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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 03.12.2007
Aktenzeichen: II ZB 12/07
Rechtsgebiete: KapMuG, ZPO


Vorschriften:

KapMuG § 1
KapMuG § 1 Abs. 1 Satz 1
KapMuG § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1
KapMuG § 4
KapMuG § 7
KapMuG § 15
ZPO § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

II ZB 12/07

vom 3. Dezember 2007

in dem Rechtsstreit

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 3. Dezember 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Kraemer, Dr. Strohn, Caliebe und Dr. Reichart

beschlossen:

Tenor:

1. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 4. Zivilsenats des Kammergerichts vom 2. März 2007 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 14.520,35 € festgesetzt.

Gründe:

I. Der Kläger macht gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit seinem Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds geltend. Im ersten Rechtszug hat er einen Musterfeststellungsantrag i.S. des § 1 Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) gestellt. Das Landgericht hat diesen Antrag durch Beschluss zurückgewiesen und die Klage durch Urteil vom selben Tage abgewiesen. Der Kläger hat gegen den Beschluss sofortige Beschwerde eingelegt. Das Urteil hat er mit der Berufung angegriffen. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die von dem Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Klägers.

II. Die allgemeine, nicht auf § 15 KapMuG gestützte Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO zulässig. In der Sache hat sie keinen Erfolg.

1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Die Beschwerde sei unzulässig, weil ein Musterfeststellungsverfahren nur in einem erstinstanzlichen Verfahren eingeleitet werden könne, dieses aber durch das Urteil des Landgerichts abgeschlossen sei. Das Beschwerdegericht habe nicht zu prüfen, ob das erstinstanzliche Gericht die Entscheidungsreife zu Recht angenommen habe.

2. Diese Ausführungen sind im Ergebnis zutreffend.

Dabei kann offen bleiben, ob das Landgericht zu Recht eine Entscheidungsreife i.S. des § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 KapMuG angenommen hat. Die Zurückweisung des Musterfeststellungsantrags hat im Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren jedenfalls deshalb Bestand, weil der Rechtsstreit nach Einlegung der Berufung nicht mehr in der ersten Instanz anhängig ist.

Ein Musterfeststellungsantrag kann gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 KapMuG nur im ersten Rechtszug gestellt werden. Er soll in einem möglichst frühen Stadium des Prozesses dazu führen, dass eine verallgemeinerungsfähige Tatsachen- oder Rechtsfrage i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 KapMuG mit Bindungswirkung auch für andere, gleichartige Verfahren geklärt wird. Der Antrag ist nach Wortlaut und Systematik der Norm unzulässig, wenn er erst in der Berufungsinstanz gestellt wird. Nach § 4 KapMuG muss nämlich auf einen zulässigen Musterfeststellungsantrag hin die Sache, sofern mindestens neun weitere Anträge fristgerecht gestellt worden sind, dem zuständigen Oberlandesgericht mit bindendem Beschluss vorgelegt werden. Das setzt ein noch anhängiges erstinstanzliches Verfahren voraus. Etwas anderes kann auch nicht daraus hergeleitet werden, dass gemäß § 7 KapMuG alle Verfahren, deren Entscheidung von dem Ergebnis des Musterverfahrens abhängt, nach der öffentlichen Bekanntmachung des Musterverfahrens auszusetzen sind und davon auch Verfahren betroffen werden, die bereits in der Berufungsinstanz anhängig sind (Maier-Reimer/Wilsing, ZGR 2006, 79, 96; Vorwerk in Vorwerk/Wolf, KapMuG § 7 Rdn. 12).

Hier hatte der Kläger zwar den Musterfeststellungsantrag im ersten Rechtszug gestellt. Über diesen Antrag kann aber nicht mehr in jenem Rechtszug entschieden werden, nachdem der Rechtsstreit mittlerweile durch Einlegung der Berufung in der Rechtsmittelinstanz anhängig geworden ist. Auch eine Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung im Beschwerde- oder Rechtsbeschwerdeverfahren kommt bei dieser Prozesslage nicht in Betracht. Denn auch dafür gilt der Grundsatz, dass nach dem Ende der Anhängigkeit des Rechtsstreits in erster Instanz ein Musterverfahren nicht mehr eingeleitet werden kann.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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