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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 12.11.2009
Aktenzeichen: IX ZB 98/09
Rechtsgebiete: ZPO, InsO


Vorschriften:

ZPO § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
InsO § 6
InsO § 7
InsO § 289 Abs. 2 Satz 1
InsO § 290 Abs. 1
InsO § 290 Abs. 1 Nr. 1
InsO § 290 Abs. 1 Nr. 2
InsO § 290 Abs. 1 Nr. 3
InsO § 290 Abs. 1 Nr. 4
InsO § 290 Abs. 1 Nr. 5
InsO § 290 Abs. 1 Nr. 6
InsO § 302 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat

durch

den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter und

die Richter Raebel, Prof. Dr. Kayser, Dr. Pape und Grupp

am 12. November 2009

beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 30. März 2009 wird auf Kosten der Schuldnerin als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, §§ 6, 7, 289 Abs. 2 Satz 1 InsO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.

1. Die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Rechtsfrage, ob das für die Versagung der Restschuldbefreiung nach § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO erforderliche finale Handeln zur Verwirklichung der Zielsetzung auch dann gegeben ist, wenn der Schuldner die öffentlichen Leistungen im Falle von wahren Angaben in rechtlich zulässiger Weise bezogen oder vermieden hätte, ist zu Lasten des Schuldners geklärt. Deshalb hat es auch keine Bedeutung, ob der Schuldner sein Ziel auch mit redlichen Mitteln hätte erreichen können. Hat sich die Unredlichkeit des Schuldners in dem zielgerichteten Handeln hinreichend manifestiert, ist es, wenn zwischen den unrichtigen Angaben und den tatbestandlich vorausgesetzten Leistungen ein objektiver Zusammenhang besteht, ohne Bedeutung, ob der Schuldner mit Hilfe der Falschangaben sein Ziel tatsächlich erreicht hat (BGH, Beschl. v. 12. Dezember 2007 - IX ZB 189/06, ZInsO 2008, 157, 158 Rn. 10). Hier hat die Schuldnerin mittels Vorlage von gefälschten Rechnungen eine Umsatzsteuerverkürzung in Höhe von 7.152 EUR herbeigeführt. Die Schuldnerin, die geltend macht, sie habe "nicht die zutreffenden Rechnungen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ausgestellt bekommen", war sich mithin zumindest nicht sicher, ihre steuerlichen Ziele mit redlichen Mitteln zu erreichen und hat deshalb zu unredlichen gegriffen. Dies genügt zur Verwirklichung des in § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO normierten Versagungstatbestandes.

2. Auch die weitere von der Rechtsbeschwerde für rechtsgrundsätzlich gehaltene Frage, ob eine auf einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung beruhende Forderung des Finanzamts die Versagung der Restschuldbefreiung nach § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO rechtfertigen kann, obwohl sie nicht zu einer ausgenommenen Forderung im Sinne des § 302 Nr. 1 InsO führt, stellt sich nicht. Ein unredliches Verhalten des Schuldners, das durch einen der Tatbestände des § 290 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 InsO sanktioniert wird, kann auch dann die Versagung der Restschuldbefreiung rechtfertigen, wenn es nicht zu einer ausgenommenen Forderung im Sinne des § 302 Nr. 1 InsO führt. § 290 Abs. 1 InsO dient dem Zweck, unredliches Schuldnerverhalten zu ahnden. § 302 Nr. 1 InsO will im Einzelfall solche Forderungen von der Restschuldbefreiung ausnehmen, die auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung des Schuldners beruhen, weil es nach Auffassung des Gesetzgebers nicht sachgerecht wäre, auch diese von der Restschuldbefreiung zu erfassen (BT-Drucks. 12/2443, S. 194). Gegenstand der Regelungen sind damit unterschiedliche Schutzzwecke, die sich gegenseitig nicht ausschließen oder bedingen. Entgegen der Rechtsbeschwerde entsteht kein "unauflösbarer Wertungswiderspruch, wenn ein Pflichtverstoß, der nicht ausreicht, um die Einzelforderung von der Restschuldbefreiung auszunehmen, zu deren vollständiger Versagung führen" kann. Bei § 302 Nr. 1 InsO ist Vorsatz erforderlich; für § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO genügt jedoch bereits grobe Fahrlässigkeit.

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO).

Ende der Entscheidung

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