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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 02.05.2002
Aktenzeichen: I ZR 51/00
Rechtsgebiete: WZG


Vorschriften:

WZG § 24 Abs. 1
WZG § 31
Zur Frage der Warengleichartigkeit von "Schmuckwaren", "Schmucksachen", "Bijouteriewaren" und "Vergrößerungsgläsern" mit "Brillengestellen".
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

I ZR 51/00

Verkündet am: 2. Mai 2002

in dem Rechtsstreit

TIFFANY II

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 2. Mai 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann und die Richter Prof. Starck, Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 11. Januar 2000 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Beklagte nimmt im Wege der Widerklage die Klägerinnen wegen Markenverletzung in Anspruch. Sie vertreibt weltweit luxuriöse Einrichtungsgegenstände, Gebrauchsgegenstände und Schmuckwaren. In Deutschland ist sie durch Niederlassungen in München und Frankfurt am Main vertreten. Die Beklagte ist Inhaberin der Marke Nr. 264 957, eingetragen am 11. Mai 1921 für "Bijouteriewaren und Schmucksachen" gemäß der nachfolgenden Darstellung sowie der Marke Nr. 981 979, eingetragen im Jahre 1979 mit Priorität vom 30. März 1977 unter anderem für "Juwelierwaren, echte und unechte Schmuckwaren, Gold- und Silberschmiedewaren" gemäß der nachfolgenden Abbildung

Die weitere Marke Nr. 1 128 006 war mit Zeitrang vom 7. Mai 1988 unter anderem für "Juwelierwaren aus oder unter Verwendung von Edelmetall, Edelsteine, Halbedelsteine, Perlen, Zuchtperlen ... Schreibtischzubehör, insbesondere ... Vergrößerungsgläser ... Brillenetuis" gemäß der nachfolgenden Abbildung ursprünglich für die Tiffany & Co. GmbH, München, eingetragen. Sie wurde im April 1991 auf die Tiffany & Co., Niederlassung Deutschland, in München umgeschrieben.

Die Klägerin zu 2 stellt unter anderem hochwertige Brillen und Brillengestelle aus Gold, mit Gold- und Platinbeschichtungen sowie solche mit Edelsteinbesatz her. Die Klägerin zu 1 ist Inhaberin der am 9. November 1989 international registrierten Marke Nr. 545 590 für "Optische Geräte, Brillen, Brillengläser, Brillengestelle und Brillenetuis" gemäß der nachfolgenden Abbildung

Die Klägerin zu 1 befaßt sich unter anderem in Deutschland mit dem Vertrieb der von der Klägerin zu 2 produzierten Brillen und Brillengestelle, die sie seit Anfang 1990 unter der Bezeichnung "Tiffany" anbietet oder anbieten läßt.

Die Beklagte sieht darin eine Verletzung ihrer drei eingetragenen Marken sowie ihres Unternehmenskennzeichens und des entsprechenden Namensrechts, wobei sie einen weltbekannten und durch ihre geschäftliche Betätigung ausgebauten Ruf einer prioritätsälteren Bezeichnung "Tiffany" für sich in Anspruch nimmt. Im Hinblick auf die in den Warenverzeichnissen eingetragenen "Vergrößerungsgläser, Brillenetuis, Schmuckwaren" hat sie die Gefahr einer Verwechslung mit den von der Klägerin zu 2 hergestellten und von der Klägerin zu 1 vertriebenen Brillengestellen geltend gemacht.

Die Klägerinnen sind diesem Begehren entgegengetreten. Sie haben sich gegen die von der Beklagten behauptete Verkehrsbekanntheit der Marke "Tiffany" gewandt und ein Namensrecht sowie ein Recht an einer geschäftlichen Bezeichnung der Beklagten in tatsächlicher Hinsicht bestritten. Darüber hinaus haben sie angesichts des Zusatzes "lunettes" eine Verwechslungsgefahr in Abrede gestellt und sich auch auf Verwirkung berufen.

