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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 07.10.2005
Aktenzeichen: V ZR 52/05
Rechtsgebiete: EGBGB, BGB, SachenRBerG, ZPO, VZOG


Vorschriften:

EGBGB Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 1
EGBGB Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 3
EGBGB Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 8
BGB § 195
BGB § 197 a.F.
BGB § 288 a.F.
SachenRBerG § 7 Abs. 2 Nr. 5
SachenRBerG § 43 Abs. 2
SachenRBerG § 44 Abs. 1
ZPO § 563 Abs. 3
VZOG § 2 Abs. 1a Satz 3
VZOG § 11 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

V ZR 52/05

Verkündet am: 7. Oktober 2005

in dem Rechtsstreit

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. Oktober 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden - unter Zurückweisung im Übrigen - das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 3. Februar 2005 aufgehoben und das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Rostock vom 21. Mai 2004 abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.851,72 EUR nebst 4 % Zinsen seit dem 25. Juli 2002 zu zahlen. Die weitergehende Zinsforderung bleibt abgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten um ein Moratoriumsentgelt nach Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 8 EGBGB.

Die Namensvorgängerin der Klägerin war Eigentümerin eines ehemals volkseigenen Flurstücks (Nummer der Flur 1, Gemarkung K. , Gemeindebezirk L. , Landkreis G. ).

Eine Teilfläche dieses Flurstückes war 1971 von einer LPG mit Gebäuden für einen Pflegestützpunkt (Traktorengarage, Werkstattgebäude, Unterstellschuppen sowie kleineren Nebengebäuden) bebaut und von der LPG (P) K. genutzt worden. Die Beklagte nutzte die Teilfläche und die Bauwerke des Pflegestützpunkts und stellte bei dem Amt für Landwirtschaft einen Antrag auf Zusammenführung von Grundstücks- und Gebäudeeigentum nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz.

Das Flurstück wurde im Januar 1994 in ein von dem Amt für Landwirtschaft G. als Flurneuordnungsbehörde eingeleitetes Bodenordnungsverfahren einbezogen. Das Amt holte im Verfahren ein Gutachten zur Ermittlung des Grundstückswertes ein. Der von der Beklagten zu zahlende Abfindungsbetrag der Funktionsfläche der Pflegestation wurde auf der Basis eines Ansatzes von 5,38 DM/m2 auf insgesamt 55.143,06 DM taxiert.

Mit bestandskräftigem Zuordnungsbescheid vom 28. April 1998 wurde das Flurstück dem Land M. zugeordnet.

Infolge der bestandskräftig gewordenen Ausführungsanordnungen der Flurneuordnungsbehörde vom 19. Mai 1998 und vom 16. Januar 1999 trat der neue Rechtszustand in Bezug auf die Funktionsfläche des Pflegestützpunkts ein, und die Beklagte wurde Eigentümerin des im Verfahren neu gebildeten Flurstücks .

Die Klägerin verlangt von der Beklagten ein Moratoriumsentgelt nach Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 8 EGBGB für den Zeitraum vom 1. Januar 1995 bis zum 27. April 1998 in Höhe von 5.851,72 EUR. Die Beklagte hat sich auf die Einrede der Verjährung berufen.

Das Landgericht hat die Klage auf Grund der von der Beklagten erhobenen Verjährungseinrede abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Antrag weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht ist der Ansicht, dass der Anspruch bei Klageerhebung bereits verjährt gewesen sei. § 197 BGB a.F. sei auf das Nutzungsentgelt aus Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 8 EGBGB anzuwenden, weil dieses auf Grund der Verweisung auf den nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz zu zahlenden Erbbauzins entsprechend der Bestimmung in § 44 Abs. 1 SachenRBerG von dem Nutzer an den Grundstückseigentümer in regelmäßig wiederkehrenden, vierteljährlichen Raten zu zahlen sei.

II.

Das angefochtene Urteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Der Senat hat nach Erlass des angefochtenen Urteils entschieden, dass für den Anspruch auf den Moratoriumszins die regelmäßige Verjährungsfrist gilt, die nach § 195 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung 30 Jahre betrug (Urt. v. 17. Juni 2005, V ZR 208/04, NL-BzAR 2005, 380, 382). Der Anspruch aus Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 8 EGBGB wird durch die Verweisung auf die Vorschrift über den nach Zeitabschnitten zu zahlenden Erbbauzins in § 44 Abs. 1 SachenRBerG nur dahin begrenzt, dass der Grundstückseigentümer von dem Nutzer für die Nutzung im Moratoriumszeitraum jeweils höchstens ein Entgelt verlangen kann, das dem zum Ende eines Vierteljahres zu zahlenden Erbbauzins entspricht. Der Anspruch auf das Moratoriumsentgelt wird dadurch aber nicht zu einer regelmäßig wiederkehrenden Leistung, sondern bleibt ein einheitlicher Anspruch, der für die Zeit von dem Beginn der Entgeltpflicht bis zum Eintritt der sachenrechtlichen Bereinigung zu zahlen ist.

Im Übrigen nimmt der Senat zur Ergänzung der Begründung auf die bereits erwähnte Entscheidung Bezug.

