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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 27.02.2004
Aktenzeichen: IXa ZB 37/03
Rechtsgebiete: ZwVerwVO, ZwVwV


Vorschriften:

ZwVerwVO § 26
ZwVwV § 19 Abs. 1
ZwVwV § 25
a) Die nach dem Zeitaufwand bestimmte Vergütung des Zwangsverwalters von Grundstücken, die nicht durch Vermieten oder Verpachten genutzt werden, kann bei der Bemessung des Stundensatzes nicht an die Vergütung von Berufsbetreuern angelehnt werden.

b) Für in die Jahre 2000 bis 2003 fallende Abrechnungszeiträume kann die zeitbezogene Vergütung des Zwangsverwalters gemäß § 26 ZwVerwVO bereits nach dem Stundensatzrahmen bemessen werden, der nach § 19 Abs. 1, § 25 ZwVwV erst für Abrechnungszeiträume nach dem 31. Dezember 2003 anzuwenden ist.


BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

IXa ZB 37/03

vom 27. Februar 2004

in dem Zwangsverwaltungsverfahren

Der IXa-Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft, die Richter Raebel, Athing, Dr. Boetticher und die Richterin Dr. Kessal-Wulf

am 27. Februar 2004

beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde des Zwangsverwalters wird der Beschluß der 9. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 9. September 2002 aufgehoben, soweit darin zu seinem Nachteil entschieden worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Landgericht zurückverwiesen.

Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens: bis zu 600 €.

Gründe:

I.

Der Beteiligte zu 3, ein Rechtsanwalt, war seit dem 5. Oktober 2000 zum Zwangsverwalter des im Rubrum bezeichneten Grundstücks bestellt, auf dem sich ein unbewohntes Gebäude nebst unfertigem Anbau befand. Der Zwangsverwalter berichtete wiederholt über den Zustand des Grundstücks und die bauordnungsrechtliche Lage. Außerdem veranlaßte er bauliche Sicherungsmaßnahmen, versicherte die Gebäude und beglich nach Überprüfung rückständige Grundsteuern.

Für seine Tätigkeit vom 18. Oktober 2000 bis zum Jahresende 2000 beantragte der Zwangsverwalter eine Nettopauschalvergütung von 3.000 DM nebst Auslagenersatz von 184,78 DM und Erstattung von 509,56 DM Umsatzsteuern. Das Amtsgericht billigte ihm zunächst den Ersatz der beanspruchten Auslagen, eine Nettovergütung von 180 DM und Umsatzsteuererstattung auf beide Beträge zu. Mit ergänzendem Festsetzungsantrag schlüsselte der Zwangsverwalter das beanspruchte Nettopauschalhonorar von 3.000 DM nach einem Zeitaufwand von 20 Stunden zum Stundensatz von je 150 DM auf. Das Amtsgericht erhöhte danach die Vergütung auf 20 Stunden zum Stundensatz von 60 DM nebst Erstattung der Umsatzsteuer unter Anrechnung der bereits festgesetzten niedrigeren Vergütung.

Auf seine Beschwerde setzte das Landgericht die Vergütung des Zwangsverwalters mit 2.000 DM (20 Stunden zum Stundensatz von 100 DM) nebst Erstattung der Umsatzsteuer unter Anrechnung der bereits zuerkannten Beträge fest. Hierbei griff es auf die Kriterien für die Vergütung von Berufsbetreuern zurück und ging davon aus, daß sich die Zwangsverwaltung schwierig gestaltet habe.

Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Zwangsverwalter seinen Festsetzungsantrag in der anfänglichen Gesamthöhe von 3.694,34 DM (1.888,89 €) weiter. In der Begründung seines Rechtsmittels rügt er, daß der beanspruchte Stundensatz von 150 DM notwendig sei, um nur den Aufwand der abgerechneten Verwaltungstätigkeit einschließlich der allgemeinen Geschäftsunkosten im Rahmen seiner anwaltlichen Berufsausübung zu decken. Die vom Beschwerdegericht herangezogenen Grundsätze der Betreuervergütung seien für Zwangsverwaltungen nicht anwendbar.

II.

Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und nach § 575 ZPO auch im übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt nach § 577 Abs. 4 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.

1. Gemäß § 153 Abs. 1 ZVG ist dem Zwangsverwalter eine Vergütung zu gewähren. Deren Berechnung bestimmt sich nach der Überleitungsvorschrift des § 25 der Zwangsverwalterverordnung (ZwVwG) vom 19. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2804) noch auf der Grundlage der nach § 14 EGZVG (jetzt § 152a ZVG) erlassenen Verordnung über die Geschäftsführung und die Vergütung des Zwangsverwalters vom 16. Februar 1970 (BGBl. I S. 185 - ZwVerwVO). § 23 Abs. 1 ZwVerwVO räumt dem Zwangsverwalter einen Vergütungsanspruch für seine Geschäftsführung, einen Anspruch auf Erstattung angemessener barer Auslagen und einen Anspruch auf Ersatz der darauf entfallenden Umsatzsteuer ein. Bei Grundstücken, die nicht durch Vermieten oder Verpachten genutzt werden, bestimmt sich die Vergütung gemäß § 26 ZwVerwVO nach dem Umfang der Tätigkeit des Zwangsverwalters und den gezogenen Nutzungen. Der "Umfang der Tätigkeit des Zwangsverwalters" ist von den Beschwerdegerichten bisher regelmäßig nach dem Zeitaufwand festgestellt worden (vgl. LG Frankfurt/M. InVo 1996, 194; LG Gießen InVo 1999, 367; LG Göttingen Rpfleger 1999, 456, 458; LG Flensburg ZInsO 2001, 952, 956). Dagegen bestehen keine rechtlichen Bedenken. Hinsichtlich des Stundensatzes hat sich unter Geltung von § 26 ZwVerwVO keine einheitliche Linie gebildet. Für einen zum Zwangsverwalter bestellten Rechtsanwalt - wie hier - wurden zwischen 60 DM (LG Gießen InVo 1999, 367; LG Göttingen Rpfleger 1999, 456, 458) und 250 DM (LG Hanau ZIP 2002, 679; LG Memmingen ZInsO 2001, 796) festgesetzt. In der Literatur wird ein Stundensatz von mindestens 100 € zuzüglich Umsatzsteuer für angemessen gehalten (Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung 2. Aufl. § 26 ZwVerwVO Rn. 5).

