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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 04.06.2009
Aktenzeichen: III ZR 187/08
Rechtsgebiete: BGB, HGB


Vorschriften:

BGB § 770 Abs. 2
BGB § 812 Abs. 1
HGB § 129 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat

auf die mündliche Verhandlung vom 4. Juni 2009

durch

den Vorsitzenden Richter Schlick und

die Richter Dörr, Dr. Herrmann, Hucke und Schilling

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Beklagten zu 2 wird das Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 1. Juli 2008 im Kostenpunkt - mit Ausnahme der Entscheidung über die Pflicht des Beklagten zu 1 zur Erstattung außergerichtlicher Kosten - und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten zu 2 erkannt worden ist.

Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Gerichtskosten für das Revisionsverfahren werden nicht erhoben.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Beklagte zu 2 (im Folgenden: Beklagter) war unter anderem mit dem inzwischen aus dem Rechtsstreit ausgeschiedenen vormaligen Beklagten zu 1, Stephan S. , bis zum 31. Dezember 1999 Gesellschafter der W. - Gesellschaft SHS (im Folgenden: SHS), einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Die SHS betrieb Steuerberaterbüros in Sachsen. Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der W. GmbH S. i.L. (im Folgenden: WBD). Diese erbrachte von 1990 bis 1999 Leistungen für die SHS und verauslagte verschiedene Geldbeträge. Die WBD stellte der SHS hierüber fortlaufend Rechnungen. Die SHS nahm hierauf unter anderem Akontozahlungen vor, die nach ihren Beträgen keinen bestimmten Forderungen zuzuordnen waren.

Die Leistungen der SHS verrechnete die WBD, soweit nicht ausdrücklich oder wegen der betragsmäßigen Übereinstimmung zwischen einer von ihr erteilten Rechnung und der Zahlung eine Tilgungsbestimmung enthalten war, auch auf pauschale Kostenumlagen für die Jahre 1991 bis 1993. Diese Verbuchungen führten dazu, dass die von der WBD geltend gemachten Ansprüche auf die Kostenumlagen für 1991 bis 1993 nach Auffassung des Klägers getilgt sind, jedoch aus den Jahren 1995 bis 1999 ein Saldo zugunsten der WBD offen steht, von dem der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit je ein Viertel gegenüber den Beklagten beansprucht hat.

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Leistungen der SHS seien nicht auf die von der WBD berechneten Kostenumlagen für 1991 bis 1993 zu verrechnen gewesen, sondern auf die übrigen Verbindlichkeiten der Gesellschaft, so dass der geltend gemachte Saldo aus den Jahren 1995 bis 1999 nicht bestehe. Hilfsweise hat er für den Fall, dass die Leistungen gleichwohl wie von der WBD vorgenommen zu verrechnen waren, mit einem Bereicherungsanspruch aufgerechnet. Er macht geltend, die WBD habe auf die von ihr berechneten Kostenumlagepauschalen keinen Anspruch gehabt. Er behauptet, eine Abrede über die Berechnung einer Kostenpauschale sei erst für die Jahre ab 1994 getroffen worden. Für 1990 bis 1993 sei hingegen die Einzelabrechnung vereinbart gewesen.

Das Berufungsgericht hat den Beklagten und Stephan S. mit Urteil vom 11. Oktober 2005 unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Zahlung von jeweils 40.374,18 EUR verurteilt. Stephan S. hat diese Entscheidung rechtskräftig werden lassen. Auf die Revision des Beklagten hat der Senat das Berufungsurteil im Übrigen aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen, soweit sie die mit der Hilfsaufrechnung geltend gemachte Gegenforderung für unbegründet gehalten hat (Urteil vom 15. März 2007 - III ZR 260/05 - [...]).

Nach einer Beweisaufnahme hat das Berufungsgericht den Beklagten erneut zur Zahlung des vorgenannten Betrags verurteilt. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Beklagten, mit der er seinen Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt wiederum zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die SHS habe keine Rückzahlungsforderung gegen den Kläger gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB, die der Beklagte dem Klageanspruch im Wege eines Leistungsverweigerungsrechts entsprechend § 129 Abs. 3 HGB, § 770 Abs. 2 BGB entgegensetzen könne. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei es dem Beklagten nicht gelungen, zur Überzeugung des Gerichts die Behauptung des Klägers auszuräumen, zwischen der SHS und dem WBD habe für die Jahre 1991 bis 1993 eine Abrede über die pauschale Berechnung von Kosten bestanden. Die vernommenen Zeugen hätten unterschiedlich ausgesagt. Ihre Angaben seien jeweils in sich schlüssig und widerspruchsfrei gewesen, so dass keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, einer der Darstellungen den Vorzug vor der anderen zu geben. Der Beklagte trage das Risiko der Nichterweislichkeit der von ihm behaupteten Abrechnungsvereinbarung. Er mache einen Bereicherungsanspruch aus Leistungskondiktion geltend und sei damit in vollem Umfang beweispflichtig für die Tatsachen, aus denen er die begehrte Rechtsfolge herleite. Zwar habe der als Bereicherungsschuldner in Anspruch genommene Kläger eine gesteigerte sekundäre Darlegungslast dahin, dass von ihm im Rahmen des Zumutbaren insbesondere das substantiierte Bestreiten einer negativen Tatsache unter Darlegung der für das Positive sprechenden Tatsachen und Umstände erwartet werden könne. Diesen Anforderungen sei der Kläger aber nachgekommen, indem er die Umstände für die von ihm behauptete Kostenumlagevereinbarung dargelegt habe. Der Beklagte habe es nicht vermocht, diesen von dem Kläger behaupteten Rechtsgrund auszuräumen.

