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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 07.12.2005
Aktenzeichen: V ZB 166/05
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 714
ZPO § 170 Abs. 1
Der die Zwangsverwaltung anordnende Beschluss kann wirksam dem geschäftsführenden Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zugestellt werden.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

V ZB 166/05

vom 7. Dezember 2006

in dem Zwangsverwaltungsverfahren

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Dezember 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der Zivilkammer 81 des Landgerichts Berlin vom 19. September 2005 wird auf Kosten der Schuldnerin zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die in Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Eigentümer eines Hausgrundstücks in das Grundbuch eingetragenen Gesellschafter K. und S. bestellten mit notarieller Urkunde des Notars M. vom 19. Februar 1991 (Urk.Nr. 113/91) für die Rechtsvorgängerin der Gläubigerin eine Grundschuld, die in das Grundbuch eingetragen wurde und dem jeweiligen Grundstückseigentümer gegenüber vollstreckbar ist (§ 800 ZPO). In der Folgezeit wurden weitere Personen in die Gesellschaft (im Folgenden Schuldnerin) aufgenommen und ebenfalls als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Nicht eingetragen ist der zum Geschäftsführer bestellte Gesellschafter F. H. .

Nach Titelumschreibung auf die Gläubigerin und gegen die im Grundbuch eingetragenen Gesellschafter hat die Gläubigerin die Anordnung der Zwangsverwaltung beantragt. Die notarielle Urkunde ist allein dem Geschäftsführer der Schuldnerin zugestellt worden. In der Zustellungsurkunde ist als Adressat "F. H. , Geschäftsführer der GbR" angegeben sowie das Aktenzeichen "Urk.Nr. 113/91".

Das Amtsgericht hat die Zwangsverwaltung angeordnet. Die von der Schuldnerin eingelegte Erinnerung ist ebenso erfolglos geblieben wie die sofortige Beschwerde. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Schuldnerin ihren Antrag auf Aufhebung der Zwangsverwaltung weiter. Die Gläubigerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

II.

Das Beschwerdegericht steht auf dem Standpunkt, aus einem dinglichen Titel gegen die aus dem Grundbuch ersichtlichen Gesellschafter könne auch in das Gesellschaftsvermögen vollstreckt werden. Daher sei das Vollstreckungsgericht nicht gehindert gewesen, die Gesellschaft bürgerlichen Rechts in den die Zwangsverwaltung anordnenden Beschluss als Schuldnerin aufzunehmen. Die Zustellung an den Geschäftsführer sei wirksam. Davon abgesehen seien Zustellungsmängel jedenfalls nach § 189 ZPO geheilt.

III.

1. Die nach § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige (§ 575 ZPO) Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

a) Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen vor. Insbesondere ist das Beschwerdegericht zu Recht davon ausgegangen, dass ein nach §§ 736, 794 Abs. 1 Nr. 5, 795, 800 Abs. 1 ZPO zur Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen geeigneter Titel vorliegt. In dem umgeschriebenen Titel sind die im Grundbuch als Eigentümer eingetragenen Gesellschafter aufgeführt (§ 17 Abs. 1 i.V.m. § 146 ZVG). Aus diesem Titel kann nach § 736 ZPO in das Vermögen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts vollstreckt werden. Daran hat sich durch die Anerkennung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts als rechtsfähig (§ 14 Abs. 2 BGB) nichts geändert (vgl. BGH, Beschl. v. 16. Juli 2004, IXa ZB 288/03, NJW 2004, 3632, 3634 m.w.N.; vgl. auch Senat, Beschl. v. 6. April 2006, V ZB 158/05, NJW 2006, 2191).

b) Das Zustellungserfordernis des § 750 Abs. 1 ZPO ist gewahrt. Die an den geschäftsführenden Gesellschafter H. erfolgte Zustellung ist gemäß § 170 Abs. 1 ZPO wirksam. Die Schuldnerin verweist auf kein Vorbringen, aus dem sich eine der Zustellung entgegen stehende Beschränkung der Vertretungsmacht ihres geschäftsführenden Gesellschafters ergibt (§ 714 BGB). Auch rechtliche Erwägungen vermögen eine solche Beschränkung nicht zu rechtfertigen.