Einem durch gerichtlichen Akt bestellten Wahrer fremder Interessen, insbesondere einem Zwangsverwalter, darf kein unzumutbares Opfer abverlangt werden. Namentlich darf ihm ein finanzieller Ausgleich nicht versagt werden, weil ansonsten seine Berufsfreiheit (Art. 12 GG) beeinträchtigt sein kann (vgl. BVerfG ZIP 1989, 382, 383 m. Anm. Eickmann daselbst S. 383 und Onusseit, EWiR 1989, 391, 392; BGHZ 152, 18, 24 f). Der finanzielle Ausgleich hat sich in der Regel an der Qualifikation des Verwalters zu orientieren, weil dieser im Umfang seiner Zwangsverwaltungstätigkeit gehindert ist, anderweitig seinem Beruf nachzugehen (LG Potsdam ZInsO 2002, 322; Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, aaO), jedenfalls soweit er gerade wegen seiner beruflichen Qualifikation zum Zwangsverwalter bestellt worden ist und diese für seine Aufgabe einsetzen mußte. Im übrigen würden ohne angemessene Vergütung geeignete Personen als Zwangsverwalter schwerlich in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen.

2. Die vom Beschwerdegericht in Anlehnung an andere Landgerichte (vgl. LG Leipzig Rpfleger 2001, 560; LG Frankfurt/M. ZIP 2001, 1211) befürwortete Heranziehung betreuungsrechtlicher Vergütungsgrundsätze genügt dem vorgenannten Maßstab nicht. Die Richtlinienfunktion der vom Gesetzgeber in § 1 BVormVG getroffenen Regelung auch für die Vergütung von Berufsbetreuern bemittelter Betreuter nach § 1836 Abs. 2 Satz 2 BGB (vgl. dazu BGHZ 145, 104, 113 ff) würde eine Herabsetzung der Zwangsverwaltervergütungen bewirken, die der andersartigen Tätigkeit dieses Amtes nicht gerecht wird. Für eine solche, nicht hinzunehmende Folge spricht insbesondere auch die mit § 19 Abs. 1 ZwVwV angeordnete Stundensatzvergütung von mindestens 35 € und höchstens 95 €. Bereits aus diesem Grunde kann die Beschwerdeentscheidung nicht bestehen bleiben.

3. Das Beschwerdegericht wird nach der Zurückverweisung mithin erneut zu prüfen haben, ob dem Zwangsverwalter hier nach der Art seiner erforderlichen Tätigkeit im Abrechnungszeitraum der beanspruchte Stundensatz von 150 DM gemäß § 26 ZwVerwVO zusteht. Hierbei kann es sich an dem Vergütungsrahmen des § 19 Abs. 1 ZwVwV orientieren; denn die dieser Bestimmung zugrundeliegenden generell-abstrakten Bemessungsgrößen können innerhalb der genannten Zeitspanne angesichts der weitestgehend unveränderten Verhältnisse auch schon für die Jahre 2000 bis 2003 Geltung beanspruchen.

Die Höhe der Vergütung innerhalb dieses Rahmens ist dann im Einzelfall entsprechend § 17 Abs. 1 Satz 2 ZwVwV an der Art und dem Umfang der Aufgabe sowie an der Leistung des Zwangsverwalters auszurichten. Dabei ist der Mindestsatz von 35 € in Betracht zu ziehen, wenn die Verwaltungstätigkeit ganz überwiegend aus einfachen Aufgaben besteht, die hauptsächlich von Mitarbeitern und Hilfskräften erledigt werden können. Ein solcher Sachverhalt hat nach den bisher getroffenen Feststellungen des Beschwerdegerichts hier nicht vorgelegen. Der - vom Zwangsverwalter mit seinem Vergütungsantrag nicht geforderte - Höchstsatz von 95 € würde voraussetzen, daß er ganz überwiegend für die Verwaltungstätigkeit im Abrechnungszeitraum seine berufliche Qualifikation als Rechtsanwalt genutzt hat (vgl. die Begründung des Bundesjustizministeriums zur Zwangsverwalterverordnung, BR-Drucks. 842/03 S. 16 f). Das war nach den besonderen bauordnungsrechtlichen Gegebenheiten des verwalteten Grundstücks und wegen Überprüfung der Grundsteuerpflicht hier in Teilen der Fall, dürfte andererseits aber nicht für den Teil der Tätigkeit gelten, mit welcher der Zwangsverwalter nur bauliche Sicherungsmaßnahmen durch beauftragte Handwerker veranlaßt hat. Eine abschließende Gesamtbewertung aller Umstände des Einzelfalls für die Bemessung der Vergütung, zu denen auch noch weiterer Sachvortrag der Beteiligten in Betracht kommt, muß hier dem Tatrichter vorbehalten bleiben.

Ende der Entscheidung

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