Das Landgericht hat antragsgemäß

I. die Klägerinnen verurteilt,

1. es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland für Brillengestelle (Brillenfassungen) eine der nachstehenden Bezeichnungen

oder

oder

zu benutzen, insbesondere wenn die Klägerin zu 1 und/oder die Klägerin zu 2 in Deutschland eine der vorgenannten Bezeichnungen auf Brillengestellen oder ihrer Aufmachung oder Verpackung anbringen, unter einer der Bezeichnungen Brillengestelle anbieten, in den Verkehr bringen oder zu den genannten Zwecken besitzen, unter einer der Bezeichnungen Dienstleistungen für Brillengestelle anbieten oder erbringen, unter einer der Bezeichnungen Brillengestelle einführen oder ausführen und/oder eine der Bezeichnungen in Geschäftspapieren oder in der Werbung für Brillengestelle benutzen;

2. der Beklagten und Widerklägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang die Klägerinnen und Widerbeklagten die im Widerklageantrag zu I 1 bezeichneten Handlungen begangen haben, und zwar aufgegliedert nach Kalendervierteljahren und unter Angabe

- der Umsätze (Menge und Verkaufspreis)

- der betriebenen Werbung, die ihrerseits nach Werbeträgern, deren Auflage und deren Verbreitungsgebiet aufzugliedern sind;

II. festgestellt, daß die Klägerinnen (Widerbeklagten) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Widerklägerin (Beklagten) allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die im Klageantrag zu I 1 bezeichneten Handlungen der Klägerinnen (Widerbeklagten) entstanden ist und noch entstehen wird.

Die hiergegen eingelegte Berufung der Klägerinnen hatte Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Widerklage abgewiesen.

Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerinnen beantragen, begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß sich die streitgegenständlichen Kennzeichnungen schon vor dem 1. Januar 1995, dem Tag des Inkrafttretens des Markengesetzes, gegenübergestanden hätten, so daß gemäß § 153 Abs. 1 MarkenG Ansprüche aus einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung nach dem Markengesetz gegen eine Weiterbenutzung der angegriffenen Bezeichnungen nur mit Erfolg geltend gemacht werden könnten, wenn diese der Beklagten auch schon nach den früher geltenden Vorschriften zugestanden hätten. Das sei nicht der Fall. Dazu hat das Berufungsgericht ausgeführt:

Bezüglich der aus den eingetragenen Marken geltend gemachten Ansprüche fehle es an der für die Annahme einer Warenzeichenverletzung erforderlichen Warengleichartigkeit. Brillengestelle (-fassungen) der von den Klägerinnen hergestellten und/oder vertriebenen Art seien nicht gleichartig mit den in den Warenverzeichnissen der Marken der Beklagten aufgeführten Schmucksachen und Schmuckwaren. Solche Brillengestelle wiesen zwar aufgrund der Art des verarbeiteten Materials (Gold, Platin, Edelsteine) den Charakter von "Schmuck-" oder "Zier"-Brillen auf, die nicht nur der reinen Funktion als Sehhilfe dienten, sondern auch die Erscheinungsweise ihres Trägers nach außen aufwerten sollten. In gleicher Weise würden aber auch viele Brillengestelle bezeichnet, die unter Verzicht auf eine Verarbeitung von Edelmetallen oder Edelsteinen aus herkömmlichen Werkstoffen modisch aus "dem üblichen Rahmen fallend" gestaltet seien und sich deswegen dazu eigneten, als ein das Aussehen ihres Trägers verbesserndes Accessoire getragen zu werden. Allein hierauf sei jedoch nicht entscheidend abzustellen.

Es komme hinzu, daß Brillen, Brillengestelle und Schmuckwaren im allgemeinen aus unterschiedlicher Herstellung stammten und demnach auch infolge ihrer betrieblichen Herkunft nicht gleichartig seien. Schmuckwaren würden von Goldschmieden und Juwelieren und entsprechend ausgebildeten Personen kunsthandwerklich oder industriell gefertigt. Brillen seien hingegen Erzeugnisse der Augenoptik, die einem Ausgleich von Sehschwächen oder als Sehhilfen dienten.

Schmuckwaren und Brillengestelle würden aber auch auf verschiedenen Ebenen vertrieben. Wer eine Brille oder ein Brillengestell benötige, wende sich an ein Augenoptikergeschäft.

Auch der Umstand, daß nach dem Vortrag der Beklagten unter internationalen Marken wie "Cartier" und "BVLGARI" sowohl Brillen als auch Schmuckwaren verzeichnet seien und vertrieben würden, führe zu keiner anderen Beurteilung. Allein die Zusammenfassung von Brillen und Schmuckwaren in dem Warenverzeichnis einer Marke begründe keine Warengleichartigkeit, die allein nach den Vorstellungen des Verkehrs zu beurteilen sei.

Brillengestelle dienten überdies einem in erster Linie anderen Verwendungszweck als Schmuckwaren. Sie seien als Fassungen zur Aufnahme optischer Gläser bestimmt, die als Sehhilfen oder zur Korrektur von Sehschwächen dienten.

Demgemäß fehle es auch an einer Warengleichartigkeit zwischen Brillengestellen einerseits und "Bijouteriewaren", "Goldschmiedewaren" und "Juwelierwaren" andererseits.

