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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 15.02.2007
Aktenzeichen: III ZR 137/06
Rechtsgebiete: BGB, FlHG, BSEUntersV, BayAVFlHG


Vorschriften:

BGB § 839 A
FlHG § 1
FlHG § 22a
BSEUntersV § 1
BayAVFlHG (F: 8. Juli 2000) § 1
Zur Verantwortlichkeit der Verwaltungsbehörde für Mängel bei der Durchführung von BSE-Tests durch private Labors in Bayern.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

III ZR 137/06

vom 15. Februar 2007

in dem Rechtsstreit

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Februar 2007 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Streck, Dr. Kapsa, Dörr und Dr. Herrmann

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 27. April 2006 - 1 U 2537/05 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der den Streithelfern entstandenen Kosten zu tragen.

Gegenstandswert: 376.256,05 €

Gründe:

I.

Die Klägerin betreibt einen Schlachthof. Sie fordert von der beklagten kreisfreien Stadt aus dem Gesichtspunkt der Amtspflichtverletzung Schadensersatz in Höhe von 376.256,05 €, weil die im Februar sowie im Oktober und Dezember 2002 von privaten Labors durchgeführten BSE-Tests Mängel aufgewiesen hätten. Während die Klägerin die Betreiber der Labors als Verwaltungshelfer der Beklagten ansieht und daher diese für die Fehler verantwortlich macht, meint die Beklagte, nach den Umständen des Falles habe die Klägerin lediglich eigene Aufträge an die Labors vergeben, insbesondere habe sie diese selbst ausgesucht, mit ihnen die Preise vereinbart und die unmittelbar an die Klägerin gerichteten Rechnungen bezahlt. Das sei damals in Bayern auch Verwaltungsübung gewesen.

Das Landgericht hat durch Zwischenurteil die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt, das Berufungsgericht (OLG München, Urteil vom 27. April 2006 - 1 U 2537/05 - juris) hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die von der Beklagten eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs. 2, § 544 ZPO). Das Berufungsurteil steht im Einklang mit der zutreffend herangezogenen Rechtsprechung des erkennenden Senats (BGHZ 161, 6 = JZ 2005, 568 m. Anm. Ossenbühl = JR 2005, 412 m. Anm. Thiel; Urteil vom 2. Februar 2006 - III ZR 131/05 - VersR 2006, 698 = NVwZ 2006, 966). Aus dem zur Zeit der Schadensereignisse in Bayern geltenden Landesrecht ergibt sich entgegen der Beschwerde erkennbar nichts anderes.

1. Nach § 1 Abs. 1 des früheren Fleischhygienegesetzes (FlHG, hier noch in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Juli 1993, BGBl. I S. 1189) unterliegen Rinder, wenn ihr Fleisch zum Genuss für Menschen bestimmt ist, vor und nach der Schlachtung einer amtlichen Untersuchung. Die Durchführung dieser amtlichen Untersuchung ist Aufgabe der zuständigen Behörde und obliegt einem amtlichen Tierarzt (§ 22a Abs. 1 FlHG). In diesem Rahmen erfolgen gemäß § 1 der Verordnung zur fleischhygienerechtlichen Untersuchung von geschlachteten Rindern auf BSE vom 1. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1659), jetzt in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. September 2002 (BGBl. I S. 3730, 2004 I S. 1405 - BSEUntersuchungsverordnung), auch die bei Rindern im Alter von über 24 Monaten notwendigen BSE-Tests. Der erkennende Senat hat deswegen die mit der Durchführung und Auswertung solcher Tests beauftragten privaten Unternehmer als Verwaltungshelfer der Behörde angesehen und ihre Tätigkeit als "Amtsträger" der öffentlichen Hand zugerechnet (BGHZ 161, 6, 10; Senatsurteil vom 2. Februar 2006 aaO; jeweils für Baden-Württemberg).

2. Das frühere bayerische Landesrecht und die besonderen Umstände des Streitfalls rechtfertigen keine andere Beurteilung. Die Würdigung des Berufungsgerichts, die gesamten Umstände, insbesondere der Ablauf der Kontrollen, ließen es ausgeschlossen erscheinen, dass die Beteiligten eine Untersuchung der geschlachteten Rinder "in privatem Auftrag der Klägerin" wollten, ist frei von Rechtsfehlern. Vor allem ist dem Berufungsgericht darin zuzustimmen, dass eine privat veranlasste Durchführung von BSE-Pflichttests, wie es die Beklagte hier sehen will, auch in Bayern nicht zulässig gewesen wäre. Die damals geltende bayerische Verordnung zur Ausführung des Fleischhygienegesetzes (AVFlHG) vom 8. Juli 2000 (BayGVBl. S. 500) regelte zwar die Durchführung von Laboruntersuchungen nicht ausdrücklich. Die Notwendigkeit einer amtlichen Untersuchung auch in diesem Punkt, damit unter der Letztverantwortung der zuständigen Behörden, ergibt sich aber ohne weiteres aus dem Bundesrecht. Insoweit enthält der später eingefügte § 1a Abs. 2 AVFlHG in der Fassung vom 23. Dezember 2002 (BayGVBl. S. 1008), wonach sich jetzt die Gebietskörperschaften zur Durchführung von BSE-Pflichttests der Unterstützung des Landesamts für das Gesundheitswesen und für Lebensmittelsicherheit bedienen, das sich seinerseits wiederum anderer, dafür zugelassener Untersuchungseinrichtungen bedienen kann, über eine teilweise Änderung des Verwaltungsverfahrens hinaus allenfalls eine Klarstellung. Zu Unrecht verweist die Nichtzulassungsbeschwerde demgegenüber auf die Möglichkeit einer Vorlage privater Gutachten in anderen Verwaltungsverfahren, beispielsweise nach den Vorschriften des § 6 UVPG, § 13 Abs. 1 und 2 BBodSchG, § 10 Abs. 1 BImSchG, § 13 Abs. 2 der 9. BImSchV sowie § 11 Abs. 2, Abs. 3 und 6 FeV.

In diesen Fällen fordert das Gesetz gerade nicht eine amtliche Untersuchung.

3. Mit Recht hat das Berufungsgericht schließlich Pflichten des Labors bei der BSE-Untersuchung als im Sinne des § 839 BGB drittschützend auch zugunsten der Klägerin als Inhaberin eines fleischverarbeitenden Betriebs gewertet (vgl. Senatsurteil vom 2. Februar 2006 aaO). Von einer weiteren Begründung der Entscheidung sieht der Senat gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO ab.

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