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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 28.02.2008
Aktenzeichen: III ZR 91/06 (1)
Rechtsgebiete: BGB, StGB


Vorschriften:

BGB § 31
BGB § 823 Abs. 2
BGB § 826
StGB § 264a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

III ZR 91/06

Verkündet am: 28. Februar 2008

in dem Rechtsstreit

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 28. Februar 2008 durch den Vorsitzenden Richter Schlick, die Richter Dr. Wurm, Dörr, Wöstmann und die Richterin Harsdorf-Gebhardt

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 28. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 17. Januar 2006 im Kostenpunkt - mit Ausnahme der Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2 - und insoweit aufgehoben, als die gegen die Beklagte zu 1 gerichtete Klage abgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger zeichnete am 22. September 2000 - unter Einschaltung der D. GmbH als Treuhänderin - eine Kommanditeinlage über 100.000 DM zuzüglich 5 v.H. Agio an dem Filmfonds V. Dritte KG. Die Fondsgesellschaft geriet im Jahr 2002 im Zusammenhang mit der Insolvenz der Produktionsdienstleisterin in eine wirtschaftliche Schieflage. Es stellte sich heraus, dass an die Produktionsdienstleisterin überwiesene Gelder nicht zurückzuerlangen waren und Erlösausfallversicherungen für aufgenommene Produktionen nicht abgeschlossen waren.

Wegen behaupteter Mängel des Prospekts begehrt der Kläger Zug um Zug gegen Abtretung aller Ansprüche aus der Beteiligung Rückzahlung des eingezahlten Betrags von 53.685,65 € nebst Zinsen. Im Hinblick auf eine Ausschüttung von 1.533,88 € nach Verkündung des landgerichtlichen Urteils hat der Kläger die Hauptsache insoweit für erledigt erklärt. Der Kläger hält die Beklagte zu 1 - Tochtergesellschaft einer international tätigen Großbank - als (Mit-)Initiatorin und Hintermann für prospektverantwortlich. Diese war von der Fondsgesellschaft mit der Beratung bei der Auswahl und Heranziehung potentieller Vertragspartner und der Optimierung des gesamten Vertragswerks sowie der gesamten Koordination des Eigenkapitalvertriebs und von der Herausgeberin des Prospekts mit der Erstellung eines Prospektentwurfs beauftragt worden und nahm als Einzahlungstreuhänderin für die Fondsgesellschaft die Gelder der Anleger entgegen. Die Beklagte zu 2, eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, hat der Kläger wegen behaupteter Fehler bei der ihr von der Beklagten zu 1 aufgetragenen Prüfung des Prospekts in Anspruch genommen.

Das Landgericht hat die gegen die Beklagte zu 1 gerichtete Klage abgewiesen und ihr in Richtung auf die Beklagte zu 2 entsprochen. Das Berufungsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Senat nur in Bezug auf die Beklagte zu 1 zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag gegen diese weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit es die gegen die Beklagte zu 1 (im Folgenden: Beklagte) gerichtete Klage betrifft.

I.

Das Berufungsgericht verneint Mängel des Prospekts. Aus dem Prospekt werde hinreichend deutlich, dass der vorgesehene Abschluss von Erlösausfallversicherungen projektbezogen und Teil des in den Leitgedanken des Prospekts konzipierten Sicherheitsnetzes sei, das von der Geschäftsführung noch umzusetzen gewesen sei. Deshalb habe der Prospekt nicht so verstanden werden dürfen, dass im Zeitpunkt seiner Herausgabe die Versicherungsverträge bereits abgeschlossen gewesen seien. Auch die auf S. 38 des Prospekts dargestellte "Restrisiko-Betrachtung" sei inhaltlich nicht zu beanstanden, da sie im Zusammenhang mit anderen Passagen des Prospekts gesehen werden müsse, in denen auf das Risiko eines Totalverlustes hingewiesen werde. Das Gesamtrisiko werde nicht unzulässig verharmlost. Der Prospekt suggeriere auch keine Mittelfreigabekontrolle, sondern mache deutlich, dass es sich um eine nachträgliche Mittelverwendungskontrolle handele. Unter diesen Umständen könne offen bleiben, ob die Beklagte prospektverantwortlich sei und ob die erhobenen Ansprüche verjährt seien.

II.

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung in einem maßgebenden Punkt nicht stand. Der Senat teilt nicht die Auffassung des Berufungsgerichts, dass der Prospekt nicht zu beanstanden sei.

1. Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Prospekthaftungsgrundsätzen hat der Prospekt über ein Beteiligungsangebot, der für einen Beitrittsinteressenten im Allgemeinen die einzige Unterrichtungsmöglichkeit darstellt, den Anleger über alle Umstände, die für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig zu unterrichten (vgl. BGHZ 79, 337, 344; 116, 7, 12; 123, 106, 109 f; BGH, Urteile vom 29. Mai 2000 - II ZR 280/98 - NJW 2000, 3346; vom 6. Februar 2006 - II ZR 329/04 - NJW 2006, 2042, 2043 Rn. 7). Dazu gehört eine Aufklärung über Umstände, die den Vertragszweck vereiteln oder den vom Anleger verfolgten Zweck gefährden können (vgl. BGHZ 79, 337, 344; Urteil vom 26. September 1991 - VII ZR 376/89 - NJW 1992, 228, 230 <insoweit ohne Abdruck in BGHZ 115, 213>). Ob ein Prospekt unrichtig oder unvollständig ist, ist daher nicht allein anhand der wiedergegebenen Einzeltatsachen, sondern nach dem Gesamtbild zu beurteilen, das er von den Verhältnissen des Unternehmens vermittelt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 1982 - II ZR 175/81 - NJW 1982, 2823, 2824). Dabei dürfen die Prospektverantwortlichen allerdings eine sorgfältige und eingehende Lektüre des Prospekts bei den Anlegern voraussetzen (vgl. BGH, Urteil vom 31. März 1992 - XI ZR 70/91 - NJW-RR 1992, 879, 881).

2. Gemessen an diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht die sachliche Richtigkeit und Vollständigkeit des Prospekts nicht rechtsfehlerfrei festgestellt. Bei seiner Sicht berücksichtigt es nämlich nicht hinreichend den in den Leitgedanken vorbereiteten und durch die als "worst-case-Szenario" bezeichnete "Restrisiko-Betrachtung" vermittelten Gesamteindruck, dass der Anleger mit seiner Beteiligung ein nur begrenztes Risiko eingehe. Dies hat der Senat - nach Erlass der angefochtenen Entscheidung - in seinen Urteilen vom 14. Juni 2007, die eine Beteiligung an derselben Fondsgesellschaft betrafen, entschieden (III ZR 300/05 - NJW-RR 2007, 1329, 1331 Rn. 13 f; III ZR 125/06 - WM 2007, 1503, 1504 f Rn. 14 f) und hieran - nach erneuter Überprüfung - in seinem Urteil vom 22. November 2007 (III ZR 210/06) festgehalten. Auf die genannten Urteile nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.

III.

Die angefochtene Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).

1. Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen zur Frage getroffen, inwieweit die Beklagte als Prospektverantwortliche in Betracht kommt. Nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Vorbringen kann deren Verantwortlichkeit für Prospektmängel nicht ausgeschlossen werden. Der Senat hat in seinen Urteilen vom 14. Juni 2007 eine Prospektverantwortlichkeit der Beklagten als (Mit-)Initiatorin oder Hintermann für möglich erachtet und befunden, abschließend könne hierüber erst nach Erhebung der angebotenen Beweise entschieden werden (III ZR 125/06 - WM 2007, 1503, 1505 f Rn. 17-22; III ZR 185/05 - NJW-RR 2007, 1479 f Rn. 9-13). Darüber hinaus hat er in einigen Parallelsachen, in denen Anleger über ihnen später bekannt gewordene Vorgänge aus einem einen anderen Filmfonds betreffenden Verfahren gegen die Beklagte vor dem Landgericht F. vorgetragen hatten, im Hinblick auf die behauptete Kenntnis der Beklagten, dass es mit dem Abschluss von Erlösausfallversicherungen Probleme gegeben habe, - unabhängig vom Grad ihrer Einflussnahme auf die Gestaltung des Prospekts - auch deren deliktsrechtliche Verantwortlichkeit nach §§ 31, 826, § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 264a StGB für möglich erachtet (vgl. hierzu Senatsurteil vom 14. Juni 2007 - III ZR 125/06 - WM 2007, 1503, 1506 Rn. 23; Senatsbeschlüsse vom 20. Dezember 2007 - III ZR 306/06, III ZR 23 bis 27/07, III ZR 61/07, jeweils Rn. 9).

2. Es fehlen auch tragfähige Feststellungen zu der von der Beklagten erhobenen Verjährungseinrede.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verjähren Prospekthaftungsansprüche im engeren Sinn bei einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung in analoger Anwendung der in den gesetzlich geregelten Fällen der Prospekthaftung bestimmten kurzen Verjährung (§ 20 Abs. 5 KAGG, § 12 Abs. 5 AuslInvestmG, jeweils in der bis zum 30. Juni 2002 geltenden Fassung) in - seinerzeit - sechs Monaten ab Kenntnis des Prospektmangels, spätestens jedoch in drei Jahren nach dem Beitritt (vgl. BGHZ 83, 222, 224; BGH, Urteil vom 8. Juni 2004 - X ZR 283/02 - NJW 2004, 3420, 3421; Senatsbeschluss vom 31. Oktober 2007 - III ZR 258/05 - Rn. 7; Senatsurteil vom 22. November 2007 - III ZR 210/06 - Rn. 13). Insoweit wird das Berufungsgericht den Vortrag der Parteien darauf zu überprüfen haben, wann der Kläger von dem hier festgestellten Prospektmangel, nämlich der unklaren Aussage über das Ausmaß der mit der Beteiligung einzugehenden Risiken, Kenntnis erlangt hat. Sollte es im weiteren Verfahren darauf ankommen, ob ein denkbarer deliktischer Anspruch verjährt ist, müsste das Berufungsgericht einen selbständig zu beurteilenden Verjährungsbeginn in Betracht ziehen.

3. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, die erforderlichen Feststellungen zu treffen.

Ende der Entscheidung

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