III.

Der Senat kann gem. § 563 Abs. 3 ZPO abschließend entscheiden, da die Sache nach den Feststellungen der Vorinstanzen entscheidungsreif ist.

1. Der Anspruch besteht dem Grunde nach. Die Klägerin kann von dem Beklagten den Moratoriumszins aus Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 8 EGBGB verlangen.

a) Sie ist auch nach der Zuordnung des Grundstücks auf das Land M. mit dem Bescheid vom 28. April 1998 berechtigt, die in der Zeit vom 1. Januar 1995 bis zum 27. März 1998 entstandenen Ansprüche auf einen Moratoriumszins gegenüber der Beklagten geltend zu machen. Nach dem Bescheid erfolgte die Zuordnung nach Art. 21 Abs. 3 Einigungsvertrag in Verb. mit § 11 Abs. 2 VZOG. Bei einer solchen Zuordnung zur Restitution wird das Eigentum nach § 2 Abs. 1a Satz 3 VZOG übertragen; die Zuordnung wirkt damit ex nunc (vgl. BGHZ 144, 100, 107). Der Anspruch auf den Moratoriumszins, der bis zu einer Übertragung des Eigentums entstanden ist, steht dem früheren Eigentümer zu (vgl. Senat, Urt. v. 14. Juni 2002, V ZR 126/01, WM 2003, 142, 145).

b) Der Anspruch des Grundstückseigentümers auf das Entgelt knüpft an das gesetzliche Besitzrecht des Nutzers aus Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 1 EGBGB an. Das Recht zum Besitz besteht seit dem 1. Januar 1995 nach Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 3 EGBGB nur dann fort, wenn der Nutzer nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz anspruchsberechtigt ist (Senat, BGHZ 136, 212, 216).

Die Beklagte war nach § 7 Abs. 2 Nr. 5 SachenRBerG anspruchsberechtigt. Die Gebäude sind in der DDR-Zeit 1971 von einer LPG auf der Grundlage ihres gesetzlichen Bodennutzungsrechts errichtet worden. Die Beklagte ist Nutzerin der Gebäude des Pflegestützpunktes gewesen und hat als solche - im Ergebnis auch mit Erfolg - in einem Bodenordnungsverfahren das Eigentum an dem Grundstück erhalten, das die Funktionsfläche des Pflegestützpunktes bildet.

c) Die Klägerin hat sich in dem Verfahren auf die notwendigen Verhandlungen zur Begründung dinglicher Rechte eingelassen, wofür jede zielgerichtete Mitwirkung des Grundstückseigentümers im Boden-ordnungsverfahren ausreicht (vgl. Senat, Urt. v. 14. Dezember 2001, V ZR 212/01, WM 2002, 615, 616 und Urt. v. 17. Juni 2005, V ZR 208/04, NL-BzAR 2005, 380, 384). Dies ist auch daraus zu ersehen, dass die Beklagte in dem Verfahren das Grundstückseigentum an der Funktionsfläche des Pflegestützpunktes erlangt hat.

2. Der Anspruch ist auch in der geltend gemachten Höhe begründet.

a) Bei der Berechnung des Zinsanspruchs ist von einer Funktionsfläche von 10.241 m2 und einem Bodenwert von 9,60 DM/m2 auszugehen. Die Klägerin hat ihren Ansatz zum Bodenwert einem im Bodenordnungsverfahren eingeholten Gutachten entnommen. Einwendungen gegen die Richtigkeit des Ansatzes sind von der Beklagten nicht erhoben worden und auch nicht aus unstreitigem Parteivorbringen ersichtlich.

b) Die Klägerin hat auch zutreffend einen Zinssatz von 3,5 vom Hundert pro Jahr in Ansatz gebracht. Der Zinssatz für den Moratoriumszins entspricht auf Grund der Verweisung in Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 8 EGBGB auf den nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz zu zahlenden Erbbauzins dem regelmäßigen Zins gem. § 43 Abs. 2 SachenRBerG. Dieser beträgt für landwirtschaftliche Nutzungen 3,5 vom Hundert des Bodenwerts. Die Vorschrift über den abgesenkten Eingangszinssatz (§ 51 SachenRBerG) ist auf das Moratoriumsentgelt nicht anzuwenden (vgl. Senat, Urt. v. 14. Dezember 2001, V ZR 212/01, WM 2002, 615, 616).

c) Für den Zeitraum vom 1. Januar 1995 bis zum 27. April 1998 (1.197 Zinstage) errechnet sich daraus ein Anspruch in der geforderten Höhe von 5.851,72 EUR.

IV.

Gesetzliche Verzugszinsen kann die Klägerin allerdings nur in Höhe von 4 vom Hundert entsprechend der vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Beschleunigung fälliger Zahlungen vom 30. März 2000 (BGBl. I S. 330) geltenden Rechtslage nach § 288 BGB a.F. verlangen, da ihre Ansprüche aus den Jahren von 1995 bis 1998 vor dem 1. Mai 2000 fällig geworden sind (Art. 229 § 1 Abs. 1 Satz 3 EGBGB).

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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