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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 21.05.2008
Aktenzeichen: III ZR 230/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 552a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

III ZR 230/07

vom 21. Mai 2008

in dem Rechtsstreit

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Mai 2008 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Dr. Wurm, Dörr, die Richterin Harsdorf-Gebhardt und den Richter Hucke einstimmig beschlossen:

Tenor:

Der Senat beabsichtigt, die Revision des Klägers gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 23. August 2007 - 13 U 92/07 - durch Beschluss gemäß § 552a ZPO zurückzuweisen.

Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe:

I.

Der Kläger und seine Ehefrau erwarben unter Vermittlung des Beklagten drei Anteile an dem W. Immobilien-Fonds Nr. . Der Prospekt führte Vertriebskosten je Anteil von 1.839 DM auf, was 6 % der Einlage entspricht, während der Beklagte, ein Untervermittler, 8 % Vermittlungsprovision erhielt. Welche Provision an die dem Beklagten übergeordnete Vertriebsorganisation gezahlt wurde, konnte dem Prospekt nicht entnommen werden.

Die auf Zahlung von 85.907,43 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung der Anteile und Abtretung der Ansprüche wegen nicht gezahlter Mietausschüttungen und auf Feststellung des Annahmeverzugs gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Durch Urteil des Senats vom 22. März 2007 (III ZR 218/06 - NJW-RR 2007, 925) wurde das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur näheren Aufklärung - unter anderem über die Höhe der gezahlten Provisionen - an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Im weiteren Verfahren hat der Kläger behauptet, die Innenprovision habe insgesamt mehr als 15 % betragen. Dies sei dem Beklagten bekannt gewesen. Wären er und seine Ehefrau über diese Tatsache aufgeklärt worden, hätten sie von einer Zeichnung der Fondsanteile abgesehen.

Das Berufungsgericht hat nach Beweisaufnahme die Berufung des Klägers erneut zurückgewiesen und die Revision zugelassen, weil nicht geklärt sei, in welchem Umfang sich die vom Anlagevermittler geschuldete Plausibilitätskontrolle auch auf ihm nicht bekannte Innenprovisionen erstrecken müsse.

II.

1. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen im Streitfall nicht vor. Denn die vom Berufungsgericht aufgeworfene Rechtsfrage stellt sich unter Berücksichtigung seiner tatsächlichen Feststellungen nicht und kann auch im Übrigen, weil sie weitgehend von einer tatrichterlichen Würdigung abhängt, schwerlich über die bisherige Rechtsprechung hinausgehend weiter präzisiert werden.

a) Nach der Rechtsprechung des Senats ist ein Anlagevermittler im Rahmen eines Auskunftsvertrags zu richtiger und vollständiger Information über alle tatsächlichen Umstände verpflichtet, die für den Anlageentschluss von besonderer Bedeutung sind. Vertreibt er die Anlage anhand eines Prospekts, gehört dazu vor allem, dass er das Anlagekonzept und sonstige Angaben des Prospekts auf "Plausibilität" hin überprüft. Im Rahmen dieser Prüfung muss er in den Blick nehmen, ob das Anlagekonzept wirtschaftlich tragfähig ist und ob der Prospekt ein in sich schlüssiges Gesamtbild über das Beteiligungsprojekt gibt (vgl. Urteile vom 13. Januar 2000 - III ZR 62/99 - NJW-RR 2000, 998; BGHZ 158, 110, 116; vom 22. März 2007 aaO Rn. 4). Die Plausibilitätsprüfung kann auch in gewissem Umfang Ermittlungspflichten einschließen, wenn es um Umstände geht, die nach den vorauszusetzenden Kenntnissen des Anlagevermittlers Zweifel an der inneren Schlüssigkeit einer mitgeteilten Tatsache zu begründen vermögen. Andererseits dürfen an die Pflichten eines Anlagevermittlers keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden; der mit der notwendigen Überprüfung verbundene Aufwand muss ihm zumutbar sein (vgl. Urteile vom 13. Januar 2000 aaO S. 998 f; BGHZ 158 aaO; vom 22. März 2007 aaO). Wo die Grenzen einer Ermittlungspflicht im einzelnen Fall zu ziehen sind, wird weitgehend davon abhängen, welche Informationen der Anleger konkret abfragt und welches Vertrauen der Vermittler in Anspruch nimmt. Einer Überforderung kann der Vermittler im Übrigen dadurch begegnen, dass er wahrheitsgemäß unzureichende Kenntnisse offen legt.

