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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 30.06.2006
Aktenzeichen: V ZR 148/05
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 311b Abs. 1 Satz 1
ZPO § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
Ob mündlich Besprochenes, auf das in einer notariellen Urkunde Bezug genommen wird, beurkundungsbedürftig war, lässt sich grundsätzlich nur beurteilen, wenn sein Inhalt bekannt ist.

a) Ein bislang unberücksichtigter Nichtigkeitsgrund - hier: Formunwirksamkeit - stellt auch dann einen neuen rechtlichen Gesichtspunkt dar, wenn die Wirksamkeit des Vertrages zuvor unter einem anderen Aspekt - hier: Sittenwidrigkeit - in Zweifel gezogen worden ist.

b) Zu den neuen Angriffs- und Verteidigungsmitteln, die zuzulassen sind, wenn das Berufungsgericht seine Entscheidung auf einen von dem Gericht des ersten Rechtszuges übersehenen oder erkennbar für unerheblich gehaltenen Gesichtspunkt stützt, gehört auch die Geltendmachung neuer Gegenrechte. Ob es der Partei möglich gewesen wäre, das Gegenrecht bereits in erster Instanz vorzubringen, ist unerheblich.


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

V ZR 148/05

Verkündet am: 30. Juni 2006

in dem Rechtsstreit

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 30. Juni 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Klein und Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 23. Juni 2005 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Durch notariellen Vertrag vom 30. April 2003 verkaufte der Kläger ein mit einem Wochenendhaus bebautes Grundstück unter folgender Bedingung an die als Maklerin tätige Beklagte:

"Der Verkauf wird unter der aufschiebenden Bedingung geschlossen, dass der Verkäufer über seine Grundstücke

a) ....

b) ....

wirksame Kaufverträge abgeschlossen hat.

Der Verkäufer verpflichtet sich, mit Hilfe des Käufers seine beiden oben genannten Hausgrundstücke zu den bekannten Bedingungen zu verkaufen...."

In dem Vertrag räumte der Kläger der Beklagten ferner ein Wohnungsrecht an dem Wochenendhaus ein und gestattete ihr, notwendige Sanierungsarbeiten daran vorzunehmen. Anfang Mai 2003 nahm die Beklagte das Grundstück vereinbarungsgemäß in Besitz.

Nachdem es zwischen den Parteien zu Unstimmigkeiten gekommen ist, verlangt der Kläger von der Beklagten die Herausgabe des Grundstücks und die Erteilung einer Löschungsbewilligung für das zwischenzeitlich in das Grundbuch eingetragene Wohnungsrecht. Ferner möchte er festgestellt wissen, dass der Kaufvertrag vom 30. April 2003 unwirksam ist. Die Unwirksamkeit des Kaufvertrages hat er in erster Instanz mit dessen Sittenwidrigkeit begründet; später hat er sich auf einen Beurkundungsmangel berufen.

Die Klage ist in erster Instanz erfolglos geblieben. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht ihr stattgegeben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hält den Grundstückskaufvertrag für formunwirksam. Mit der Formulierung, der Kläger verpflichte sich, seine Grundstücke "zu den bekannten Bedingungen" zu verkaufen, hätten die Parteien auf mündlich Besprochenes Bezug genommen und damit einen Teil des Vereinbarten aus der notariellen Urkunde herausverlagert.

Das von der Beklagten in der Berufungsinstanz erstmals geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht wegen von ihr getätigter Investitionen sei als neues Verteidigungsmittel nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO nicht vorlägen. Eine Partei handele nachlässig, wenn sie Gegenrechte zurückhalte. Dass der Beklagten für den Fall der Unwirksamkeit des Kaufvertrages Gegenansprüche wegen ihrer Aufwendungen auf das Grundstück zustehen könnten, habe schon im ersten Rechtszug auf der Hand gelegen.

II.

Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

1. Die Revision rügt mit Erfolg, dass es an hinreichenden tatsächlichen Feststellungen für die Annahme des Berufungsgerichts fehlt, der zwischen den Parteien geschlossene Kaufvertrag genüge der gesetzlich vorgeschriebenen Form nicht und sei deshalb gemäß § 125 Satz 1 BGB nichtig.

a) Zutreffend ist zwar der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, der notariellen Beurkundung bedarf (§ 311b Abs. 1 Satz 1 BGB), und dass das Beurkundungserfordernis alle Vereinbarungen umfasst, aus denen sich nach dem Willen der Vertragspartner das schuldrechtliche Veräußerungsgeschäft zusammensetzt (st. Rspr., vgl. Senat, BGHZ 63, 359, 361; 69, 266, 268; 74, 346, 348; Urt. v. 16. September 1988, V ZR 77/87, NJW-RR 1989, 198, 199; Urt. v. 14. März 2003, V ZR 278/01, NJW-RR 2003, 1136).

