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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 10.10.2005
Aktenzeichen: II ZR 90/03
Rechtsgebiete: AktG, ZPO


Vorschriften:

AktG § 204 Abs. 1
ZPO § 256
Pflichtwidriges, kompetenzüberschreitendes Organhandeln des Vorstands und des Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft bei der Ausnutzung eines genehmigten Kapitals mit Bezugsrechtsausschluss (§§ 203, 204 AktG) kann der in seinen Mitgliedschaftsrechten beeinträchtigte Aktionär zum Gegenstand einer gegen die Gesellschaft zu richtenden allgemeinen Feststellungsklage (§ 256 ZPO) machen (vgl. BGHZ 136, 133, 140 f. - Siemens/Nold -, unter Hinweis auf BGHZ 83, 122, 125, 133 ff. - Holzmüller).
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

II ZR 90/03

Verkündet am: 10. Oktober 2005

- Mangusta/Commerzbank II -

in dem Rechtsstreit

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Oktober 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly, Münke, Prof. Dr. Gehrlein und Dr. Reichart

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels zum Hauptantrag Nr. 1 a bis c - das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 4. Februar 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage hinsichtlich sämtlicher Hilfsanträge als unzulässig abgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin ist Minderheitsaktionärin der beklagten Aktiengesellschaft, einer börsennotierten (deutschen) Großbank. Die Hauptversammlung der Beklagten ermächtigte mit Beschlüssen vom 30. Mai 1997 und vom 21. Mai 1999 den Vorstand, das Grundkapital mit Zustimmung des Aufsichtsrats innerhalb der Ermächtigungsfrist per 30. April 2002 bzw. 30. April 2004 durch Ausgabe neuer Aktien gegen Einlagen bis zu bestimmten Höchstnennbeträgen zu erhöhen und dabei jeweils das Bezugsrecht der Aktionäre auszuschließen. In Ausübung dieser Ermächtigungen beschloss der Vorstand mit Zustimmung des Präsidialausschusses des Aufsichtsrats am 1. September 2000, das Grundkapital der Beklagten unter Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre in zwei Fällen gegen Bareinlagen und in einem dritten Fall gegen Sacheinlagen zu erhöhen; zur Zeichnung der neuen Aktien wurde bei den beiden Barkapitalerhöhungen nur die V. AG, bei der Sachkapitalerhöhung allein die A. S.p.A. gegen Einlage von 30 Mio. Stückaktien an der B. S.A. zugelassen.

Die Klägerin versuchte zunächst in einem - parallel geführten - einstweiligen Verfügungsverfahren, die Eintragung der drei Kapitalerhöhungen in das Handelsregister zu verhindern, solange nicht der Vorstand der Beklagten den Aktionären einen schriftlichen Bericht mit näheren Informationen über die Gründe der Kapitalerhöhung erstattet und insbesondere den Bezugsrechtsausschluss und den Ausgabebetrag für die neuen Aktien begründet habe. Das Landgericht (ZIP 2001, 117 = WM 2000, 2159) wies den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurück; die Berufung der Klägerin vor dem Oberlandesgericht (WM 2001, 206) blieb erfolglos. Die beiden Barkapitalerhöhungen wurden im September 2000 und die Sachkapitalerhöhung im Oktober 2000 in das Handelsregister eingetragen.

Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin in erster Instanz beantragt, die drei Beschlüsse des Vorstands der Beklagten vom 1. September 2000 sowie die entsprechenden Zustimmungsbeschlüsse des Präsidialausschusses des Aufsichtrats von demselben Tag für nichtig zu erklären (Antrag zu 1), hilfsweise (Antrag zu 2) die Nichtigkeit, höchst hilfsweise (Antrag zu 3) die Unwirksamkeit der Beschlüsse festzustellen. Das Landgericht hat die Klage in vollem Umfang als unzulässig abgewiesen. Mit der Berufung hat die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt und zusätzlich äußerst hilfsweise (Antrag zu 4) die Feststellung der Pflichtwidrigkeit des Verhaltens des Vorstands und des Präsidialausschusses des Aufsichtsrats der Beklagten anlässlich der beanstandeten Beschlüsse begehrt. Das Oberlandesgericht (ZIP 2003, 1198 = WM 2003, 744) hat die Berufung - unter Abweisung auch des neuen Hilfsantrags als unzulässig - zurückgewiesen. Mit der - vom Senat zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Klägerin hat nur teilweise Erfolg.

