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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 24.07.2006
Aktenzeichen: NotZ 7/06
Rechtsgebiete: BNotO, BRAO, BeurkG


Vorschriften:

BNotO § 6
BNotO § 6 Abs. 3
BNotO § 111 Abs. 4
BRAO § 42 Abs. 4
BeurkG § 38
BeurkG § 39
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

NotZ 7/06

vom 24. Juli 2006

in dem Verfahren

wegen Bestellung zum Notar

Der Bundesgerichtshof, Senat für Notarsachen, hat durch den Vorsitzenden Richter Schlick, den Richter Streck, die Richterin Dr. Kessal-Wulf, die Notare Dr. Doyé und Dr. Ebner

am 24. Juli 2006

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 2. Senats für Notarsachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 18. Januar 2006 - 2 Not 11/05 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und dem Antragsgegner sowie dem weiteren Beteiligten die im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe:

I. Der Antragsteller und der weitere Beteiligte - beide Rechtsanwälte - bewarben sich um eine vom Antragsgegner am 1. Juli 2003 im Justiz-Ministerial-Blatt für Hessen (JMBl. S. 246) für den Amtsgerichtsbezirk O. ausgeschriebene Notarstelle. Das Auswahlverfahren wurde gemäß Abschnitt A II des Runderlasses zur Ausführung der Bundesnotarordnung vom 25. Februar 1999 (JMBl. S. 222) durchgeführt. Von den insgesamt 13 Bewerbern erzielte der Antragsteller die höchste Gesamtpunktzahl (145,2), gefolgt vom weiteren Beteiligten mit einer Gesamtpunktzahl von 143,05. Die Präsidentin des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main teilte dem Antragsteller mit Schreiben vom 13. Mai 2004 mit, dass nach dem Ergebnis des Auswahlverfahrens beabsichtigt sei, die ausgeschriebene Notarstelle mit seiner Person zu besetzen.

Mit Beschluss vom 20. April 2004 hatte das Bundesverfassungsgericht die durch Verwaltungsvorschriften einzelner Bundesländer - so auch durch den genannten Runderlass vom 25. Februar 1999 - konkretisierte Auslegung und Anwendung der in § 6 BNotO normierten Auswahlmaßstäbe für die Besetzung freier Notarstellen für verfassungswidrig erklärt mit der Begründung, die chancengleiche Bestenauslese, die zur Gewährleistung der verfassungsrechtlich garantierten Berufsfreiheit geboten sei, sei auf Grundlage dieser Maßstäbe nicht sichergestellt (BVerfGE 110, 304 = NJW 2004, 1935 = DNotZ 2004, 560 = ZNotP 2004, 281). Der Antragsgegner nahm dies zum Anlass, die Ausschreibung der Notarstelle zurückzunehmen und das eingeleitete, aber noch nicht abgeschlossene Auswahlverfahren abzubrechen (JMBl. vom 1. Juli 2004 S. 290). Der Antragsteller erhielt davon mit Schreiben der Präsidentin des Oberlandesgerichts vom 29. Juni 2004 Kenntnis und wurde gebeten, die Mitteilung vom 13. Mai 2004 "als hinfällig zu betrachten".

Nach Änderung des Runderlasses zur Ausführung der Bundesnotarordnung vom 25. Februar 1999 durch Runderlass vom 10. August 2004 (JMBl. S. 323) schrieb der Antragsgegner die Notarstelle am 1. Oktober 2004 neu aus (JMBl. S. 527). Sowohl der Antragsteller als auch der weitere Beteiligte bewarben sich innerhalb der bis zum 12. November 2004 laufenden Frist. Aufgrund der für den weiteren Beteiligten dieses Mal ermittelten Gesamtpunktzahl von 196,30 schlug die Präsidentin des Oberlandesgerichts nunmehr ihn für die Besetzung der Stelle vor. Der Antragsteller wurde mit Schreiben vom 5. August 2005 davon unterrichtet, dass bei einer Gesamtpunktzahl von 177,60 seiner Bewerbung nicht entsprochen werden könne.

