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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 16.01.2004
Aktenzeichen: V ZR 243/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 535
BGB § 912
BGB § 1018
a) War dem Eigentümer des Stammgrundstücks der Überbau aufgrund eines Mietvertrags über die überbaute Fläche gestattet, berührt der Ablauf des Vertrags sein Eigentum am Überbau nicht; er ist aber verpflichtet, dem Eigentümer des überbauten Grundstücks das Eigentum am Überbau zu verschaffen.

b) Dem Eigentümer des rechtmäßig überbauten Grundstücks kann das Eigentum am Überbau durch Bestellung einer Dienstbarkeit zu Lasten des Stammgrundstücks (Ausschluß der Ausübung des Überbaurechts) oder durch Aufhebung der Gestattung und Trennung des Überbaus vom übrigen Gebäude verschafft werden.

c) Der Erwerb des Stammgrundstücks berechtigt den Erwerber nicht, den aufgrund eines von seinem Rechtsvorgänger abgeschlossenen Mietvertrags errichteten Überbau auf dem fremden Grundstück zu unterhalten.


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

V ZR 243/03

Verkündet am: 16. Januar 2004

in dem Rechtsstreit

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. Januar 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel, die Richter Tropf, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterin Dr. Stresemann

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 8. August 2003 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Mit notariellem Vertrag vom 2. Februar 1998 kauften die Kläger von dem Voreigentümer Z. Teileigentum an dem Grundstück P. 95-97 (im folgenden: P. ) in B. . Die im Erdgeschoß gelegenen Räume des Sondereigentums erstrecken sich über die Grundstücksgrenze hinweg auf eine Teilfläche von 42 qm des Nachbargrundstücks, dessen Nießbraucher der Beklagte ist. Die Räume werden von der Firma P. zum Betrieb eines Supermarkts genutzt. Auf der Teilfläche befindet sich das Getränkelager. Der Beklagte hatte die Teilfläche am 11. Januar 1973 an den damaligen Eigentümer des Grundstücks P. B. vermietet. Der Rechtsvorgänger im Teileigentum Z. war, anders als die Kläger, in den Vertrag eingetreten. Der Mietvertrag war auf 20 Jahre geschlossen und konnte vom Mieter um 10 Jahre verlängert werden.

Das Landgericht hat die Klage auf Rückzahlung geleisteten Mietzinses rechtskräftig abgewiesen, da die Zahlungen auf Rechnung des Mieters Z. erfolgt seien. Auf Widerklage hat es die Kläger zur Herausgabe der Teilfläche verurteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung ist ohne Erfolg geblieben.

Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision streben die Kläger weiterhin die Abweisung der Widerklage an.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht stellt fest, daß die Räume auf der Teilfläche zu einem einheitlichen Gebäude gehören, das von dem Eigentümer des Grundstücks P. über dessen Grenze gebaut worden ist. § 912 BGB finde jedoch keine Anwendung, da der Überbau auf vertraglicher Grundlage beruhe. Mit dem inzwischen eingetretenen Ende des Mietvertrags sei die Duldungspflicht des Beklagten erloschen. Anderes gelte auch nicht deshalb, weil der Eigentümer des Grundstücks P. gewechselt habe.

Dies hält den Angriffen der Revision stand.

II.

Der Beklagte kann nach § 985 i.V.m. § 1065 BGB Herausgabe der Teilfläche verlangen, denn sie ist Bestandteil des Grundstücks, auf dem der Nießbrauch lastet. Der Grenzüberbau, dessen tatsächliche Voraussetzungen die Revision nicht in Zweifel zieht, verschafft den Klägern kein Recht zum Besitz (§ 986 BGB).