Das Rechtsmittel ist unbegründet, soweit es gegen die Abweisung des Hauptantrags zu 1 auf Nichtigerklärung der Beschlüsse des Vorstands und des Präsidialausschusses des Aufsichtsrats vom 1. September 2000 über die Kapitalerhöhungen unter Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre gerichtet ist (I). Demgegenüber ist die Revision hinsichtlich der Abweisung des (Hilfs-) Antrags zu 2 auf Feststellung der Nichtigkeit dieser Beschlüsse als unzulässig im Ergebnis begründet (II) und führt insoweit sowie hinsichtlich der ebenfalls abgewiesenen weiteren Hilfsanträge zu 3 und 4 zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (III).

I. Anfechtungsantrag zu 1:

Das Berufungsgericht hat zu Recht den als Anfechtungsklage i.S. der §§ 241 ff. AktG anzusehenden Klageantrag zu 1 für unzulässig erachtet.

1. Eine direkte Anwendung der aktiengesetzlichen Anfechtungsvorschriften scheidet bereits deshalb aus, weil der 1. Abschnitt des 7. Teils des Aktiengesetzes, wie schon seine Überschrift zeigt, allein mängelbehaftete Hauptversammlungsbeschlüsse behandelt.

2. Eine analoge Anwendung der §§ 241 ff. AktG auf rechtswidrige Beschlüsse von Vorstand und Aufsichtsrat - wie sie im aktienrechtlichen Schrifttum vereinzelt befürwortet wird (vgl. z.B. Baums, ZGR 1983, 300, 340; Paefgen, ZIP 2004, 145, 149 ff.,154 f.) - kommt ebenfalls nicht in Betracht.

Die Zulassung einer Anfechtungsklage, durch die der einzelne Aktionär mit unmittelbarer Gestaltungswirkung gemäß § 248 AktG in eine Handlung der Verwaltung eingreifen könnte, liefe auf einen Systembruch des geltenden Aktienrechts hinaus. Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 26. April 2004 (BGHZ 159, 30, 43 - Gelatine) hervorgehoben hat, hat das Aktiengesetz Recht und Pflicht zur eigenverantwortlichen, an objektiven Sorgfaltsmaßstäben orientierten Geschäftsführung allein dem - bei seinem Handeln der Überwachung durch den von der Hauptversammlung gewählten Aufsichtsrat unterworfenen - Vorstand zugewiesen; der Hauptversammlung der Aktionäre dagegen ist, von den gesetzlich geregelten Fällen abgesehen, die Mitwirkung an und die Einflussnahme auf Geschäftsführungsmaßnahmen versagt. Im Rahmen dieses Systems der "Gewaltenteilung" obliegt die Kontrolle des Vorstands dem Aufsichtsrat. Soweit - wie bei der Ausübung der Ermächtigung bei genehmigtem Kapital - Vorstand und Aufsichtsrat zusammenwirken müssen und die Kontrolle dementsprechend strukturell weniger wirksam ist, verbleibt es - wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 23. Juni 1997 (BGHZ 136, 133, 140 f. - Siemens/Nold) ausgeführt hat - bei der Rechenschaftspflicht der Mitglieder der beiden Organe gegenüber der nächsten ordentlichen Hauptversammlung, der Möglichkeit der Verweigerung der Entlastung, etwaigen Regress- und Schadensersatzansprüchen sowie schließlich einem denkbaren gerichtlichen Rechtsschutz gegenüber der Gesellschaft in Gestalt einer (vorbeugenden) Unterlassungsklage hinsichtlich der Eintragung der Maßnahme in das Handelsregister und einer allgemeinen Feststellungsklage in Bezug auf die Pflichtwidrigkeit der beiden Organe.

II. Hilfsantrag zu 2 auf Nichtigkeitsfeststellung:

Zu Unrecht haben die Vorinstanzen den auf Feststellung der Nichtigkeit der Beschlüsse des Vorstands und des Präsidialausschusses des Aufsichtrats gerichteten, als ersten Hilfsantrag gestellten Klageantrag zu 2 als unzulässig abgewiesen.

