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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 19.04.1999
Aktenzeichen: II ZR 16/98
Rechtsgebiete: GmbHG


Vorschriften:

GmbHG § 30
GmbHG § 31
GmbHG § 32 a
GmbHG § 32 b
GmbHG §§ 30, 31, 32 a, 32 b

Zur Tilgung eines eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens im Zusammenhang mit der Aufnahme eines privaten Zwecken des Gesellschafters dienenden weiteren Kredits durch diesen und die Gesellschaft als Mitdarlehensnehmer.

BGH, Urt. v. 19. April 1999 - II ZR 16/98 - OLG Köln LG Köln


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

II ZR 16/98

Verkündet am: 19. April 1999

Boppel Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. April 1999 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und Kraemer

für Recht erkannt:

Auf die Revision des Beklagten wird das Schlußurteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 11. Dezember 1997 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger macht als Konkursverwalter in dem am 20. September 1994 eröffneten Konkursverfahren über das Vermögen der H. B. GmbH (nachfolgend: Gemeinschuldnerin) gegen den Beklagten als deren alleinigen Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter Zahlungsansprüche in Höhe von insgesamt 397.746,97 DM geltend, darunter solche auf Rückerstattung behaupteter Tilgungen zweier als eigenkapitalersetzend angesehener Gesellschafterdarlehen im Umfang von insgesamt 185.000,-- DM. Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung des Beklagten durch Teilurteil vom 26. August 1996 die Klage in Höhe von 1.000,-- DM abgewiesen und das Rechtsmittel in Höhe von 296.746,97 DM zurückgewiesen. Die Revision des Beklagten gegen dieses Teilurteil hat der Senat durch Beschluß vom 2. Juni 1997 (II ZR 271/96) nicht angenommen. Bei dem weiteren, die Tilgung des zweiten Gesellschafterdarlehens von 100.000,-- DM aus dem Jahre 1988 betreffenden Verfahren geht es noch um folgendes:

Ende Dezember 1993 bewilligte die S. K. (nachfolgend: S K) der Gemeinschuldnerin und dem Beklagten als Mitdarlehensnehmern ein Darlehen von 100.000,-- DM, die von der Bank unmittelbar an den Beklagten ausgezahlt wurden und die dieser - wie von vornherein beabsichtigt - zur Teilfinanzierung eines von ihm für private Zwecke angeschafften Pkw verwendete. Am 3. Januar 1994 wurde in der Buchhaltung der Gemeinschuldnerin die Kreditverbindlichkeit gegenüber der S K eingebucht und gleichzeitig das der Gemeinschuldnerin vom Beklagten am 9. Dezember 1988 gewährte Darlehen von 100.000,-- DM ausgebucht. Die Gemeinschuldnerin erbrachte Zins- und Tilgungsleistungen an die S K in bislang nicht genau festgestelltem, vom Beklagten als geringfügig bezeichneten Umfang; wegen des Ausbleibens weiterer Zahlungen mußte der Beklagte auf Verlangen der S K das Restdarlehen ablösen.

Nach Beweisaufnahme hat das Berufungsgericht durch Schlußurteil auch die Verurteilung des Beklagten zur Rückerstattung der 100.000,-- DM hinsichtlich des zweiten Gesellschafterdarlehens bestätigt. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der Revision.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung (§ 565 Abs. 1 ZPO).

I. Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist der Beklagte zur Zahlung der nach dem Teilurteil noch offengebliebenen 100.000,-- DM an den Kläger sowohl nach Rechtsprechungs- als auch nach Novellenregeln verpflichtet (§§ 30, 31 GmbHG bzw. § 32 a, b GmbHG), weil auch das Gesellschafterdarlehen vom 5. Dezember 1988 über 100.000,-- DM entsprechend den Feststellungen im Teilurteil wegen Kreditunwürdigkeit der Gemeinschuldnerin seit Oktober 1990 eigenkapitalersetzend war und daher dessen Ausbuchung in der Buchhaltung der Gemeinschuldnerin am 3. Januar 1994 im Zusammenhang mit der Auszahlung der Valuta des S K-Darlehens an den Beklagten in gleicher Höhe eine unzulässige Tilgung darstellte.

1. Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nur insoweit stand, als das Berufungsgericht zutreffend die Umqualifizierung des zweiten Darlehens in funktionales Eigenkapital durch Stehenlassen seit Oktober 1990 angenommen hat. Hierzu genügte die Bezugnahme auf die ausführliche Begründung des Berufungsgerichts zu der durch Kreditunwürdigkeit gekennzeichneten Krise der Gemeinschuldnerin in dem durch die Nichtannahmeentscheidung des Senats bestätigten Teilurteil, weil die dafür maßgeblichen Umstände in denselben Zeiträumen für sämtliche Kredite und sonstigen Gesellschafterhilfen der Beklagten gegenüber der Gemeinschuldnerin identisch waren. Neue erhebliche Gesichtspunkte, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten, hat der Beklagte im weiteren Verfahren nicht vorgebracht.

2. Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnen hingegen die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Tilgung des zweiten Gesellschafterdarlehens. Nach dem vom Berufungsgericht im Anschluß an die von ihm durchgeführte Beweisaufnahme zugrunde zu legenden Sach- und Streitstand (§ 286 ZPO) läßt sich aus der Auszahlung der Valuta des Darlehens der S K unmittelbar an den Beklagten weder für sich genommen noch im Zusammenhang mit dem buchungstechnischen Vorgang der Ein- bzw. Ausbuchung vom 3. Januar 1994 eine Tilgung des eigenkapitalersetzenden Darlehens des Beklagten vom 9. Dezember 1988 durch die Gemeinschuldnerin gemäß § 362 BGB ableiten. Die Überweisung des Darlehens stellt bereits deshalb keine unmittelbare Auszahlung aus dem Vermögen der Gemeinschuldnerin im Sinne einer Kreditrückführung auch des Gesellschafterdarlehens aus Mitteln des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens (§§ 30, 31 GmbHG) dar, weil - von der Zeugin K. bestätigt - "der Geldfluß nicht über die Firmenkonten gelaufen ist". Die unmittelbare Zuführung der "Fremdmittel" aus dem S K-Darlehen an den Beklagten läßt sich vorliegend auch nicht aufgrund der lediglich buchungstechnischen Gegenbuchung in eine Kreditrückführung aus Eigenmitteln der Gemeinschuldnerin mit endgültiger Tilgungswirkung umdeuten. Dem steht insbesondere das - vom Kläger nicht substantiiert bestrittene und in der Revisionserwiderung sogar eingeräumte - Berufungsvorbringen des Beklagten bezüglich der Tilgungsvereinbarung der Parteien entgegen: Danach war "geplant und abgesprochen, daß die Gemeinschuldnerin dieses gemeinsam mit dem Beklagten aufgenommene Darlehen planmäßig unter jeweiliger Verrechnung auf seine ihr gegenüber bestehende Darlehensforderung zurückführen sollte". In Erfüllung dieser Vereinbarung hat die Gemeinschuldnerin das Darlehen gegenüber der S K - wie von der Zeugin K. bestätigt - teilweise, und zwar zumindest bis zum 30. Juni 1994 getilgt, während das Restdarlehen sowohl nach den Bekundungen der Zeugin als auch nach der Bestätigung der S. K. vom 29. Oktober 1997 durch den Beklagten zurückgeführt worden ist. Eine Tilgung des eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens des Beklagten durch die Gemeinschuldnerin hat daher nur im Umfang der von ihr erbrachten Zahlungen auf die im Innenverhältnis erfüllungshalber allein übernommene Rückzahlungsverpflichtung hinsichtlich des S K-Darlehens stattgefunden. Nur insoweit ist der Beklagte zur Erstattung der nach Eigenkapitalersatzregeln unzulässigen Tilgung seines - zweiten - Gesellschafterdarlehens gemäß §§ 30, 31 GmbHG wie auch nach § 32 b Satz 1 GmbHG verpflichtet; soweit der Beklagte aufgrund der vorliegenden Fallgestaltung dazu auch aufgrund seiner Stellung als Mitdarlehensnehmer des insoweit auch den Eigenkapitalersatzregeln unterfallenden S K-Darlehens verpflichtet wäre (vgl. dazu Sen.Urt. v. 9. Dezember 1991 - II ZR 340/91, ZIP 1992, 108, 109 m.w.N.), führt dies nicht zu einer Verdoppelung seiner Ersatzverpflichtung. Zu Unrecht hat danach das Berufungsgericht von einer Aufklärung der entscheidungserheblichen Frage abgesehen, in welchem Umfang die Gemeinschuldnerin das Darlehen gegenüber der S K getilgt hat.

II. An einer Endentscheidung in der Sache selbst (§§ 563, 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) sieht sich der Senat wegen Fehlens hinreichend sicherer Tatsachen bezüglich der von der Gemeinschuldnerin erbrachten Leistungen auf das S K-Darlehen gehindert. Zwar weist die vom Berufungsgericht u.a. allgemein in Bezug genommene Konkursakte in der dem Konkursantrag zugrundeliegenden Bilanz des Steuerbevollmächtigten H. vom 8. August 1994 zum Zeitpunkt des 30. Juni 1994 bei den Passiva unter der laufenden Nummer einen Stand des hier zugrundeliegenden S K-Darlehens Nr. von 90.175,26 DM aus, was eine Tilgung in Höhe von 9.824,74 DM durch die Gemeinschuldnerin belegen würde. Dieser Tilgungsbetrag kann jedoch vom Senat im derzeitigen Verfahrensstadium nicht als unstreitig zugrunde gelegt werden, weil er von den Parteien nicht vorgetragen wurde und ihnen zumindest hierzu Gehör in einer - erneuten - Tatsacheninstanz zu gewähren ist.

Ende der Entscheidung

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