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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 28.05.2009
Aktenzeichen: V ZB 50/09
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 233
ZPO § 234 Abs. 1
ZPO § 575 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat

am 28. Mai 2009

durch

den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger,

die Richter Dr. Klein und Dr. Schmidt-Räntsch,

die Richterin Dr. Stresemann und

den Richter Dr. Roth

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Schuldners auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Fristen zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde sowie zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird als unzulässig verworfen.

Die Rechtsbeschwerde des Schuldners gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hanau vom 18. Februar 2008 wird als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 2.008,26 EUR.

Gründe:

I.

Der Schuldner ist Eigentümer des im Eingang des Beschlusses bezeichneten Grundstücks. Die Gläubigerin vollstreckt in die Erträge des Grundstücks. Auf ihren Antrag ordnete das Amtsgericht mit Beschluss vom 26. November 2003 die Zwangsverwaltung des Grundstücks an und bestellte den Beteiligten zu 2 zum Zwangsverwalter. Dieser beantragte, seine Vergütung für die Jahre 2005 und 2006 auf 2.008,26 EUR festzusetzen. Das Amtsgericht gab dem Antrag statt. Das Landgericht wies die sofortige Beschwerde des Schuldners hiergegen zurück. Es ließ die Rechtsbeschwerde zu. Die Entscheidung des Landgerichts wurde dem Schuldner am 7. März 2008 zugestellt.

Mit am 7. April 2008 bei dem Bundesgerichtshof eingegangenem Antrag beantragte der Schuldner Prozesskostenhilfe für die von ihm beabsichtigte Rechtsbeschwerde. Einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt benannte er zunächst nicht. Die Geschäftsstelle des Senats übermittelte dem Schuldner deshalb mit Schreiben vom 6. Juni 2008 die Liste der bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälte und forderte ihn auf, einen Rechtsanwalt zu benennen. Die Aufforderung blieb ohne Erfolg.

Mit Schreiben vom 24. Juni 2008 forderte der Berichterstatter den Schuldner erneut zur Benennung eines Rechtsanwalts auf, dessen Beiordnung er wünsche, und wies darauf hin, dass die Gewährung der beantragten Prozesskostenhilfe gefährdet sei, wenn dies weiterhin unterbleibe.

Mit Schreiben vom 3. Juli 2008 benannte der Schuldner daraufhin "die Anwaltskanzlei von Frau Silke Scheuch und Herrn Richard Lindner". Mit Beschluss vom 10. Juli 2008 gab der Senat dem Prozesskostenhilfeantrag statt und ordnete dem Schuldner Rechtsanwalt Lindner bei. Der Beschluss wurde dem Schuldner am 16. Juli 2008 zugestellt.

Mit am 1. April 2009 bei dem Bundesgerichtshof eingegangenem Schriftsatz hat der Schuldner Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Fristen zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde und der Frist, Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist zu beantragen, gestellt und Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Hanau vom 18. Februar 2008 eingelegt. Mit Schriftsatz vom 7. April 2009 hat er die Rechtsbeschwerde begründet.

II.

Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags macht der Schuldner geltend, er habe zu Rechtsanwalt Lindner zunächst keinen Kontakt gehabt. Er habe diesem nicht mitgeteilt, dass er dessen Beiordnung beantragen werde. Von der Beiordnung habe er diesen auch nicht unterrichtet. Er habe angenommen, dass dies seitens des Bundesgerichtshofs geschehe und Rechtsanwalt Lindner sodann Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Beschwerde- und der Beschwerdebegründungsfrist stellen und die Beschwerde einlegen und begründen werde. Erst durch eine Mitteilung des Vollstreckungsgerichts vom 19. März 2009 habe er davon Kenntnis erhalten, dass dies nicht erfolgt sei.

III.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die in § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO bestimmte Frist ist verspätet. Dem Schuldner ist die beantragte Wiedereinsetzung zu versagen, weil er die Frist nicht ohne Verschulden versäumt hat.