1. Der Ausgangspunkt des Berufungsurteils, der Mietvertrag vom 11. Januar 1973 habe dem Überbau nur eine Grundlage auf Zeit verschafft, ist nicht zu beanstanden.

a) Ohne Erfolg rügt die Revision, der Mietvertrag beschränke sich darauf, in Abweichung von den Rechtsfolgen der §§ 912 ff. BGB, das Entgelt für die Benutzung des Nießbrauchsgrundstücks festzulegen, die Gestattung des Überbaus selbst sei dagegen außerhalb des Vertrags erfolgt. Dies ist ungeeignet, einen Auslegungsfehler des Berufungsgerichts (§§ 133, 157 BGB) aufzuzeigen. Die Rüge geht am Wortlaut und am inneren Zusammenhang des Vertrags vorbei. Danach war der Mieter, der die Teilfläche in ihrem bestehenden Zustand übernahm, berechtigt, die erforderlichen Baumaßnahmen (auf eigene Kosten) vorzunehmen. Zu äußerlichen Veränderungen bedurfte er allerdings der vorherigen Zustimmung des Vermieters. Diese hatte jedoch, soweit sie erforderlich geworden sein sollte, ihre Grundlage im Mietvertrag.

b). Die Zweifel der Revision an der Möglichkeit, den Überbau befristet zu gestatten, sind, was die dinglichen Wirkungen der Grenzüberschreitung anbelangt, dagegen begründet. Für die Entscheidung über den Herausgabeanspruch des Beklagten kommt es aber nicht hierauf, sondern darauf an, ob die Kläger berechtigt sind, den in ihrem Eigentum stehenden Überbau auf dem fremden Grundstück zu unterhalten.

aa) Die Zustimmung des Grundstückseigentümers zur Überbauung seines Grundstücks (rechtmäßiger Überbau) führt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats dazu, daß der Überbauende entgegen der Grundregel der §§ 946, 94 Abs. 1 BGB Eigentümer des auf dem Nachbargrundstück stehenden Gebäudeteils wird (§ 95 Abs. 1 Satz 2 BGB entspr.). Die Gebäudeeinheit erweist sich unter dieser Voraussetzung, wie in den Fällen des gutgläubigen Überbaus (§ 912 BGB), gegenüber der Einheit von Boden und Gebäude als das stärkere Band (Senat, BGHZ 62, 141, 144, 110, 298, 300 f; Urt. v. 3. Dezember 1954, V ZR 93/53, LM BGB § 912 Nr. 1; Urt. v. 21. Januar 1983, V ZR 154/81, NJW 1983, 1112; vgl. bereits RGZ 109, 107, 110). Die dinglichen Wirkungen folgen beim rechtmäßigen Überbau aus dem rechtsgeschäftlichen Willen der Beteiligten, im Falle des § 912 BGB aus den Willensmomenten des Tatbestands (Fehlen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit, Ausbleiben des Widerspruchs; Senat, Urt. v. 18. Dezember 1970, V ZR 73/68, NJW 1971, 426, 428; Staudinger/Roth, BGB [2002], § 912 Rdn. 67). Hinzu tritt jeweils der aus dem Überbautatbestand (Gebäudeeinheit, Zuordnung des einheitlichen Gebäudes zu einem Stammgrundstück) folgende Schutzgedanke, Wertvernichtungen zu vermeiden. Er findet in § 912 BGB unmittelbar Ausdruck (Motive III 43; Senat BGHZ 53, 5, 11; 102, 311, 314) und bestimmt auch die Eigentumslage beim rechtmäßigen Überbau. Insoweit besteht zwischen dem rechtmäßigen und dem gesetzlich geregelten gutgläubigen Überbau kein Unterschied (klarstellend Senat BGHZ 62, 141, 144 gegenüber Urt. v. 13. Juli 1966, V ZR 8/64, WM 1966, 1185, wo es der Senat offengelassen hatte, ob die dinglichen Wirkungen des gestatteten Überbaus § 912 BGB folgen).

