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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 22.11.2004
Aktenzeichen: NotZ 13/04
Rechtsgebiete: BNotO, VwGO


Vorschriften:

BNotO § 6 Abs. 3
BNotO § 6b Abs. 2
BNotO § 6b Abs. 4 Satz 1
BNotO § 111
VwGO § 113 Abs. 1 Satz 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

NotZ 13/04

vom 22. November 2004

in dem Verfahren

wegen Bestellung zum Notar

Der Bundesgerichtshof, Senat für Notarsachen, hat durch den Vorsitzenden Richter Schlick, die Richter Galke, Wendt sowie die Notare Dr. Doyé und Dr. Ebner

am 22. November 2004

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Senats für Notarsachen des Oberlandesgerichts Celle vom 22. April 2004 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und die dem Antragsgegner entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe:

I. Der Antragsteller bewarb sich um eine in der Niedersächsichen Rechtspflege 2003 Seite 203 ausgeschriebene Stelle für Anwaltsnotare in B.. Mit Bescheid vom 23. Februar 2004 teilte ihm die Antragsgegnerin mit, daß sie beabsichtige, dem Beteiligten die Stelle zu übertragen. Nach ihrer Beurteilung nehme der Antragsteller mit 122,60 Punkten den 2. Rang und der Beteiligte mit 123,50 Punkten den 1. Rang unter den Bewerbern ein.

Der Antragsteller macht vor allem geltend, die Antragsgegnerin habe ihm Sonderpunkte dafür bewilligen müssen, daß er vom 1. Juni 1985 bis zum 31. Dezember 1988 juristischer Sachbearbeiter und stellvertretender Amtsleiter der Stadt C. war. Bereits in den Jahren 1996 und 2000 hatte er sich um ausgeschriebene Notarstellen beworben. Bei diesen Bewerbungsverfahren hatte die Antragsgegnerin die Erteilung von Sonderpunkten für die auch damals lediglich in seinem Kurzlebenslauf im Abschnitt "Berufstätigkeit" erwähnte Stelle bei der Stadt C. ebenfalls nicht geprüft, was vom Antragsteller nicht beanstandet worden war.

Das Oberlandesgericht Celle hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen, mit der der Antragsteller in der Hauptsache die Verpflichtung der Antragsgegnerin, ihn zum Notar zu bestellen, hilfsweise die Neubescheidung begehrt hatte. Nach den Entscheidungsgründen war damit auch sein Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung unbegründet. Der Beschluß des Oberlandesgerichts vom 22. April 2004 wurde der Antragsgegnerin am 4. Mai 2004, dem Beteiligten am 5. Mai 2004 und dem Antragsteller am 10. Mai 2004 zugestellt. Am 6. Mai 2004 wurde der Beteiligte zum Notar bestellt.

Mit der sofortigen Beschwerde begehrt der Antragsteller nunmehr festzustellen, daß die Antragsgegnerin verpflichtet war, ihm mindestens einen Sonderpunkt zu erteilen, hilfsweise, daß die Antragsgegnerin verpflichtet war, ihr Ermessen nach der Auffassung der Rechtsprechung des Senats im Beschluß vom 14. Juli 2003 (NotZ 2/03 - ZNotP 2004, 34) neu zu bescheiden, sowie festzustellen, daß die Verfügung, die Aushändigung der Bestellungsurkunde an den Beteiligten zu veranlassen, rechtswidrig war.

II. Die sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Die im Beschwerdeverfahren gestellten Feststellungsanträge sind unzulässig.

a) In einem Bewerbungsverfahren nach § 111 BNotO kann der Antragsteller grundsätzlich nicht entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zu einem Feststellungsbegehren übergehen, wenn sich das Verfahren durch Besetzung der Stelle erledigt hat. Zur Gewährleistung eines nach Art. 19 Abs. 4 GG gebotenen effektiven Rechtsschutzes ist zwar von diesem Grundsatz eine Ausnahme zu machen, wenn die begehrte Feststellung eine Rechtsfrage klären hilft, die sich der Justizverwaltung bei künftigen Bewerbungen des Antragstellers ebenso stellen wird (Senat, Beschluß vom 20. Juli 1998 - NotZ 4/98 - NJW-RR 1999, 208, 209; Beschluß vom 30. November 1998 - NotZ 26/98 - NotBZ 1999, 130 f.; Beschluß vom 18. März 2002 - NotZ 19/01 - NJW-RR 2002, 1142, 1144; Beschluß vom 2. Dezember 2002 - NotZ 16/02 - DNotZ 2003, 232; Beschluß vom 10. August 2004 - NotZ 28/03 - zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Das ist hier aber nicht der Fall.

b) Soweit der Antragsteller begehrt festzustellen, daß die Antragsgegnerin verpflichtet gewesen sei, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden, ist dies offensichtlich. Dieser Umstand kann keinen Einfluß auf andere Bewerbungsverfahren des Antragstellers haben.