Gegen die Versäumung der in § 234 Abs. 1 ZPO bestimmten Frist findet gemäß § 233 ZPO die Wiedereinsetzung statt. Die Frist beträgt zwei Wochen. Sie beginnt, sobald das Hindernis behoben ist, auf dem die Versäumung der Frist beruht. Dem steht der Eintritt eines Ereignisses gleich, aufgrund dessen die Versäumung nicht mehr als unverschuldet anzusehen ist (st. Rechtspr., vgl. BGH, Beschl. v. 9. Dezember 1992, VIII ZB 30/92, NJW 1992, 1332; Beschl. v. 14. September 2004, XI ZB 21/03, BRAK-Mitt 2004, 264).

Gemäß § 575 Abs. 2 ZPO war die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Hanau bis zum 7. April 2008 einzulegen und zu begründen. An der Einhaltung beider Fristen war der Schuldner durch seine Mittellosigkeit gehindert. Das Hindernis entfiel mit der Bekanntgabe des Beschlusses des Senats vom 10. Juli 2008 an den Schuldner durch die Zustellung am 16. Juli 2008. Damit begann an diesem Tage die in § 234 ZPO bestimmte Frist, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der in § 575 Abs. 1, 2 ZPO bestimmten Fristen zu beantragen. Die Frist ist versäumt.

Die beantragte Wiedereinsetzung kommt nicht in Betracht. Die Annahme des Schuldners, der Bundesgerichtshof werde den Beschluss vom 10. Juli 2008 auch Rechtsanwalt Lindner bekannt geben, er selbst brauche sich um die Sache nicht weiter zu kümmern, trifft nicht zu. Beantragt eine mittellose Partei Prozesskostenhilfe und die Beiordnung eines Rechtsanwalts, der für sie in dem Verfahren bisher nicht tätig gewesen ist, beginnt die in § 234 Abs. 1 ZPO bestimmte Frist mit der Bekanntgabe des Bewilligungs- und Beiordnungsbeschlusses an den Antragsteller. Die Beiordnung des Rechtsanwalts ersetzt die Beauftragung durch den Schuldner nicht. Deshalb ist es unerheblich, ob der Beschluss auch dem beigeordneten Rechtsanwalt bekannt gegeben wird.

Dem Schuldner ist allerdings einzuräumen, dass er die Aufforderungen durch die Geschäftsstelle, den Berichterstatter und den Beschluss vom 10. Juli 2008 dahin missverstanden haben kann, er brauche selbst nichts weiter zu veranlassen. Das enthob ihn aber nicht der Notwendigkeit, sich in angemessener Zeit nach dem Fortgang der Sache zu erkundigen. Welcher Zeitraum insoweit als angemessen anzusehen ist, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten verstreichen zu lassen, genügt den Anforderungen in keinem Falle. Nach Ablauf eines solchen Zeitraums kann der Irrtum des Schuldners nicht mehr als unverschuldet angesehen werden.

Dass der Schuldner nicht längst vor der Mitteilung des Vollstreckungsgerichts vom 19. März 2009 bei Rechtsanwalt Lindner, seiner zweitinstanzlichen Bevollmächtigten oder der Geschäftsstelle des Senats nachgefragt hat, führt dazu, dass das Fortbestehen seines Irrtums kein unverschuldetes Hindernis an der Einhaltung der in § 234 Abs. 1 ZPO bestimmten Frist mehr bedeutete und die für den Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung dieser Frist geltende Frist begonnen hatte. Bei Eingang des Widereinsetzungsantrags vom 1. April 2009 war die für den Wiedereinsetzungsantrag geltende Frist verstrichen. Die beantragte Wiedereinsetzung scheidet aus. Die Beschwerde ist daher verspätet und zu verwerfen.

IV.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Auseinandersetzung über die Höhe der Zwangsverwaltervergütung ist nicht kontradiktorisch ausgestaltet. § 97 ZPO ist deshalb nicht anzuwenden (st. Rechtspr., vgl. Senat, Beschl. v. 15. November 2007, WM 2008, 543, 546 m.w.N.).

Ende der Entscheidung

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