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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 22.11.2004
Aktenzeichen: NotZ 21/04
Rechtsgebiete: BNotO


Vorschriften:

BNotO § 4
BNotO § 6
BNotO § 6b
BNotO § 111
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

NotZ 21/04

vom 22. November 2004

in dem Verfahren

Der Bundesgerichtshof, Senat für Notarsachen, hat durch den Vorsitzenden Richter Schlick, die Richter Galke und Wendt sowie die Notare Dr. Doyé und Dr. Ebner am 22. November 2004

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Senats für Notarsachen bei dem Oberlandesgericht Celle vom 6. Juli 2004 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und die der Antragsgegnerin entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 50.000 €

Gründe:

I.

Der Antragsteller bewarb sich um eine von neun in der Niedersächsischen Rechtspflege 1999 Seite 191 für den Amtsgerichtsbezirk H. ausgeschriebenen Notarstellen. Mit Bescheid vom 10. Mai 2000 teilte ihm die Antragsgegnerin mit, daß sie seiner Bewerbung nicht entsprechen könne. Er stehe in der Rangfolge der Bewerber mit 122,75 Punkten an zwölfter Stelle; sie beabsichtige, die neun Stellen den punktbesseren Mitbewerbern zu übertragen.

Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt und zugleich um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Nachdem das Oberlandesgericht mit Beschluß vom 5. Juni 2000 den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen hatte, bestellte die Antragsgegnerin zwischen dem 19. und dem 22. Juni 2000 die neun punktbesseren Mitbewerber zu Notaren. Daraufhin hat der Antragsteller bei dem Oberlandesgericht begehrt festzustellen, daß der Bescheid der Antragsgegnerin vom 7. Mai 2000 rechtswidrig gewesen sei und sie ihn zum Notar hätte bestellen müssen. Das Oberlandesgericht hat den Antrag mit Beschluß vom 23. Oktober 2000 zurückgewiesen; die sofortige Beschwerde zum Bundesgerichtshof blieb erfolglos (Senatsbeschluß vom 26. März 2001 - NotZ 30/00 - juris).

Auf die Verfassungsbeschwerde des Antragstellers hat das Bundesverfassungsgericht (NJW 2004, 1935) den Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 26. März 2001 und den Beschluß des Oberlandesgerichts vom 23. Oktober 2000 aufgehoben und ausgesprochen, diese Beschlüsse sowie der Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. Mai 2000 verletzten den Antragsteller in seinem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG.

In dem an das Oberlandesgericht zurückverwiesenen Verfahren hat der Antragsteller die Auffassung vertreten, die Hauptsache habe sich nicht erledigt; es gehe weiterhin um die materiell richtige und zutreffende Auswahlentscheidung. Diese müsse anhand der von dem Bundesverfassungsgericht festgelegten Kriterien überprüft werden. Sei er danach zu Unrecht abgelehnt worden, stünde die in einem anderen Verfahren (Oberlandesgericht Celle Not 16/01) aufgrund einstweiliger Anordnung des Bundesverfassungsgerichts freigehaltenen Notarstelle für ihn zur Verfügung.

Das Oberlandesgericht hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unzulässig verworfen; ein Rechtsschutzinteresse sei nicht mehr gegeben. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers.

II.

Die sofortige Beschwerde ist unbegründet. Das Oberlandesgericht hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu Recht als unzulässig verworfen.

1. Mangels eines anders lautenden Antrags im Beschwerdeverfahren ist davon auszugehen, daß der Antragsteller seinen zuletzt gestellten Antrag festzustellen, daß der Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. Mai 2000 rechtswidrig gewesen sei und die Antragsgegnerin ihn zum Notar hätte bestellen müssen, weiterverfolgt. Dieser Antrag ist indes unzulässig.

a) In dem Verfahren nach § 111 BNotO ist ein Feststellungsantrag, auch in Gestalt eines Fortsetzungsfeststellungsantrages (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO), nicht zulässig, es sei denn, andernfalls liefe die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG leer. Eine solche Ausnahme ist zu bejahen, wenn der Antragsteller sonst in seinen Rechten beeinträchtigt wäre und die begehrte Feststellung eine Rechtsfrage klären hilft, die sich der Justizverwaltung bei künftigen Bewerbungen des Antragstellers ebenso stellen wird (st. Rspr., vgl. Senatsbeschluß vom 26. März 2001 - NotZ 30/00 aaO m.w.N.).

b) Im Streitfall besteht das vorbeschriebene Rechtsschutzbedürfnis für einen Feststellungsantrag nicht. Der Antragsteller hat sein Rechtsschutzziel bereits durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erreicht. Denn das Bundesverfassungsgericht (NJW 2004, 1935, 1938 ff) hat in dem Beschluß vom 20. April 2004 ausgesprochen, daß die ablehnende Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin und die sie bestätigenden gerichtlichen Entscheidungen mit Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 33 Abs. 2 GG nicht mehr vereinbar sind. Zugleich hat es die Anforderungen benannt, die an eine verfassungsgemäße Auswahlentscheidung zu stellen und damit bei künftigen Bewerbungen des Antragstellers zu beachten sind.