Das Oberlandesgericht hat seinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung mit dem Inhalt, den Bescheid vom 5. August 2005 aufzuheben und den Antragsgegner zur Neubescheidung seiner Bewerbung um die am 1. Oktober 2004 ausgeschriebene Notarstelle zu verpflichten, zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich seine sofortige Beschwerde, mit der er sein Begehren weiterverfolgt.

II. Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 111 Abs. 4 BNotO i.V. mit § 42 Abs. 4 BRAO zulässig, aber in der Sache unbegründet.

1. Der Antragsteller kann nicht geltend machen, der Antragsgegner habe ihm ohne zwingenden Grund eine schon verfestigte Rechtsposition genommen und wäre verpflichtet gewesen, das ursprüngliche Bewerbungsverfahren fortzuführen.

a) Nach der ersten Ausschreibung der Notarstelle hatte der Antragsgegner eine Auswahlentscheidung zugunsten des Antragstellers getroffen. Dabei handelte es sich um einen durch Bekanntgabe an den Antragsteller im Mai 2004 wirksam gewordenen einheitlichen, teils begünstigenden, teils belastenden Verwaltungsakt (Senatsbeschlüsse vom 22. November 2004 - NotZ 16/04 - ZNotP 2005, 155, 156; vom 16. Juli 2001 - NotZ 8/01 - NJW-RR 2001, 1564, 1565 m.w.N.). Dieser Verwaltungsakt ist mit Bescheid vom 29. Juni 2004 zurückgenommen worden. Dagegen hat der Antragsteller sich nicht gewandt; die Entscheidung des Antragsgegners hat daher ihm gegenüber Bestandskraft erlangt.

b) Darüber hinaus wäre der Bescheid vom 29. Juni 2004 auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Es steht zwar nicht im Belieben der Justizverwaltung, eine bereits getroffene Auswahlentscheidung wieder aufzuheben, wenn diese rechtmäßig ergangen ist. Eine Aufhebung der einem Antragsteller mit der Qualität eines Verwaltungsakts zugesicherten Bestellung zum Notar kommt aber dann in Betracht, wenn die Auswahlentscheidung rechtswidrig gewesen ist (Senatsbeschlüsse aaO). Das war hier der Fall.

(1) Eine Bewerbung als Notar setzt voraus, dass eine Stelle zu vergeben ist. Der Antragsgegner hat indes die Ausschreibung vom 1. Juli 2003 mit Blick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April 2004 zurückgenommen und das Auswahlverfahren beendet. Dazu war er berechtigt. Der Senat verweist wegen weiterer Einzelheiten auf seine Beschlüsse vom 20. März 2006 (NotZ 40/05 - ZNotP 2006, 271, 272) und vom 28. November 2005 (NotZ 34/05 - BGHR 165, 146, 150 ff. sowie - u.a. - NotZ 30/05, NotZ 24/05, NotZ 43/05, NotZ 27/05 und NotZ 28/05; soweit unterlegene Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerden erhoben haben, sind diese vom Bundesverfassungsgericht durch Beschlüsse vom 1. Februar 2006 - 1 BvR 198/06 - und 2. Februar 2006 - 1 BvR 159/06, 1 BvR 169/06, 1 BvR 177/06 - nicht zur Entscheidung angenommen worden). Der Senat hält an dieser Rechtsprechung fest; er hat sich mit den vom Antragsteller dagegen vorgebrachten Gesichtspunkten in den angeführten Entscheidungen bereits auseinandergesetzt.

Die Bewerbung des Antragstellers hatte durch den organisatorischen Akt des Antragsgegners ihre Erledigung gefunden (BGHZ 165, 146, 148 f.). Einen Anspruch auf Verfahrensbeendigung durch Vollzug der zuvor getroffenen Besetzungsentscheidung hatte er danach nicht mehr.

