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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 28.05.2003
Aktenzeichen: IXa ZB 51/03
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 400
ZPO § 850f Abs. 1
Wird eine Lohnforderung abgetreten und beruft sich der Zedent auf eine Erhöhung der Pfändungsfreigrenze (§ 850f Abs. 1 ZPO), so entscheidet über den Umfang der Abtretung das Prozeßgericht, nicht das Vollstreckungsgericht.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

IXa ZB 51/03

vom

28. Mai 2003

in dem Zwangsvollstreckungsverfahren

Der IXa-Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter Raebel, Athing, Dr. Boetticher und die Richterin Dr. Kessal-Wulf

am 28. Mai 2003

beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der 5. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach vom 21. Februar 2002 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 2.900 ? festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller und seine Ehefrau schlossen am 4. Oktober 1996 mit der Antragsgegnerin einen Darlehensvertrag über eine Gesamtsumme von rund 81.000 DM. Der Antragsteller trat zur Sicherung aller bestehenden und künftigen Ansprüche der Antragsgegnerin aus diesem Kreditvertrag den pfändbaren Teil seiner Lohnansprüche gegen seine Arbeitgeberin, die Firma L. GmbH an die Antragsgegnerin ab. Die Arbeitgeberin des Antragstellers behält infolgedessen die nach § 850c ZPO pfändbaren Beträge seines Lohnes ein und führt diese an die Antragsgegnerin ab.

Unter Hinweis darauf, sein verfügbares Arbeitseinkommen sei niedriger als der sozialhilferechtliche Bedarf, hat der Antragsteller beim Amtsgericht Mönchengladbach-Rheydt als Vollstreckungsgericht beantragt, die Pfändungsfreigrenze nach § 850f Abs. 1 ZPO zu erhöhen. Das Amtsgericht hat den Antrag des Antragstellers zurückgewiesen. Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, das Amtsgericht habe zu Recht seine sachliche Zuständigkeit als angerufenes Vollstreckungsgericht verneint. Solange ein Titel des Gläubigers gegen seinen Schuldner nicht existiere und er nur vertraglich vereinbarte Rechte aus einer privatschriftlichen Urkunde geltend mache, fehle es an einem sachgerechten Anknüpfungspunkt zur Begründung der Zuständigkeit der Vollstreckungsgerichte.

II.

Die - zugelassene - Rechtsbeschwerde des Schuldners ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft und gemäß § 575 Abs. 1 Satz 1 ZPO form- und fristgerecht eingelegt worden. In der Sache bleibt sie ohne Erfolg.

Wie die Rechtsbeschwerde zutreffend ausführt, ist es bisher in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten, ob § 850f Abs. 1 ZPO im Hinblick auf § 400 BGB auf eine Abtretung entsprechend anzuwenden ist und ob für einen Antrag des Schuldners auf Anpassung des nicht pfändbaren Betrages das Vollstreckungsgericht oder das Prozeßgericht sachlich zuständig ist.

1. Es spricht vieles dafür, die Schuldnerschutzvorschrift des § 850f Abs. 1 ZPO auf Abtretungen entsprechend anzuwenden (vgl. in diesem Sinne BSG NZS 44, 46 f; OLG Köln NJW-RR 1998, 1689; OLG Düsseldorf InVo 1999, 359; LG Frankfurt/Main Zlns0 1999, 594; LG Heilbronn Rpfleger 2001, 190; AG Bad Waldsee FamRZ 2000, 1593; Stöber, Forderungspfändung 13. Aufl. Rn. 1250b; Baumbach/Hartmann, 60. Aufl. § 850f Rn. 1; im Ergebnis wohl auch Münchener Kommentar/Roth, BGB, Bd. 11, 4. Aufl. § 400, Rn. 5 vor Fn. 7; Palandt/Heinrichs, 61. Aufl. § 400 Rn. 4; offengelassen BAG NJW 1991, 2038, 2039; Thomas/Putzo, 24. Aufl. § 850f Rn. 1, Zöller/Stöber, 23. Aufl. § 850f Rn. 20; Musielak/Becker, 3. Aufl. § 850f Rn. 1).

2. Allerdings kann der Antragsteller die Erhöhung des nicht pfändbaren Betrages gemäß § 850f Abs. 1 ZPO - wie das Beschwerdegericht zutreffend angenommen hat - nicht vor dem Vollstreckungsgericht durchsetzen. Bei einer aufgrund einer Abtretung entstandenen Forderung liegt kein überprüfbarer Vollstreckungstitel vor, dem das Vollstreckungsgericht entnehmen kann, ob die Voraussetzungen für eine Anwendung der Härteklausel des § 850f Abs. 1 ZPO vorliegen. Ohne einen Vollstreckungstitel fehlt es an einem sachgerechten Anknüpfungspunkt zur Begründung der Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts. Meinungsverschiedenheiten darüber, ob und in welchem Umfang eine der Parteien Rechte aus der Vereinbarung gegen den anderen herleiten kann, sind deshalb ein Streitstoff, der typischerweise in den Zuständigkeitsbereich des Prozeßgerichts (OLG Köln NJW-RR 1998, 1689; a.A. OLG Düsseldorf InVo 1999, 359). Dem Vollstreckungsgericht steht eine weitergehende Prüfungskompetenz nicht zu.

Ende der Entscheidung

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