b) Rechtsfehlerhaft schließt das Berufungsgericht aber allein aus der Formulierung, der Verkäufer verpflichte sich, seine Grundstücke zu "den bekannten Bedingungen" zu verkaufen, dass die Parteien außerhalb der notariellen Urkunde getroffene Vereinbarungen zum Regelungsinhalt des Kaufvertrages gemacht hätten.

aa) Die Feststellung, die Vertragsparteien hätten durch eine Bezugnahme auf nicht mitbeurkundete Schriftstücke, mündliche Abreden oder auf sonstige außerhalb der Urkunde liegende Umstände, einen Teil des Vereinbarten aus der notariellen Urkunde herausverlagert, kann nicht allein anhand der notariellen Urkunde getroffen werden. Zu beachten ist nämlich, dass solche Bezugnahmen nicht stets, sondern nur dann zu einem Beurkundungsmangel führen, wenn auf Erklärungen verwiesen wird, die nach dem Willen der Parteien eine Regelung enthalten, d.h. Rechtswirkungen erzeugen sollen (Senat, BGHZ 85, 315, 317; Urt. v. 23. Februar 1979, V ZR 99/77, NJW 1979, 1495; Urt. v. 20. September 1985, V ZR 148/84, NJW 1986, 248). Hieran kann es fehlen, wenn die Bezugnahme nur den Charakter eines "Identifizierungsbehelfs" hat (vgl. Senat, Urt. v. 23. Februar 1979, V ZR 99/77, NJW 1979, 1495; Urt. v. 17. Juli 1998, V ZR 191/97, NJW 1998, 3197; Urt. v. 14. März 2003, V ZR 278/01, NJW-RR 2003, 1136, 1137) oder wenn sie einen Punkt betrifft, den die Parteien zwar als regelungsbedürftig angesehen, zu dem sie aber noch keine endgültigen Festlegungen getroffen haben (vgl. Senat, Urt. v. 23. November 2001, V ZR 282/00, WM 2002, 202, 203). Dabei kommt es im zuletzt genannten Fall nicht darauf an, ob die fehlenden Festlegungen zur inhaltlichen Unbestimmtheit des Vertrages oder zu einem Dissens (§ 154 BGB) führen. Das Beurkundungserfordernis soll nur die Dokumentation des tatsächlich Vereinbarten sicherstellen, nicht dagegen auch eine inhaltlich vollständige und ausreichend bestimmte Einigung der Parteien gewährleisten (vgl. Senat, Urt. v. 23. November 2001, V ZR 282/00, WM 2002, 202; Urt. v. 14. März 2003, V ZR 278/01, NJW-RR 2003, 1136, 1137).

Ob ein Schriftstück oder mündlich Besprochenes, auf das in der notariellen Urkunde verwiesen wird, zu dem Regelungsinhalt des Vertrages gehört und endgültige Festlegungen der Parteien zum Gegenstand hat, lässt sich grundsätzlich nur beurteilen, wenn dessen Inhalt bekannt ist. Zu diesem Inhalt, der sich naturgemäß nicht aus der notariellen Urkunde ergibt, muss der Tatrichter entsprechende Feststellungen treffen. Solche Feststellungen sind auch dann nicht entbehrlich, wenn der Wortlaut der notariellen Urkunde - wie hier - den Eindruck erweckt, es werde auf beurkundungsbedürftige Festlegungen der Parteien verwiesen. Da dieser Eindruck täuschen kann, die Annahme der Formnichtigkeit eines Vertrages aber einer sicheren Tatsachengrundlage bedarf, muss sich der Tatrichter anhand des - von der für den Formmangel darlegungs- und beweispflichtigen Partei vorzutragenden - Inhalts der mündlichen Absprache oder Urkunde, auf die Bezug genommen worden ist, davon überzeugen, dass dasjenige, was nicht beurkundet worden ist, tatsächlich beurkundungsbedürftig war.

bb) Eine solche Feststellung hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Es ist zwar rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Verpflichtung des Klägers zum Verkauf zwei weiterer Grundstücke beurkundungsbedürftig war, weil sie nach dem Willen der Parteien zum Inhalt des Kaufvertrages über das Wochenendgrundstück gehörte. Es hat aber nicht festgestellt, ob die Parteien sich überhaupt auf bestimmte Bedingungen für die Verkaufsverpflichtung des Klägers geeinigt hatten, ob die "bekannten Bedingungen" also tatsächlich Regelungsinhalt des Vertrages sind. Die Annahme des Berufungsgerichts, ein Teil des Vereinbarten sei aus der notariellen Urkunde herausverlagert worden, beruht ersichtlich auf der Vermutung, die Parteien hätten den Inhalt der Verpflichtung des Klägers durch mündlich Besprochenes näher festgelegt. Eine solche Vermutung bildet indessen keine ausreichende Grundlage für die Annahme der Nichtigkeit des Vertrages.