(2) Der Antragsteller wurde dadurch auch nicht in einem berechtigten Vertrauen, die ausgeschriebene Stelle übertragen zu erhalten, verletzt. Ändern sich aus verfassungsrechtlichen Gründen während eines laufenden Verfahrens die für die Besetzungsentscheidung von der Justizverwaltung allgemein angewandten und den potentiellen Bewerbern als verbindlich vorgegebenen materiell-rechtlichen Beurteilungskriterien erheblich - wie hier aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April 2004 -, gibt es für ein etwaiges von Bewerbern gebildetes Vertrauen, sie würden gemäß einer entsprechenden Mitteilung der Justizverwaltung zum Notar ernannt, keine Grundlage mehr.

2. Es ist mithin allein maßgeblich, ob die auf der Ausschreibung vom 1. Oktober 2004 und dem sich anschließenden Bewerbungsverfahren beruhende Auswahlentscheidung des Antragsgegners rechtsfehlerfrei getroffen worden ist. Das ist zu bejahen; die insoweit vom Antragsteller erhobenen Beanstandungen greifen nicht durch.

a) Dem Einwand des Antragstellers, der Antragsgegner habe in seine neue Auswahlentscheidung nur den früheren Bewerberkreis einbeziehen dürfen, ist schon deshalb nicht nachzugehen, weil der weitere Beteiligte zu diesem früheren Bewerberkreis gehört. Der Antragsteller übersieht, dass zwar auf die Ausschreibung vom 1. Oktober 2004 hin auch zwei Rechtsanwälte, die am ersten Auswahlverfahren nicht beteiligt gewesen sind, Bewerbungen eingereicht haben. Diese nehmen jedoch nach den für sie ermittelten Gesamtpunktzahlen Rangstellen ein, die deutlich hinter denen liegen, die sich für den Antragsteller und den weiteren Beteiligten ergeben; vom Antragsgegner werden sie für eine Besetzung der ausgeschriebenen Stelle nicht in Betracht gezogen.

b) Der Antragsteller kann weiter nicht geltend machen, er habe sich nicht rechtzeitig auf die neue verfassungsrechtliche Situation und die dadurch bedingten veränderten Beurteilungsmaßstäbe einstellen können, insbesondere nicht auf den Fortfall der (gemeinsamen) Kappungsgrenze für die durch Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen und Beurkundungen erzielbaren Punkte.

(1) Der Antragsteller hat spätestens Ende Juni 2004 von dem Abbruch des Auswahlverfahrens und der beabsichtigten Neuausschreibung erfahren. Er hatte damit - ebenso wie der weitere Beteiligte und die anderen Bewerber, die vor dieselbe Ausgangslage gestellt worden sind - knapp viereinhalb Monate Zeit, um bis zum Ablauf der Bewerbungsfrist am 12. November 2004 zusätzliche, seine Aussichten für eine erfolgreiche Bewerbung verbessernde Qualifikationen zu erwerben. Eine besondere Vertrauenslage, dass es bei den damals gültigen Auswahlkriterien in Zukunft verbleiben werde, gab es auch vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April 2004 für ihn nicht. Der Antragsteller kann sich daher nicht darauf berufen, er habe in schützenswerter Weise die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen und den Umfang seiner Beurkundungstätigkeit nach den Punktzahlen ausgerichtet, die nach früherer Erlasslage (höchstens) erzielbar waren.

(2) Vielmehr war der Antragsgegner seinerseits gehalten, den Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht an eine verfassungsgemäße Vergabe neu zu besetzender Notarstellen gestellt hat, umgehend gerecht zu werden und die bisherige Verwaltungspraxis entsprechend anzupassen. Durch ein längeres Zuwarten hätte der Antragsgegner sowohl den bisherigen - verfassungswidrigen - Zustand manifestiert als auch dem Bedürfnis nach einer baldigen Besetzung der bereits im Juli 2003 erstmals ausgeschriebenen Notarstelle und damit dem öffentlichen Interesse an einer geordneten und flächendeckenden Versorgung der rechtsuchenden Bevölkerung mit notariellen Dienstleistungen nicht Rechnung getragen.

