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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 14.07.2000
Aktenzeichen: V ZR 384/98
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 883
BGB § 886
BGB §§ 883, 886

Hat der nicht befreite Vorerbe bei dem Verkauf des zur Erbschaft gehörenden Grundstücks zu seinem Schutz die Fälligkeit der Kaufpreisforderung von der Erteilung der Zustimmung des Nacherben in öffentlich beglaubigter Form abhängig gemacht, so liegt darin zugleich eine Erfüllbarkeitsbedingung, deren endgültigen Ausfall die bereits eingetragene Auflassungsvormerkung erlöschen läßt.

BGH, Urt. v. 14. Juli 2000 - V ZR 384/98 - OLG Nürnberg LG Nürnberg-Fürth


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

V ZR 384/98

Verkündet am: 14. Juli 2000

Kanik, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juli 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter Dr. Lambert-Lang, Tropf, Dr. Klein und Dr. Lemke

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 20. August 1998 aufgehoben.

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 28. Januar 1998 wird zurückgewiesen.

Die Kläger haben auch die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Kläger machen gegen die Beklagte einen Anspruch auf Löschungsbewilligung geltend.

Die Mutter der Beklagten erbte das Grundstück als nicht befreite Vorerbin; Nacherbin ist ihre Tochter, die Beklagte. Der Nacherbenvermerk war in das Grundbuch eingetragen worden.

Mit notariellem Vertrag vom 29. Januar 1996 verkaufte die Vorerbin das Anwesen an die Kläger. Die Nacherbfolge ist eingangs des Kaufvertrags aufgeführt. Unter II. "Verkauf, Bedingungen" heißt es u.a.:

"Allgemeine Fälligkeitsvoraussetzung für den Kaufpreis ist die Mitteilung des Notars, daß

...

die Nacherbin zum gegenwärtigen Kaufvertrag ihre Zustimmung erteilt hat. ..."

Weiterhin heißt es:

"Alle zu diesem Vertrag erforderlichen Genehmigungen sollen mit Eingang beim Notar als mitgeteilt gelten und wirksam sein."

Der Vertragstext schließt mit folgendem Satz:

"Zur Wirksamkeit des heutigen Kaufvertrags ist die Zustimmung der Nacherbin D. P. erforderlich, welche für das Grundbuchamt in öffentlich beglaubigter Form abgegeben werden muß. Der Notar wird ermächtigt, diese Zustimmungserklärung einzuholen."

Für die Kläger wurde eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen. Die Beklagte weigerte sich, die Zustimmung zu dem Vertrag vor einem Notar in grundbuchmäßiger Form zu erklären. Sie schloß am 2. Juli 1997 mit ihrer Mutter einen "Überlassungsvertrag", aufgrund dessen sie als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen wurde.

Die Kläger sind der Ansicht, daß die Eintragung der Beklagten ihrem vorgemerkten Anspruch entgegenstehe. Die im Kaufvertrag erwähnte notarielle Zustimmung der Beklagten habe sich lediglich auf die grundbuchrechtlichen Voraussetzungen, nicht auf die Wirksamkeit des Kaufvertrages bezogen; zudem habe die Beklagte schon vor Abschluß dem Verkauf gegen Zahlung eines Anteils aus dem Kaufpreis zugestimmt. Sie habe auch nach Vertragsschluß ihrer Mutter gegenüber erklärt, an dieser Zustimmung festzuhalten. Die Beklagte habe deshalb die Löschung ihrer vormerkungswidrigen Eigentumseintragung zu erteilen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das Berufungsgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt, "die Zustimmung zur Löschung der im Grundbuch ... zu ihren Gunsten eingetragenen Auflassung zu erteilen".

Mit ihrer Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Kläger beantragen die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht meint, der Eigentumserwerb der Beklagten stehe dem durch die Vormerkung geschützten Anspruch der Kläger auf Eigentumserwerb entgegen; deshalb könnten die Kläger die Erteilung der Löschungsbewilligung der zugunsten der Beklagten eingetragenen Auflassung verlangen. Der Nacherbenvermerk schütze zwar einen Anspruch der Beklagten auf Eigentumserlangung; dieser komme aber erst im Zeitpunkt des Nacherbfalles zum Tragen. Der Nacherbfall sei durch den Verkauf des Hauses an die Kläger nicht eingetreten, da insoweit lediglich eine schuldrechtliche Verpflichtung der Vorerbin begründet worden sei. Die Vorerbin habe der Nacherbin das Grundstück auch nicht in Erfüllung der testamentarischen Verpflichtung übertragen, sondern als Ausstattung überlassen. Den Klägern sei zwar die durch die Nacherbschaft nach § 2113 BGB bestehende Verfügungsbeschränkung der Verkäuferin bekannt gewesen. Die Vertragsklausel, daß die Zustimmung der Nacherbin zur Wirksamkeit erforderlich sei, sei jedoch nicht als aufschiebende Bedingung des Vertrages gemeint gewesen, sondern habe, wie aus dem Schreiben des Notars an die Klägervertreter vom 24. Oktober 1997 hervorgehe, lediglich den Eigentumserwerb der Kläger sichern sollen. Die Beteiligten seien dabei davon ausgegangen, daß die Nacherbin die in Aussicht gestellte Zustimmung auch in notarieller Form abgeben werde. Ob sie diese Zustimmung bereits mündlich erteilt habe, könne jedoch dahinstehen, da diese Erklärung nicht formgerecht im Sinne des § 313 BGB abgegeben worden wäre. Die Kläger hätten deshalb jedenfalls bis zum Eintritt des Nacherbfalles einen Anspruch darauf, daß die ihrer Vormerkung widersprechende Auflassung gelöscht werde.

