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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 11.12.1998
Aktenzeichen: V ZR 255/97
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 100
BGB § 818 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4
BGB § 988
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

V ZR 255/97

Verkündet am: 11. Dezember 1998

Kanik Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. Dezember 1998 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Hagen und die Richter Dr. Vogt, Dr. Wenzel, Schneider und Dr. Klein

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten zu 1 und 2 wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 11. Juli 1997 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu ihrem Nachteil erkannt worden ist.

Die Klage gegen den Beklagten zu 1 auf Zahlung von DM 65.785,50 nebst Zinsen (Nutzungsentschädigung) wird abgewiesen.

Im übrigen wird der Rechtsstreit im Umfang der Aufhebung zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Der Kläger ist der Bruder der Beklagten zu 2, die mit dem Beklagten zu 1 verheiratet ist.

Mit notariellem Vertrag vom 18. November 1985 übertrug der Kläger der Beklagten zu 2 sein Hausgrundstück. Für ihn wurde ein dingliches Wohnrecht an einer Wohnung des Hauses bestellt; die Beklagte zu 2, die zusammen mit ihrem Ehemann die andere Wohnung im Haus bewohnte, verpflichtete sich, den Kläger auf Lebenszeit zu versorgen. Es kam zu Streitigkeiten zwischen den Parteien.

In einem vorausgegangenen Rechtsstreit wurde die Beklagte zu 2 durch Senatsurteil vom 23. April 1994 (V ZR 113/93) verurteilt, dem Kläger das Hausgrundstück zurückzuübereignen und die Löschung der in Abt. III lfd. Nr. 8, 9 und 13 eingetragenen Grundpfandrechte herbeizuführen, und zwar Zug um Zug gegen Erlaß einer im Übertragungsvertrag übernommenen Freistellungsverpflichtung für Darlehensverbindlichkeiten des Klägers, die entsprechenden dinglichen Belastungen (Abt. III lfd. Nr. 1 und 2) zugrunde liegen. Die Grundpfandrechte lfd. Nr. 8 und 9 hatte die Beklagte für von ihr aufgenommene Darlehen bestellt, die unter lfd. Nr. 13 eingetragene Sicherungshypothek in Höhe von 51.485,50 DM beruhte auf der Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde vom 16. Februar 1993, mit der die Beklagte anerkannte, ihrem Ehemann (dem Beklagten) 51.485,50 DM zu schulden.

Der Beklagte betrieb aus diesem Anspruch die Zwangsversteigerung des Hausgrundstücks. Es wurde am 31. Oktober 1994 an einen Dritten gegen ein Meistgebot von 600.000 DM versteigert. Gegen den aufgestellten Teilungsplan hatte der Beklagte Widerspruchsklage mit dem Ziel erhoben, das mit 178.000 DM bewertete Wohnrecht des Klägers nur mit 111.000 DM anzusetzen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben (Urteil der 17. Zivilkammer). Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht durch Teilurteil den Widerspruch des Beklagten gegen den Teilungsplan insoweit für unbegründet erklärt, als er eine Wohnrechtsbewertung mit weniger als 156.000 DM anstrebte.

In einem weiteren Verfahren hat der Kläger von der Beklagten zuletzt die Zahlung von 335.000 DM nebst Zinsen und von den Beklagten als Gesamtschuldnern die Zahlung einer Nutzungsentschädigung von 65.785,50 DM nebst Zinsen verlangt. Das Landgericht (Urteil der 20. Zivilkammer) hat die Klage, soweit sie nicht für erledigt erklärt worden ist, abgewiesen. Mit seiner Berufung hiergegen hat der Kläger von den Beklagten als Gesamtschuldner zuletzt Zahlung von 261.190 DM nebst Zinsen verlangt und diesen Anspruch hilfsweise in Höhe von 65.785,50 DM nebst Zinsen als Nutzungsentschädigung geltend gemacht.

Das Oberlandesgericht hat beide Verfahren miteinander verbunden und die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 17. Zivilkammer, soweit darüber nicht durch Teilurteil entschieden worden ist, zurückgewiesen. Unter Zurückweisung der Berufung gegen das Urteil der 20. Zivilkammer im übrigen, hat es die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung von 65.785,50 DM nebst Zinsen verurteilt. Dagegen haben sowohl der Kläger als auch die Beklagten Revision eingelegt. Der Senat hat nur die Revision der Beklagten angenommen (Beschluß vom 25. Juni 1998). Mit ihr wird eine vollständige Abweisung der Zahlungsklage erstrebt.

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist durch den Nichtannahmebeschluß des Senats vom 25. Juni 1998 erledigt; die Revision der Beklagten hat Erfolg.

Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch des Klägers auf Nutzungsentschädigung für die Zeit von Februar 1991 bis Oktober 1994 nach § 818 Abs. 1 und Abs. 4 BGB gegen beide Beklagte in Höhe des üblichen Mietzinses von monatlich 1.461,90 DM. Mit dem Rückübertragungsverlangen des Klägers sei der Vertrag vom 18. November 1985 aufgelöst worden, die Beklagten seien ab diesem Zeitpunkt nicht mehr zum Eigenbesitz berechtigt, sondern zur Rückübertragung von Besitz und Eigentum verpflichtet gewesen.

