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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 22.10.2009
Aktenzeichen: IX ZR 165/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 945
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat

durch

den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter,

die Richter Prof. Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Fischer und Grupp

am 22. Oktober 2009

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 12. September 2007 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.872.295,54 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft (§ 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und zulässig (§ 544 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO). Sie hat aber keinen Erfolg. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

1.

Soweit Zulassungsgründe auf die Frage gestützt werden, welche Folgen sich aus einer Änderung der Rechtsprechung außerhalb des Hauptsacheverfahrens für die Beurteilung der anfänglichen Rechtmäßigkeit einer einstweiligen Verfügung ergeben (§ 945 ZPO), liegen diese nicht vor.

In Rechtsprechung und Literatur ist nicht umstritten, dass es sich bei der Haftung nach § 945 ZPO um eine verschuldensunabhängige Schadensersatzhaftung handelt, bei der ein Vertrauen auf den Fortbestand der Rechtsprechung nicht ausschlaggebend ist (BGHZ 54, 76, 81; MünchKomm-ZPO/Drescher, 3. Aufl. § 945 Rn. 3, 9; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO 22. Aufl. § 945 Rn. 19; Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, 4. Aufl. § 945 Rn. 4; Schilken in 50 Jahre Bundesgerichtshof, Festgabe aus der Wissenschaft, Bd. III 593, 604). Eine geänderte Rechtsprechung darf im Schadensersatzprozess nur dann nicht berücksichtigt werden, wenn bereits ein rechtskräftiges Urteil in der Hauptsache vorliegt (MünchKomm-ZPO/Drescher, aaO § 945 Rn. 14; Schuschke/Walker, aaO § 945 Rn. 15; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 67. Aufl. § 945 Rn. 11; Ahrens in FS für Piper [1996], 31, 34; Gehrlein MDR 2000, 687). Die Beschwerde zeigt demgegenüber keine in Rechtsprechung oder Literatur vertretene Ansicht auf, nach der das Gericht des Schadensersatzprozesses an die zum Zeitpunkt des Erlasses der einstweiligen Verfügung herrschende Rechtsauffassung gebunden wäre. Die von ihr zitierte Kommentierung (Wieczorek/Schütze/Thümmel, ZPO 3. Aufl. § 945 Rn. 9) äußert zwar Zweifel, ob eine nach Erlass der einstweiligen Verfügung erfolgte Änderung der Rechtsprechung einen Schadensersatzanspruch nach § 945 ZPO begründen könne, sieht aber im Ergebnis unter Hinweis auf BGHZ 54, 76, 81 in solchen Fällen einen Anspruch nach § 945 ZPO gleichfalls als gegeben an.

2.

Die hilfsweise geltend gemachten Zulassungsgründe liegen gleichfalls nicht vor.

a)

Ob die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin habe die beanstandete Werbung bis zum 12. November 1999 fortgesetzt, das rechtliche Gehör der Beklagten verletzt, kann offen bleiben, weil die Entscheidung hierauf jedenfalls nicht beruht. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, die Beklagte habe darzulegen und zu beweisen gehabt, dass die Verteidigung mit der Verjährungseinrede zum Zeitpunkt der Androhung einer Hauptsacheklage am 5. April 2000 für die Klägerin Aussicht auf Erfolg bot. Dies war nur dann der Fall, wenn die Klägerin die beanstandete Werbung bereits vor dem Erlass des Urteils im einstweiligen Verfügungsverfahren am 28. Oktober 1999 eingestellt hatte. Auch wenn das Berufungsgericht zu Unrecht von dem Vortrag der Klägerin ausgegangen sein sollte, wäre ein Mitverschulden auch dann nicht erwiesen gewesen, wenn es stattdessen nur zugrunde gelegt hätte, dass der Zeitpunkt der Einstellung der Werbung offen sei. Ein tauglicher Beweisantritt der Beklagten lag nicht vor.

b)

Das Berufungsgericht hat nicht die ständige Rechtsprechung verkannt, nach der jede Einzelhandlung geeignet ist, einen Unterlassungsanspruch zu begründen (BGH, Urt. v. 14. Januar 1999 - I ZR 203/96, GRUR 1999, 751, 754 m.w.N. - Güllepumpen). Die Beklagte setzt sich nicht damit auseinander, dass nach dem Berufungsurteil Gegenstand der einstweiligen Verfügung alle bis zur mündlichen Verhandlung im Verfügungsverfahren begangenen Einzelhandlungen waren. Dann hätte die Klägerin zur Begründung eines auf die Verjährungseinrede gestützten Aufhebungsantrages (§ 927 ZPO) ihrem jetzigen - unwiderlegt wahren - Vorbringen widersprechend vortragen müssen, die beanstandete Werbung nach Abmahnung nicht mehr betrieben zu haben.

c)

Soweit die Beschwerde bei den vom Berufungsgericht angenommenen Voraussetzungen für ein Mitverschulden bei Nichtgebrauch eines Rechtsbehelfs eine Divergenz zu dem Urteil des Senats vom 23. März 2006 (IX ZR 134/04, NJW 2006, 2557, 2560 Rn. 27) annimmt, wirkt sich diese auf das Ergebnis nicht aus, weil auch nach der Rechtsprechung des Senats ein Mitverschulden nur dann berücksichtigt werden kann, wenn es sich ursächlich auf die Entstehung des Schadens ausgewirkt hat (BGHZ 168, 352, 363 Rn. 32).

d)

Die von der Beschwerde aufgeworfene Rechtsfrage zu den Voraussetzungen der Erhebung der Verjährungseinrede bei einer auf eine konkrete Einzelhandlung gestützten einstweiligen Verfügung stellt sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht.

3.

Von einer weitergehenden Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.

Ende der Entscheidung

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