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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 16.01.2009
Aktenzeichen: V ZR 74/08
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 46 Abs. 1
WEG § 48 Abs. 4
WEG § 62 Abs. 1
a) Bleibt einer Anfechtungsklage (§ 46 Abs. 1 WEG) der Erfolg versagt, darf nicht offen gelassen werden, ob die Klage als unzulässig oder als unbegründet abgewiesen wird.

b) Bei den Fristen zur Erhebung und Begründung der Klage nach § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG handelt es sich nicht um besondere Sachurteilsvoraussetzungen der wohnungseigentumsrechtlichen Anfechtungsklage, sondern um Ausschlussfristen des materiellen Rechts.

c) Zur Vermeidung eines materiellrechtlichen Ausschlusses ist der Kläger gehalten, innerhalb der Begründungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 WEG die Gründe vorzutragen, auf die er die Anfechtung stützt; ein Nachschieben von neuen Gründen ist ausgeschlossen. Dabei muss sich der Lebenssachverhalt, aus dem sich Anfechtungsgründe ergeben sollen, zumindest in seinem wesentlichen Kern aus den innerhalb der Frist eingegangenen Schriftsätzen selbst ergeben; dass er sich nur aus Anlagen ergibt, genügt nicht.


Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat

am 16. Januar 2009

durch

den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und

die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin werden das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 18, vom 12. März 2008 und das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Altona vom 31. Oktober 2007 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren, an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien sind die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. In der Eigentümerversammlung vom 19. Juni 2007 wurden jeweils mit Stimmenmehrheit mehrere Beschlüsse gefasst. Am 13. Juli 2007 ist bei dem Amtsgericht der auf "Ungültigkeitserklärung (Anfechtung)" der Beschlüsse zu TOP 2, 5, 7, 8 und 10 gerichtete "Antrag" der Klägerin eingegangen, der der Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft Ende August 2007 zugestellt worden ist. In dem Schriftsatz (im Folgenden Klageschrift) wird zunächst Bezug genommen auf die Tagesordnung der Eigentümerversammlung, auf das Versammlungsprotokoll, auf die Teilnehmerliste, auf ein "TOP 2 betreffendes" Schreiben vom 5. März 2001 und auf ein "an die Verwaltung" gerichtetes Schreiben vom 12. Juni 2007; diese Schriftstücke hat die Klägerin jeweils in Kopie als Anlage beigefügt. Schließlich heißt es in der Klageschrift, weitere Begründungen würden nach einer Recherche folgen.

Ende Juli 2007 ist die Klägerin zur Zahlung des Prozesskostenvorschusses aufgefordert worden verbunden mit dem Hinweis, die Klage müsse innerhalb von zwei Monaten, "also bis zum 19. August 2007", begründet werden. Am 14. August 2007 hat die Klägerin den Prozesskostenvorschuss eingezahlt und eine Verlängerung der Begründungsfrist mit der Begründung beantragt, es werde noch recherchiert. Diesen Antrag hat das Amtsgericht am 24. August 2007 mit der Erwägung zurückgewiesen, das Gesetz sehe eine Verlängerung der Begründungsfrist nicht vor. Mit Schriftsatz vom 27. August 2007 hat die Klägerin geltend gemacht, bereits die Klageschrift enthalte eine Begründung. Mit weiterem - am 31. August 2007 eingegangenen - Schriftsatz vom selben Tage hat sie ihre Anträge zu den Tagesordnungspunkten 8 und 10 zurückgenommen, die Klage im Übrigen begründet und mit Blick auf die Begründungsfrist vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

Das Amtsgericht hat die Klage unter Zurückweisung des Wiedereinsetzungsgesuchs als unzulässig abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision möchte die Klägerin die Ungültigkeitserklärung der noch angefochtenen Beschlüsse erreichen. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

Das Berufungsgericht steht auf dem Standpunkt, das Amtsgericht habe die Klage zu Recht wegen Nichteinhaltung der Begründungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG abgewiesen, wobei dahin stehen könne, ob als unzulässig oder unbegründet. In der Klageschrift selbst sei noch keine Begründung im Sinne der genannten Vorschrift zu sehen, weil die Klägerin hierzu hätte darlegen müssen, warum die angegriffenen Beschlüsse nicht einer ordnungsgemäßen Verwaltung entsprochen hätten. Eine diesen Anforderungen entsprechende Begründung sei erst nach Ablauf der nicht verlängerbaren Begründungsfrist eingegangen. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung nach § 46 Abs. 1 Satz 3 WEG i.V.m. § 233 Abs. 1 ZPO lägen nicht vor.