Das hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand.

1. Der Kläger hat schon dem Grunde nach keinen Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung gegen den Beklagten zu 1.

a) Der Übertragungsvertrag vom 18. November 1985 wurde allein zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2 abgeschlossen. Wie der Senat im Urteil vom 23. April 1994 (Seiten 8/9) ausgeführt hat, lag im Rückübertragungsverlangen des Klägers wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage die Gestaltungserklärung (vgl. BGHZ 101, 143, 150), die den genannten Vertrag für die Zukunft aufgelöst hat. Nur gegen die Beklagte zu 2 bestand mithin ein Anspruch auf Herausgabe und Rückübereignung. Es ist deshalb unrichtig, soweit das Berufungsgericht beide Beklagte zur Rückübertragung des Eigentums für verpflichtet hält. Ein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten zu 1 im Rahmen einer Leistungskondiktion scheidet damit aus.

b) Der Beklagte zu 1 hat zwar im Rahmen der ehelichen Lebensgemeinschaft eine Wohnung in dem seiner Ehefrau zu Alleineigentum übertragenen Hausgrundstück mitbenutzt. Diese Tatsache allein begründet aber keine Ansprüche des Klägers gegen ihn aus einer Eingriffskondiktion. Es handelt sich nicht um die unberechtigte Nutzung von Eigentum des Klägers, denn dieser war nicht mehr Eigentümer des Hausgrundstücks, sondern die Beklagte zu 2. Sein Eigentum hatte der Kläger bis zur Zwangsversteigerung nicht wieder erlangt.

c) Schon aus diesem Grunde bestehen auch - wie das Berufungsgericht richtig ausführt - keine Ansprüche des Klägers gegen den Beklagten zu 1 aus einem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis, etwa nach § 988 BGB.

2. Im Ansatz zutreffend bejaht das Berufungsgericht allerdings einen bereicherungsrechtlichen Anspruch auf Nutzungsherausgabe gegen die Beklagte zu 2 (§ 818 Abs. 1 und Abs. 2 BGB). Sie war nach Auflösung des Vertrages und damit dem späteren Wegfall des rechtlichen Grundes (§ 812 Abs. 1 Satz 2 BGB) dem Kläger gegenüber zur Rückübereignung und Herausgabe des Grundstücks verpflichtet (vgl. auch BGHZ 109, 139, 144). Dieser Anspruch umfaßte auch die Herausgabe der gezogenen Nutzungen, d.h. der erlangten Gebrauchsvorteile (§ 100 BGB), für die die Beklagte zu 2 nach § 818 Abs. 2 BGB Wertersatz leisten muß. Es ist nicht zu beanstanden, daß sich das Berufungsgericht hierbei an dem üblichen Mietzins orientiert hat, dessen Höhe nach Zeitdauer und Monatsbetrag auch die Revision nicht in Zweifel zieht. Entgegen ihrer Auffassung steht diesem Bereicherungsanspruch auch nicht die Tatsache entgegen, daß die Beklagte zu 2 noch Eigentümerin des Hausgrundstücks war, denn dieses Eigentum hatte sie nach dem Rückgabeverlangen des Klägers und der Auflösung des Übergabevertrages ohne Rechtsgrund, auch wenn der Kläger im Vorprozeß einen Herausgabeanspruch nicht geltend gemacht hat.

Das Berufungsgericht hat aber übersehen, von der Beklagten zu 2 behauptete (im Rahmen des Vertrages erbrachte) Leistungen ab Vertragsauflösung im Rahmen einer Saldierung zu berücksichtigen. Diese Leistungen mußte schon der Kläger in Rechnung stellen, weil er nur Gläubiger eines einheitlichen von vornherein durch Abzug der ihm zugeflossenen Vorteile beschränkten Bereicherungsanspruchs ist. Insoweit stellt sich die Lage nach der Vertragsauflösung nicht anders dar als bei einem von Anfang an nichtigem Vertrag (vgl. z.B. Senatsurt. v. 11. November 1994, V ZR 116/93, NJW 1995, 454). Dementsprechend hat schon der Senat im Urteil vom 23. September 1994 umgekehrt Ansprüche der Beklagten zu 2 aus erbrachten Pflegeleistungen verneint, weil zu berücksichtigen sei, daß sie ihrerseits eine Wohnung des Hauses bewohnt und insoweit Nutzungen aus dem übertragenen Eigentum gezogen habe. Zur Saldierung in Betracht kommen nicht nur der Wert von Pflegeleistungen, sondern unter anderem von der Beklagten zu 2 getragene Nebenkosten für die Wohnung des Klägers in der Zeit, in der ihm seinerseits ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung zusteht.

Zur aufgezeigten Saldierung bedarf es weiterer tatsächlicher Feststellungen. Die Parteien müssen auch Gelegenheit erhalten, zu diesem Gesichtspunkt, der bisher übersehen worden ist, ergänzend vorzutragen.



Ende der Entscheidung

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