bb) Damit ist die rechtliche Bedeutung der (hier im Mietvertrag erteilten) Zustimmung aber nicht erschöpft. Wie § 912 BGB beim gutgläubigen Überbau schafft sie bei der rechtmäßigen Grenzüberbauung den Rechtsgrund dafür, daß der Nachbar den fremden Gebäudeteil auf seinem Grundstück dulden muß. Die auf dem Willen der Beteiligten beruhende Legitimation der Überbauung begrenzt zugleich deren Umfang und Bestand. Dies hat der Senat wiederholt ausgesprochen (Urt. v. 13. Juli 1966, V ZR 8/64, a.a.O. für die Grundstücksleihe zum Zweck des Überbaus; Urteil vom 18. Dezember 1970, V ZR 73/68, NJW 1971, 426, 428 für die räumliche Überschreitung der Gestattung). Freilich bedeutet dies nicht, daß mit dem Ende der Gestattung, hier mit dem Ablauf des Mietvertrags vom 11. Januar 1973, der Überbau ohne weiteres Bestandteil des überbauten Grundstücks und damit zum Gegenstand des Nießbrauchs des Beklagten geworden wäre. Bei der Errichtung eines Gebäudes auf einem fremden Grundstück zu einem nur vorübergehenden Zweck (§ 95 Abs. 1 Satz 1 BGB) ist für die Eigentumslage die Zwecksetzung im Zeitpunkt der Verbindung mit dem Grund und Boden maßgeblich (Senat, Urt. v. 16. Mai 1956, V ZR 146/54, LM Preisstopp VO Nr. 7; BGHZ 23, 57, 59). Eine nachträgliche Änderung der Zweckbestimmung durch den Eigentümer des Gebäudes berührt dessen Eigenschaft als vom Grundstück gesonderte, bewegliche Sache nicht. Zur Zurückführung in den Bestandteilsverband des Grundstücks ist eine dingliche Einigung der beiden Eigentümer erforderlich (Senat in den vorstehenden Entscheidungen; ferner Urt. v. 19. September 1979, V ZR 41/77, NJW 1980, 771; v. 31. Oktober 1986, V ZR 168/85, NJW 1987, 774; vgl. auch Urt. v. 25. Mai 1959, V ZR 173/57, NJW 1959, 1487). Entsprechendes gilt, wenn die befristete Zweckbestimmung mit Ablauf der vereinbarten Zeit entfällt. Denn das Merkmal der Verbindung zu einem nur vorübergehenden Zweck besteht gerade darin, daß der Verbindende bei der Errichtung des Bauwerks den Willen hat, dieses bei Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht "in das Eigentum seines Vertragspartners übergehen zu lassen" (Senat, BGHZ 8, 1, 6; 104, 298, 301; Urt. v. 22. Dezember 1995, V ZR 334/94, NJW 1996, 916 f., in BGHZ 131, 368, 370 nicht ausgeführt; Urt. v. 15. Mai 1998, V ZR 83/97, WM 1998, 1633). Für die Beendigung der Berechtigung zum Überbau sind diese Gesichtspunkte in gleicher Weise maßgeblich. Der kraft Gestattung auf Zeit Überbauende hat sich die Befugnis, sein Eigentum auf dem fremden Grundstück zu unterhalten, zwar nur auf Zeit gesichert. Seiner Eigentümerrechte am Überbau, etwa des Rechts, für dessen Übertragung auf den Grundstückseigentümer, je nach den Umständen, ein Entgelt zu verlangen oder den Gebäudeteil, je nach Bauweise, insgesamt oder zu Teilen anderweit zu nutzen, hat er sich nicht begeben. Im Unterschied zu dem Gebäude, das einen Scheinbestandteil auf dem fremden Grundstück bildet, liefe ein Eigentumswechsel am Überbau kraft Fristablaufs ohnehin sachenrechtlichen Grundsätzen zuwider. Immobiliareigentum, zu dem der Überbau zählt (Senat, BGHZ 62, 141, 145; 110, 298, 300), ist auf Zeit im Sachenrecht nicht vorgesehen (vgl. § 925 Abs. 2 BGB).

