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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 13.11.2009
Aktenzeichen: V ZR 255/08
Rechtsgebiete: EG, BGB


Vorschriften:

EG Art. 28
BGB § 130 Abs. 1 S. 2
BGB § 315
BGB § 326 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat

auf die mündliche Verhandlung vom 16. Oktober 2009

durch

den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und

die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision gegen das Urteil des Kartellsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 10. Juli 2008 wird als unzulässig verworfen, soweit über den Feststellungs- und den Unterlassungsantrag zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand:

Die Klägerin vertreibt stilles Mineralwasser in Mehrwegflaschen aus Kunststoff. Die Flaschen tragen die Prägung "GG-Pool". Sie werden von der Klägerin und in den weiteren Stufen des Handels gegen 0,15 EUR Pfand abgegeben. Die Beklagte importiert stilles Mineralwasser, das sie in individualisierten Einwegflaschen aus Kunststoff vertreibt, für die 0,25 EUR Pfand erhoben werden. Die von der Beklagten in den Verkehr gebrachten Flaschen weisen eine Banderole mit dem Aufdruck "Pfand" oder "Pfandflasche" auf.

Das zurückgegebene Leergut wird unzureichend sortiert; von der Klägerin in den Verkehr gebrachte Mehrwegflaschen gelangen an die Beklagte, Einwegflaschen, die die Beklagte in den Verkehr gebracht hat, gelangen an die Klägerin. Die Beklagte verpresste die an sie gelangten Mehrwegflaschen. Die Klägerin bot der Beklagten die an sie gelangten, von der Beklagten in den Verkehr gebrachten Einwegflaschen zur Rücknahme an und verlangte Auszahlung des Pfands. Das verweigerte die Beklagte. Nachdem sich mehrere 100.000 von der Beklagten in den Verkehr gebrachte Flaschen bei der Klägerin angesammelt hatten, ließ auch die Klägerin die Flaschen verpressen und veräußerte das hierdurch gewonnene Material.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, an sie gelangte oder künftig gelangende "G."- PET-Mehrwegflaschen gegen Erstattung von 0,15 EUR pro Flasche herauszugeben, es zu unterlassen, diese Flaschen zu vernichten, und 193.180,06 EUR (Pfand für 796.230 Einwegflaschen zuzüglich 3.677,29 EUR Verpressungskosten abzüglich 9.554,73 EUR Erlös) zuzüglich Zinsen an sie zu zahlen.

Das Landgericht hat der Klage dem Grunde nach stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht dem Feststellungs- und dem Unterlassungsantrag stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung von 166.108,24 EUR zuzüglich der verlangten Zinsen verurteilt. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage, soweit zugunsten der Klägerin entschieden worden ist.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht meint, die Klägerin habe durch den Verkauf ihres Wassers an den Großhandel und durch den weiteren Vertrieb das Eigentum an den von ihr in den Verkehr gebrachten Flaschen nicht verloren. Die Beklagte dürfe die Flaschen nicht vernichten, sondern habe sie der Klägerin herauszugeben. Dies bedeute nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs keine nach Art. 28 EG verbotene Diskriminierung der Beklagten.

Der Aufdruck "Pfand" oder "Pfandflasche" auf der Banderole der von der Beklagten in den Verkehr gebrachten Flaschen führe zu der rechtsgeschäftlichen Verpflichtung der Beklagten, die von ihr in den Verkehr gebrachten Flaschen gegen Erstattung des Pfands zurückzunehmen. Das gelte auch für die in den Besitz der Klägerin gelangten Flaschen. Da diese zwischenzeitlich verpresst worden seien, sei die Beklagte nach §§ 280 Abs. 1, 281 Abs. 1 BGB insoweit zu Schadensersatz verpflichtet. Es seien 0,216 EUR pro Flasche zu ersetzen; die in dem Pfandbetrag von 0,25 EUR enthaltene Mehrwertsteuer brauche die Beklagte unter dem Gesichtspunkt der Verpflichtung zur Zahlung von Schadensersatz nicht zu erstatten. Auch insoweit sei das Verlangen der Klägerin im Hinblick auf Art. 28 EG unbedenklich.

II.