Die Revision führt zur Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.

1.

Das Berufungsurteil unterliegt schon deshalb der Aufhebung, weil die Frage, ob die Versäumung der Begründungsfrist nach § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG zur Abweisung der Anfechtungsklage als unzulässig oder als unbegründet führt, nicht offen gelassen werden darf. Erwächst das die Klage abweisende Urteil in Rechtskraft, können zwar in dem einen wie in dem anderen Fall Anfechtungsgründe gegen den angefochtenen Beschluss nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden (§§ 23 Abs. 4 Satz 2; 46 Abs. 1 Satz 2 WEG). Jedoch ordnet § 48 Abs. 4 WEG in Nachzeichnung der zu § 45 Abs. 2 WEG a.F. ergangenen Rechtsprechung (dazu Wenzel in Bärmann, WEG, 10. Aufl., § 48 Rdn. 45 m.w.N.) an, dass nach (rechtskräftiger) Abweisung der Anfechtungsklage als unbegründet auch nicht mehr geltend gemacht werden kann, der Beschluss sei nichtig; bei Abweisung der Klage als unzulässig bleibt den Wohnungseigentümern und dem Verwalter dagegen die Berufung auf Nichtigkeitsgründe erhalten.

2.

Eine Abweisung der Klage als unzulässig scheidet aus. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts bildet die Einhaltung der zweimonatigen Begründungsfrist nach § 46 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 WEG keine besondere Sachurteilsvoraussetzung der wohnungseigentumsrechtlichen Anfechtungsklage. Vielmehr formt das Gesetz mit dem Erfordernis einer befristeten Begründung den Ausschluss des Anfechtungsrechts materiellrechtlich aus, so dass die Versäumung der Frist - vorbehaltlich des Durchgreifens vorgetragener Nichtigkeitsgründe (dazu BT-Drs. 16/887 S. 38) - zur Abweisung der Klage als unbegründet führt.

a)

Das frühere Recht kannte lediglich die einmonatige Anfechtungsfrist des § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG a.F., bei der es sich nicht um eine besondere Verfahrensvoraussetzung, sondern um eine materiellrechtliche Ausschlussfrist handelte (vgl. nur Senat, BGHZ 139, 305 306 m.w.N.). Den Gesetzesmaterialien zu der am 1. Juli 2007 in Kraft getretenen WEG-Novelle ist unzweideutig zu entnehmen, dass sich an dieser Rechtslage trotz der Überführung der Regelung nunmehr in den verfahrensrechtlichen Teil des Wohnungseigentumsgesetzes (§ 46 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 WEG) nichts ändern sollte (BT-Drs. 16/887 S. 37 f.; vgl. auch Bamberger/Roth/Scheel, BGB, 2. Aufl., § 46 WEG Rdn. 9; Elzer in Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, 2007, § 13 Rdn. 131; Palandt/Bassenge, BGB, 67. Aufl., § 46 WEG Rdn. 5; Wenzel in Bärmann, aaO, § 46 Rdn. 42; Niedenführ, WEG, 8. Aufl., § 46 Rdn. 32; Scheel in Hügel/Scheel, Rechtshandbuch Wohnungseigentum, 2007, S. 491). Folgerichtig hat der Gesetzgeber die Anwendbarkeit der Vorschriften über die Wiedereinsetzung nicht über die Bezeichnung als prozessuale Notfrist sichergestellt, was bei Annahme einer verfahrensrechtlichen Frist unter der jetzigen Geltung der Zivilprozessordnung der Gesetzestechnik entsprochen hätte (§ 233 Abs. 1 i.V.m. § 224 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Vielmehr hat er dem materiellrechtlichen Charakter der Frist dadurch Rechnung getragen, dass er über § 46 Abs. 1 Satz 3 WEG lediglich eine entsprechende Anwendung der §§ 233 bis 238 ZPO angeordnet hat (Erman/Grziwotz, BGB, 12. Aufl., § 46 WEG Rdn. 6). Dann aber widerspräche eine verfahrensrechtliche Qualifizierung der Anfechtungsfrist als Sachurteilsvoraussetzung nicht nur dem Willen des Gesetzgebers. Sie stünde darüber hinaus auch in Widerspruch zur Systematik des Gesetzes.