cc) Wie eine Übertragung des Eigentums am Überbau auf den Eigentümer des überbauten Grundstücks rechtlich vor sich geht, hat der Senat noch nicht abschließend entschieden. Soll ein Eingriff in die Gebäudesubstanz unterbleiben, kommt die Belastung des Stammgrundstücks mit einer Dienstbarkeit in Betracht, die die Ausführung des Überbaurechts ausschließt (§ 1018 BGB, 3. Alt.; Senat, Urt. v. 26. April 1961, V ZR 203/59, LM BGB § 912 Nr. 9). Der Senat hält dies aber nicht für die einzige Möglichkeit, den Überbau in den Bestandteilsverband des überbauten Grundstücks zurückzuführen. In Frage kommt auch ein der Begründung des Eigentums am Überbau gegenläufiges Geschäft. In diesem Falle muß mit der erforderlichen Einigung über die Beendigung des Überbaurechts (vgl. RGRK/Augustin, BGB, 12. Aufl., § 921 Rn. 21) die Beseitigung der Gebäudeeinheit einhergehen, die den Überbau zum Bestandteil des Stammgrundstücks macht. Dies kann durch baulichen Abschluß des Überbaus von dem übrigen Gebäude erfolgen. Eine rechtsbegründende Dokumentation im Grundbuch ist nicht möglich, da der Überbau als Grundstücksbelastung nicht eintragungsfähig ist (vgl. Senat, Urt. v. 3. Dezember 1954, V ZR 93/53, LM BGB § 912 Nr. 1) und die Bestandsverzeichnisse der Grundbücher von der Änderung unberührt bleiben (§ 2 GBO in Verbindung mit dem Liegenschaftskataster). Die Diskontinuität gegenüber den allgemeinen Regeln der rechtsgeschäftlichen Begründung und Aufhebung dinglicher Rechte (§ 873 BGB) ist in der Eigenart des gestatteten Überbaus begründet, die den rechtsgeschäftlichen Willen der Beteiligten mit der gesetzlichen Anordnung des § 912 BGB verbindet (oben aa). Die Aufgabe des Besitzes an der Teilfläche, die Gegenstand des Herausgabeanspruchs ist, kann durch die vom Berufungsgericht aufgezeigten Maßnahmen (Abriß des Anbaues; baulicher Abschluß des Getränkelagers vom Supermarkt im übrigen, gegebenenfalls mit Eröffnung eines Zutritts vom Grundstück des Beklagten aus) erfolgen.

2. Nicht zu beanstanden ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts, diese Rechtslage erfahre durch den Wechsel des Eigentums an dem Grundstück, von dem aus der Überbau erfolgt (Stammgrundstück), keine Änderung.

a) Die Rechtsnachfolge im Eigentum am Stammgrundstück berührt die dingliche Rechtslage, das Eigentum am Überbau, ebensowenig wie der Ablauf der Zeit, für die der Überbau gestattet war. Die dem Rechtsvorgänger schuldrechtlich, hier durch Mietvertrag, erteilte Gestattung, die Grenze mit dem Bau zu überschreiten, bietet allerdings für den Rechtsnachfolger, der in den Mietvertrag nicht eingetreten ist, keine Grundlage dafür, den Überbau beizubehalten. Unzutreffend ist aber die Folgerung der Revision, wegen der nur schuldrechtlichen Wirkung der rechtsgeschäftlichen Gestattung rücke zugunsten des Rechtsnachfolgers im Eigentum am Stammgrundstück die gesetzliche Regelung des § 912 BGB an die Stelle des vom Rechtsvorgänger abgeschlossenen Vertrages. Die gesetzliche Duldungspflicht des Eigentümers des überbauten Grundstücks beruht auf dem nachbarrechtlichen Tatbestand der rechtswidrigen, aber gutgläubigen Überbauung und dem Ausbleiben des Widerspruchs hiergegen (oben zu 1 b). Ihr Gegenstand, das fremde Eigentum am Überbau, ist, insoweit vergleichbar der gutgläubig erworbenen fremden Sache (§ 932 BGB) oder dem aufgrund Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung erworbenen Eigentum (§§ 946 ff., 951 BGB), einem Herausgabeanspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung entzogen. Wer immer der Eigentümer des Überbaus ist, hat diesen gegenüber dem Grundstückseigentümer mit Rechtsgrund inne. Von der gleichen Rechtsstellung des Eigentümers am Überbau ist der Senat, worauf die Revision abhebt, allerdings auch in Fällen der gestatteten, mithin rechtmäßigen Überbauung der Grenze ausgegangen (Urt. v. 21. Januar 1983, V ZR 154/81, NJW 1983, 1112; v. 25. Februar 1983, V ZR 299/81, NJW 1983, 2022). Gegenstand dieser Rechtsprechung waren Überbauungen, die auf eine rechtsgeschäftliche Gestattung zurückgingen, die, wie die Duldung kraft gesetzlicher Anordnung im Falle des § 912 BGB, auf Dauer erfolgt war. Die Sachlage war zwar mit dem versehentlichen Überbau nach § 912 BGB insofern nicht vergleichbar, als den Beteiligten im Gestattungsfall die Überbauung der Grundstücksgrenze bewußt ist, sie mithin die Möglichkeit haben, das Eigentum am Überbau durch Bestellung einer Grunddienstbarkeit rechtlich zu sichern (§§ 1018, 95 Abs. 1 Satz 2 BGB). Das Interesse an der Erhaltung des mit dem Überbau geschaffenen Wertes, das der Duldungspflicht nach § 912 BGB zugrunde liegt (oben 1 b), bietet aber eine hinreichende Grundlage, dem Gestattungswillen, auch wenn er sich nicht in einer Dienstbarkeit niedergeschlagen hat, wohl aber wie im Falle des § 912 BGB auf Dauer angelegt ist, Bestand zu verleihen ("Verdinglichung der Zustimmung"; vgl. Staudinger/Roth, aaO, § 912 Rdn. 69). Den "Erst recht"-Schluß vom Fortbestand des rechtswidrigen auf den des rechtmäßigen Überbaus beim Eigentumswechsel hat der Senat mit Tatbestandselementen des § 912 BGB, nämlich damit begründet, im Hinblick auf die dem Rechtsvorgänger am Stammgrundstück erteilte Gestattung falle dem Rechtsnachfolger weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit zur Last.