1. Noch zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass das Feststellungsbegehren jedenfalls nicht - wie dies der Klägerin vorschwebt - entsprechend den Vorschriften über die aktienrechtliche Nichtigkeitsklage gemäß § 249 AktG statthaft ist. Als aktienrechtliche Nichtigkeitsklage ist die mit dem Antrag zu 2 verfolgte Klage aus den gleichen Gründen unzulässig wie bereits der - vorstehend unter I. abschlägig beschiedene - Anfechtungsantrag zu 1. Es ist daher dem einzelnen Aktionär gleichermaßen verwehrt, durch eine Nichtigkeitsfeststellungsklage entsprechend § 249 AktG mit Gestaltungswirkung für und gegen jedermann in eine Handlung der Verwaltung einzugreifen.

2. Das Feststellungsbegehren der Klägerin nach dem Hilfsantrag zu 2 ist jedoch als allgemeine Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO statthaft und auch noch nach der Eintragung der Kapitalerhöhungen im Handelsregister und der Ausgabe der neuen Aktien zulässig, weil - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - mit dem Wirksamwerden der Strukturmaßnahme infolge der konstitutiven Eintragung (§ 203 Abs. 1 AktG i.V.m. § 189 AktG) nicht das Rechtsschutzinteresse für die Feststellung der Nichtigkeit der zugrunde liegenden Beschlüsse der beiden Gesellschaftsorgane entfallen ist.

a) Die gegen die Gesellschaft zu richtende Feststellungsklage ist - da das Handeln der Geschäftsleitung in Form von Beschlüssen nur entweder rechtmäßig und dann wirksam oder aber rechtswidrig und dann nichtig ist (vgl. Winner in MünchKomm.z.AktG 2. Aufl. § 203 Rdn. 222 m.w.Nachw.; Lutter in Kölner Komm.z.AktG 2. Aufl. § 203 Rdn. 45; ders., JZ 1981, 861, 864: "unwirksam"; so auch Hirte in Großkomm.z.AktG 4. Aufl. § 203 Rdn. 128; Hüffer, AktG 6. Aufl. § 204 Rdn. 8) - verfahrenstechnisch auf Feststellung der Nichtigkeit des zugrunde liegenden Vorstandsbeschlusses zu richten; für einen rechtswidrigen Zustimmungsbeschluss des Aufsichtsrats gilt Entsprechendes. Angesichts dessen kommt einer - hier mit dem Klageantrag zu 4 äußerst hilfsweise verfolgten - Feststellung der Pflichtwidrigkeit des Verhaltens von Vorstand und Präsidialausschuss bei ihrer Beschlussfassung keine selbständige Bedeutung zu.

b) Hat der Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats bei der Ausnutzung des genehmigten Kapitals mit Bezugsrechtsausschluss unter Überschreitung der ihm eingeräumten Kompetenzen Entscheidungen getroffen, die von den gesetzlichen Vorgaben und/oder dem Ermächtigungsbeschluss der Hauptversammlung nicht gedeckt sind, so kann der dadurch in seinen Mitgliedschaftsrechten beeinträchtigte Aktionär - wie der Senat bereits in seiner "Siemens/Nold"-Entscheidung (BGHZ 136, 133, 140 f. - unter Hinweis auf BGHZ 83, 122, 125, 133 ff. - Holzmüller) ausgesprochen hat - das pflichtwidrige Organhandeln zum Gegenstand nicht nur einer (vorbeugenden) Unterlassungsklage, sondern auch einer (allgemeinen) Feststellungsklage machen, die jeweils gegen die Gesellschaft zu richten sind.