b)

Für die neu eingeführte Begründungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 WEG gilt nichts anderes. Auch sie ist - anders als dies für Rechtsmittelbegründungen ausdrücklich angeordnet ist (§§ 522 Abs. 1 Satz 1, 552 Abs. 1 Satz 1, 577 Abs. 1 Satz 1 ZPO) - keine Zulässigkeitsvoraussetzung, sondern Element einer die Anfechtung materiellrechtlich ausschließenden Regelung (Bergerhoff, NZM 2007, 425, 427; Niedenführ, NJW 2008, 1768, 1770; Wenzel, aaO, Rdn. 52; zumindest im Ergebnis ebenso Erman/Grziwotz, aaO; Palandt/ Bassenge, aaO; vgl. auch Abramenko in Riecke/Schmid, WEG, 2. Aufl., § 46 Rdn. 8; Jennißen/Suilmann, WEG, § 46 Rdn. 102 und 105; a.A. Bamberger/Roth/Scheel, aaO, Rdn. 12; Elzer, aaO, Rdn. 154; Scheel, aaO, S. 493). In Übereinstimmung damit ordnet das Gesetz auch insoweit nur eine entsprechende Anwendung der §§ 233 ff. ZPO an (§ 46 Abs. 1 Satz 3 WEG).

Untermauert wird diese materielle Einordnung durch den engen sachlichen Zusammenhang, der zwischen der einmonatigen Anfechtungs- und der zweimonatigen Begründungsfrist besteht. Bei der Ausgestaltung des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG hat sich der Gesetzgeber an der aktienrechtlichen Anfechtungsklage orientiert (vgl. BT-Drs. 16/887 S. 38). Für diese Klage verlangt das Gesetz zwar nicht ausdrücklich eine Begründung innerhalb einer bestimmten Frist. Es entspricht jedoch der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass der Kläger zur Vermeidung eines materiellrechtlichen Ausschlusses (vgl. dazu nur Hüffer, AktG, 8. Aufl., § 246 Rdn. 20 m.w.N.) innerhalb der einmonatigen Anfechtungsfrist des § 246 AktG zumindest den wesentlichen tatsächlichen Kern der Gründe vortragen muss, auf die er die Anfechtung stützt (vgl. nur BGHZ 120, 141, 156 f. ; BGH, Urt. v. 14. März 2005, II ZR 153/03, WM 2005, 802, 804; jeweils m.w.N.; ebenso nunmehr für § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG etwa Bergerhoff, aaO, 428; Wenzel, aaO, Rdn. 55); ein Nachschieben von neuen Gründen nach Ablauf der Frist ist ausgeschlossen (BGH, Urt. v. 12. Dezember 2005, II ZR 253/03, NJW-RR 2006, 472 m.w.N.; Bergerhoff, aaO). Da Verfahren nach dem Wohnungseigentumsgesetz nicht mehr der von dem Amtsermittlungsgrundsatz geprägten Freiwilligen Gerichtsbarkeit unterfallen, sondern nunmehr nach der Zivilprozessordnung mit der damit einhergehenden Geltung des Beibringungsgrundsatzes zu führen sind, hätte allein die Beibehaltung der einmonatigen Anfechtungsfrist zu einer erheblichen Verschärfung der Begründungslast geführt (vgl. auch BT-Drs. aaO), zumal die Niederschrift über die Eigentümerversammlung den Wohnungseigentümern nicht selten erst kurz vor Ablauf der Anfechtungsfrist zur Verfügung steht und damit die zur Begründung verbleibende Zeit knapp werden kann. Vor diesem Hintergrund hat sich der Gesetzgeber entschlossen, die - im Regierungsentwurf zunächst nicht vorgesehene - zweimonatige Begründungsfrist neu in das Gesetz aufzunehmen (vgl. BT-Drs. 16/887 S. 73); die Wirkungen der Anfechtungsfrist sollten abgemildert werden (vgl. auch Wenzel, aaO, § 46 Rdn. 51). Dann aber liegt es auf der Hand, dass die Begründungsfrist im Zusammenspiel mit der materiellrechtlich ausgestalteten Anfechtungsfrist gesehen werden muss. Damit verbietet sich eine Deutung als Sachurteilsvoraussetzung.