Die Revision der Beklagten ist unzulässig, soweit das Berufungsgericht über den von der Klägerin erhobenen Feststellungs- und den Unterlassungsantrag entschieden hat. Insoweit hat das Berufungsgericht die Revision nicht zugelassen (§ 543 Abs. 1 ZPO).

1.

Wenn - wie hier - die Revision nach dem Tenor des Berufungsurteils uneingeschränkt zugelassen ist, kann sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gleichwohl eine Beschränkung der Zulassung aus den Entscheidungsgründen ergeben. So verhält es sich, wenn das Berufungsgericht die Möglichkeit der Nachprüfung im Revisionsverfahren hinreichend klar auf einen abtrennbaren Teil seiner Entscheidung begrenzt hat (st. Rechtspr., vgl. BGHZ 155, 392, 394; BGH, Urt. v. 5. November 2003, VIII ZR 320/02, NJW-RR 2004, 426; Urt. v. 27. Mai 2009, XII ZR 111/08, NJW 2009, 2450, 2451; Senat, Beschl. v. 2. Juli 2009, V ZB 40/09, NJW-RR 2009, 1431, 1432). Das ist hier der Fall. Zur Zulassung der Revision heißt es in dem Urteil des Berufungsgerichts, die Revision sei zuzulassen, weil bisher "noch nicht höchstrichterlich entschieden (sei), ob es mit der Gewährleistung des freien Warenverkehrs in Art. 28 EG vereinbar ist, einen ausländischen Abfüller oder Vertreiber von Getränken in Einweggetränkeverpackungen allein aufgrund des Aufdruckes "Pfand" auf der Banderole seiner Flaschen zur Pfandrückzahlung auch an inländische Getränkeabfüller oder -vertreiber zu verpflichten."

Damit hat das Berufungsgericht seine Zulassungsentscheidung nicht nur begründet, sondern die Zulassung der Revision auf die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung beschränkt. Die - nach Ansicht des Berufungsgerichts - grundsätzlich zu klärende Rechtsfrage hat nur die Entscheidung über die Verpflichtung der Beklagten zur Erstattung von Pfand für die von ihr in den Verkehr gebrachten Einwegflaschen zum Gegenstand, während Gegenstand des Urteils im Übrigen die Pflichten der Beklagten im Hinblick auf die von der Klägerin in den Verkehr gebrachten Mehrwegflaschen sind.

Bei dem Zahlungsantrag handelt es sich um einen selbständigen prozessualen Anspruch, über den durch Teil- oder Grundurteil hätte entschieden wer- 10 den können (§§ 301, 304 ZPO). Bezieht sich aber bei einer Anspruchshäufung (§ 260 ZPO) die Zulassungsfrage nur auf einen prozessualen Anspruch, ist in der Angabe des Zulassungsgrundes regelmäßig die eindeutige Beschränkung der Zulassung der Revision auf diesen Anspruch zu sehen (BGHZ 155, 392, 394; BGH, Urt. v. 27. Mai 2009, XII ZR 111/08, NJW 2009, 2450, 2451; Senat, Beschl. v. 2. Juli 2009, V ZB 40/09, NJW-RR 2009, 1431, 1432; ferner BGHZ 153, 358, 362 zu §§ 621d, 546 ZPO a.F.). Dieses Verständnis trägt der mit dem Prinzip der Zulassungsrevision verfolgten Konzentration des Revisionsgerichts auf rechtsgrundsätzliche Fragen Rechnung, indem es verhindert, dass durch eine formal undifferenzierte Zulassung der Revision abtrennbare Teile des Streitstoffs ohne ersichtlichen Grund einer revisionsrechtlichen Prüfung unterzogen werden müssen (BGH, Urt. v. 27. Mai 2009, XII ZR 111/08, NJW 2009, 2450, 2451 m.w.N.), und entspricht der Auffassung des Berufungsgerichts, dass sich im Hinblick auf die von der Klägerin in den Verkehr gebrachten Mehrwegflaschen weder eine entscheidungserhebliche Frage von grundsätzlicher Bedeutung stellt noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Zulassung der Revision erfordert (§ 543 ZPO).

2.