Maßgebliche Erwägung für die Zulassung eines derartigen gerichtlichen Rechtsschutzes gegen unrechtmäßiges, kompetenzüberschreitendes Organhandeln war, dass die durch die "Siemens/Nold"-Entscheidung beabsichtigte und bewirkte Erleichterung bei der Herbeiführung eines Ermächtigungsbeschlusses zur Schaffung von genehmigtem Kapital nicht zu einer die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre, darunter insbesondere das Bezugsrecht, ungerechtfertigt verkürzenden, unkontrollierten Blankettermächtigung der Geschäftsleitung führen darf. Mit dem Absenken der Anforderungen an den Ermächtigungsbeschluss zur Schaffung genehmigten Kapitals wurde allein auf die Erfordernisse des Wirtschaftslebens reagiert, Beteiligungs- und Erwerbschancen schnell und flexibel nutzen zu können. Keinesfalls sollte aber der vom Gesetzgeber beabsichtigte Schutz der Aktionäre herabgesetzt und der Kompetenzbereich des Vorstands zu Lasten der Hauptversammlung erweitert werden. Angesichts der Lockerung der präventiven Schranken bei der Erteilung der Ermächtigung muss danach sichergestellt sein, dass im Rahmen der Ausübung der Ermächtigung eine angemessene, systemkonforme gerichtliche Kontrollmöglichkeit zur Verfügung steht; diese besteht - neben der im Hinblick auf das Zeitmoment nur beschränkt möglichen (vorbeugenden) Unterlassungsklage - vornehmlich in der allgemeinen Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO.

Ein solcher Antrag gegen die Gesellschaft auf Feststellung der Nichtigkeit des Verwaltungshandelns betrifft zwar nicht ein unmittelbares Rechtsverhältnis zwischen den Parteien. Eine Klage nach § 256 ZPO kann aber - wie der Senat ebenfalls bereits in BGHZ 83, 122, 125 ff. entschieden hat - auch auf die Feststellung gerichtet sein, dass zwischen der beklagten Partei und einem Dritten ein Rechtsverhältnis bestehe oder nicht bestehe, wenn dies zugleich für die Rechtsbeziehungen der Parteien untereinander von Bedeutung ist, der Kläger an einer alsbaldigen Klärung dieses Drittverhältnisses ein rechtliches Interesse hat und das Aktienrecht für die Austragung eines solchen Streits keine abschließende Regelung trifft.

Eine derartige Konstellation ist - wie dies der Senat bereits im "Siemens/Nold"-Urteil (BGHZ 136, 133) durch die Inbezugnahme von BGHZ 83, 122, 125 ff. (Holzmüller) deutlich gemacht hat - in der Regel auch dann gegeben, wenn im Rahmen der Ausübung des genehmigten Kapitals die Rechtswidrigkeit des Kapitalerhöhungsbeschlusses der Geschäftsleitung mit gleichzeitigem Bezugsrechtsausschluss und als Folge davon eine Verletzung individueller Mitgliedschaftsrechte, insbesondere des Mitverwaltungs- und des Vermögensrechts, des einzelnen Aktionärs geltend gemacht wird. Die in einem solchen Fall von dem Feststellungskläger aufgeworfene Frage nach der Rechtswidrigkeit der mit einem Bezugsrechtsauschluss verbundenen Kapitalerhöhung berührt dessen Stellung als Aktionär und damit sein Rechtsverhältnis zur Gesellschaft. Denn wenn ihr gegenüber die Nichtigkeit des Beschlusses und damit die Pflichtwidrigkeit des Verhaltens der Verwaltung festgestellt wird, hat der Aktionär begründete Aussicht, dass die Gesellschaftsorgane hieraus die notwendigen Folgerungen ziehen. Sofern nämlich Vorstand und Aufsichtsrat unter Überschreitung des ihnen durch das Gesetz und den Ermächtigungsbeschluss gesteckten Rahmens pflichtwidrig von dem genehmigten Kapital Gebrauch machen, tun sie dies als Organe der Gesellschaft, die sich damit Kompetenzen anmaßen, die ihnen nach dem Gesetz und der Satzung nicht zustehen. Es ist daher Sache der Gesellschaft, durch ihre Organe Abhilfe zu schaffen und den betroffenen Aktionären dadurch Genüge zu tun, dass entweder - sofern noch möglich - eine (erneute) künftige Verletzung ihrer durch Art. 14 GG geschützten Mitgliedschaftsrechte bei einer etwaigen weiteren Ausschöpfung der erteilten Ermächtigung unterbleibt oder etwa bereits eingetretene Schäden kompensiert werden (vgl. BGHZ 83, 122, 126, 134 - Holzmüller). Wollte die Gesellschaft aber entgegen einem Feststellungsurteil den tatsächlich geschaffenen Zustand zum Nachteil der klagenden Aktionäre aufrechterhalten, so könnte das für diese die Grundlage für die Geltendmachung konkreter Sekundäransprüche im Klagewege bilden sowie entsprechende Anträge in der Hauptversammlung, etwa auf Versagung der Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat, auf Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder (§ 103 AktG) oder auf Geltendmachung von Ersatzansprüchen nach § 147 AktG, rechtfertigen.