Ob dies auch bei einem Fortsetzungsfeststellungsbegehren hinsichtlich der (unterbliebenen Vergabe) von Sonderpunkten gilt, hat der Senat in zwei - allerdings nicht ganz gleich gelagerten Fällen - unterschiedlich entschieden (verneinend: Beschluß vom 18. März 2002 - NotZ 19/01 - NJW-RR 2002, 1142, 1144; bejahend: Beschluß vom 25. November 1996 - NotZ 46/95 - NJW-RR 1997, 948, 949). Der Streitfall erfordert dazu keine weitere Erörterung. Denn die Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsanträge scheitert jedenfalls an der veränderten Beurteilungssituation nach der Entscheidung des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April 2004 (1 BvR 838/01 u.a. - DNotZ 2004, 560). Die bisher von der Antragsgegnerin herangezogenen Auswahlkriterien sind darin verworfen worden. Sie dürfen so nicht mehr angewandt werden (vgl. jüngst Beschluß des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Oktober 2004 - 1 BvR 702/03 - zur AVNot Baden-Württemberg und Senatsbeschluß vom heutigen Tag - NotZ 16/04 - zur AVNot Berlin, jeweils zur Veröffentlichung vorgesehen). Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, daß die Auswahl zwischen mehreren Rechtsanwälten, die für das Amt eines Notars in Betracht kommen, nicht den Vorrang desjenigen mit der besten fachlichen Eignung gewährleistet, wenn sich die Verwaltung nach den bestehenden Verwaltungsvorschriften oder Allgemeinen Verfügungen in Angelegenheiten der Notarinnen und Notare richtet (BVerfG aaO, 564). Die bisherige Auswahlpraxis nach der AVNot vom 1. März 2001 (NdsRpfl S. 100) wurde in zahlreichen Einzelpunkten beanstandet. Es ist nicht vorhersehbar, wie in künftigen Bewerbungsverfahren die maßgeblichen Kriterien fachlicher Eignung gewichtet und gegeneinander abgewogen werden. Eine Bindung der Antragsgegnerin durch einen Feststellungsausspruch des Senats auf der Grundlage des bisherigen Beurteilungssystems kommt daher nicht in Betracht. Auch auf der Grundlage eines mutmaßlichen künftigen Beurteilungssystems scheidet dies angesichts der Vielzahl denkbarer Möglichkeiten aus und verbietet sich zudem im Hinblick auf den der Landesjustizverwaltung bei der Auswahl mehrerer geeigneter Bewerber für das Amt des Notars zukommenden Beurteilungsspielraum (vgl. statt anderer Nachweise Senat, Beschluß vom 22. März 2004 - NotZ 20/03 - ZNotP 2004, 241, 242 m.w.N.). Der Antragsteller wird hinsichtlich künftiger Bewerbungen auch nicht rechtlos gestellt. Sollte es bei der Auswahlentscheidung darauf ankommen, ob und in welchem Umfang Sonderpunkte zu vergeben sind, kann er die Entscheidung der Antragsgegnerin auf dem Rechtsweg überprüfen lassen (vgl. Senatsbeschluß vom 18. März 2002 aaO)

Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist ein Rechtsschutzinteresse für einen (Fortsetzungs-)Feststellungsantrag auch nicht unter dem Gesichtspunkt gegeben, daß die Feststellung der Vorbereitung einer Amtshaftungsklage dienen könnte (Senat, Beschluß vom 29. Juli 1991 - NotZ 18/90 - BGHR BNotO § 111 Abs. 1, Feststellungsantrag 2; Beschluß vom 20. Juli 1998 - NotZ 4/98 - aaO S. 209).

Auf die vom Antragsteller erhobenen Vorwürfe im Zusammenhang mit der von ihm vermißten Entscheidung über seinen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes und der deswegen nach seiner Auffassung amtspflichtwidrig erfolgten Stellenbesetzung kommt es schließlich ebenfalls insgesamt nicht an. Denn auch bei dem darauf bezogenen Feststellungsbegehren ist nicht ersichtlich, daß sich diese Umstände auf weitere Bewerbungsverfahren des Antragstellers auswirken könnten.

2. Das Begehren des Antragstellers hätte aber auch in der Sache keinen Erfolg gehabt. Die Antragsgegnerin war aus Rechtsgründen gehindert, die Tätigkeit des Antragsstellers als juristischer Sachbearbeiter und stellvertretender Amtsleiter der Stadt C. daraufhin zu überprüfen, ob sie die Vergabe von Sonderpunkten rechtfertigt. Denn der Antragsteller hat diesen Umstand nicht ordnungsgemäß in das Bewerbungsverfahren eingeführt.