2. Die Revision rügt ferner zu Recht, dass das Berufungsgericht das Vorbringen der Beklagten zu einem Zurückbehaltungsrecht wegen ihrer Investitionen in das Grundstück des Klägers gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückgewiesen hat, obwohl die Voraussetzungen des in Nr. 1 der Vorschrift genannten Zulassungsgrunds erfüllt sind.

a) Nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO sind neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Berufungsverfahren zuzulassen, wenn sie einen rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtpunkt betreffen, der von dem Gericht des ersten Rechtszugs erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist. Die Parteien müssen in diesem Fall Gelegenheit erhalten, sich auf die gegenüber der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts abweichende rechtliche Beurteilung durch das Berufungsgericht einzustellen und deshalb erforderlich gewordene neue Angriffs- und Verteidigungsmittel vorzubringen (vgl. BGH, Urt. v. 19. Februar 2004, III ZR 147/03, NJW-RR 2004, 927). Hierbei kann es sich auch um Gegenrechte handeln, deren Geltendmachung die Partei erst im Hinblick auf den neuen Gesichtspunkt für notwendig erachtet. Darauf, ob es ihr möglich gewesen wäre, das Gegenrecht schon in erster Instanz vorzubringen, kommt es nicht an. Die Parteien sollen nicht gezwungen sein, in erster Instanz vorsorglich auch solche Angriffs- und Verteidigungsmittel vorzutragen, die vom Standpunkt des erstinstanzlichen Gerichts aus erkennbar unerheblich sind (vgl. BGH, Urt. v. 19. Februar 2004, III ZR 147/03, NJW-RR 2004, 927 f.; Musielak/Ball, ZPO, 4. Aufl., § 531 Rdn. 17).

Das bedeutet nicht, dass eine in erster Instanz siegreiche Partei stets berechtigt wäre, sich in der Berufungsinstanz auf zuvor nicht geltend gemachte Gegenrechte zu stützen. Der Zulassungsgrund des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO kommt nämlich nur zum Tragen, wenn ein Gesichtspunkt entweder von allen Verfahrensbeteiligten übersehen worden ist oder wenn das Gericht erster Instanz schon vor Erlass seines Urteils zu erkennen gegeben hat, dass es einen bestimmten Gesichtspunkt für unerheblich erachtet. Das folgt daraus, dass § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO nur unter der weiteren, ungeschriebenen Voraussetzung Anwendung findet, dass die (objektiv fehlerhafte) Rechtsansicht des Gerichts den erstinstanzlichen Sachvortrag der Partei beeinflusst hat und daher, ohne dass deswegen ein Verfahrensfehler gegeben wäre, mitursächlich dafür geworden ist, dass sich Parteivorbringen in das Berufungsverfahren verlagert (vgl. Senat, BGHZ 158, 295, 302; BGH, Urt. v. 19. Februar 2004, III ZR 147/03, NJW-RR 2004, 927, 928; Urt. v. 23. September 2004, VII ZR 173/03, NJW-RR 2005, 167, 168).

Diese zusätzliche Voraussetzung des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO wird vor allem erfüllt sein, wenn das Gericht des ersten Rechtszugs bei richtiger Rechtsauffassung zu einem Hinweis nach § 139 Abs. 2 ZPO verpflichtet gewesen wäre, den jetzt - falls noch erforderlich - das Berufungsgericht nachzuholen hat, oder wenn die Partei durch die Prozessleitung des Erstrichters davon abgehalten worden ist, zu bestimmten Gesichtspunkten (weiter) vorzutragen oder ein vorhandenes Gegenrecht in den Prozess einzuführen. Gehörte ein bestimmter Gesichtspunkt hingegen - etwa aufgrund entsprechenden Parteivorbringens - zum erstinstanzlichen Streitstoff und konnte die Partei nicht darauf vertrauen, dass das Gericht ihn für unerheblich halten würde, muss sie ihre Prozessführung auch auf diesen Gesichtspunkt einrichten. Diesbezügliche Angriffs- oder Verteidigungsmittel sind deshalb in der Berufungsinstanz selbst dann ausgeschlossen, wenn der Gesichtspunkt für das erstinstanzliche Urteil nicht erheblich geworden ist. Maßgeblich ist insoweit die Überlegung, dass die Unzulänglichkeiten im Parteivortrag in dieser Konstellation nicht von dem Erstgericht (mit) zu verantworten sind (vgl. BGH, Urt. v. 19. Februar 2004, III ZR 147/03, NJW-RR 2004, 927).

b) Das neue Vorbringen der Beklagten durfte hiernach nicht zurückgewiesen werden.