So liegt es auch hier. Das im Rahmen von § 256 ZPO revisionsrechtlich als richtig zu unterstellende Klagevorbringen geht in erster Linie dahin, die am 1. September 2000 beschlossenen, mit einem Bezugsrechtsausschluss verbundenen Kapitalerhöhungen seien schon im Hinblick auf Verstöße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und den gebotenen Verwässerungsschutz (vgl. § 255 Abs. 2 AktG), vor allem aber wegen des gesetzwidrigen Bezugsrechtsausschlusses selbst rechtswidrig gewesen und hätten deshalb in unzulässiger Weise in die mitgliedschaftlichen Vermögens- und Herrschaftsrechte der Klägerin, insbesondere das ihr ohne einen rechtmäßigen Ausschluss zustehende Bezugsrecht (vgl. §§ 203 Abs. 1 Satz 1, 186 Abs. 1 Satz 1 AktG) sowie ihr Dividendenbezugsrecht, eingegriffen. Damit hat die Klägerin den Anforderungen an die Substantiierung der Zulässigkeitsvoraussetzungen für ihr Nichtigkeitsfeststellungsbegehren genügt.

c) Soweit das Berufungsgericht den Feststellungsantrag zu 2 insbesondere deshalb für unzulässig gehalten hat, weil die Klägerin mit dieser Klage nicht mehr die bereits eingetragene und damit wirksam gewordene Kapitalerhöhung rückgängig machen könne, hält das revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Es ist schon - anders als das Berufungsgericht offenbar meint - nicht ersichtlich, dass es der Klägerin mit dem Feststellungsantrag zu 2 etwa ausschließlich um eine Rückgängigmachung der Kapitalerhöhung im Sinne einer Wiederherstellung des "status quo ante" geht. Vielmehr wird gerade aus dem Umstand, dass die Klägerin auf die Erhebung einer Leistungsklage verzichtet hat, deutlich, dass sie sich die von ihr zu ziehenden Konsequenzen für den Fall des Erfolges der Feststellungsklage offen halten will.

Vor allem aber steht es der Zulässigkeit der Feststellungsklage nach § 256 ZPO - anders als etwa der vorbeugenden Unterlassungsklage - nicht entgegen, dass die Kapitalerhöhung mit der Eintragung in das Handelsregister wirksam geworden ist (§ 203 Abs. 1 AktG i.V.m. § 189 AktG). Zwar berühren nichtige Entscheidungen des Vorstands und des Aufsichtsrats einschließlich einer Verletzung des Bezugsrechts der Aktionäre die Wirksamkeit der durchgeführten und eingetragenen Kapitalerhöhung und der damit entstandenen neuen Mitgliedschaftsrechte nicht (vgl. Lutter in Kölner Komm.z.AktG 2. Aufl. § 204 Rdn. 25, 27 m.w.Nachw.). § 189 AktG ordnet jedoch - anders als etwa die §§ 242, 256 Abs. 6 AktG in Bezug auf bestimmte Hauptversammlungsbeschlüsse - keine Heilungswirkung hinsichtlich zugrunde liegender Beschlüsse der Verwaltung der Gesellschaft im Rahmen eines genehmigten Kapitals an. Daher kann die fortbestehende Nichtigkeit dieser Beschlüsse auch nach dem Wirksamwerden der Kapitalerhöhung mit der Klage gemäß § 256 ZPO festgestellt werden, weil die betroffenen Aktionäre daran ein legitimes Rechtsschutzinteresse schon im Hinblick auf weiterhin nicht ausgeschlossene "Sekundäransprüche" und sonstige Rechtsbehelfe haben.

d) Die Zulassung einer die Nichtigkeit der Verwaltungsbeschlüsse über die Ausübung von genehmigtem Kapital feststellenden Klage steht in Übereinstimmung mit dem aktienrechtlichen Verbandsrecht und schließt eine vom Gesetzgeber gelassene Lücke.