Gründe, die im vorliegenden Fall ein anderes Verständnis der Zulassungsentscheidung nahe legen könnten, liegen nicht vor. Aus der ausführlichen Erörterung der Auswirkungen von Art. 28 EG auf die von der Klägerin aus dem Eigentum an den Mehrwegflaschen geltend gemachten Ansprüche folgt nicht, dass das Berufungsgericht die aufgeworfene Rechtsfrage auch diesbezüglich für grundsätzlich klärungsbedürftig hielte. Insoweit wendet es nämlich - anders als hinsichtlich der von der Beklagten in den Verkehr gebrachten Einwegflaschen - die höchstrichterliche Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs an, zu der es aus der Sicht des Berufungsgerichts einer ergänzenden Stellungnahme des Bundesgerichtshofs aus der Sicht des Berufungsgerichts nicht mehr bedarf.

III.

Soweit die Beklagte sich gegen die Verurteilung zur Zahlung wendet, ist die Revision zulässig, aber nicht begründet.

1.

Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte der Klägerin die Pfandbeträge für die Einwegflaschen zu erstatten hat, die die Beklagte in den Verkehr gebracht hat. Diese Verpflichtung ergibt sich aus den rechtsgeschäftlichen Erklärungen der Parteien. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hatte das Verpressen dieser Flaschen nicht zur Folge, dass ein Schadensersatzanspruch nach §§ 280 Abs. 1, 281 Abs. 1 Satz 1 BGB an die Stelle des - weiterhin erfüllbaren - Anspruchs der Klägerin auf Pfanderstattung getreten ist.

a)

Das Berufungsgericht meint, die Beklagte habe durch den Aufdruck "Pfand" oder "Pfandflasche" auf ihren Flaschen gegenüber jedem Besitzer ihre Bereitschaft erklärt, gegen die Rückgabe der Flasche einen Pfandbetrag zu erstatten. Das ist entgegen der Meinung der Revision nicht zu beanstanden.

Nach der Rechtsprechung des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (BGHZ 173, 159, 169) enthält der auf die Flaschenbanderole aufgedruckte Begriff "Pfand" die verbindliche Zusage, die Flasche gegen Erstattung des Pfandbetrags zurückzunehmen. Diese Willenserklärung wird von dem Vertreiber dadurch abgegeben, dass er eine individualisierte Flasche mit einer Banderole in 15 den Verkehr bringt, nach der bei dem Erwerb des abgefüllten Getränks für die Flasche Pfand zu zahlen ist. Das bedeutet zugleich, dass die Flasche zurückgegeben werden kann und der als Pfand bezahlte Betrag erstattet wird. Die Aussage richtet sich nicht nur an die Vertragspartner des Vertreibers und ist auch nicht auf dessen Abnehmer begrenzt. Die Auslegung der in der Banderole enthaltenen Erklärung ergibt vielmehr, dass der Vertreiber sich zur Rückzahlung des Pfands an jeden Dritten bereit erklärt, der im Besitz seiner Flaschen ist, ohne dass insoweit zwischen Mehrweg- und Einwegflaschen zu unterscheiden ist (BGH, Urt. v. 9. Juli 2007, II ZR 232/05, NJW 2007, 2912).

Dem schließt sich der Senat an. Weder kritische Stimmen in der Literatur (Hartmann/Henn, Jura 2008, 691, 695; Weber, NJW 2008, 948, 951; zustimmend dagegen Faust, JuS 2007, 1059, 1060; Wilhelm, LMK II/2007, 64) noch die Einwände der Revision führen zu einer anderen Beurteilung.

aa)

Es ist nämlich allein sachgerecht, dass der Abfüller oder Erstvertreiber, der bei dem Inverkehrbringen seiner Flaschen Pfand erhält, die eingenommenen Pfandbeträge später wieder auskehren muss. Das folgt aus dem System der Pfanderhebung. Nach diesem können die geleerten Einwegflaschen nicht nur an den Vertreiber zurückgegeben werden, der sie in den Verkehr gebracht hat, sondern an alle Abfüller oder Vertreiber, die pfandpflichtige Einwegflaschen gleicher Art in den Verkehr bringen. Gälte das Angebot zur Erstattung des Pfands jedoch nicht gegenüber einem Abfüller oder Erstvertreiber, fehlte es diesem gegenüber an einer vertraglichen Verpflichtung zur Pfanderstattung. Ein Hersteller oder Vertreiber, an den fremde Flaschen zurückgelangen, hätte keinen durch den Besitz der Flaschen vermittelten vertraglichen Anspruch gegen denjenigen, der die Flaschen in den Verkehr gebracht und das Pfand für diese eingenommen hat. Das Pfandsystem würde gestört.