c) Das Bundesverfassungsgericht hat die gesetzlichen Eignungskriterien des § 6 Abs. 3 BNotO gebilligt, weil sie bei der Auswahl der Anwaltsnotare eine angemessene Berücksichtigung solcher Kenntnisse und Fähigkeiten erlauben, die sich speziell auf den Zweitberuf des Notars beziehen. Es hat jedoch festgestellt, dass die Auslegung und Anwendung dieser Norm, unter anderem gemäß dem Runderlass vom 25. Februar 1999, bei der Auswahl der Bewerber aus dem Kreis der Rechtsanwälte, die für das Amt des Notars in Betracht kommen, nicht den Vorrang desjenigen mit der besten fachlichen Eignung gewährleisten (BVerfGE 110, 304, 326 ff.). Eine nach den bisherigen Maßstäben erstellte Prognose über die Eignung eines Bewerbers für das von ihm erstrebte öffentliche Amt oder über seine bessere Eignung bei der Auswahl aus einem Kreis von Bewerbern lässt vor allem eine konkrete und einzelfallbezogene Bewertung der fachlichen Leistungen des Bewerbers vermissen. Erforderlich ist stattdessen eine Neubewertung, bei der auch die von den Bewerbern bei der Vorbereitung auf das angestrebte Amt gezeigten theoretischen Kenntnisse und praktischen Erfahrungen differenziert zu gewichten sind. Insbesondere diese beiden notarspezifischen Eignungskriterien müssen mit eigenständigem, höherem Gewicht als bisher im Verhältnis zu der Anwaltspraxis und dem Ergebnis des Staatsexamens einfließen (BVerfGE 110, 304 S. 326 ff., 336; Senatsbeschlüsse vom 22. November 2004 - NotZ 16/04 - ZNotP 2005, 155, 157 und vom 11. Juli 2005 - NotZ 29/04 - DNotz 2005, 942, 945).

(1) Vor diesem Hintergrund kann der Antragsteller nicht damit gehört werden, die von den Bewerbern jeweils besuchten Fortbildungskurse seien überbewertet und erlangten gegenüber der in der zweiten juristischen Staatsprüfung erzielten Note ein zu hohes Gewicht. Denn nach den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Zugangskriterien zum Anwaltsnotariat ist es gerade erforderlich, eine stärkere Ausrichtung an der Notarfunktion - bei demgegenüber zurücktretender Bedeutung der Examensnote - vorzunehmen. Zudem ist nicht ersichtlich, weshalb sich aus dem vom Antragsteller eingenommenen Rechtsstandpunkt für ihn Vorteile ergeben könnten. Der weitere Beteiligte hat seine juristische Ausbildung mit einer besseren Note abgeschlossen und kann - bei unveränderter Multiplikation mit dem Faktor 5 - auf 55,8 Punkte verweisen, während der Antragsteller selbst nur 55,2 Punkte erlangt hat. Auch bei der Anwaltstätigkeit hat der weitere Beteiligte für das zweite - allein maßgebliche - Bewerbungsverfahren ebenso wie der Antragsteller die Höchstpunktzahl von 45 erzielt. Selbst bei einem Festhalten an den bisherigen Beurteilungskriterien auch für das laufende Bewerbungsverfahren, wie dies vom Antragsteller beansprucht wird, hätte sich insoweit ein Punktevorsprung des weiteren Beteiligten ergeben.

(2) Überdies hat das Bundesverfassungsgericht, um eine angemessene Berücksichtigung der während der bisherigen beruflichen Tätigkeit erworbenen notarspezifischen Kenntnisse und Fähigkeiten zu gewährleisten, die gemeinsame Punktzahlbildung für Fortbildung und praktische Bewährung mit ihrer Kappung auf insgesamt erzielbare 45 Punkte beanstandet. Der Antragsgegner hat mit Blick darauf seinen Runderlass geändert. Im Unterschied zum Runderlass in seiner früheren Fassung sind die Kappungsgrenzen für den Bereich theoretischer Befähigung und praktischer Bewährung aufgegeben. Die für Fortbildung und praktische Notartätigkeit erzielbaren Punkte sind nicht mehr gedeckelt; auch gibt es keine gemeinsame Kappungsgrenze für den Besuch von Fortbildungsveranstaltungen und den Erwerb notarieller Praxis mehr. Die Fortbildungskurse werden danach gewichtet, ob sie innerhalb der letzten drei Jahre vor Ausschreibung bis zum Ende der Bewerbungsfrist (1,0 Punkte je Halbtag) oder davor (0,5 Punkte je Halbtag) absolviert wurden. Damit ist eine weitere Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt, das die bislang fehlende Differenzierung zwischen zeitlich länger zurückliegenden und jüngeren Lehrgängen beanstandet hat. Die von den Bewerbern vorgenommenen Notariatsgeschäfte - mit Ausnahme von Niederschriften nach § 38 BeurkG und Vermerken nach § 39 BeurkG einschließlich Beglaubigungen (mit oder ohne Entwurf) - werden ebenfalls nach Anzahl und zeitlicher Vornahme gewichtet.