b) Im vorliegenden Fall besteht die Besonderheit, dass der Beklagte an der Plausibilität der im Prospekt ausgewiesenen Vertriebskosten von 6 % schon deshalb Anlass zu Zweifeln hatte, weil er selbst eine Provision von 8 % erhielt. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob er selbst in der Angabe der Vertriebskosten - wie das Berufungsgericht in seinem ersten Urteil - lediglich den Hinweis auf die Möglichkeit einer steuerlichen Geltendmachung als Werbungskosten sah oder ob ihm der Zusammenhang mit der Aufschlüsselung des Kaufpreises - wie ihn der Senat in seinem Urteil vom 22. März 2007 (aaO S. 926 Rn. 6-8) gesehen hat - bewusst wurde. In beiden Fällen musste er sich sagen, dass zwischen dem Bild, das der Prospekt dem Anleger vermittelte, und seinen Provisionseinnahmen ein Widerspruch bestand, auf den er den Kläger und dessen Ehefrau hinweisen musste (vgl. Urteil vom 22. März 2007 aaO Rn. 8, 9). Unter solchen Umständen kann die Plausibilitätskontrolle zu keinem anderen Ergebnis führen, wenn es um die weitere Frage geht, in welcher Gesamthöhe überhaupt Provisionen geflossen sind. Denn der Beklagte konnte allein aufgrund der Höhe der ihm selbst zufließenden Provisionen erkennen, dass die Angaben im Prospekt zu Zweifeln Anlass boten. Es war deshalb für die Annahme einer Pflichtverletzung unter dem Gesichtspunkt einer unzureichenden Plausibilitätskontrolle nicht erforderlich, dass er die Gesamthöhe der Provisionen kannte oder ob er - was das Berufungsgericht mit seiner Zulassungsfrage offenbar geklärt wissen will - in dieser Richtung Ermittlungen anzustellen hatte.

2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

a) Das Berufungsgericht hat gesehen, dass der Beklagte seine Pflicht verletzt hat, den Kläger und dessen Ehefrau über die Höhe der an ihn fließenden Provision zu unterrichten. Es hat jedoch unter Bezugnahme auf sein erstes Berufungsurteil befunden, dass sich dieser Verstoß gegen die Aufklärungspflichten nicht ausgewirkt habe. Der Kläger und seine Ehefrau hätten sich auch dann beteiligt, wenn sie gewusst hätten, dass der Beklagte eine Provision von 8 % erhalte. Diese Überlegung hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 22. März 2007 (aaO Rn. 11) im Kern gebilligt. Die Revision weist insoweit auf kein entgegenstehendes Vorbringen des Klägers hin.

b) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind für die Vermittlung der Fondsanteile mehr als 15 % Provision gezahlt worden. Das Berufungsgericht hat sich indes nicht davon zu überzeugen vermocht, dass dieser Umstand dem Beklagten bekannt gewesen ist. Dies hat es der aus seiner Sicht glaubhaften Angabe des Beklagten bei seiner persönlichen Anhörung sowie den Bekundungen der Zeugen E. und T. entnommen. Danach habe der Beklagte nach den Bekundungen des E. gewusst, dass dieser weitere 3 % erhalte. Er habe aber keine hinreichenden Anhaltspunkte für Gesamtprovisionen von mehr als 15 % gehabt, und der Zeuge T. habe bekundet, er hätte dem Beklagten auf eine entsprechenden Nachfrage auch keine Auskünfte erteilt.

Auch wenn der Senat entschieden hat, dass bei einem Anlageobjekt der hier in Rede stehenden Art über Innenprovisionen zu informieren ist, die 15 % überschreiten (BGHZ 158, 110, 121), ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die die Revision auch in diesem Punkt nicht angreift, eine dem Beklagten zurechenbare Pflichtverletzung in dieser Hinsicht zu verneinen. Soweit die Revision meint, aus der Bekundung des Zeugen E. über eine ihm gewährte Provision von 11 % ergebe sich unter Einschluss der Vertriebskosten von 6 % eine dem Beklagten bekannte Gesamtprovision von 17 %, steht dies dem Zusammenhang der nicht näher angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts entgegen. Die Vernehmungsprotokolle enthalten keine Anhaltspunkte dafür, dass zu den dort ausgewiesenen Provisionssätzen noch weitere 6 % Vertriebskosten hinzuzurechnen seien.

c) Das Berufungsgericht hat sich nicht näher mit der Frage beschäftigt, dass es der Beklagte (auch) unterlassen hat, den Kläger darauf hinzuweisen, dass sich die an ihn und E. gezahlte Provision auf 11 % summiere. Darauf kommt es indes nicht an. Denn der Kläger, der vor dem ersten Revisionsurteil behauptet hat, im Kaufpreis seien 10 bis 15 % an Innenprovision enthalten, und er hätte die Beteiligung niemals gezeichnet, wenn die Gesamthöhe der Provision eröffnet worden wäre, hat im weiteren seine Behauptung dahin präzisiert, er und seine Ehefrau hätten von der Zeichnung der Fondsanteile abgesehen, wenn sie darüber aufgeklärt worden wären, dass die Provisionen insgesamt mehr als 15 % betragen hätten. Danach hatte das Berufungsgericht keinen Anlass zur Prüfung, ob der Kläger und seine Ehefrau die Anlage gezeichnet hätten, wenn sie der Beklagte über Provisionszahlungen von 11 % aufgeklärt hätte. Sie haben auch nicht vorgetragen, dass sie unter solchen Umständen den Versuch unternommen hätten, eine weitere Klärung der Provisionsfrage zu erreichen.

Ende der Entscheidung

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