Das ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht deshalb anders zu beurteilen, weil die Verpflichtung der Beklagten aus der Verpackungsverordnung, die von ihr in den Verkehr gebrachten Flaschen zurückzunehmen, beendet war, nachdem die Flaschen an die Klägerin gelangt waren (BGH, Urt. v. 6. März 2007, KZR 6/06, NJW-RR 2007, 836, 837). Die Verpackungsverordnung regelt allein die öffentlich-rechtliche Verpflichtung, bei dem Inverkehrbringen von Einwegflaschen und deren weiterer Abgabe die Rückgabe der Flaschen durch die Erhebung von Pfand sicherzustellen und so die Umwelt davor zu bewahren, von weggeworfenen Flaschen belastet zu werden. Dieses Ziel ist erreicht, wenn die leeren Flaschen an einen Abfüller gelangen, der seinerseits an die Vorgaben der Verpackungsverordnung gebunden und bei dem damit die ordnungsgemäße Vernichtung der Flaschen sichergestellt ist.

Das hiervon zu unterscheidende zivilrechtliche Pfandsystem kann sich sinnvollerweise nicht auf die bloße Umsetzung dieser öffentlich-rechtlichen Vorgaben beschränken. Es muss auch den erforderlichen Innenausgleich unter den Abfüllern herstellen und verhindern, dass ein Abfüller aufgrund der gesetzlichen Rücknahmepflicht mehr Pfand auszahlen muss, als er selbst eingenommen hat. Das lässt sich systemgerecht nur erreichen, wenn ein Abfüller oder Erstvertreiber, an den weniger Flaschen zurückgelangen, als er in den Verkehr gebracht hat, auf vertraglicher Grundlage anderen Systemteilnehmern zur Pfanderstattung verpflichtet ist, an die die Flaschen gelangen.

bb)

Die Auslegung der Bezeichnung "Pfandflasche" als Angebot auf Abschluss eines Vertrages, die Flasche entleert gegen Zahlung des Pfandbetrags zurückzunehmen, scheitert auch nicht daran, dass die Modalitäten der Rückgabe nicht aufgeführt sind. Diese ergeben sich vielmehr ohne weiteres aus dem in der Praxis geübten Verfahren.

Bei den von der Beklagten in den Verkehr gebrachten Flaschen handelt es sich um individualisierte Flaschen, die den Aufdruck "Pfand" oder "Pfandflasche" tragen. Dass der Pfandbetrag nicht angegeben ist, steht der Auslegung der Banderole als Angebot an jedermann nicht entgegen. Es entspricht nämlich der Üblichkeit, dass für bestimmte Flaschenarten stets derselbe Betrag erhoben wird. Dieser Betrag ist den beteiligten Marktkreisen bekannt oder zumindest gemäß § 315 BGB bestimmbar (vgl. BGH, Urt. v. 2. Oktober 1991, VIII ZR 240/90, NJW-RR 1992, 183, 184). Danach ist hier derjenige Pfandbetrag geschuldet, der für 1,5 Liter PET Einwegpfandflaschen üblicherweise erhoben wird. Das ist der in der Verpackungsverordnung als Mindestpfand für Einweggetränkeverpackungen bestimmte Betrag von 0,25 EUR (vgl. auch BGH, Urt. v. 9. Juli 2007, II ZR 232/05, NJW 2007, 2912). Aus dem Umstand, dass die Höhe des nach dem Angebot der Beklagten geschuldeten Pfandes damit letztlich auf die Verpackungsverordnung zurückgeht, folgt entgegen der Ansicht der Revision jedoch nicht, dass auch die übrigen Bestimmungen dieser Verordnung heranzuziehen wären. Die rechtsgeschäftliche Verpflichtung der Beklagten zur Auszahlung des Pfands besteht nämlich grundsätzlich unabhängig von einer etwaigen entsprechenden Verpflichtung nach der Verordnung (BGH, Urt. v. 9. Juli 2007, II ZR 232/05, NJW 2007, 2912, 2913).