(3) Der weitere Beteiligte hat eine deutlich höhere Anzahl von ihm besuchter Fortbildungsveranstaltungen aufzuweisen als der Antragsteller; dadurch erreicht er nach Fortfall der Kappungsgrenze entsprechend höhere Punkte. Er kann insgesamt 96 Halbtage geltend machen und erlangt damit - ohne Unterscheidung nach bewerbungsnahen und bewerbungsfernen Fortbildungen - 48 Punkte, während dem Antragsteller dies nur für 82 Tage und demgemäß 41 Punkte gelingt. Bereits daraus ergibt sich ein Abstand von 7 Punkten, der sich auf 10,5 Punkte erhöht, wenn die in den letzten drei Jahren vor der Ausschreibung besuchten Fortbildungsseminare je Halbtag mit 1,0 Punkten (statt 0,5 Punkten) angesetzt werden. Auf die vom Bundesverfassungsgericht eingeforderte Qualitätssicherung durch Bewertung fachspezifischer Leistungen kommt es hier nicht an, weil der Antragsteller jedenfalls nicht darlegt, gegenüber dem weiteren Beteiligten im Vorteil zu sein, insbesondere Veranstaltungen besucht zu haben, bei denen strengere Leistungskontrollen stattgefunden haben als bei den durch den weiteren Beteiligten absolvierten Fortbildungen. Es ist auch sonst nicht ersichtlich, dass er notarspezifisches Wissen erworben haben könnte, das es rechtfertigte, ihn im Bewerbungsverfahren vorrangig zu berücksichtigen. Der Antragsteller erhebt lediglich pauschale Beanstandungen, führt aber nicht aus, welche von ihm erbrachten Leistungen keinen Eingang bei der Auswahlentscheidung des Antraggegners gefunden haben.

(4) Auch für den Bereich praktischer Tätigkeit kann der weitere Beteiligte auf eine signifikant höhere Anzahl von Beurkundungen zurückgreifen. Das war schon im Zuge des ersten Bewerbungsverfahrens der Fall, wo der weitere Beteiligte die - damals noch geltende - Höchstpunktzahl von 20 erreicht hatte, während für den Antragsteller lediglich 17,3 Punkte ermittelt wurden. Nunmehr stehen schon allein zahlenmäßig 302 Beurkundungen (weiterer Beteiligter) 172 Beurkundungen (Antragsteller) gegenüber. Unter spezifischer Gewichtung der Urkundsgeschäfte nach zeitnahen und zeitferneren Beurkundungen unter besonderer Berücksichtigung der ersten 200 Beurkundungen erreicht der weitere Beteiligte 28 Punkte, der Antragsteller hingegen nur 20,4 Punkte. Wenn der Antragsteller sich dagegen wendet, dass für die Anzahl der Notargeschäfte einfache notarielle Dienstleistungen, nämlich Niederschriften nach § 38 BeurkG und Vermerke nach § 39 BeurkG einschließlich Beglaubigungen (mit und ohne Entwurf) außer Betracht geblieben sind, so ist diese Vorgehensweise des Antragsgegners nicht zu beanstanden. Es handelt sich dabei im Allgemeinen um einfache und einfachste Urkundsgeschäfte, durch die keine größere notarielle Erfahrung gewonnen werden kann. Durch ihre Einbeziehung in den Leistungsnachweis angehender Notare wäre die praktische Erfahrung mit schwierigen Vertragsgestaltungen nicht sichergestellt, weil sich ein hoher Punktwert auch ohne besonderen Arbeitsumfang für Vorbereitung, Ausarbeitung und Abwicklung von Urkunden erzielen ließe (vgl BVerfGE 110, 304, 331). Der Antragsteller legt zudem erneut nicht dar, inwieweit sich eine Berücksichtigung auch solcher Urkundsgeschäfte in seinem Falle auf die Ermittlung der Punktezahl ausgewirkt und sich das Punkteverhältnis zum weiteren Beteiligten zu seinen Gunsten verschoben hätte. Das gleiche gilt für seinen pauschalen Angriff, die Aufgabe der Limitierung der durch Urkundsgeschäfte erzielbaren Punkte bevorzuge "den Bewerberkreis aus bestimmten Sozietätsformen". Sowohl der Antragsteller als auch der weitere Beteiligte üben ihren Beruf nicht als Einzelanwälte aus, sondern sind mit Sozien verbunden, von denen wenigstens zwei zugleich den Zweitberuf des Anwaltsnotars ausüben. Der Antragsteller macht nicht deutlich, weshalb sich der weitere Beteiligte in einer Situation befindet, die ihm hinsichtlich des Beurkundungsaufkommens oder der Möglichkeit zu Notarvertretungen einen unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht hinnehmbaren Vorteil verschafft.

