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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 22.07.2004
Aktenzeichen: IX ZB 222/03
Rechtsgebiete: InsO, InsVV


Vorschriften:

InsO § 8 Abs. 3
InsVV § 8 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

IX ZB 222/03

vom

22. Juli 2004

in dem Insolvenzverfahren

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter Dr. Fischer, Dr. Ganter, Neskovic und Vill

am 22. Juli 2004

beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsmittel des Insolvenzverwalters werden der Beschluß der 2. Zivilkammer des Landgerichts Stralsund vom 4. September 2003 und der Beschluß des Amtsgerichts Stralsund vom 5. Juni 2003 unter Zurückweisung der Rechtsmittel im übrigen wie folgt abgeändert:

Zugunsten des Insolvenzverwalters werden weitere Auslagen in Höhe von 382,87 € zuzüglich 16 % Umsatzsteuer (61,26 €) zu Lasten der Insolvenzmasse festgesetzt.

Dem Insolvenzverwalter wird gestattet, diesen Betrag aus der Insolvenzmasse zu entnehmen.

Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens und des Rechtsbeschwerdeverfahrens tragen der Insolvenzverwalter 58 %, die Insolvenzmasse 42 %.

Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens: 1.043,70 €.

Gründe:

Das Amtsgericht hat am 31. August 1999 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und den Rechtsbeschwerdeführer zum Insolvenzverwalter bestellt. Dieser beantragte mit Schriftsatz vom 18. September 2002 [GA 278, 280], mit dem er auch den Schlußbericht übersandte, seine Vergütung festzusetzen.

Diese berechnete er in Höhe von 3.828,68 € netto, zuzüglich eines Zuschlages von 10 % wegen des Mehraufwandes, den er infolge seiner Beauftragung mit den Zustellungen gehabt habe, insgesamt also 4.211,55 €.

Gleichzeitig beantragte der Insolvenzverwalter die Festsetzung einer Auslagenpauschale in Höhe von 1.474,05 € zuzüglich 16 % Umsatzsteuer (235,84 €), insgesamt 1.709,89 €. Die Auslagenpauschale errechnete er wie folgt:

15 % aus 4.211,55 € für das erste Jahr: 631,73 € 10 % aus 4.211,55 € für das zweite Jahr: 421,16 € 10 % aus 4.211,55 € für das dritte Jahr: 421,16 € 1.474,05 €

Mit Beschluß vom 6. Mai 2003 versagte das Insolvenzgericht dem Insolvenzverwalter den 10 %igen Zuschlag zur Vergütung. Es berechnete

Vergütung: 3.828,68 € 16 % USt: 612,59 € 4.441,27 €

Den Auslagenersatz setzte es wie folgt fest:

15 % aus 3.828,68 € für das erste Jahr: 574,30 € 10 % aus 3.828,68 € für das zweite und dritte Jahr: 382,87 € 957,17 € 16 % USt. 153,15 € 1.110,32 €

Die Summe von 5.551,59 € verminderte es um einen an den Insolvenzverwalter ausbezahlten Vorschuß von 2.834,40 € und gelangte so zu einem auszuzahlenden Betrag von 2.717,19 €.

Die sofortige Beschwerde des Insolvenzverwalters, mit der er die Differenz von 1.043,70 € weiterverfolgte, hat das Landgericht zurückgewiesen (ZInsO 2003, 1095 m. Anm. Haarmeyer). Dagegen wendet sich der Insolvenzverwalter mit seiner Rechtsbeschwerde.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist insgesamt statthaft (§§ 7, 64 Abs. 3 InsO, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Sie ist auch zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO) und teilweise begründet, soweit der Antrag auf Festsetzung des Auslagenersatzes weiterverfolgt wird. Hinsichtlich des von dem Insolvenzverwalter begehrten Vergütungszuschlags ist sie unzulässig.

1. Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig, soweit der Insolvenzverwalter weiterhin die Festsetzung eines 10 %igen Zuschlags zur Regelvergütung verfolgt. Insofern wirft die Rechtsbeschwerde weder Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (§ 4 InsO i.V.m. § 574 Abs. 2 ZPO).

a) Das Landgericht hat ausgeführt, die Übertragung der Zustellungen nach § 8 Abs. 3 InsO könne einen Zuschlag zur Regelvergütung rechtfertigen. Voraussetzung sei jedoch, daß der Verwalter durch die Übertragung des Zustellungswesens auf ihn erheblichen Mehrbelastungen ausgesetzt worden sei. Davon sei erst auszugehen, wenn 100 oder mehr Gläubigern habe zugestellt werden müssen. Eine solche Zahl sei im vorliegenden Fall bei weitem nicht erreicht worden.

b) Demgegenüber ist die Rechtsbeschwerde der Meinung, ein Zuschlag sei auch dann berechtigt, wenn der Insolvenzverwalter - wie im Falle des Rechtsbeschwerdeführers - Zustellungen an 20 Gläubiger und 11 Drittschuldner habe vornehmen müssen.

c) Darüber, daß die Übertragung der Zustellungen nach § 8 Abs. 3 InsO einen Zuschlag zur Regelvergütung rechtfertigen kann, falls dadurch eine erhebliche Mehrbelastung bewirkt worden ist, herrscht kein Streit (vgl. MünchKomm-InsO/Ganter, § 8 Rn. 36; HK-InsO/Kirchhof, 3. Aufl. § 8 Rn. 12; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 8 Rn. 18). Unterschiedliche Ansichten bestehen nur hinsichtlich der Frage, wann eine erhebliche Mehrbelastung angenommen werden kann (vgl. einerseits LG München ZInsO 2002, 275, 276; LG Chemnitz ZIP 2004, 84; Uhlenbruck, aaO: ab 100 Beteiligte, an die zugestellt werden mußte; andererseits Haarmeyer/Wutzke/Förster, InsVV 3. Aufl. § 3 Rn. 68: Zustellungen an mehr als 150 Gläubiger). Diese Frage kann nicht allgemeingültig beantwortet werden. Insbesondere verbietet sich die Einführung verbindlicher Grenzen. Ob durch die Übertragung der Zustellungen eine erhebliche Mehrbelastung eingetreten ist, muß vielmehr aufgrund der jeweiligen Umstände des Einzelfalles in tatrichterlicher Verantwortung entschieden werden (LG München ZInsO 2002, 275, 276). Dabei kann auch ins Gewicht fallen, daß eine größere Anzahl von Gläubigern ohnehin einen Zuschlag zur Folge haben kann (vgl. Haarmeyer/Wutzke/Förster, aaO Rn. 35 Stichwort "Große Gläubigerzahl"); gegebenenfalls sind die jeweiligen Zuschläge aufeinander abzustimmen.

2. Im übrigen führt die Rechtsbeschwerde zur Festsetzung weiterer Auslagen in Höhe von 382,87 € zuzüglich 16 % Umsatzsteuer (61,26 €).

Die bisher in Rechtsprechung und Schrifttum umstrittene Frage, ob der Insolvenzverwalter als Auslagenpauschale gemäß § 8 Abs. 3 InsVV für das zweite und alle Folgejahre (unter Beachtung der Höchstbeträge) insgesamt oder jeweils 10 % der gesetzlichen Vergütung verlangen kann, hat der Senat in der Parallelentscheidung vom heutigen Tage (IX ZB 257/03) im zuletzt genannten Sinn entschieden. Hierauf nimmt er Bezug.

Nachdem es bei der in den Vorinstanzen ermittelten Vergütung bleibt (oben 1.) und die Höchstsätze nach § 8 Abs. 3 InsVV nicht überschritten werden, beläuft sich die prozentual an der Vergütung ausgerichtete Auslagenpauschale auf:

15 % aus 3.828,68 € für das erste Jahr: 574,30 € 10 % aus 3.828,68 € für das zweite Jahr: 382,87 € 10 % aus 3.828,68 € für das dritte Jahr: 382,87 € 1.340,04 € 16 % USt. 214,41 € 1.554,45 €

Es sind folglich weitere (1.340,04 ./. 957,17 =) 382,87 € sowie Umsatzsteuer von (214,41 ./. 153,15 =) 61,26 € festzusetzen.

Ende der Entscheidung

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