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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 14.05.2009
Aktenzeichen: V ZB 178/08
Rechtsgebiete: ZVG, GKG


Vorschriften:

ZVG § 10 Abs. 1
GKG § 54 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat

am 14. Mai 2009

durch

den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger,

die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke und Dr. Schmidt-Räntsch und

die Richterin Dr. Stresemann

beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin werden die Beschlüsse der 6. Zivilkammer des Landgerichts Heidelberg vom 31. Oktober 2008 und des Amtsgerichts Heidelberg vom 22. August 2008 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Auf Antrag der Gläubigerin hat das Amtsgericht (Vollstreckungsgericht) mit Beschluss vom 20. November 2007 die Zwangsversteigerung des eingangs bezeichneten Wohnungseigentumsrechts wegen Ansprüche der Gläubigerin auf Hausgeldrückstände in der Rangklasse nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG angeordnet und den weitergehenden Antrag der Gläubigerin, ihren Beitritt zu diesem Verfahren in der Rangklasse nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG zuzulassen, als unzulässig verworfen. Ihre dagegen erhobenen Rechtsmittel blieben ohne Erfolg (BGH, Beschl. v. 17. April 2008, V ZB 13/08, NJW 2008, 1956). Den neuerlichen Antrag der Gläubigerin, ihren Beitritt nach Mitteilung des Einheitswerts durch das Finanzamt zuzulassen, hat das Vollstreckungsgericht mit Beschluss vom 22. August 2008 zurückgewiesen. Die neuerliche Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Dagegen richtet sich die von dem Landgericht zugelassene erneute Rechtsbeschwerde der Gläubigerin, mit welcher diese ihren Beitritt in der Rangklasse nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG erreichen will.

II.

Das Beschwerdegericht hält den Beitrittsantrag der Gläubigerin weiterhin für unbegründet. Entgegen der Ansicht des Bundesgerichtshofs sei der Einheitswert für die Kostenerhebung nicht nötig und auch nicht anzufordern. Die Kosten würden erst nach dem Verteilungstermin fällig. Dann aber bestimmten sie sich nach dem zu diesem Zeitpunkt bereits festgesetzten Verkehrswert. Außerdem sei der Einheitswert nicht verwertbar, weil er nur für die Zwecke der Kostenerhebung mitgeteilt werde. Es möge zwar sein, dass der Gesetzgeber versäumt habe, der Wohnungseigentümergemeinschaft einen Anspruch auf Mitteilung des Verkehrswerts zu verschaffen. Eine Gesetzeslücke bestehe aber dennoch nicht, weil der Schuldner zur Auskunft verpflichtet sei.

III.

Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht Stand.

1.

Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Beschwerdegerichts. Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann einem eigenen Zwangsversteigerungsverfahren, das im Rang nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG betrieben wird, im Rang nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG beitreten (Senat , Beschl. v. 17. April 2008, V ZB 13/08, NJW 2008, 1956, 1957). Ein solcher Beitritt setzt nach § 10 Abs. 3 Satz 1 ZVG i. V. m. § 18 Abs. 2 Satz 2 WEG voraus, dass die zu vollstreckende Forderung eine Mindesthöhe von drei Prozent des Einheitswerts des Versteigerungsobjekts überschreitet. Das Überschreiten dieser Mindesthöhe ist in § 10 Abs. 3 Satz 1 ZVG als Zwangsversteigerungsvoraussetzung ausgestaltet und deshalb von dem Gläubiger in der Form des § 16 Abs. 2 ZVG nachzuweisen (Senat , Beschl. v. 17. April 2008, V ZB 13/08, aaO). Eine dieser Form genügende Urkunde über den Einheitswert hat die Gläubigerin bislang nicht vorgelegt.

2.