cc)

Entgegen der Ansicht der Revision werden die Interessen eines anderen Herstellers oder Vertreibers, zu dem die Flaschen gelangen, auch nicht 22 dadurch gewahrt, dass er diese verpressen und das Rohmaterial veräußern kann. Wie die Revisionserwiderung zutreffend aufzeigt, steht dem entgegen, dass der Materialwert weit unter dem Pfandbetrag liegt. Die Klägerin hat aus der Verpressung von 796.230 Flaschen einen Reinerlös von 5.877,44 EUR erzielt, also 0,0074 EUR je Flasche, während die Beklagte für diese Flaschen jeweils 0,25 EUR je Flasche als Pfand eingenommen hat.

b)

Auch die Meinung der Revision, das Angebot der Beklagten auf Rückerstattung des Pfandbetrages sei wegen Widerrufs nach § 130 Abs. 1 Satz 2 oder § 658 BGB unwirksam, führt zu keiner anderen Beurteilung.

Das Angebot der Beklagten zur Pfanderstattung ist nicht widerrufbar. § 130 BGB ist abdingbar (BGH, Urt. v. 4. Juli 1976, IV ZR 123/75, WM 1976, 1130, 1132; MünchKomm-BGB/Einsele, 5. Aufl., § 130 Rdn. 40 a.E.; Palandt/Ellenberger, BGB, 68. Aufl., § 130 Rdn. 11; Soergel/Hefermehl, BGB, 13. Aufl., § 130 Rdn. 29; Kümpel, WM 1993, 824, 825; ferner Staudinger/Singer/Benedict, BGB [2004], § 130 Rdn. 24). Der Aufdruck "Pfand" oder "Pfandflasche" auf den von der Beklagten in den Verkehr gebrachten Flaschen enthält keinen Widerrufsvorbehalt. Das System der Pfanderstattung schließt einen Widerruf aus.

Die Systembeteiligten müssen auch Flaschen zurücknehmen, die sie nicht in den Verkehr gebracht haben. Damit ist es unvereinbar, dass diesen einerseits fremde Flaschen angedient werden können und andererseits die Verpflichtung zur Rücknahme und Pfanderstattung widerrufen werden könnte. Die Teilnahme an dem zivilrechtlichen Pfandsystem bedeutet vielmehr den Verzicht auf das Recht, die in dem Aufdruck auf der Banderole verkörperte Erklärung gemäß § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB widerrufen zu können.

Entgegen der Ansicht der Revision gilt dies unabhängig davon, wie der Vertrag rechtlich zu qualifizieren ist, dessen Abschluss durch den Aufdruck "Pfand" oder "Pfandflasche" angeboten wird.

2.

Auch die Verpressung der Flaschen steht dem Zahlungsanspruch der Klägerin nicht entgegen.

a)

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin zumindest für einen Teil der an sie gelangten, von der Beklagten in den Verkehr gebrachten Einwegflaschen Zahlung von 0,25 EUR Pfand je Flasche gegen Rückgabe der Flaschen von der Beklagten gefordert. Hinsichtlich dieser Flaschen hat die Klägerin mithin erklärt, das Angebot der Beklagten auf Erstattung des Pfands anzunehmen. Auf die Aufforderung der Klägerin, die Flaschen zurückzunehmen, weil ihre Lagerkapazitäten erschöpft seien und die Flaschen daher verpresst werden müssten, hat die Beklagte der Klägerin die Verpressung freigestellt. Dementsprechend ist die Klägerin verfahren.

