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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 25.09.2008
Aktenzeichen: IX ZB 160/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 238 Abs. 2
ZPO § 522 Abs. 1 Satz 4
ZPO § 574 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 574 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

IX ZB 160/07

vom 25. September 2008

in dem Rechtsstreit

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter und die Richter Raebel, Prof. Dr. Kayser, Dr. Pape und Grupp

am 25. September 2008

beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 28. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 3. Juli 2007 wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert wird auf 11.202,89 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte - eine Rechtsanwalts-Partnerschafts-gesellschaft - auf Schadensersatz wegen Pflichtverletzungen aus dem Anwaltsvertrag in Anspruch. Das der Klage im Wesentlichen stattgebende Urteil des Landgerichts Hagen vom 12. April 2007 ist der sich selbst vertretenden Beklagten am 19. April 2007 zugestellt worden. Die Berufungsschrift ging am letzten Tag der Berufungsfrist - dem 21. Mai 2007, einem Montag - um 16:46 Uhr per Telefax bei der Generalstaatsanwaltschaft Hamm ein und wurde von dort am 22. Mai 2007 an das Oberlandesgericht Hamm weitergeleitet. Die Beklagte hat beantragt, ihr wegen der versäumten Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, und zur Begründung unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung ihrer Büroangestellten ausgeführt:

Der sachbearbeitende Rechtsanwalt der Beklagten habe am Nachmittag des 21. Mai 2007 das Diktat der Berufungsschrift der Büroangestellten übergeben mit der mündlichen Anweisung, die Berufungsschrift noch am gleichen Tag per Telefax dem Oberlandesgericht Hamm zu übermitteln. Die Angestellte habe das Diktat geschrieben und unter Verwendung des Kanzleiprogramms RA-MICRO in die Kopfzeile der Berufungsschrift den Vermerk "fristwahrend vorab per Telefax: " gesetzt. Bei dieser Nummer handelte es sich um die Telefax-Nummer des Oberlandesgerichts. In dieser Form sei die Berufungsschrift dem sachbearbeitenden Rechtsanwalt vorgelegt und von diesem unterzeichnet worden. Die Büroangestellte habe anschließend vergeblich versucht, die Berufungsschrift per Telefax an die genannte Nummer zu übermitteln. Weil dabei Störungen aufgetreten seien, habe sie angenommen, die eingegebene Fax-Nummer sei nicht richtig. Mittels einer Internet-Recherche über die Suchmaschine "Google" sei sie auf eine Fax-Nummer der Generalstaatsanwaltschaft Hamm gestoßen. In der irrtümlichen Annahme, es handle sich um einen Fax-Anschluss des Oberlandesgerichts, habe sie handschriftlich die Fax-Nummer auf der Berufungsschrift entsprechend abgeändert und dieselbe per Telefax an diese Nummer übermittelt.

Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Die Versäumung der Berufungsfrist beruhe auf einem eigenen Organisations- und Überwachungsverschulden der Beklagten, weil sie nicht vorgetragen habe, ob sie geeignete Vorkehrungen und Anweisungen für den Fall getroffen habe, dass ihrem Personal eine Absendung an die im EDV-System gespeicherte - richtige - Fax-Nummer nicht gelang. Auch fehle jegliche Angabe zu Anweisungen bezüglich der gebotenen Ausgangskontrolle, zu der in der Regel auch gehöre, dass ein Sendebericht ausgedruckt wird, der anhand eines zuverlässigen (anderen) Verzeichnisses - etwa des Telefonverzeichnisses der Deutschen Telekom "Das Örtliche" - zu überprüfen sei.

II.

Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde der Beklagten ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 ZPO statthaft. Sie ist aber unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Eine Entscheidung ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

1. Die Auffassung des Berufungsgerichts, ein Anwalt müsse geeignete Vorkehrungen und Anweisungen für den Fall treffen, dass seinem Personal eine Absendung an die im EDV-System gespeicherte - richtige - Fax-Nummer nicht gelingt, lässt sich mit den Grundsätzen, die die höchstrichterliche Rechtsprechung zu den Sorgfaltsanforderungen im Falle einer fristwahrenden Übermittlung von Schriftsätzen per Telefax aufgestellt hat, vereinbaren. Danach gehört es zu den Sorgfaltspflichten eines Rechtsanwalts, seinen mit der Übermittlung betrauten Angestellten auch Anweisungen für den Fall zu erteilen, dass bei der Übermittlung Störungen auftreten, namentlich nicht ohne besondere Anweisung im Einzelfall eine andere Faxnummer anzuwählen (BGH, Beschl. v. 26. Mai 1998 - XI ZB 10/98, n. v.; Beschl. v. 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03, NJW 2004, 367, 368 f; vgl. ferner Beschl. v. 6. Juni 2005 - II ZB 9/04, NJW-RR 2005, 1373). Der Anwalt darf in solchen Fällen nicht darauf vertrauen, die Angestellte werde auch ohne entsprechende Anweisung mit ihm Rücksprache nehmen oder von sich aus einen anderen geeigneten Übermittlungsweg finden.

2. Da diese Erwägung des Berufungsgerichts die angefochtene Entscheidung trägt, kommt es auf die weitere Begründung dieser Entscheidung nicht an. Selbst wenn bezüglich der Ansicht des Berufungsgerichts, zu der gebotenen Ausgangskontrolle gehöre in der Regel auch die Überprüfung des auszudruckenden Sendeberichts anhand eines zuverlässigen (anderen) Verzeichnisses, ein Zulassungsgrund gegeben sein sollte, würde dies nicht zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde führen. Denn eine kraft Gesetzes statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, wenn nur gegen einen von zwei selbständig tragenden Gründen die Zulässigkeitsvoraussetzungen gegeben sind (BGH, Beschl. v. 29. September 2005 - IX ZB 430/02, WM 2006, 59, 60; Beschl. v. 30. März 2006 - IX ZB 171/04, ZIP 2006, 1417).

Ende der Entscheidung

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