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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 25.09.2003
Aktenzeichen: III ZR 362/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 839 Cb
BGB § 839 Fl
Zur (fehlenden) Drittgerichtetheit von Amtspflichten, die das staatliche Finanzamt im Gewerbesteuerverfahren gegenüber der hebeberechtigten Gemeinde wahrzunehmen hat.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

III ZR 362/02

vom 25. September 2003

in dem Rechtsstreit

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. September 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 26. September 2002 - 1 U 2430/02 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Streitwert: 111.973,43 €

Gründe:

Einer Zulassung der Revision bedarf es nicht. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

1. Beide Vorinstanzen lassen den Amtshaftungsanspruch bereits daran scheitern, daß die Amtsträger der Finanzverwaltung des Beklagten ihre Amtspflichten in der Gewerbesteuerangelegenheit der Firma A. nicht zugunsten der Klägerin als eines geschützten "Dritten" wahrzunehmen hatten. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Beschwerde können keinen Erfolg haben.

2. Allerdings ist in der Rechtsprechung des Senats anerkannt, daß "Dritter" im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB auch eine juristische Person des öffentlichen Rechts sein kann. Dies gilt jedoch nur dann, wenn der für die haftpflichtige Behörde (hier: den beklagten Freistaat) tätig gewordene Beamte der geschädigten Körperschaft (hier: der klagenden Gemeinde) bei Erledigung seiner Dienstgeschäfte in einer Weise gegenübertritt, wie sie für das Verhältnis zwischen ihm und seinem Dienstherrn einerseits und dem Staatsbürger andererseits charakteristisch ist. Wirken hingegen der Dienstherr des Beamten und eine andere Körperschaft des öffentlichen Rechts bei der Erfüllung einer ihnen gemeinsam übertragenen Aufgabe gleichsinnig und nicht in Vertretung einander widerstreitender Interessen derart zusammen, daß sie im Rahmen dieser Aufgabe als Teil eines einheitlichen Ganzen erscheinen, dann können jene Pflichten, die dem Beklagten im Interesse der Förderung des gemeinsam angestrebten Ziels obliegen, nicht als drittgerichtete Amtspflichten angesehen werden, deren Verletzung außenrechtliche Amtshaftungsansprüche der geschädigten Körperschaft auslöst (st. Rspr.; zuletzt Senatsurteil vom 12. Dezember 2002 - III ZR 201/01 = NJW 2003, 1318, 1319 [für BGHZ vorgesehen] m.zahlr.w.N.).

3. Wie das Berufungsgericht mit Recht ausführt, bestimmt im Gewerbesteuerverfahren zunächst das Finanzamt auf der Basis von Gewerbeertrag und Gewerbekapital den Gewerbesteuermeßbetrag. Daran anknüpfend wird von der Gemeinde anhand des von ihr festgesetzten Hebesatzes die Gewerbesteuerschuld festgesetzt. Am Gewerbesteuerverfahren sind folglich sowohl staatliche Finanzbehörden als auch Kommunalbehörden beteiligt. Die Finanzämter entscheiden über alle Fragen, die mit den Besteuerungsgrundlagen zusammenhängen, während den Gemeinden die Festsetzung und Erhebung der Gewerbesteuer überlassen ist.

4. Danach mag es durchaus zutreffen, daß die Amtspflichten der Finanzbeamten auch den Zweck hatten, den Gewerbesteueranspruch der klagenden Gemeinde gegen den Steuerschuldner durchzusetzen. In diesem Sinne hatten die Finanzbeamten dementsprechend auch die finanziellen Interessen der Beklagten wahrzunehmen. Dabei handelte es sich aber nicht um solche Interessen, die denen des eigenen Dienstherrn "widerstreitend" waren. Die Klägerin und das Finanzamt standen sich gerade nicht im Hinblick auf entgegengesetzte Interessen gewissermaßen als "Gegner" gegenüber (vgl. Senatsurteil BGHZ 32, 145, 147; Staudinger/Wurm BGB 13. Bearb. 2002 § 839 Rn. 191 m.w.N.). Vielmehr handelte es sich um ein gleichsinniges Zusammenwirken beider Parteien bei der Erfüllung einer ihnen gemeinsam übertragenen öffentlichen Aufgabe. Dies hat die Konsequenz, daß die Klägerin im Verhältnis zum Beklagten nicht die Stellung eines geschützten "Dritten" erlangt hat.



Ende der Entscheidung

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