Damit ist der Klägerin die Übergabe der Flaschen an die Beklagte un-möglich geworden. Das berührt den Zahlungsanspruch der Klägerin nicht, weil die eingetretene Unmöglichkeit in erster Linie auf dem Verhalten der Beklagten beruht, die Rücknahme der Flaschen zu verweigern und der Klägerin die Verpressung anheim zu stellen, § 326 Abs. 2 BGB. Das Interesse der Beklagten an einem Rückerhalt der Flaschen erschöpfte sich im Hinblick auf deren geringen Materialwert, der auch noch um die Verpressungskosten zu mindern ist, im Wesentlichen darin, zu verhindern, für dieselben Flaschen noch einmal auf Zahlung in Anspruch genommen werden zu können. Dass dies nicht passieren würde, war durch die Verpressung der Flaschen seitens der Klägerin gewährleistet.

b)

Entsprechend verhält es sich mit den später an die Klägerin gelangten Flaschen. Die Ablehnung der Rücknahme jeglicher Flaschen von der Klägerin führte dazu, dass es zur Begründung der vertraglichen Verpflichtung der Beklagten hinreichte, dass die Klägerin die von der Beklagten in den Verkehr gebrachten Flaschen aussortierte und verpressen ließ, § 151 BGB.

c)

Die Beklagte wird hierdurch auch nicht unzumutbar belastet. Es widerspricht nicht dem Gebot der Billigkeit, dass die Beklagte Beträge, die sie als Pfandzahlungen eingenommen hat, als sie ihre Flaschen in den Verkehr gebracht hat, wieder auskehren muss (vgl. BGH, Urt. v. 6. März 2007, KZR 6/06, NJW-RR 2007, 836, 838; Urt. v. 9. Juli 2007, II ZR 232/05, NJW 2007, 2912, 2913). Dass die Beklagte dadurch Nachteile erleidet, dass sie für an sie gelangte oder gelangende Mehrwegflaschen der Klägerin 0,25 EUR je Flasche an den Großhandel bezahlt, von der Klägerin bei Rückgabe der Flaschen jedoch nur 0,15 EUR je Flasche verlangen kann, ändert hieran nichts. Dass die Beklagte ohne eine Verpflichtung, § 8 Abs. 1 Satz 1 VerpackV a.F., Mehrwegflaschen der Klägerin angenommen und für diese 0,25 EUR pro Flasche ausgezahlt hat, hat nichts damit zu tun, dass die Beklagte die von ihr in den Verkehr gebrachten Flaschen gegen Erstattung des vereinnahmten Pfands zurückzunehmen hat, sondern ist Folge davon, dass die Klägerin mit dem Großhandel keine Sortierung der Flaschen vereinbart hat, eine Sortierung auch nicht selbst vornimmt und die an sie gelangenden Flaschen sogleich verpresst. Die damit verbundenen Nachteile kann die Beklagte nicht auf die Klägerin abwälzen. Diese sortiert das ihr angelieferte Leergut und ist deshalb in der Lage, das Erstattungsangebot der Beklagten anzunehmen. Soweit beide Parteien gegenüber ihren Großhändlern unrichtig abrechnen, berührt dies die Ansprüche der Parteien gegeneinander nicht.

d)

Da der Klägerin ein vertraglicher Anspruch auf Pfanderstattung zusteht, kann dahingestellt bleiben, ob andere Anspruchsgrundlagen, etwa die von der Revisionserwiderung in Betracht gezogenen in § 426 Abs. 1 BGB, §§ 683 Satz 2, 670 BGB oder § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB (vgl. dazu BGH, Urt. v. 6. März 2007, KZR 6/06, NJW-RR 2007, 836, 838) den von dem Berufungsgericht der Klägerin zugesprochenen Anspruch rechtfertigen.

3.

Auch die Rügen der Revision, das Berufungsgericht habe zu Unrecht keine Kosten für den Transport der Flaschen von der Klägerin zu der Beklagten angesetzt, es seien unzutreffende Verpressungskosten angenommen worden, bleiben ohne Erfolg. Transportkosten für eine Rücklieferung der Flaschen an die Beklagte lassen den vertraglichen Anspruch der Klägerin auf Pfanderstattung ebenso unberührt wie die Höhe der von der Klägerin für die Verpressung aufgewendeten Kosten. Diese ist im Übrigen nach den tatbestandlichen Ausführungen in den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils von der Beklagten nicht bestritten worden. Berichtigung nach § 320 ZPO hat die Beklagte nicht beantragt. Im Revisionsverfahren ist die Höhe dieser Kosten daher als unstreitiges Parteivorbringen im Sinne von § 559 Abs. 1 ZPO zugrunde zu legen (vgl. BGHZ 173, 159, 168 m.w.N.).

4.

