uhr aus § 1004 BGB. Dabei kann dahinstehen, ob, wie die Revision meint, für den Schutz gegen Verwässerung einer berühmten Marke § 1004 i.V. mit § 823 Abs. 1 BGB als lückenausfüllende Norm heranzuziehen ist (BGH, Urt. v. 22.3.1990 - I ZR 43/88, GRUR 1990, 711, 712 = WRP 1990, 696 - Telefonnummer 4711) oder ob hierzu nicht auf § 1 UWG und § 826 BGB (vgl. BGH, Urt. v. 19.10.1994 - I ZR 130/92, GRUR 1995, 57, 59 = WRP 1995, 92 - Markenverunglimpfung II; v. Gamm, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl., Kap. 21 Rdn. 70) oder nunmehr (allein) auf § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 19. Aufl., Allg. Rdn. 138) mit dem dort genannten Erfordernis der Verwendung im geschäftlichen Verkehr abzustellen ist. Von einer in § 1004 BGB vorausgesetzten Beeinträchtigung des Namens oder der "Rolex"-Zeichen kann schon deshalb keine Rede sein, weil auch der Schutz der Verwässerung einer berühmten Marke nach der angezogenen Norm eine kennzeichenmäßige Verletzungshandlung voraussetzt (BGH GRUR 1990, 711, 713 - Telefonnummer 4711).

Auch soweit die Revision das im Vergleich zur berühmten Marke weniger weit reichende allgemeine Persönlichkeitsrecht des Unternehmens heranzieht, fehlt ihrem Begehren die Grundlage. Eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts einer juristischen Person kommt nur insoweit in Betracht, als deren sozialer Geltungsanspruch in ihrem Aufgabenbereich, also ihre Funktion als Handelsunternehmen, betroffen ist (vgl. BGH GRUR 1976, 379, 380 - KSB; BGHZ 78, 24, 25 f. - Medizinsyndikat I). Ein Verhalten im nichtgeschäftlichen Bereich, hier das Zurschaustellen einer durch das Aufsetzen eines Diamantzifferblatts in der Wertschätzung bei bestimmten Verkehrskreisen gestiegenen Uhr, vermag nicht das Ansehen der Beklagten im geschäftlichen Verkehr zu berühren, zumal nach der nicht angegriffenen Feststellung des Berufungsgerichts eine Absicht des Klägers, die Uhr auf dem Markt zum Verkauf anzupreisen, nicht gegeben ist.

III. Nach alledem ist die Revision zurückzuweisen. Einer Entscheidung über die Widerklage bedarf es, wie bereits das Berufungsgericht ausgeführt hat, nicht, da diese in prozessual nicht zu beanstandender Weise hilfsweise (vgl. BGHZ 43, 28, 30; BGH, Urt. v. 6.3.1996 - VIII ZR 212/94, NJW 1996, 2165, 2166 f.) nur für den - hier nicht gegebenen (vgl. o.1.) - Fall der Versagung des Zurückbehaltungsrechts aus formellen Gründen erhoben worden ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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