Das Landgericht hatte den Gesichtspunkt der Formnichtigkeit erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten. Die Formunwirksamkeit des notariellen Kaufvertrag unterstellt, ist seine Prozessleitung mitursächlich dafür geworden, dass die Beklagte zunächst - und berechtigterweise - meinte, den Rechtsstreit ohne Geltendmachung ihres Gegenrechts gewinnen zu können, und sich deshalb erstmals in der Berufungsinstanz auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen hat. Das Landgericht wäre bei richtiger Rechtsauffassung nämlich gemäß § 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO verpflichtet gewesen, die Parteien auf diesen Gesichtspunkt hinzuweisen, da auch sie ihn zunächst übersehen hatten. Diesen Hinweis hat es - aus seiner Sicht zwar konsequent, objektiv aber fehlerhaft - unterlassen.

Die Beklagte musste ohne einen Hinweis nach § 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht damit rechnen, dass die Frage der Formwirksamkeit Bedeutung für das erstinstanzliche Urteil erlangen könnte. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat sich der Kläger nicht schon im ersten Rechtszug auf einen Beurkundungsmangel berufen. Erhoben hat er diesen Einwand, wovon auch das Berufungsgericht ausgeht, erstmals mit Schriftsatz vom 3. September 2004 und damit nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung vom 13. August 2004. Zu diesem Zeitpunkt konnten neue Angriffs- und Verteidigungsmittel aber nicht mehr vorgebracht werden (§ 296a Satz 1 ZPO); solche waren auch nicht von dem in der mündlichen Verhandlung gewährten Schriftsatznachlass (§ 283 ZPO) umfasst.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es schließlich nicht darauf an, dass die Nichtigkeit des Kaufvertrages aufgrund der Behauptung des Klägers, es handele sich um ein wucherähnliches Rechtsgeschäft (§ 138 Abs. 1 BGB), erstinstanzlich ohnehin im Raum stand. Das Berufungsgericht verkennt, dass unterschiedliche Nichtigkeitsgründe verschiedene rechtliche Gesichtspunkte im Sinne des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO darstellen. Die Möglichkeit, dass der mit dem Kläger geschlossene Vertrag formunwirksam ist, berechtigte die Beklagte deshalb, ihre Verteidigung neu auszurichten. Insbesondere stand es ihr frei, sich gegenüber diesem Einwand mit anderen Mitteln zu verteidigen als gegenüber dem Einwand der Sittenwidrigkeit.

III.

Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben. Die Sache ist zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die fehlenden Feststellungen nachholen kann (§§ 562 Abs. 1, 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin: Sollte sich nicht feststellen lassen, dass die Parteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestimmte Bedingungen für die Verkaufsverpflichtung des Klägers festgelegt hatten, führt dies nicht zwangsläufig dazu, dass der Grundstückskaufvertrag als nicht geschlossen gilt. Die Auslegungsregel des § 154 Abs. 1 Satz 1 BGB findet nämlich keine Anwendung, wenn sich die Parteien trotz der noch offenen Punkte erkennbar vertraglich binden wollten und sich die bestehenden Vertragslücken ausfüllen lassen (vgl. Senat, Urt. v. 20. Juni 1997, V ZR 39/96, NJW 1997, 2671 f.). Ein solcher Wille kann bereits aus der notariellen Beurkundung folgen (Senat, aaO); er ist darüber hinaus in der Regel anzunehmen, wenn die Parteien - wie hier - im beiderseitigen Einvernehmen mit der Durchführung des unvollständigen Vertrages begonnen haben (vgl. BGH, Urt. v. 24. Februar 1983, I ZR 14/81, NJW 1983, 1727, 1728). Bei der Lückenfüllung wird das Berufungsgericht gegebenenfalls zu erwägen haben, ob die aufschiebende Bedingung ohne die Verkaufsverpflichtung des Klägers aufrechterhalten werden kann und sich die Folgen einer möglichen Weigerung des Klägers, von der Beklagten vermittelte Vertragsgelegenheiten für die zu verkaufenden Grundstücke wahrzunehmen, nach § 162 BGB bestimmen lassen.

Ende der Entscheidung

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