Das Gebot der Warenverkehrsfreiheit nach Art. 28 EG steht weder der Erstattungspflicht der Beklagten entgegen noch führt es dazu, dass ein Vertragsverhältnis zwischen den Parteien nicht festgestellt werden könnte. Einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof bedarf es nicht.

a)

Ausländische Getränkehersteller und -vertreiber werden von der Pfandpflicht für Einwegverpackungen insoweit stärker betroffen als inländische Unternehmen, als letztere in größerem Umfang Mehrwegflaschen zur Verpackung der von ihnen in den Verkehr gebrachten Getränke nutzen. Das lässt die Vereinbarkeit von § 8 Abs. 1 VerpackV a.F., nunmehr § 9 Abs. 1 VerpackV, mit Art. 28 EG nach den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 14. Dezember 2004 jedoch unberührt, weil diese Folge im Hinblick auf den mit der Verpackungsverordnung erstrebten Schutz der Umwelt gerechtfertigt ist (Rs. C-463/01, Slg. 2004, I 11734 = NVwZ 2005, 194 ff. - Kommission/ Deutschland, und Rs. C-309/02, Slg. 2004, I 11794 = NVwZ 2005, 190 ff. - Radlberger Getränkegesellschaft; ferner BGH, Urt. v. 22. Januar 2009, III ZR 233/07, NJW 2009, 2534, 2536 f.). So verhält es sich auch hier mit der Auslegung der Erklärung "Pfand" oder "Pfandflasche" auf den Banderolen der von der Beklagten in den Verkehr gebrachten Flaschen. Die Auslegung als Angebot der Beklagten auf Erstattung des Pfands gewährleistet die Vollständigkeit der vertraglichen Beziehungen dahin, dass kein Abfüller oder Erstvertreiber daraus einen Vorteil ziehen kann, dass ihm weniger Flaschen zur Rückgabe angedient werden, als er in den Verkehr gebracht hat.

b)

Auch das Vorbringen der Revision, die Verpflichtung zur Rücknahme von Einwegverpackungen aus Deutschland in das Ausland führe zu Transporten und damit zu zusätzlichen Umweltbelastungen, führt zu keiner anderen Beurteilung. Dieses Vorbringen richtet sich nicht gegen die Auslegung der Erklärung auf den von der Beklagten in den Verkehr gebrachten Flaschen, sondern zielt darauf, Importeure von in Einwegflaschen abgefüllten pfandpflichtigen Getränken gegenüber inländischen Herstellern oder Abfüllern zu bevorzugen, und ist damit offenbar verfehlt.

Im Übrigen ist ein Pfand- und Rücknahmesystem von Leerverpackungen nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ein notwendiger Bestandteil eines Systems, das die Wiederverwendung von Verpackungen sicherstellen soll (Rs. C-309/02, a.a.O., Rdn. 76). Das zwingende, die Maßnahme rechtfertigende Erfordernis des Umweltschutzes besteht in der Verbesserung der Verpackungsabfallverwertung, in der Verringerung von Abfällen in der Natur und - aufgrund des Anreizes, Mehrwegverpackungen zu benutzen, - in einer Verringerung der zu beseitigenden Abfälle (Rs. C-463/01, a.a.O., Rdn. 76 f.; Rs. C-309/02, a.a.O., Rdn. 77 f.). Transporte, die mit einer Rücknahme verbunden sind, stehen der Erreichung dieser Ziele nicht entgegen. Darüber hinaus kann nicht außer Betracht bleiben, dass der Transport entleerter Einwegverpackungen in das Ausland durch die Teilnahme ausländischer Getränkehersteller und -vertreiber an einem System entfällt, nach welchem die Verpackungen in Deutschland zurückgenommen, verwertet oder vernichtet werden.

c)

Der Europäische Gerichtshof hat dementsprechend die Einführung eines Pflichtpfands für Einwegverpackungen in den genannten Urteilen allein hinsichtlich der Übergangsfrist und der Möglichkeit zur Teilnahme an einem Rücknahmesystem beanstandet. Dass diese Momente von der Auslegung der Erklärungen "Pfand" oder "Pfandflasche" berührt werden, macht die Revision weder geltend, noch ist insoweit eine Diskriminierung der Beklagten ersichtlich.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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