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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 08.11.2007
Aktenzeichen: IX ZB 56/07
Rechtsgebiete: InsO, ZPO


Vorschriften:

InsO § 4
InsO § 290 Abs. 1 Nr. 6
InsO § 290 Abs. 2
InsO § 295
ZPO § 284
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

IX ZB 56/07

vom 8. November 2007

in dem Verbraucherinsolvenzverfahren

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fischer und die Richter Dr. Ganter, Raebel, Dr. Kayser und Cierniak

am 8. November 2007

beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg vom 23. Februar 2007 wird auf Kosten des Schuldners als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 5.000 €.

Gründe:

I.

Im Schlusstermin hat die weitere Beteiligte, eine Insolvenzgläubigerin, beantragt, dem Schuldner die von diesem nachgesuchte Restschuldbefreiung zu versagen. Sie hat geltend gemacht, er habe in seinem Vermögensverzeichnis eine umfangreiche CD-Sammlung, verschiedene Musikinstrumente und Einkünfte aus einer Nebentätigkeit als Disk-Jockey nicht angegeben.

Mit Beschluss vom 12. Mai 2006 hat das Amtsgericht - Insolvenzgericht - den Versagungsantrag zurückgewiesen und dem Schuldner unter der Voraussetzung, dass er während der Laufzeit der Abtretungserklärung (Wohlverhaltensperiode) die Obliegenheiten gemäß § 295 InsO erfülle, die Restschuldbefreiung angekündigt. Auf die sofortige Beschwerde der weiteren Beteiligten hat das Landgericht durch Beschluss vom 23. Februar 2007 dem Schuldner die Restschuldbefreiung versagt. Dagegen wendet sich dieser mit seiner Rechtsbeschwerde.

II.

Das Rechtsmittel ist statthaft (§§ 6, 7, 289 Abs. 2 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), jedoch unzulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Weder hat die Sache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.

1. Das Landgericht hat seine Entscheidung damit begründet, das - unstreitige - Verschweigen der von der weiteren Beteiligten bezeichneten Vermögensgegenstände durch den Schuldner erfülle die Voraussetzungen des § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO. Die Gegenstände seien keineswegs völlig wertlos. Der Schuldner habe bei seiner späteren Anhörung den aktuellen Wert dreier Keyboards auf 430 bis 530 € und den eines Verstärkers auf 50 € beziffert. Für die mehr als 500 CD's ließen sich ebenfalls zumindest etliche Hundert € erzielen. Dem Schuldner falle grobe Fahrlässigkeit zur Last. Nach seinen eigenen Angaben habe er gewusst, dass die Musikinstrumente einen wirtschaftlichen Wert hätten. Nur deshalb, weil er sie in den Räumlichkeiten des Kulturvereins, dessen Mitglied der Schuldner sei, aufbewahre, wo sie auch von anderen Vereinsmitgliedern genutzt werden könnten, habe er nicht der Auffassung sein dürfen, die Musikinstrumente gehörten nicht ihm. Grob fahrlässig sei es auch, wenn der Schuldner die CD-Sammlung als wertlos betrachtet habe.

2. Die Rechtsbeschwerde rügt, der Versagungsantrag sei nicht einmal zulässig gewesen, weil kein Versagungsgrund glaubhaft gemacht worden sei. Einen Grund zur Zulassung der Rechtsbeschwerde legt sie hierbei nicht dar.

a) Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einem Obersatz des Inhalts, dass ein Versagungsgrund lediglich vorgetragen, aber nicht glaubhaft gemacht werden müsse. Selbst wenn das Beschwerdegericht die Zulässigkeit des Versagungsantrags zu Unrecht bejaht hätte, läge deshalb kein Bedürfnis zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung vor.

b) Im Übrigen hat das Beschwerdegericht die Zulässigkeit des Antrags zu Recht bejaht.

Auf die - möglicherweise nicht glaubhaft gemachte - Behauptung, dass der Schuldner eine Nebentätigkeit als Disk-Jockey ausübe oder ausgeübt habe und dabei Einkünfte erziele oder erzielt habe, hat das Beschwerdegericht seine Entscheidung nicht gestützt.

Im Übrigen bedarf es keiner Glaubhaftmachung gemäß § 290 Abs. 2, § 4 InsO, § 284 ZPO, wenn die Tatsachen, die der Versagung der Restschuldbefreiung zugrunde liegen, unstreitig sind (BGH, Beschl. v. 29. September 2005 - IX ZB 178/02, ZVI 2005, 614). Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf streitigen Tatsachen. Das Landgericht hat festgestellt, unstreitig seien die Angaben des Schuldners im Anhörungsbogen unvollständig, es stehe außer Streit, dass er seine Musikinstrumente nicht angegeben habe. Die weitere Beteiligte musste auch nicht glaubhaft machen, dass diese dem Schuldner gehören. Dieser hat eingeräumt, sie für sich erworben zu haben. Dass er sie in den Proberäumen seines Vereins aufbewahrt, wo sie interessierten Vereinsmitgliedern zur Verfügung stehen, ändert am Eigentum des Schuldners nichts.

