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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 14.03.2005
Aktenzeichen: NotZ 4/05
Rechtsgebiete: VONot, BNotO 1981, BNotO 1998, BVerfGG


Vorschriften:

VONot § 39
VONot § 39 Abs. 7
BNotO 1981 § 113 Abschn. I
BNotO 1998 § 113
BNotO 1998 § 113a
BVerfGG § 79 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

NotZ 4/05

vom 14. März 2005

in Sachen

wegen Rückvergütung von Abgaben

Der Bundesgerichtshof, Senat für Notarsachen, hat durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Streck und Galke sowie die Notare Dr. Lintz und Justizrat Dr. Bauer am 14. März 2005

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Senats für Notarverwaltungssachen des Oberlandesgerichts Dresden vom 11. November 1996 - DSNot 15/96 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und die der Antragsgegnerin im Beschwerderechtszug entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 75.663,02 € = 147.984 DM.

Gründe:

I.

Der Antragsteller ist Notar im Tätigkeitsbereich der Ländernotarkasse, der Antragsgegnerin. Für das Rechnungsjahr 1995 hat die Antragsgegnerin von dem Antragsteller Abgaben in Höhe von 428.237 DM erhoben. Nach Erlaß einer neuen Abgabensatzung führte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 30. April 1996 eine "Vergleichsberechnung" durch, die zugunsten des Antragstellers ein Guthaben in Höhe von 280.253 DM (= 428.237 DM <Höhe der aufgrund der bisherigen Abgabenstaffel zu entrichtenden Abgaben> - 147.984 DM <Höhe der Abgaben nach Anwendung der Rückvergütungsstaffel>) ergab.

Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller gerichtliche Entscheidung beantragt. Der Bescheid sei aufzuheben, weil - und soweit - darin die Abgaben für das Jahr 1995 auf 147.984 DM neu festgesetzt worden seien. Dafür habe eine Rechtsgrundlage in Form einer wirksamen Abgabensatzung nicht vorgelegen.

Das Oberlandesgericht hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers.

Der Senat hatte auf übereinstimmenden Antrag der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Die Antragsgegnerin hat das Verfahren mit Schriftsatz vom 3. Januar 2005, nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die von dem Antragsteller und anderen in den Parallelverfahren erhobenen Verfassungsbeschwerden (Beschluß vom 13. Juli 2004 - 1 BvR 1298/94, 1299/94, 1332/95, 613/97 - DNotZ 2004, 942 m. Anm. Hepp) aufgenommen.

Mit Schriftsatz vom 7. März 2005 begehrt der Antragsteller über die Aufhebung des angefochtenen Bescheids hinaus Rückerstattung des festgesetzten (und bezahlten) Betrags von 147.984 DM.

II.

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet.

1. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig. Die Antragsbefugnis (§ 25 Abs. 1 Satz 2 VONot) ist jedenfalls nach dem Beschwerdevorbringen gegeben. Der Antragsteller hat mit der Beschwerdebegründung geltend gemacht, die Beitragserhebung der Antragsgegnerin sei grundsätzlich rechtswidrig; er habe - über den von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 30. April 1996 erstatteten Betrag von 280.253 DM hinaus - Anspruch auf vollständige Rückvergütung der für das Abrechnungsjahr 1995 entrichteten Abgaben.

2. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Antragsgegnerin war rechtmäßig und verletzte den Antragsteller daher nicht in seinen Rechten (§ 25 Abs. 1 Satz 2 VONot), so daß hierauf geleistete Zahlungen auch nicht zurückzuerstatten sind.

Zwar ist die Ermächtigung der Antragsgegnerin zur Erhebung von Abgaben in § 39 Abs. 7 VONot - ebenso wie diejenige in § 113 Abschn. I BNotO 1981 und in den §§ 113, 113a BNotO 1998 - mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar. Die Regelungen genügen nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Demokratie- und Rechtsstaatsprinzips an die Delegation von Normsetzung an die Träger funktionaler Selbstverwaltung - hier an die Antragsgegnerin - (vgl. BVerfG, Beschluß vom 13. Juli 2004 - 1 BvR 1298/94, 1299/94, 1332/95, 613/97 DNotZ 2004, 942, 946 ff). Die Verfassungswidrigkeit der alten wie der neuen Regelung hat jedoch nicht ihre Nichtigkeit und die des auf ihnen beruhenden Satzungsrechts zur Folge. Die verfassungswidrigen Vorschriften sind ausnahmsweise weiter anzuwenden; die mit den Verfassungsbeschwerden angegriffenen Abgabenbescheide und die sie bestätigenden gerichtlichen Entscheidungen haben Bestand (vgl. BVerfG aaO S. 951 f). Der Gesetzgeber hat allerdings bis zum Ende des Jahres 2006 eine verfassungsgemäße Regelung zu treffen.

Der Ansicht des Antragstellers, trotz dieser Entscheidung seien nicht bestandskräftige Abgabenbescheide rechtswidrig und daher aufzuheben, weil deren Aufhebung im konkreten Fall keine größeren finanziellen Auswirkungen auf den Haushalt der Antragsgegnerin hätte, kann nicht gefolgt werden. Die Feststellung des Bundesverfassungsgerichts, daß die auf den zu beanstandenden gesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen beruhenden Satzungsbestimungen weiter anzuwenden sind, schließt eine Differenzierung zwischen Abgabenbescheiden, die in der Vergangenheit erlassen worden sind, und solchen, die künftig noch erlassen werden, ebenso aus wie eine unterschiedliche Behandlung bestandskräftiger und angefochtener Abgabenbescheide nach Maßgabe des § 79 Abs. 2 BVerfGG, ohne daß es hierbei auf die finanziellen Auswirkungen im Einzelfall ankommen kann.

Im Streitfall ist dementsprechend davon auszugehen, daß der angefochtene Bescheid der Antragsgegnerin eine hinreichende rechtliche Grundlage hat. Er kann sich auf die Abgabensatzung der Antragsgegnerin stützen.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers besteht über die von dem Bundesverfassungsgericht (aaO) entschiedene Verfassungswidrigkeit der §§ 39 VONot, § 113a BNotO 1998 hinaus kein Grund, die Rechtmäßigkeit des Abgabenbescheides oder der ihn tragenden Satzung in Frage zu stellen. Das Bundesverfassungsgericht hat sonst keine Beanstandungen erhoben. Eine nochmalige Aussetzung des Verfahrens, wie von dem Antragsteller angeregt, ist nicht geboten.

Ende der Entscheidung

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