Das Vollstreckungsgericht durfte den Beitritt dennoch nicht zurückweisen.

a)

Die Gläubigerin hat wie jede Wohnungseigentümergemeinschaft nach geltendem Recht keine Möglichkeit, ohne Mitwirkung des Schuldners eine Bekanntgabe des Einheitswertbescheids für die zu versteigernde Eigentumswohnung an sich zu erreichen. Eine solche Bekanntgabe setzt mangels Einwilligung des Schuldners ein zwingendes öffentliches Interesse voraus, das bislang von der Finanzrechtsprechung verneint wird (FG Düsseldorf ZWE 2009, 81, 83). Das bedeutet aber nicht, dass der erforderliche Nachweis in absehbarer Zeit nicht erbracht werden könnte und der Beitritt mangels Nachweises der Mindesthöhe der Forderung ohne weiteres zurückzuweisen wäre. Der Nachweis ist vielmehr entweder durch eine Mitteilung des Finanzamts auf ein Ersuchen des Vollstreckungsgerichts nach § 54 Abs. 1 Satz 4 GKG oder durch die Feststellung des Verkehrswerts nach § 74a Abs. 5 Satz 1 ZVG möglich.

b)

Zu einem dieser beiden Nachweise wird es im Verlauf des Zwangsversteigerungsverfahrens in jedem Fall kommen. Die Durchsetzung der ihr von dem Gesetzgeber zugedachten Rechte im Versteigerungsverfahren hängt entscheidend von der Verfahrensweise des Vollstreckungsgerichts ab. Daran muss das Vollstreckungsgericht die Handhabung der Verfahrensvorschriften ausrichten. Danach ist die Entscheidung über den Beitritt (zum eigenen oder fremden Verfahren) im Rang nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG zurückzustellen, bis entweder das Finanzamt den Einheitswert mitgeteilt oder das Vollstreckungsgericht den Verkehrswert nach § 74a Abs. 5 Satz 1 ZVG festgesetzt hat (Senat , Beschl. v. 7. Mai 2009, V ZB 142/08, zur Veröff. bestimmt). Über den Beitritt durfte deshalb noch nicht entschieden werden.

IV.

Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Ihre Entscheidungsreife hängt von dem weiteren Verlauf des Zwangsversteigerungsverfahrens ab. Die Sache ist deshalb nicht an das Beschwerdegericht, sondern unmittelbar an das Vollstreckungsgericht zurückzuverweisen. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:

1.

Das Vollstreckungsgericht kann das Finanzamt entgegen der Annahme des Beschwerdegerichts nach § 54 Abs. 1 Satz 4 GKG um Mitteilung des Einheitswerts ersuchen. Es hat nämlich nach § 15 Abs. 1 ZVG spätestens bei der Bestimmung des Versteigerungstermins einen Vorschuss in Höhe des Doppelten der - wertabhängigen - Gebühr für die Abhaltung eines Versteigerungstermins zu erheben. Den Vorschuss kann es auch schon früher erheben (Senat , Beschl. v. 7. Mai 2009, V ZB 142/08, aaO). Der dazu von dem Finanzamt nach Maßgabe von § 54 Abs. 1 Satz 4 GKG mitzuteilende Einheitswert ist für das Zwangsversteigerungsverfahren verwertbar und zu verwerten (Senat wie vor).

2.

Unzutreffend ist auch die weitere Annahme des Beschwerdegerichts, bei Absehen von einem Ersuchen nach § 54 Abs. 1 Satz 4 GKG könne eine Wohnungseigentümergemeinschaft die Voraussetzungen für eine Anordnung der Zwangsversteigerung im Rang nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG oder einen Beitritt zu einem (eigenen oder anderen) Zwangsversteigerungsverfahren in diesem Rang nicht in der Form des § 16 Abs. 2 ZVG nachweisen. Der Nachweis kann vielmehr auch mit dem Beschluss des Vollstreckungsgerichts über den Verkehrswert nach § 74a Abs. 5 ZVG geführt werden (Senat , Beschl. v. 2. April 2009, V ZB 157/08, zur Veröff. bestimmt).

V.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Zwar können die Vorschriften der §§ 91 ff. ZPO auch im Zwangsversteigerungsverfahren anzuwenden sein. Das setzt aber voraus, dass bei dem zu entscheidenden Streit das Vollstreckungsrechtsverhältnis zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger im Vordergrund steht (Senat, BGHZ 170, 378, 381). Eine solche Fallgestaltung liegt nicht vor, wenn die Entscheidung über den Beitritt entscheidend von der außerhalb des Vollstreckungsverhältnisses liegenden Frage abhängt, ob die Vollstreckungssumme die Wertgrenze des § 10 Abs. 3 ZVG überschreitet (Senat , Beschl. v. 7. Mai 2009, V ZB 142/08, aaO).

Ende der Entscheidung

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