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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 21.02.2008
Aktenzeichen: IX ZB 52/07
Rechtsgebiete: InsO


Vorschriften:

InsO § 290 Abs. 1 Nr. 3

Entscheidung wurde am 07.04.2008 korrigiert: das Datum des Verfahrensganges muß beim AG Ludwigshafen statt "05.12.2007" richtig "05.12.2006" lauten
Wurde dem Schuldner innerhalb der Sperrfrist die Ankündigung der Restschuldbefreiung versagt, steht diese Entscheidung der Bewilligung von Restschuldbefreiung in einem späteren Verfahren nicht entgegen. Sperrwirkung entfaltet nur die Versagung der Restschuldbefreiung während der Treuhandperiode.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

IX ZB 52/07

vom 21. Februar 2008

in dem Insolvenzverfahren

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fischer und die Richter Dr. Ganter, Raebel, Dr. Kayser und Prof. Dr. Gehrlein

am 21. Februar 2008

beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal vom 13. Februar 2007 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Die Schuldnerin hat am 16. November 2006 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen nebst Restschuldbefreiung und Stundung der Verfahrenskosten beantragt. In einem früheren Insolvenzverfahren (3a IK 254/03) wurde der Schuldnerin durch rechtskräftigen Beschluss des Landgerichts Frankenthal vom 23. September 2005 die Ankündigung der Restschuldbefreiung nach § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO versagt, weil sie am 28. Dezember 2001 in einem Kreditvertrag unter der Rubrik "Vorschulden/Kredite" keinen Eintrag vorgenommen hatte, obwohl tatsächlich Verbindlichkeiten bestanden.

Amtsgericht und Landgericht haben den Stundungsantrag abgelehnt. Dagegen wendet sich die Schuldnerin mit ihrer Rechtsbeschwerde.

II.

Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, §§ 7, 6 Abs. 1, § 4d Abs. 1 InsO statthafte, wegen grundsätzlicher Bedeutung zulässige Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) ist auch begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt, der Antrag könne entgegen der Auffassung des Amtsgerichts nicht nach § 4a Abs. 1 Satz 3 und 4, § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO abgelehnt werden. Da § 4a Abs. 1 Satz 3 InsO bei einem Antrag auf Verfahrensstundung lediglich eine Erklärung darüber verlange, ob ein Versagungsgrund nach § 290 Abs. 1 Nr. 1 oder 3 InsO vorliege, sei die Schuldnerin nicht verpflichtet gewesen, auf den Tatbestand des § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO hinzuweisen. Die Stundung sei jedoch nicht nur unter den Voraussetzungen des § 290 Abs. 1 Nr. 1 und 3 InsO, sondern auch in anderen Fällen des § 290 Abs. 1 InsO ausgeschlossen. Im Streitfall greife wegen der in dem früheren Verfahren gemachten unzutreffenden Angaben der Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO ein.

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand.

a) Im Ergebnis zutreffend hat das Beschwerdegericht angenommen, dass einer Stundung der Verfahrenskosten nicht der Ausschlussgrund des § 4a Abs. 1 Satz 3 und 4, § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO entgegensteht.