aa) Das Aktienrecht trifft für die Austragung eines Streits über die Nichtigkeit eines Verwaltungsbeschlusses zur Ausnutzung von genehmigtem Kapital keine abschließende Regelung, insbesondere stehen dem Aktionär - wie oben dargelegt (I, II, 1) - keine speziellen aktienrechtlichen Klagemöglichkeiten zur Verfügung (zu diesem Erfordernis: siehe BGHZ 83, 122, 125 ff. - Holzmüller).

bb) In der Zulassung einer die Nichtigkeit eines Kapitalerhöhungsbeschlusses der Verwaltung feststellenden Klage liegt ferner keine Umgehung der in § 147 AktG statuierten Voraussetzungen, unter denen die Aktionäre Ersatzansprüche der Gesellschaft gegen die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats geltend machen können. Die Feststellungsklage hat nicht die Verfolgung von Schadensersatzansprüchen zum Ziel, mit ihr soll vielmehr Klarheit über einen zwischen dem Aktionär einerseits und der Gesellschaft bzw. ihren Verwaltungsorganen andererseits bestehenden Streit hinsichtlich der Wirksamkeit einer Verwaltungshandlung oder der Pflichtwidrigkeit des Vorgehens der Organe geschaffen werden, der weitere Konsequenzen wie etwa Abberufung, versagte Entlastung oder die Geltendmachung von Schadensersatz folgen können.

cc) Wegen dieser Beschränkung auf eine bloße Feststellung der Nichtigkeit und der damit gleichzeitig eröffneten Möglichkeit einer Selbstregulierung durch die Gesellschaft steht die Zulassung einer solchen Feststellungsklage auch im Übrigen im Einklang mit dem Kompetenzgefüge der Aktiengesellschaft. Zwar ist zur Kontrolle des Vorstands in erster Linie der Aufsichtsrat berufen. Jedoch ist eine solche Kontrolle in den Fällen strukturell weniger effizient, in denen - wie hier - der Aufsichtsrat an dem in Frage stehenden Vorstandsbeschluss selbst mitgewirkt hat. Um nicht selbst Ersatzansprüche auf sich zu lenken, könnte ein Aufsichtsrat gegenüber einem Vorstandshandeln nachsichtiger sein, als dies im Interesse der Gesellschaft an sich geboten wäre.

Dass es der Verfassung der Aktiengesellschaft entspricht, Aktionären in einer solchen potentiellen Konfliktsituation - zur Vermeidung ihnen sonst drohender Rechtsnachteile - auf dem Wege einer allgemeinen zivilprozessualen Klageform eine Art "Kontrollrecht" zu verschaffen, zeigt sich auch an den sonstigen, den Aktionären eingeräumten Rechten. Hierbei handelt es sich teils um Rechte, die den Aktionären in ihrer Gesamtheit zustehen, wie beispielsweise die Nichtentlastung der Verwaltung oder die Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern, teils um Rechte, die einem bestimmten Quorum der Aktionäre zustehen, wie insbesondere die Geltendmachung der Ersatzansprüche nach § 147 AktG, aber auch um dem einzelnen Aktionär eingeräumte Rechte wie in erster Linie das allgemeine Auskunftsrecht nach § 131 AktG.

Schließlich kann schwerlich von einer Störung der aktienrechtlichen Zuständigkeitsordnung gesprochen werden, wenn die Klage eines Aktionärs gerade den Zweck haben soll, diese vom Vorstand verletzte Ordnung zu erhalten oder wiederherzustellen und damit zugleich eigene Rechte zu wahren (BGHZ 83, 122, 134 - Holzmüller).

e) Der Grundsatz der Subsidiarität einer Feststellungs- gegenüber einer Leistungsklage findet auf die vorliegende Konstellation, in der es gerade darum geht, durch Zulassung dieser Klageart zur Schaffung gebotenen Rechtsschutzes eine Gesetzeslücke zu schließen, keine Anwendung.