II.

Die Revision hat Erfolg.

Das Berufungsgericht geht davon aus, § 888 BGB gewähre dem Vormerkungsberechtigten einen Anspruch gegen den eingetragenen Dritterwerber auf Löschung der Auflassung. Das ist in mehrfacher Hinsicht rechtsfehlerhaft.

1. Gelöscht werden kann im Grundbuch nur eine Eintragung, nicht die zugrundeliegende Auflassung. Schon aus diesem Grund hat das angefochtene Urteil keinen Bestand. Es kann aber auch nicht als Verurteilung zur Zustimmung zur Löschung der aufgrund der Auflassung erfolgten Eintragung aufrecht erhalten bleiben. Die Eintragung eines Dritten als Inhaber des von der Vormerkung betroffenen Rechts macht das Grundbuch nicht unrichtig, sondern gibt dem Vormerkungsberechtigten gegen den Dritterwerber nur einen Anspruch auf Zustimmung. Welche Zustimmung der Dritte erklären muß, hängt von dem Inhalt des vormerkungsgesicherten Anspruchs ab. Geht er - wie hier - auf Eigentumsverschaffung, kann der Vormerkungsberechtigte nicht Löschung der Eintragung des Erwerbers, sondern nur Zustimmung dazu verlangen, daß er selbst als Eigentümer eingetragen wird. Ein dahingehender Anspruch ist jedoch erloschen. Dies kann die Beklagte den Klägern entgegenhalten.

2. Die Klage nach § 888 BGB hängt nicht davon ab, daß der Schuldner seine Verpflichtung bereits erfüllt hat oder rechtskräftig dazu verurteilt worden ist (Senatsurt. v. 24. Juni 1988, V ZR 51/87, WM 1988, 1422 m.w.N. auch zur Gegenmeinung). Dafür stehen dem Dritterwerber alle Einreden und Einwendungen des Schuldners gegen den durch die Vormerkung gesicherten Anspruch zu (Senatsurt. v. 10. Juli 1966, V ZR 177/64, WM 1966, 893, 894; Staudinger/Gursky [1996] § 888 Rdn. 37 m. zahlr. Nachw.), namentlich auch der Einwand, daß der gesicherte Anspruch untergegangen ist. Dies ist hier der Fall. Die Parteien haben die Fälligkeit der Kaufpreiszahlung von der Mitteilung der Zustimmung der Beklagten in öffentlich beglaubigter Form abhängig gemacht. Dies sollte sicherstellen, daß die Kläger das Eigentum nicht nur bis zum Eintritt der Nacherbfolge, sondern auf Dauer erwerben und die Vorerbin (Verkäuferin) einer Rechtsmängelhaftung nicht ausgesetzt ist. Die Fälligkeitsbedingung enthält damit zugleich eine Erfüllbarkeitsvoraussetzung, die verhindern soll, daß die Kläger den Kaufpreis ohne das Vorliegen der Zustimmung der Beklagten zahlen und die Verkäuferin wegen des Nacherbenvermerks in Anspruch nehmen (vgl. BGHZ 123, 49, 53). Diese Bedingung ist endgültig ausgefallen, weil die Beklagte, wie ihre Rechtsverteidigung ergibt, die Erteilung der Zustimmung in der vereinbarten Form endgültig verweigert. Darauf, ob sie sie bereits formlos erteilt hat, wie die Kläger geltend machen, kommt es nicht an, weil die Vorerbin dadurch vor einer Rechtsmängelhaftung nicht gesichert ist. Ist die Kaufpreisforderung aber nicht mehr erfüllbar, ist den Klägern ihre Leistung aus einem Grunde, den weder sie noch die Vorerbin zu vertreten haben, unmöglich geworden, so daß sie auch den Anspruch auf die Verschaffung des Eigentums verloren haben (§ 323 Abs. 1 BGB).

Da die Kläger unterlegen sind, haben sie auch die Kosten der beiden Rechtsmittelverfahren zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Ende der Entscheidung

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