Auch zwischen Brillengestellen und "Brillenetuis" sei keine Warengleichartigkeit gegeben. Zwar dienten beide sich ergänzenden Verwendungszwecken. Die Unterschiede seien jedoch offensichtlich und dem Verkehr geläufig. So werde kaum jemand ernstlich annehmen, ein Hersteller aus Leder gefertigter Brillenetuis befasse sich gleichzeitig mit der Produktion von Brillengestellen.

Auch eine Warengleichartigkeit im Verhältnis zwischen Brillengestellen und "Vergrößerungsgläsern" könne nicht angenommen werden.

Ein Unterlassungsanspruch der Beklagten ergebe sich auch nicht aus dem bis zum 1. Januar 1995 geltenden § 16 UWG. Insoweit habe eine Gefahr von Verwechslungen zwischen der geschäftlichen Bezeichnung der Beklagten und dem von den Klägerinnen benutzten Zeichen schon mangels Branchennähe nicht vorgelegen.

Schließlich könne die Beklagte von den Klägerinnen Unterlassung ebensowenig unter dem Gesichtspunkt einer Ausnutzung des Rufs einer bekannten Unternehmenskennzeichnung gemäß § 1 UWG beanspruchen. Zwar sei insoweit ein Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien anzunehmen. Ein den Anforderungen genügender Ruf der geschäftlichen Bezeichnung "Tiffany" könne aber im Zeitpunkt der Aufnahme der Geschäftstätigkeit der Klägerinnen im Inland, nämlich Anfang des Jahres 1990, zugunsten der Beklagten nicht festgestellt werden.

II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Revisionsangriffe der Beklagten haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

1. Zutreffend - von der Revision auch nicht beanstandet - hat das Berufungsgericht angenommen, daß es für die Frage der Begründetheit der mit der Klage geltend gemachten Ansprüche darauf ankommt, ob diese der Beklagten auch schon nach den vor dem 1. Januar 1995 geltenden Vorschriften zugestanden haben. Die Klägerin zu 1 hat die angegriffenen Bezeichnungen bereits vor diesem Zeitpunkt im geschäftlichen Verkehr verwendet, indem sie, wie das Berufungsgericht als unstreitig festgestellt hat, Anfang des Jahres 1990 ihre Geschäftstätigkeit in Deutschland durch den Vertrieb von Brillengestellen aufgenommen und hierzu die angegriffenen Bezeichnungen verwendet hat. Rechte nach den Vorschriften des Markengesetzes gegen die Weiterbenutzung der angegriffenen Bezeichnungen stehen der Beklagten deshalb nur zu, wenn sie ihr nach den früher geltenden Vorschriften zugestanden haben und auch nach den markengesetzlichen Vorschriften gegeben sind (§ 153 Abs. 1 MarkenG).

2. Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Berufungsgericht des weiteren davon ausgegangen, daß für die Zuerkennung eines Anspruchs auf Unterlassung (und Auskunftserteilung sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht) nach den Vorschriften des Warenzeichengesetzes (§§ 24, 31 WZG) erforderlich war, daß die streitgegenständlichen Waren, nämlich diejenigen des Warenverzeichnisses der Widerklagemarken und diejenigen, für die die angegriffenen Bezeichnungen verwendet worden sind, gleichartig i.S. von § 5 Abs. 3 WZG sind. Diese Frage ist als erste Voraussetzung einer Warenzeichenverletzung i.S. von §§ 24, 31 WZG zu prüfen, weil nur bei gegebener Gleichartigkeit überhaupt warenzeichenrechtliche Ansprüche in Betracht kommen. Demgemäß hat das Berufungsgericht auch zutreffend zugrunde gelegt, daß insoweit eine Wechselbeziehung zu anderen, eine Verwechslungsgefahr begründenden Tatbestandselementen nicht besteht.

a) In nicht zu beanstandender Weise hat das Berufungsgericht des weiteren angenommen, daß Waren dann als warenzeichenrechtlich gleichartig anzusehen sind, wenn sie nach ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und Verwendungsweise, nach ihrer Beschaffenheit und Herstellung und insbesondere ihren regelmäßigen Herstellungs- und Verkaufsstätten so enge Berührungspunkte miteinander aufweisen, daß für die angesprochenen Verkehrskreise die Schlußfolgerung naheliegt, die Produkte stammten aus demselben Geschäftsbetrieb, sofern übereinstimmende oder vermeintlich übereinstimmende Kennzeichnungen verwendet werden (BGHZ 52, 337, 338 f. - Dolan).