Dies schafft indessen keine Grundlage dafür, den Eigentümer, der die Inanspruchnahme seines Grundstücks für einen fremden Überbau auf bestimmte Zeit gestattet hat, auch nach deren Ende zu binden. Die Bindung widerspräche seiner autonomen Befugnis als Teilnehmer am Rechtsverkehr, schuldrechtliche Rechtsverhältnisse im Rahmen zwingender Vorschriften mit beliebigem Inhalt einzugehen. Der Eigentümer, der auf die Ausübung eines Teiles seiner Rechte am Grundstück (§ 903 BGB) auf Zeit verzichtet, behält sich vor, nach deren Ablauf von seinem Eigentum wieder in vollem Umfang Gebrauch zu machen, mithin den Überbau zu gleichen oder veränderten Bedingungen weiterhin zu dulden oder Herausgabe der überbauten Fläche zu verlangen. Verfehlt ist es, worauf das Berufungsgericht zu Recht hinweist, den Grundstückseigentümer nach Erlöschen des Mietzinsanspruchs auf die gesetzliche Überbaurente zu verweisen, die auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Grenzüberbaus abstellt (§ 912 Abs. 2 Satz 2 BGB). An die Stelle der mit Ablauf der schuldrechtlichen Bindung eröffneten Möglichkeit, frei die Nutzungen (§ 100 BGB) des Grundstücks zu ziehen, träte der "versteinerte" (Staudinger/Roth, aaO, Rdn. 47), einer Anpassung etwa nach § 323 ZPO entzogene, Rentenanspruch. Der Gesichtspunkt der Erhaltung des mit dem Überbau geschaffenen Wertes tritt demgegenüber zurück. Die Laufzeit von Mietverträgen, die der Gebäudeerrichtung- und Nutzung dienen, ist im Rechtsverkehr regelmäßig so bemessen, daß die Kosten der Gebäudeerrichtung, der mit der Nutzung erzielte Gewinn und die Abschreibung der Substanz in einem kalkulierten Verhältnis stehen. In dieses, von den Beteiligten verantwortete Wertverhältnis unter dem Gesichtspunkt der Werterhaltung einzugreifen, besteht kein Anlaß. Der Eingriff ließe eher eine Wertvernichtung durch Fixierung überholter Verhältnisse befürchten.

b) Praktische Probleme treten, wenn der Überbau nach dem Wechsel des Eigentums am Stammgrundstück seine Rechtsgrundlage behalten soll, nicht auf. Herrscht unter den Beteiligten Einverständnis, kann der neue Eigentümer anstelle seines Rechtsvorgängers durch dreiseitigen Vertrag Mieter werden. Läßt der Mietvertrag eine Untervermietung zu, kann sich der Rechtsnachfolger hierdurch eines Herausgabeanspruchs erwehren (§ 986 Abs. 1 Satz 1 BGB). Im Falle des Eigentumswechsels am überbauten Grundstück tritt der Erwerber nach Maßgabe der §§ 578, 566 ff. BGB in den Mietvertrag ein.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.



Ende der Entscheidung

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