aa) Der von der Schuldnerin ins Feld geführte Grundsatz der Selbstorganschaft einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts steht nicht entgegen. Denn dieser Grundsatz verbietet lediglich eine Übertragung der Geschäftsführung und der Vertretung der Gesellschaft auf Dritte unter Ausschluss sämtlicher Gesellschafter (vgl. Senat, Urt. v. 6. April 2006, V ZB 158/05, NJW 2006, 2191, 2192; BGH, Urt. v. 16. November 1981, II ZR 213/80, NJW 1982, 877; Urt. v. 20. September 1993, II ZR 204/92, WM 1994, 237, 238; vgl. auch BGHZ 97, 392, 395). Darum geht es hier nicht.

bb) Entgegen der Auffassung der Schuldnerin ergibt sich eine Einschränkung der Außenvollmacht des Geschäftsführers auch nicht mit Blick auf ein sog. Grundlagengeschäft. Ein solches liegt schon deshalb nicht vor, weil die Entgegennahme eines Vollstreckungstitels lediglich eine formelle Voraussetzung für den Vollstreckungszugriff ist (vgl. Senat, Beschl. v. 6. April 2006, V ZB 158/05, NJW 2006, 2192; BGHZ 97, 392, 395).

cc) Der Einwand, die Zustellung an sämtliche Gesellschafter sei deshalb erforderlich, weil eine verlässliche Auskunft über die Vertretungsbefugnisse nicht aus einem öffentlichen Register zu erlangen sei, greift schon deshalb nicht durch, weil sich dieselben Schwierigkeiten für den Gläubiger bei der Klärung der Frage ergeben, wer aktuell Gesellschafter ist (vgl. Senat, Beschl. v. 6. April 2006, V ZB 158/05, NJW 2006, 2191, 2192).

dd) Soweit die Schuldnerin beanstandet, die Zustellung an H. als "Geschäftsführer der GbR" lasse sich nicht entnehmen, dass an den Geschäftsführer der Schuldnerin habe zugestellt werden sollen, wird nicht bedacht, dass das in der Zustellungsurkunde angegebene Aktenzeichen auf die zugestellte notarielle Urkunde und damit auch auf die in der Vollstreckungsklausel aufgeführten Gesellschafter der GbR verweist. Für einen verständigen Erklärungsadressaten in der Situation der Geschäftsführers konnte daher kein Zweifel bestehen, welche Gesellschaft bürgerlichen Rechts gemeint war.

c) Ohne Erfolg macht die Schuldnerin schließlich geltend, der die Zwangsverwaltung anordnende Beschluss enthalte nicht die Namen sämtlicher Gesellschafter; auch sei er nicht sämtlichen Gesellschaftern zugestellt worden.

aa) Aus der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die u.a. mit einem erleichterten Vollstreckungszugriff begründet worden ist, folgt ohne weiteres die Parteifähigkeit auch im Zwangsvollstreckungsverfahren (vgl. BGHZ 146, 341, 351). Da hier aus einem gegen die Gesellschafter ergangenen Titel zulässigerweise gegen die Gesellschaft vollstreckt wird (oben III.1.a), ist es nicht zu beanstanden, wenn die Gesellschaft selbst als Schuldnerin in das Rubrum aufgenommen wird.

bb) Die Zustellung des Beschlusses nur an den Geschäftsführer begegnet keinen Bedenken, weil auch die Entgegennahme eines die Zwangsverwaltung anordnenden Beschlusses eine Maßnahme der Geschäftsführung darstellt. Der Geschäftsführung entzogen sind nur solche grundlegenden Angelegenheiten, die - wie etwa Vereinbarungen über den Gegenstand des Gesellschaftszwecks oder die Aufnahme neuer Gesellschafter - der Gestaltung durch die Gesamtheit der Gesellschafter bedürfen (vgl. nur MünchKomm-BGB/Ulmer, 4. Aufl., § 709 Rdn. 10 ff.; Staudinger/Habermeister [2003], § 709 Rdn. 2; jeweils m.w.N.) oder Akte, die den rechtlichen Bestand der Gesellschaft als solcher berühren (vgl. BGHZ 97, 392, 395). Dass es darum nicht geht, wenn ein Vermögensgegenstand statt von der Gesellschaft von einem Zwangsverwalter verwaltet wird, liegt auf der Hand.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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