a) Nach § 6b Abs. 2 BNotO ist die Bewerbung innerhalb der in der Ausschreibung gesetzten - als gesetzliche Ausschlußfrist ausgestalteten - Bewerbungsfrist einzureichen; dementsprechend sind gemäß § 6b Abs. 4 Satz 1 BNotO bei der Auswahlentscheidung nach § 6 Abs. 3 BNotO nur solche Umstände zu berücksichtigen, die bei Ablauf der Bewerbungsfrist vorlagen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats, der diese gesetzliche Regelung zugrunde liegt, darf die Justizverwaltung die fachliche Eignung eines Bewerbers um das Amt des Notars nur dann bejahen, wenn diese bis zum Ablauf der Bewerbungsfrist nachgewiesen ist (Senatsbeschlüsse vom 14. Juli 1997 - NotZ 48/96 - NJW-RR 1998, 57, 58 und vom 16. März 1998 - NotZ 13/97 - NJW-RR 1998, 1599, 1600 jeweils m.w.N.; vgl. auch Senat, BGHZ 126, 39, 47 ff.). Dies gilt insbesondere auch für den Nachweis der fachlichen Leistungen, die im Auswahlverfahren nach § 6 Abs. 3 BNotO zu berücksichtigen sind. Der erforderliche fristgemäße Nachweis der Leistungen setzt neben der Vorlage entsprechender Bescheinigungen voraus, daß der Bewerber der Justizverwaltung innerhalb der Bewerbungsfrist mitgeteilt hat, welche bei der Vorbereitung auf den Notarberuf bereits erbrachten Leistungen zu seinen Gunsten bei der Auswahlentscheidung berücksichtigt werden sollen (Senat, Beschluß vom 16. März 1998 aaO). Auch insoweit dient die Festlegung des Stichtags der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit, aber auch der Gleichbehandlung aller Bewerber aufgrund einer einheitlichen Bewertungssituation, die nur gewährleistet ist, wenn zu Beginn des Auswahlverfahrens sämtliche für jeden Bewerber maßgeblichen Kriterien feststehen (vgl. BGHZ 126, 39, 50).

b) Der Antragsteller hat innerhalb der Bewerbungsfrist nicht mitgeteilt, daß die Tätigkeit in C. in die Bewertung einbezogen werden soll, und auch mit der Bewerbung nichts vorgetragen, was eine Überprüfung zugelassen und damit erfordert hätte, ob sie zur Vergabe von Sonderpunkten geeignet war. Die schlichte Erwähnung der Tätigkeit mit ihrer bloßen zeitlichen Einordnung im Kurzlebenslauf reicht nicht (vgl. Senat, Beschluß vom 3. November 2003 - NotZ 14/03 - NJW-RR 2004, 708, 709). Für einen etwaigen Einbeziehungswillen des Antragstellers gibt es - anders als in der Entscheidung des Senats vom 14. Juli 2003 (NotZ 2/03 - ZNotP 2004, 34, 36) - keinerlei Anhalt. Die Antragsgegnerin durfte daher davon ausgehen, daß der Antragsteller aus der Tätigkeit in C. keine Folgerungen für seine Bewerbung um eine Notarstelle herleiten will.

c) Auf die Fragen, inwieweit der Antragsteller sich in den vorherigen Bewerbungsverfahren um die Vergabe von Sonderpunkten bemüht hat und wann er - was nicht näher dargelegt ist - Kenntnis von der von ihm angeführten Senatsentscheidung vom 14. Juli 2003 erlangt hat, kommt es nicht an. Aus dieser Entscheidung kann - entgegen seiner Auffassung - kein Anspruch auf Berücksichtigung dieser Tätigkeit hergeleitet werden. Der vom Antragsteller erstmals mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung ausführlicher beschriebene Aufgabenbereich in C. deckt sich allenfalls in Teilbereichen mit dem eines Rechtsanwalts im Rahmen des "Anwaltsprojekts II" des Bundesministeriums der Justiz - Einsatz von Rechtsanwälten und Rechtsanwältinnen zur beschleunigten Abwicklung offener Vermögensfragen bei Landkreisen und kreisfreien Städten in den neuen Ländern - , deren Sonderpunktfähigkeit Gegenstand der Senatsentscheidung war. Diese Entscheidung könnte deshalb bestenfalls als Anstoß für den Antragsteller, um Sonderpunkte nachzusuchen, angesehen werden, nicht aber als eine seine Bewerbungsposition möglicherweise verbessernde Änderung der Rechtsprechung.

d) Es kann deswegen dahinstehen, ob die Antragsgegnerin - wie das Oberlandesgericht angenommen hat - die Ausübung ihres Ermessens bei der Vergabe von Sonderpunkten im gerichtlichen Verfahren nachgeholt hat, oder aber dies - wie der Antragsteller meint - bereits daran scheitert, daß sie seinen Schriftsatz vom 14. April 2004 (vom Antragsteller in seiner Stellungnahme offenbar versehentlich mit "Schriftsatz vom 14. Juli 2004" bezeichnet) nicht erhalten haben will, die darin enthaltenen detaillierten Ausführungen zu seiner Tätigkeit mithin eingeräumtermaßen nicht berücksichtigt haben konnte.

Ende der Entscheidung

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