Eine Stundung ist gemäß § 4a Abs. 1 Satz 3 und 4 InsO ausgeschlossen, wenn ein Grund zur Versagung der Restschuldbefreiung im Sinne des § 290 Abs. 1 Nr. 1 oder 3 InsO vorliegt. § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO ordnet die Versagung der Restschuldbefreiung an, wenn dem Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Eröffnungsantrag oder nach diesem Antrag Restschuldbefreiung erteilt oder nach §§ 296, 297 InsO versagt worden ist. Der Schuldnerin ist zwar innerhalb der Frist Restschuldbefreiung versagt worden; diese Entscheidung beruht aber auf § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO und nicht - wie von § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO ausdrücklich vorausgesetzt - auf § 296 oder § 297 InsO. Nach § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO ist es für die Erlangung der Restschuldbefreiung unschädlich, dass dem Schuldner in einem früheren Verfahren die Ankündigung der Restschuldbefreiung (§ 291 Abs. 1, § 290 Abs. 1 InsO) vorenthalten wurde. Ein Versagungsgrund ist vielmehr erst gegeben, wenn der Schuldner innerhalb der Treuhandperiode eine Obliegenheit verletzt (§ 296 InsO) oder wegen einer Straftat nach §§ 283 bis 283c StGB rechtskräftig verurteilt wird (§ 297 InsO). Die "vorweggenommene Versagung" (Graf-Schlicker/Kexel, InsO § 290 Rn. 14) nach § 290 Abs. 1 InsO fällt danach nicht unter § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO und löst darum keine Sperrfrist für einen erneuten Antrag aus (Graf-Schlicker/Kexel, aaO; FK-InsO/Ahrens, 4. Aufl. § 290 Rn. 31; HK-InsO/Landfermann, 4. Aufl. § 290 Rn. 10; HmbKomm-InsO/Streck, 2. Aufl. § 290 Rn. 22; Uhlenbruck/Vallender, InsO 12. Aufl. § 290 Rn. 47; Kübler/Prütting/Wenzel, InsO § 290 Rn. 14). Da § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO nach dem Willen des Gesetzgebers (BT-Drucks. 14/7302 S. 187) nur die Versagung einer Restschuldbefreiung innerhalb der Treuhandperiode sanktioniert, ist für eine analoge Anwendung der Vorschrift auf die Ankündigung der Restschuldbefreiung kein Raum (Römermann in Nerlich/Römermann, InsO § 290 Rn. 70; MünchKomm-InsO/Stephan, § 290 Rn. 54).

b) Freilich kann die Stundung - wie die Rechtsbeschwerde zutreffend rügt - auch nicht auf der Grundlage des § 4a Abs. 1 Satz 3 und 4, § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO abgelehnt werden.

aa) Die Stundung ist über die Regelung des § 4a Abs. 1 Satz 3 und 4, § 290 Abs. 1 Nr. 1 und 3 InsO hinaus auch in anderen Fällen des § 290 Abs. 1 InsO ausgeschlossen, sofern die Voraussetzungen eines die Restschuldbefreiung hindernden Versagungsgrundes bereits in diesem Verfahrensstadium zweifelsfrei feststehen. Räumt der Schuldner ein, dass er in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich unrichtige oder unvollständige schriftliche Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat, um einen Kredit zu erhalten (§ 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO), kann die Stundung, weil sie ohnehin nachträglich aufgehoben werden müsste, bereits von vornherein versagt werden (BGH, Beschl. v. 16. Dezember 2004 - IX ZB 72/03, WM 2005, 472 f; Beschl. v. 27. Januar 2005 - IX ZB 270/03, WM 2005, 527).

bb) Die zeitlichen Voraussetzungen des § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO - unrichtige Angaben innerhalb eines Zeitraumes von drei Jahren vor Antragstellung - sind ersichtlich nicht gegeben. Die Schuldnerin hat fehlerhafte Angaben im Zusammenhang mit der Erlangung eines Kredits am 28. Dezember 2001 gemacht. Die Frist von drei Jahren war im Zeitpunkt der Antragstellung am 16. November 2006 längst verstrichen. Bei der Berechnung der Frist ist die Antragstellung in dem vorliegenden Verfahren, auf das sich der Stundungsantrag bezieht, und nicht in dem frühren Verfahren maßgeblich. Die gegenteilige Würdigung des Beschwerdegerichts würde auf das - wie oben ausgeführt - mit § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO unvereinbare Ergebnis hinauslaufen, dass ein in einem früheren Verfahren aus § 290 InsO hergeleiteter Versagungsgrund (hier § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO) noch in einem späteren Verfahren Sperrwirkung entfaltet. Da die Verfehlung mithin verfristet ist, kann die Ablehnung der Stundung darauf nicht gestützt werden.

3. Die Sache ist an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 ZPO), um in die gebotene Prüfung der weiteren Voraussetzungen des Stundungsantrags einzutreten.

Ende der Entscheidung

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