II.

Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hätte nicht ohne weitere Feststellungen davon ausgehen dürfen, der Beklagte trage die Beweislast dafür, dass zwischen der SHS und dem WDB in den Jahren 1991 bis 1993 die Einzelabrechnung für die vom WDB erbrachten Leistungen vereinbart war.

1.

Das Berufungsgericht hat die Vorgabe im ersten Revisionsurteil beachtet, dass dem Beklagten nicht abverlangt werden konnte, jeden theoretisch denkbaren rechtfertigenden Rechtsgrund für die Leistungen der SHS auszuschließen. Vielmehr kann sich derjenige, der einen Kondiktionsanspruch geltend macht, regelmäßig darauf beschränken, die vom Empfänger - auch hilfsweise - behaupteten Rechtsgründe auszuräumen (a.a.O. Rn. 14 m.w.N.). Nicht zu beanstanden ist ferner die Auffassung der Vorinstanz, der Kläger als Insolvenzverwalter der Leistungsempfängerin habe seiner (hieraus abzuleitenden sekundären) Darlegungslast genügt, indem er die Umstände für die von ihm behauptete Vereinbarung einer pauschalen Kostenumlage für die Jahre 1991 bis 1993 dargelegt habe.

2.

Unzutreffend hingegen ist, dass das Berufungsgericht den Beklagten ohne weiteres als beweisbelastet für seine dem Klägervortrag widersprechende Behauptung einer Einzelabrechnungsvereinbarung angesehen hat. Zwar ist der Vorinstanz im Ausgangspunkt darin beizupflichten, dass grundsätzlich derjenige, der einen Bereicherungsanspruch aus Leistungskondiktion geltend macht - hier der Beklagte -, die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen trägt, aus denen er die von ihm begehrte Rechtsfolge herleitet, somit auch für die Umstände, aus denen sich das Nichtbestehen eines Rechtsgrundes für die erbrachte Leistung ergibt (Senat a.a.O. Rn. 13 m.w.N.). Wie der Senat in seinem ersten Revisionsurteil (a.a.O. Rn. 14 m.w.N.) - ohne dass dies im damaligen Verfahrensstand schon entscheidend war - bereits ausgeführt hat, gilt eine Ausnahme hiervon jedoch dann, wenn die Leistung lediglich als Abschlag oder Vorauszahlung in Erwartung einer Feststellung der Forderung erbracht wird. In diesen Fällen hat der Empfänger darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass die Feststellung zu seinen Gunsten erfolgt ist oder erfolgen muss.

Sollten die Akontozahlungen der SHS, wie es der Beklagte geltend macht, als solche Abschlags- oder Vorauszahlungen zu würdigen sein, trüge demnach der Kläger und nicht der Beklagte das Risiko, dass sich nicht klären lässt, ob die Vertragsparteien für den maßgeblichen Zeitraum eine pauschale oder eine Einzelabrechnung vereinbart hatten.

Die Wertung, ob die streitigen, ohne Tilgungsbestimmungen getroffenen Leistungen solche Zahlungen waren, bei denen ausnahmsweise der als Kondiktionsschuldner in Anspruch Genommene die Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen für das Bestehen eines Rechtsgrundes trägt, hängt unter anderem von der Auslegung des mit den Leistungen verbundenen Erklärungsinhalts und damit von tatrichterlichen Feststellungen ab. Das Berufungsgericht hat sich jedoch bislang nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Akontozahlungen als Abschlags- oder Vorauszahlungen zu würdigen sind. Dies ist nachzuholen.

3.

Da zur Entscheidung des Rechtsstreits weitere Feststellungen notwendig sind, ist das angefochtene Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen. Die neue Verhandlung und Entscheidung gibt dem Berufungsgericht auch Gelegenheit, auf die Gegenrügen des Klägers einzugehen.

Die Entscheidung über die Nichterhebung von Gerichtskosten für die Revisionsinstanz beruht auf § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG.

Ende der Entscheidung

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