3. Das Beschwerdegericht hat mit einzelfallbezogenen Erwägungen den Versagungsantrag auch für begründet angesehen. Insoweit besteht ebenfalls kein Grund zur Zulassung der Rechtsbeschwerde.

a) Dies gilt zunächst insoweit, als das Beschwerdegericht dem Schuldner nicht abgenommen hat, er sei nicht - mehr - Eigentümer der Musikinstrumente, betrachte sich zumindest nicht als solcher. Die tatrichterliche Erwägung, da der Schuldner die Instrumente für sich angeschafft habe und auch weiterhin selbst nutze, spreche dies für sein fortbestehendes Eigentum, ist weder rechtlich zu beanstanden noch gar Anlass für allgemeine Erörterungen des Rechtsbeschwerdegerichts. Entsprechendes gilt, soweit das Beschwerdegericht ausgeführt hat, eine etwaige Fehlvorstellung des Schuldners, infolge des Verbringens der Gegenstände in die Räumlichkeiten des Vereins und jahrelange Nutzung durch Vereinsmitglieder das Eigentum verloren zu haben, beruhe auf grober Fahrlässigkeit. Insofern ist der Schuldner auch nicht in seinem Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt. Das Beschwerdegericht hat sein Vorbringen zur Kenntnis genommen, nur anders gewürdigt als der Schuldner. Einen Anspruch darauf, dass das Beschwerdegericht sein Vorbringen ebenso würdigt wie er, hatte er nicht.

b) Das Beschwerdegericht hat keinen Rechtssatz des Inhalts aufgestellt, dass die Restschuldbefreiung auch dann zu versagen sei, wenn sich das Verhalten des Schuldners von vornherein als ganz unwesentlicher Verstoß gegen seine Pflichten nach der Insolvenzordnung darstelle.

Allerdings ist der Rechtsausschuss davon ausgegangen, dass dem Schuldner "bei ganz unwesentlichen Verstößen" die Restschuldbefreiung nicht versagt werden darf (BT-Drucks. 12/7302 S. 188 zu § 346k RegE-InsO). Daran orientiert sich auch die Rechtsprechung des Senats (BGH, Beschl. v. 7. Dezember 2006 - IX ZB 11/06, ZInsO 2007, 96, 97). Diesen Grundsatz hat das Beschwerdegericht jedoch nicht verkannt, sondern das Vorliegen seiner Voraussetzungen mit einzelfallbezogenen Erwägungen verneint.

Wo die Wesentlichkeitsgrenze verläuft, ist keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (BGH, Beschl. v. 9. Dezember 2004 - IX ZB 132/04, ZVI 2005, 643, 644). Das Beschwerdegericht hat den Schuldner daran festgehalten, dass die Musikinstrumente nach seinen eigenen Angaben mindestens 480 € wert sind. Dann konnte es den Verstoß als nicht ganz unwesentlich behandeln, weil die von dem Treuhänder im Übrigen vorgefundene Masse nur einen Bestand von insgesamt 980,86 € aufwies.

Dies gilt selbst dann, wenn man die CD-Sammlung außer Betracht lässt. Ob die Schätzung ihres Wertes durch das Beschwerdegericht unter Verstoß gegen Verfahrensgrundrechte des Schuldners zustande gekommen ist und ob der (damals allerdings noch gar nicht bestellte) Insolvenzverwalter dem Schuldner gesagt hat, er brauche die CD's nicht anzugeben, ist deshalb unerheblich.

c) Freilich beträgt die Summe der zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen 257.636,49 € und die Quote 0,0857 %. Bei Berücksichtigung der nicht deklarierten Gegenstände wäre die Insolvenzquote nicht wesentlich höher. Es ist jedoch in der Rechtsprechung des Senats anerkannt, dass die Versagung der Restschuldbefreiung eine die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigende Wirkung der falschen oder unvollständigen Angaben nicht voraussetzt; es genügt, dass die falschen oder unvollständigen Angaben ihrer Art nach geeignet sind, die Befriedigung der Insolvenzgläubiger zu gefährden (BGH, Beschl. v. 23. Juli 2004 - IX ZB 174/03, ZInsO 2004, 920; v. 17. März 2005 - IX ZB 260/03, ZVI 2005, 641; v. 22. Februar 2007 - IX ZB 120/05, ZInsO 2007, 446, 447). Dies ist hier der Fall.

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