f) Ob der Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsbeschlusses zur Ausübung der Ermächtigung einer Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss aus Gründen der Rechtssicherheit binnen einer bestimmten Frist klageweise geltend zu machen ist und wann eine solche Frist beginnt, kann offen bleiben. In seiner Holzmüller-Entscheidung (BGHZ 83, 122, 135 f.) hat der Senat bereits darauf hingewiesen, dass Aktionäre bei rechtswidrigem Verwaltungshandeln ihre Rechte nicht unter Verletzung der Rücksichtnahmepflicht gegenüber der Gesellschaft missbräuchlich ausüben dürfen. Daher ist es erforderlich, einen Anspruch ohne unangemessene Verzögerung geltend zu machen. Die Klägerin hat ihre Klage auf Feststellung der Nichtigkeit der Beschlüsse vom 1. September 2000 bereits am 27. September 2000 und damit jedenfalls in angemessener Zeit eingereicht. Soweit in der Literatur teilweise die Anwendung der Monatsfrist des § 246 Abs. 1 AktG befürwortet wird (vgl. Lutter aaO § 203 Rdn. 44; Hirte, Bezugsrechtsausschluss und Konzernbildung, S. 122; Hüffer aaO § 203 Rdn. 38), wäre auch diese Frist im vorliegenden Fall eingehalten.

g) Das Oberlandesgericht hätte daher den zulässigen Nichtigkeitsfeststellungsantrag zu 2 auf seine Begründetheit prüfen müssen.

III. Wegen des aufgezeigten Rechtsfehlers unterliegt das angefochtene Urteil im Hinblick auf den Klageantrag zu 2 der Aufhebung (§ 562 ZPO). Insoweit ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit das Berufungsgericht die - von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent unterlassene - Sachprüfung nachholen kann (§ 563 Abs. 1 ZPO).

1. Da die Revision bereits nach dem Hilfsantrag zu 2 erfolgreich war, waren die vom Berufungsgericht ebenfalls als unzulässig angesehenen gestuften Hilfsanträge zu 3 und 4 in der Revisionsinstanz nicht mehr abschließend zu bescheiden. Die klageabweisende Entscheidung des Berufungsgerichts über diese Hilfsanträge war aber aufzuheben, um dem Berufungsgericht eine von den Bindungen des § 318 ZPO freie Entscheidung über die Zulässigkeit und gegebenenfalls Begründetheit dieser Anträge zu ermöglichen.

2. Sofern das Oberlandesgericht aufgrund der neuen Berufungsverhandlung den Antrag zu 2 für nicht begründet erachten und daher zur Prüfung der weiteren Hilfsanträge gelangen sollte, wird bereits jetzt auf folgendes hingewiesen:

a) Dem Antrag zu 3 auf Feststellung der Unwirksamkeit kommt neben dem Antrag zu 2 auf Feststellung der Nichtigkeit keine eigenständige Bedeutung zu. Soweit mit dem Begriff der Unwirksamkeit gemeint ist, ein vom Vorstand und vom Aufsichtsrat gefasster Beschluss entfalte überhaupt keine Wirkungen, wird damit nichts anderes gesagt, als dass er nichtig ist. Insofern besteht kein Anlass zu einer differenzierenden Kategorisierung zwischen den Begriffen der "Nichtigkeit" und der "Unwirksamkeit". Sinnvoll kann die Unterscheidung allenfalls sein, soweit mit dem Begriff der "Unwirksamkeit" ausgedrückt werden soll, dass der gefasste Beschluss deswegen noch keine Wirkung entfalte, weil er noch der Zustimmung eines Mitglieds des Beschlussorgans oder eines Dritten bedürfe (K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. § 15 II 1 b, cc). Ein solcher Sachverhalt liegt hier jedoch nicht vor.

b) Auch dem äußerst hilfsweise auf Feststellung der Pflichtwidrigkeit des Verhaltens von Vorstand und Präsidialausschuss bei den Beschlüssen gerichteten Klageantrag zu 4 kommt - wie bereits oben (II, 2 a) ausgeführt - im Verhältnis zum Antrag zu 2 aufgrund der dort vorgenommenen Kategorisierung in entweder rechtmäßige und dann wirksame oder aber rechtswidrige und dann nichtige Beschlüsse im Zusammenhang mit dem Bezugsrechtsausschluss keine selbständige Bedeutung zu.

Ende der Entscheidung

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