b) Das Berufungsgericht ist, bezogen auf die im Streitfall konkret in Frage stehenden Waren, davon ausgegangen, daß "Schmucksachen, Schmuckwaren" sowie "Bijouteriewaren", "Goldschmiedewaren" und "Juwelierwaren" einerseits und Brillengestelle (Brillenfassungen) andererseits nicht gleichartig im Sinne des Warenzeichenrechts seien. Das hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

Das Berufungsgericht hat zwar in nicht zu beanstandender Weise festgestellt, daß Brillengestelle, soweit sie als Bestandteile von Brillen lediglich als Sehhilfen verwendet werden, regelmäßig weder in bezug auf die Herstellungs- und Vertriebsstätten noch in bezug auf die übliche Verwendungsweise engere Berührungspunkte aufweisen. Es hat bei seiner Beurteilung aber nicht ausreichend berücksichtigt, daß die u.a. von den Klägerinnen hergestellten und vertriebenen Schmuck- oder Zierbrillen aufgrund der Art des verarbeiteten Materials, neben Gold und Platin auch Edelsteine, nicht nur der reinen Funktion als Sehhilfe dienen, sondern insbesondere auch eine schmückende Wirkung ausüben. Darüber hinaus werden Brillen auch erfahrungsgemäß sonst in schmückender Weise als Imageträger eingesetzt, wenn sie als hochwertige Designerbrillen mit bekannten imageträchtigen Marken versehen werden. Diese mit Schmuckwaren identische Wirkung von derartigen Brillengestellen hebt diese für den angesprochenen Verkehr erkennbar aus der rein dienenden Funktion als Sehhilfe heraus. Die Schmuckwirkung von Brillen wird für den Verkehr besonders auch dadurch deutlich, daß - wie das Berufungsgericht als unstreitig festgestellt hat - unter den Marken "Cartier" und "BVLGARI" sowohl Schmuckwaren als auch Brillen vertrieben werden. Diese dem Verkehr bekannten Marken mögen zwar allein nach Stückzahlen nicht besonders ins Gewicht fallen; sie sind aber angesichts ihrer Bekanntheit und ihres Images nach der allgemeinen Lebenserfahrung in besonderem Maße geeignet, die Vorstellung des Verkehrs nicht nur über die schmückende Funktion derartiger Brillengestelle, sondern auch über die Vorstellung gleicher Herstellungsstätten für Schmuckwaren und Brillengestelle zu beeinflussen.

Da nach alledem eine Gleichartigkeit von Brillengestellen und Schmuckwaren sowie den sonst vorangehend im einzelnen angeführten Waren, für die die Widerklagemarken Schutz genießen, nicht verneint werden kann, kann das die Widerklage abweisende Urteil keinen Bestand haben. Das Berufungsgericht wird im neueröffneten Berufungsverfahren die Frage einer warenzeichenrechtlichen Verwechslungsgefahr zu prüfen haben.

3. Das Berufungsgericht ist unter Heranziehung der Widerklagemarke Nr. 1 128 006 weiterhin davon ausgegangen, daß Brillen und Brillengestelle mit den für diese Widerklagemarke geschützten "Juwelierwaren" und "Vergrößerungsgläser" nicht gleichartig seien. Das hält, auch soweit "Vergrößerungsgläser" betroffen sind, der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Das Berufungsgericht hat unterstellt, daß die Beklagte infolge wirksamer Übertragung Anfang des Jahres 1991 Inhaberin der Marke Nr. 1 128 006 geworden ist. Es wird, soweit es hierauf ankommen sollte, die umstrittene Frage der Übertragung des Geschäftsbetriebes der Tiffany & Co. GmbH, München zu klären haben.

Das Berufungsgericht hat angenommen, daß es sich bei Vergrößerungsgläsern zwar um optische Erzeugnisse handele, sie sich aber in der Herstellung von Brillen und Brillengestellen unterschieden. Sie verfügten nicht notwendig über eine Fassung. Wenn sie eine solche aufwiesen, sei diese regelmäßig von einfacher Herstellung und müßte nicht den bei Brillengestellen zu beachtenden Anforderungen - Aufnahme von Augengläsern, Anpassung an das individuelle Trageverhalten - entsprechen. Vergrößerungsgläser erfüllten auch als Schreibtischzubehör einen anderen Zweck als Brillen und Brillengestelle. Diese dienten als Sehhilfe, Vergrößerungsgläser dienten dagegen dem Sichtbarmachen mit bloßem Auge nicht oder nur schlecht erkennbarer Details. Der Verkehr ordne deshalb Vergrößerungsgläser nicht den zur Aufnahme von augenoptischen Gläsern bestimmten Brillenfassungen zu.