3. Der Antragsgegner durfte nach alledem angesichts des deutlichen Punktevorsprungs bei seiner Auswahlentscheidung dem weiteren Beteiligten den Vorzug geben. Umstände, die im Hinblick auf eine bessere persönliche und fachliche Eignung des Antragstellers für ein Abweichen von der vorgenannten Reihenfolge sprechen könnten und vom Antragsgegner in eine auf den Einzelfall bezogene, abschließende Prognose über die Befähigung des Antragstellers für das von ihm erstrebte Amt hätten einbezogen werden müssen, werden vom Antragsteller nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich.

Sonderpunkte für das Engagement des Antragstellers in verschiedenen Kuratorien und Stiftungen hat der Antragsgegner zu Recht nicht vergeben. Den beschriebenen Tätigkeiten fehlt die gebotene notarspezifische Ausrichtung; sie qualifizieren den Bewerber nicht im Sinne von Abschnitt A II Nr. 3 Buchst. e, cc des Runderlasses in besonderer Weise für den Notarberuf. Inwieweit die Berechtigung, die Bezeichnung als Fachanwalt für Familienrecht zu führen, Berücksichtigung hätte finden müssen (vgl Senatsbeschluss vom 24. Juli 2006 - NotZ 11/06), kann angesichts des zum weiteren Beteiligten bestehenden Punkteabstands von 18,7 offen bleiben. Der Runderlass sieht aaO die Vergabe von "in der Regel" nicht mehr als 15 Sonderpunkten vor. Ob der Antragsgegner angesichts des Umstands, dass die für die theoretische und praktische Vorbereitung auf das angestrebte Notaramt nach Abschnitt A II Nr. 3 Buchst. c und d erreichbaren Punkte ihrerseits keiner Kappungsgrenze mehr unterliegen, seinen Spielraum für die Zuerkennung von Sonderpunkten durch diese Obergrenze unzulässig einengt, bedarf ebenfalls keiner Entscheidung. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass eine über 15 Punkte hinausgehende Zuerkennung von Sonderpunkten gerechtfertigt sein könnte. Der Antragsteller macht auch nicht geltend, ihm hätten mehr als 15 Sonderpunkte zugestanden. Er ist lediglich der Auffassung, dass im Zusammenwirken mit den übrigen von ihm erhobenen Beanstandungen die Auswahlentscheidung des Antragsgegners fehlerhaft zustande gekommen ist. Diese weiteren Beanstandungen sind indes - wie ausgeführt - nicht tragfähig. Sie können daher auf die Besetzungsentscheidung keinen Einfluss zugunsten des Antragstellers nehmen.

Ende der Entscheidung

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