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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 05.07.2007
Aktenzeichen: IX ZR 230/04
Rechtsgebiete: ZPO, OECD-MA


Vorschriften:

ZPO § 287
OECD-MA Art. 15
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

IX ZR 230/04

vom 5. Juli 2007

in dem Rechtsstreit

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Gero Fischer und die Richter Dr. Ganter, Raebel, Dr. Kayser und Cierniak am 5. Juli 2007 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 8. Dezember 2004 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 88.170,61 € festgesetzt.

Gründe:

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 544 ZPO). Sie ist jedoch unbegründet. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

1. Entgegen der Auffassung der Beschwerde beruht das Berufungsurteil nicht auf Willkür.

a) Das Berufungsgericht hat die Kausalität zwischen Pflichtverletzung und behauptetem Schaden in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise verneint. Die Darlegungslast des Mandanten kann durch die Grundsätze des Anscheinsbeweises erleichtert sein, nach denen die Vermutung gilt, der Mandant hätte beratungsgemäß gehandelt, wenn nach der Lebenserfahrung bei vertragsgemäßer Leistung des steuerlichen Beraters lediglich ein bestimmtes Verhalten nahe gelegen hätte (vgl. BGHZ 123, 311, 315; BGH, Urt. v. 23. Oktober 2003 - IX ZR 249/02, NJW 2004, 444 f). Vorliegend ist jedoch die Annahme nicht gerechtfertigt, der Kläger zu 1) hätte sich bei sachgerechter Aufklärung durch die Beklagte zwingend für die Besteuerung seiner eigenen Auslandseinkünfte nach dem Recht der Betriebsstättenländer entschieden. Grundsätzlich hängt zwar das Besteuerungsrecht des Quellenstaates nach Art. 15 OECD-MA sowie den hier einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen nicht von einer Wahlentscheidung des Steuerpflichtigen ab. Der Kläger zu 1) war jedoch kein gewöhnlicher Arbeitnehmer, der von seinem Unternehmen zu Auslandseinsätzen entsandt wurde. Vielmehr konnte er als Geschäftsführer und Alleingesellschafter der B. GmbH entscheidenden Einfluss auf die Besteuerung der Gewinne der Gesellschaft und seiner Einkünfte aus unselbständiger Tätigkeit nehmen. Die Aufteilung der Gewinne und Einkünfte sowie die Meldung des steuerlichen Sachverhalts an die zuständigen Finanzbehörden hätte grundsätzlich die Steuerbarkeit im Ausland, andererseits eine teilweise Freistellung der Einkünfte im Inland zur Folge gehabt. Durch das Unterbleiben dieser Maßnahmen konnte der Kläger zu 1) dagegen faktisch eine reine Inlandsbesteuerung erreichen. Den möglichen Vorteilen einer teilweisen Besteuerung der Einkünfte im Ausland hätte ein nicht unerheblicher Mehraufwand für die gesonderte Ermittlung der Gewinne und Einkünfte sowie für die Fertigung ausländischer Steuererklärungen und Anmeldungen gegenübergestanden.

Revisionsrechtlich einwandfrei ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts, das den steuerlichen Vorschriften nicht entsprechende Verhalten des Klägers bei der Nichtanmeldung der Betriebsstätten im Ausland sei bei der Frage, wie er sich bei pflichtgemäßer Aufklärung durch die Beklagte verhalten hätte, nicht zu berücksichtigen.

b) Das Berufungsgericht hat zutreffend den inländischen Steueraufwand nach der Differenzhypothese nur als Einzelposten der Schadensberechnung angesehen, dem die bei einer pflichtgemäßen Anmeldung der Einkünfte im Ausland anfallenden dortigen Steuern und Kosten gegenüberzustellen sind. Ein Vermögensschaden ist nach der Differenzmethode durch einen rechnerischen Vergleich der durch das schädigende Ereignis eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen zu ermitteln, die sich ohne dieses Ereignis ergeben hätte (vgl. BGHZ 98, 212, 217). Ein entgangener Steuervorteil kann grundsätzlich nur als Schaden im Rechtssinne geltend gemacht werden, wenn er rechtmäßig und nicht unter Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten hätte erlangt werden können (vgl. BGH, Urt. v. 26. Oktober 1983 - III ZR 40/83, WM 1984, 95, 96; Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung 3. Aufl. Rn. 569). Es unterliegt deshalb keinen revisionsrechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht bei der Schadensberechnung auf ein rechtmäßiges Verhalten auch bei der Erfüllung etwaiger ausländischer Steuerpflichten abgestellt hat.

c) Ebenso wenig willkürlich ist die Auffassung des Berufungsgerichts, den Klägern stehe kein Schadensersatz für die Kosten ihrer jetzigen steuerlichen Berater zu. Dabei kann offen bleiben, ob die im Berufungsurteil aufgeführten Gründe für sich genommen die Aberkennung dieser Schadensposition tragen. Bei einer Durchsicht der in Rechnung gestellten Tätigkeiten der neuen Steuerberater der Kläger erschließt sich teilweise schon nicht, in welchem konkreten Zusammenhang diese mit Versäumnissen der Beklagten stehen. Die geltend gemachten Kosten können auch überwiegend nicht den im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde noch streitgegenständlichen Steuerjahren zugeordnet werden. Die Schätzung eines Schadens nach § 287 ZPO ist unzulässig, wenn sie mangels greifbarer, vom Kläger vorzutragender Anhaltspunkte völlig in der Luft hängen würde (vgl. BGHZ 91, 243, 257). So liegt der Fall hier.

2. Das Berufungsurteil beruht zu den Fragen der Kausalität und des Schadens auf durch die Senatsrechtsprechung geklärten Rechtsgrundsätzen. Das gilt auch für die Frage, ob zur Darlegung eines Schadens bei einer nach den Doppelbesteuerungsabkommen vermeidbaren Besteuerung von Auslandseinkünften in der Bundesrepublik Deutschland auch die Darlegung der möglichen, allerdings tatsächlich nicht erfolgten Versteuerung dieser Einkünfte im Ausland gehört. Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist damit nicht die Frage der Vorteilsausgleichung angesprochen. Die Ersparnis etwaiger im Ausland zu zahlender Steuern und der zur dortigen Versteuerung aufzuwendenden Kosten ist kein Vermögensvorteil als Folge einer Pflichtverletzung der Beklagten, sondern beruht auf einer selbständigen Unterlassung des Klägers.

Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO abgesehen.



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