2. Der Antragsteller hat allerdings, ohne dies in einen Antrag zu kleiden, auch zum Ausdruck gebracht, daß es ihm um "eine materiell richtige und zutreffende Auswahlentscheidung" gehe. Das gab aber keinen Anlaß, durch einen gerichtlichen Hinweis darauf hinzuwirken, daß der Antragsteller seinen ursprünglichen, auf Aufhebung des Bescheids der Antragsgegnerin vom 10. Mai 2000 und Bestellung zum Notar gerichteten Antrag wieder aufnimmt. Ein solcher Verpflichtungsantrag wäre ebenfalls unzulässig.

a) Bleibt ein Bewerber auf eine Notarstelle ohne Erfolg, kann er zur Wahrung seines Bewerbungsverfahrenanspruchs einen gerichtlichen Verpflichtungsantrag stellen. Für einen solchen fehlt nach ständiger Rechtsprechung des Senats allerdings das Rechtsschutzinteresse, sobald die Stelle mit einem anderen Bewerber besetzt ist. Seit der Novellierung des Zulassungsrechts im Jahre 1991 ist es nicht mehr möglich, einen zu Unrecht abgelehnten Bewerber für ein Anwaltsnotariat nach der Besetzung der ausgeschriebenen Stelle zusätzlich zu bestellen. Das ergibt sich daraus, daß die Justizverwaltung eine zusätzliche Notarstelle nur dann schaffen kann, wenn sie aufgrund der in § 4 BNotO vorgeschriebenen Kriterien ein öffentliches Interesse daran festgestellt hat. Die zusätzliche Stelle ist nach den §§ 6, 6b BNotO förmlich auszuschreiben und nach für alle Bewerber gleichen Eignungsmaßstäben zu besetzen. Dies hat zur Folge, daß die Bewerbung auf eine ausgeschriebene Stelle sich ausschließlich auf diese Stelle bezieht. Wird die ausgeschriebene Stelle besetzt, ist das durch die Ausschreibung eingeleitete Verfahren wie im Beamtenrecht beendet. Ein gleichwohl aufrechterhaltener oder erhobener Verpflichtungsantrag ist nach Besetzung der Stelle wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig (Senatsbeschluß vom 10. August 2004 - NotZ 28/03 Umdruck S. 4 ff, vorgesehen zum Abdruck in BGHZ, m.w.N.; vgl. auch BVerfG aaO S. 1936). Hier hatte sich der Antragsteller um eine von neun in der Niedersächsischen Rechtspflege 1999 Seite 191 für den Amtsgerichtsbezirk H. ausgeschriebenen Notarstellen beworben. Die Stellen sind zwischen dem 19. und dem 22. Juni 2000 besetzt worden. Damit war das Besetzungsverfahren beendet; der Antrag auf Übertragung einer der neun Notarstellen war nach den vorbeschriebenen Grundsätzen nicht mehr zulässig. Ob von letzteren eine Ausnahme zu machen wäre, wenn die Übertragung auf den Mitbewerber unter Verstoß gegen eine einstweilige Anordnung geschah (vgl. BVerwGE 118, 370; offengelassen für das Notarrecht in dem Senatsbeschluß vom 10. August 2004 aaO S. 7), kann offenbleiben. Denn die Aushändigung der Urkunden an die Mitbewerber erfolgte erst, nachdem das Oberlandesgericht das Gesuch des Antragstellers, sein Bestellungsbegehren durch einstweilige Anordnung zu sichern, zurückgewiesen hatte.

Der Antragsteller kann sich auch nicht darauf berufen, daß in einem anderen Besetzungsverfahren aufgrund einstweiliger Anordnung des Bundesverfassungsgerichts eine von fünf in der Niedersächsischen Rechtspflege 2000 Seite 196 ausgeschriebenen Notarstellen für den Amtsgerichtsbezirk H. für ihn freizuhalten sei. Jene Notarstelle ist nicht Gegenstand des in dem vorliegenden - die Stellenausschreibung in der Niedersächsischen Rechtspflege 1999 Seite 191 betreffenden - Verfahren erhobenen Bewerbungsverfahrensanspruchs.

Ende der Entscheidung

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