Diese Beurteilung kann nicht als rechtsfehlerfrei erachtet werden. Bei Vergrößerungsgläsern handelt es sich ebenso wie bei den Brillengestellen der Klägerinnen um Erzeugnisse aus dem augenoptischen Bereich, die (auch) über die gleichen Vertriebsstätten, Optikerfachgeschäfte, in den Verkehr gebracht werden. Sie entstammen, wie der allgemeinen Lebenserfahrung entnommen werden kann und was jedenfalls der großen Anzahl der Brillenträger bekannt ist, gleichen Herstellungsstätten; denn die Hersteller optischer Gläser, wie sie in Brillenfassungen eingepaßt werden und worum es sich auch bei Vergrößerungsgläsern handelt, wie z.B. die Unternehmen Zeiss und Rodenstock, stellen in erheblichem Umfang auch die Brillenfassungen selbst her.

Darüber hinaus stellen Vergrößerungsgläser auch Sehhilfen dar und dienen deshalb dem gleichen Verwendungszweck wie Brillen. Die von dem Berufungsgericht insoweit vorgenommene Differenzierung ist erfahrungswidrig. Das Berufungsgericht führt keine Gründe dafür an, inwiefern eine Differenzierung zwischen einer (vergrößernden Lese-)Brille und einem Vergrößerungsglas gerechtfertigt ist. Erfahrungsgemäß verwenden nicht nur normal sehfähige Philatelisten oder Leser von Bauzeichnungen eine Lupe zur Betrachtung besonderer Briefmarken- oder Plandetails, sondern alle diejenigen Personen die - auch wenn sie üblicherweise (noch) keine Lesebrille verwenden - im Einzelfall einer Sehhilfe bedürfen. Denn es gehört zum allgemeinen Erfahrungswissen, daß etwa die normale Alterssichtigkeit mit vergrößernden optischen Gläsern ausgeglichen werden kann.

Liegen demnach die für die Frage der Warengleichartigkeit maßgebenden Beurteilungsfaktoren der gleichen Verwendungsweise der in Frage stehenden Waren und der engen Berührungspunkte nach der Beschaffenheit und Herstellung, insbesondere nach den regelmäßigen Herstellungs- und Verkaufsstätten vor, kann eine Warengleichartigkeit nicht verneint werden.

4. Das Berufungsgericht wird im neueröffneten Berufungsverfahren die Frage einer warenzeichenrechtlichen Verwechslungsgefahr zwischen den Widerklagemarken und den angegriffenen Bezeichnungen zu beurteilen (§§ 24, 31 WZG) und, soweit diese gegeben ist, der Frage einer markenrechtlichen Verwechslungsgefahr nachzugehen haben (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).

Soweit es darauf ankommen sollte, wird das Berufungsgericht auch Gelegenheit haben, bei der Prüfung der sonstigen geltend gemachten Anspruchsgrundlagen (§ 16 UWG und §§ 5, 15 MarkenG) seine Auffassung, daß eine Branchennähe zwischen den Parteien nicht gegeben ist, unter Heranziehung der zu der Frage einer Warengleichartigkeit angeführten Argumente zu überprüfen. Ist von einer Warengleichartigkeit von Schmuckwaren und Schmucksachen einerseits und Brillenfassungen (Brillengestellen) andererseits auszugehen, wird eine Branchennähe schon deswegen nicht verneint werden können, weil die Klägerinnen sich mit der Herstellung und dem Vertrieb gerade von Schmuckbrillen beschäftigen. Daß derartige mit Platin, Gold oder Edelsteinen versehene Brillengestelle schon wegen der verwendeten Materialien enge Berührungspunkte zu Schmuckwaren aufweisen, die zur Annahme einer Branchennähe führen können, ergibt sich aus der allgemeinen Lebenserfahrung. Gegebenenfalls wird das Berufungsgericht auch der Frage der Kennzeichnungskraft der Unternehmensbezeichnung im Kollisionszeitpunkt Anfang 1990 nachzugehen und dabei auch die Beweisantritte der Beklagten zu beachten haben.

Das Berufungsgericht wird des weiteren, sofern es hierauf noch ankommen sollte, auch die Frage, ob von einer wettbewerbswidrigen Rufausbeutung (§ 1 UWG, § 15 Abs. 3 MarkenG) durch die Klägerinnen ausgegangen werden kann, zu prüfen und dabei zur Frage der Bekanntheit der Unternehmenskennzeichnung Feststellungen zu treffen haben.

III. Danach war auf die Revision der Beklagten das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Ende der Entscheidung

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