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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 23.10.2008
Aktenzeichen: IX ZB 193/06
Rechtsgebiete: InsO, ZPO, GVG, BGB


Vorschriften:

InsO § 6 Abs. 1
InsO § 7
InsO § 290 Abs. 1 Nr. 1
InsO § 290 Abs. 1 Nr. 2
InsO § 290 Abs. 1 Nr. 3
InsO § 290 Abs. 1 Nr. 4
InsO § 290 Abs. 1 Nr. 5
InsO § 290 Abs. 1 Nr. 6
InsO § 296 Abs. 3 Satz 1
InsO § 335
ZPO § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
GVG § 119 Abs. 1 Nr. 1 b
BGB § 823
BGB § 826
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

IX ZB 193/06

vom 23. Oktober 2008

in dem Insolvenzverfahren

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter, die Richter Raebel, Vill, die Richterin Lohmann und den Richter Dr. Pape

am 23. Oktober 2008

beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 25. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 18. September 2006 wird auf Kosten der weiteren Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

In dem auf Antrag der Schuldnerin am 1. Juli 2003 eröffneten Insolvenzverfahren kündigte das Insolvenzgericht der Schuldnerin am 10. Februar 2004 die Erteilung der Restschuldbefreiung an, sofern sie in der Laufzeit der Abtretungserklärung ihren Obliegenheiten nachkomme. Nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens am 12. Mai 2004 beantragte die in Frankreich ansässige weitere Beteiligte zu 1 am 20. Juli 2006, der Schuldnerin die Restschuldbefreiung zu versagen, weil sie deren Forderung in ihrem Insolvenzantrag nicht angegeben habe.

Diesen Antrag wies das Insolvenzgericht als unzulässig zurück. Die dagegen gerichtete Beschwerde hatte keinen Erfolg. Mit ihrer Rechtsbeschwerde begehrt die Gläubigerin weiter die Aufhebung der Beschlüsse der Vorinstanzen und Versagung der Restschuldbefreiung.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 7, 6 Abs. 1, § 296 Abs. 3 Satz 1 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft und zulässig, jedoch nicht begründet.

1. Die Rüge, anstelle des Landgerichts sei das Oberlandesgericht für die Entscheidung über die sofortige Beschwerde zuständig gewesen, greift nicht durch. § 119 Abs. 1 Nr. 1 b GVG ist im Insolvenzverfahren nicht anwendbar (OLG Köln, NZI 2008, 61, 62; OLG Zweibrücken, ZInsO 2008, 461, 462; Mankowski NZI 2008, 62, 63).

§ 119 Abs. 1 Nr. 1 b GVG findet auf Entscheidungen der Amtsgerichte als Vollstreckungsgerichte keine Anwendung (BGH, Beschl. v. 19. März 2004, IXa ZB 23/03, IPRspr. 2004, Nr. 184; v. 25. Oktober 2006 - VII ZB 24/06, BGH-Report 2007, 362, 363). Der Zweck der Vorschrift, für Rechtssicherheit zu sorgen, wenn in Verfahren mit Auslandsberührung, in denen Bestimmungen des internationalen Privatrechts eingreifen, zu entscheiden ist, welches materielle Recht das Gericht seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat, wird bei Entscheidungen im Zwangsversteigerungs- und Zwangsvollstreckungsverfahren nicht berührt (so auch Hk-ZPO/Rathmann, 2. Aufl. § 119 GVG Rn. 8; Musielak/Wittschier, ZPO 6. Aufl. § 119 GVG Rn. 19; Zöller/Gummer, ZPO 26. Aufl. § 119 GVG Rn. 15). Entsprechend liegt der Fall im Insolvenzverfahren. Das Insolvenzverfahren und seine Wirkungen unterliegen gemäß § 335 InsO dem Recht des Staates, in dem das Verfahren eröffnet worden ist (vgl. hierzu HK-InsO/Stephan, 4. Aufl. § 335 Rn. 3, 5; Kübler/Prütting/Kemper, InsO § 335 Rn. 5). Eine Rechtsunsicherheit, welche die Anwendung des § 119 Abs. 1 Nr. 1 b GVG rechtfertigen könnte, besteht deshalb nicht. Es wäre überdies systemwidrig, wenn die Oberlandesgerichte, die sonst über Beschwerden gegen Beschlüsse im Insolvenzverfahren nicht zu entscheiden haben, bei Beteiligung ausländischer Gläubiger Beschwerdeentscheidungen zu treffen hätten.

2. Auf Versagungsgründe des § 290 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 InsO, die schon im Schlusstermin hätten geltend gemacht werden müssen, kann ein Versagungsantrag in der Wohlverhaltensphase nach Ankündigung der Restschuldbefreiung nicht mehr gestützt werden (BGH, Beschl. v. 18. Mai 2006 - IX ZB 103/05, ZInsO 2006, 647, 648 Rn. 6; v. 25. Oktober 2007 - IX ZB 187/03, ZVI 2007, 574 Rn. 3 jeweils m.w.N.). Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen, besteht nicht. Sie gilt auch in Verfahren, in denen ausländische Gläubiger beteiligt sind. Auf die Frage, ob der Gläubiger es schuldhaft versäumt hat, einen Versagungsantrag im Schlusstermin zu stellen, kommt es nicht an. Der Gläubiger - auch ein ausländischer - ist nach dem Gesetz gehalten, sich rechtzeitig die erforderlichen Informationen zu beschaffen, um den Antrag auf Versagung im Schlusstermin stellen zu können (BGH, Beschl. v. 18. Mai 2006, aaO S. 648 Rn. 7; Kübler/Prütting/Wenzel, § 290 Rn. 6). Unterlässt er dies, kann er den Versagungsantrag nicht mehr in einem späteren Verfahrensstadium nachholen. Eine Wiedereinsetzung kommt nicht in Betracht.

3. Die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen stellen sich nicht. Der Anspruch der Gläubigerin auf rechtliches Gehör ist nicht verletzt. Auch ausländischen Gläubigern ist es zuzumuten, von den auch im Internet veröffentlichten Verlautbarungen über anhängige Insolvenzverfahren Kenntnis zu nehmen. Falls die Schuldnerin die Forderung der weiteren Beteiligten nicht angegeben hat, um diese vorsätzlich zu schädigen, ist es dieser unbenommen gemäß §§ 823, 826 BGB gegen die Schuldnerin vorzugehen (vgl. BGH, Beschl. v. 9. Oktober 2008 - IX ZB 16/08).

4. Im Übrigen wird von einer Begründung abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 4 InsO, § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO).

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