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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 28.06.2007
Aktenzeichen: IX ZR 169/04
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, StBerG, BRAO


Vorschriften:

BGB § 203 n.F.
BGB § 208 a.F.
BGB § 242
BGB § 852 Abs. 2 a.F.
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2
StBerG § 68
BRAO § 51b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

IX ZR 169/04

vom 28.Juni 2007

in dem Rechtsstreit

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Dr. Ganter, Raebel, Vill, Cierniak und die Richterin Lohmann

am 28. Juni 2007

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 14. Juli 2004 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Der Wert des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf 2.632.797,07 € festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).

1. Ob das Verhalten einer Partei als Anerkenntnis gewertet werden kann, ist in erster Linie eine Aufgabe tatrichterlicher Würdigung (BGH, Beschl. v. 20. Juni 2002 - IX ZR 444/00, NJW 2002, 2872, 2873). Das Berufungsgericht hat eine Unterbrechung des Laufs der Verjährungsfrist durch ein Anerkenntnis der Beklagten gemäß § 208 BGB a.F. ohne Verletzung des rechtlichen Gehörs der Klägerin und ohne Verstoß gegen das Willkürverbot verneint. Aus verschiedenen vorgelegten Schreiben ergibt sich zwar, dass sich die Beklagten dafür einsetzten, dass ihre Versicherungen der Klägerin den geltend gemachten Schaden in vollem Umfang ersetzen. Die Klägerin konnte aber nicht im Zweifel darüber sein, dass die Beklagten nicht unabhängig von der Einstandspflicht der Versicherungen ein Anerkenntnis in eigenem Namen abgeben wollten mit der Folge, den Schaden gegebenenfalls aus eigenen Mitteln begleichen zu müssen.

Soweit die Beschwerde die Berücksichtigung des Anspruchsschreibens vom 9. August 1995 als willkürlich ansieht, ist darauf hinzuweisen, dass unstreitiges Vorbringen nicht gemäß § 531 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen werden kann (BGHZ 161, 138, 142; 166, 29, 31; anders für den hier nicht vorliegenden Fall erstmaliger Erhebung der Verjährungseinrede BGH, Urt. v. 21. Dezember 2005 - X ZR 165/04, BGH Report 2006, 599, 601 f). Zudem bleibt nach ständiger Rechtsprechung die Zulassung neuen Vorbringens entgegen § 531 Abs. 2 ZPO in der Revision folgenlos, weil diese Vorschrift nicht den Zweck hat, vor der Feststellung der materiellen Wahrheit zu schützen (BGHZ 162, 313, 319; 166, 29, 31; BGH, Urt. v. 2. April 2004 - V ZR 107/03, NJW 2004, 2382, 2383; v. 13. Februar 2006 - II ZR 62/04, ZIP 2006, 703, 704; v. 27. Februar 2007 - XI ZR 56/06, ZIP 2007, 718, 719 f).

2. Die Verneinung der Treuwidrigkeit des Verjährungseinwandes durch das Berufungsgericht lässt weder eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Klägerin noch einen Verstoß gegen das Willkürverbot erkennen. Die von der Beschwerde für rechtsgrundsätzlich gehaltene Frage, ob ein Rechtsanwalt oder ein Steuerberater arglistig und damit treuwidrig handelt, wenn er gegenüber dem Regressanspruch eines Mandanten den Verjährungseinwand erhebt, obwohl er den Mandanten fortlaufend über die Korrespondenz mit dem eigenen Haftpflichtversicherer unterrichtet und dabei bei dem Mandanten den Eindruck erweckt hat, er nehme dessen Interessen gegenüber dem Haftpflichtversicherer wahr, ist in allgemeiner Form nicht zu beantworten; maßgebend sind vielmehr die Umstände des Einzelfalles.

Das Berufungsgericht hat außerdem zutreffend darauf abgestellt, dass die Klägerin jedenfalls bis Mitte März 2002 hätte Klage erheben müssen, wenn ihr zuvor der Missbrauchseinwand gegen die Verjährungseinrede zur Seite gestanden hätte.

Die von der Beschwerde für rechtsgrundsätzlich gehaltene Frage, ob der Ablauf der Verjährung sich nach § 203 BGB n.F. richtet, wenn der Schuldner bis zum 31. Dezember 2001 durch § 242 BGB daran gehindert war, den Verjährungseinwand zu erheben, und danach in Verhandlungen mit dem Gläubiger über die Berechtigung des Anspruchs eintritt, ist nicht klärungsbedürftig.

Die Frist der Sekundärverjährung war im vorliegenden Fall am 10. August 2001 abgelaufen. In der Folge konnte der Einrede der Verjährung nach altem Recht allenfalls mit dem Einwand der Treuwidrigkeit begegnet werden. Ab 1. Januar 2002 findet zwar auch auf die Verjährung nach § 68 StBerG und § 51b BRAO § 203 BGB n.F. Anwendung (vgl. BGH, Urt. v. 1. Februar 2007 - IX ZR 180/04, DB 2007, 907, 908 f). Die Hemmung des Laufs einer Verjährungsfrist setzt aber naturgemäß voraus, dass die Frist nicht schon abgelaufen ist. Auch wenn nach dem 1. Januar 2002 Verhandlungen geführt wurden, konnte deshalb der Verjährungseinrede weiterhin allenfalls § 242 BGB entgegengehalten werden. Dessen Voraussetzungen hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint.

Etwas anderes wird auch nicht in der von der Nichtzulassungsbeschwerde herangezogenen Kommentarliteratur vertreten. Die Zitatstellen (Palandt/Heinrichs, 64./65. Aufl. Art. 229 EGBGB § 6 Rn. 7; Staudinger/Peters, 2003, Art. 229 § 6 EGBGB Rn. 17, 18) betreffen den Fall, dass außerhalb des Anwendungsbereiches des § 852 Abs. 2 BGB a.F. vor dem 1. Januar 2002 über den Anspruch verhandelt worden ist: Dann ist (erst) ab 1. Januar 2002 § 203 BGB anwendbar. Zuvor lief also die Verjährungsfrist weiter, erst danach wurde sie - sofern noch nicht abgelaufen - gehemmt. Daraus lässt sich nichts dafür ableiten, dass eine vor dem 1. Januar 2002 längst abgelaufene Verjährungsfrist wieder zu laufen begänne.

3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.

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