3.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Klägerin die zweimonatige Begründungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 gewahrt, so dass eine darauf gestützte Abweisung der Klage als unbegründet ausscheidet. Der dem Begründungserfordernis genügende Schriftsatz vom 31. August 2007 ist fristgemäß eingegangen. Zwar knüpft § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG den Fristbeginn an den Zeitpunkt der - hier auf den 19. Juni 2007 datierenden - Beschlussfassung. Jedoch lässt das Berufungsgericht übergangsrechtliche Besonderheiten außer Acht, die dazu führen, dass die Begründungsfrist für Anfechtungsklagen, die sich - wie die hier erhobene - gegen vor Inkrafttreten der WEG-Novelle am 1. Juli 2007 gefasste Beschlüsse richten, erst mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zu laufen begann.

Da eine dem § 62 Abs. 1 WEG vergleichbare Übergangsregelung für die Anwendung materiellrechtlicher Vorschriften fehlt, ist das neue Recht im Grundsatz auch auf noch nicht abgeschlossene Sachverhalte anzuwenden (Bergerhoff, NZM 2007, 553; Merlein Bärmann, aaO, § 62 WEG Rdn. 73 f. Rdn. 2; vgl. auch Senat, Beschl. v. 27. September 2007, V ZB 83/07, NJW 2007, 3492; OLG München ZMR 2008, 567, 568). Doch gilt dies nicht ausnahmslos. So ist etwa anerkannt, dass die neuen Regelungen nicht rückwirkend bei der Beurteilung von Beschlüssen angewandt werden dürfen, die vor dem 1. Juli 2007 gefasst wurden. Vielmehr ist die Gültigkeit solcher Beschlüsse auf der Grundlage der im Zeitpunkt der Beschlussfassung geltenden Rechtslage zu beurteilen (Bergerhoff, NZM 2007, 553 f.; Niedenführ, NJW 2008, 1768, 1769; Merle, aaO; Schmid, ZMR 2008, 181, 182). Zudem sind Einschränkungen geboten, wenn die Rechtsanwendung an einen vor dem Inkrafttreten des Gesetzes liegenden Sachverhalt anknüpft und die übergangslose Anwendung des neuen Rechts hierauf von Verfassungs wegen keinen Bestand haben könnte. Das hat das Bundesarbeitsgericht bereits für den Lauf der Klagefrist nach § 1 Abs. 5 BeschFG in der Fassung des Arbeitsrechtlichen Beschäftigungsförderungsgesetzes vom 25. September 1996 (BGBl. I S. 1476) entschieden und zur Vermeidung eines Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG für den Beginn des Fristlaufs auf das Inkrafttreten des Gesetzes abgestellt (Urt. v. 20. Januar 1999, DB 1999, 233, vollständig veröffentlicht in [...]). Für die hier in Rede stehende Begründungsfrist gilt nichts anderes.

Die unmodifizierte Anwendung der zweimonatigen Begründungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG führte in Übergangsfällen der vorliegenden Art zumindest zu ungerechtfertigten Ungleichbehandlungen (Art. 3 Abs. 1 GG). Wollte man auch in solchen Konstellationen auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung abstellen, bedeutete dies, dass etwa die Frist der Klägerin bei Inkrafttreten der Norm 1 Monat und 19 Tage betragen hätte, während einem Anfechtungskläger bei Beschlussfassungen am 2. und 29. Juni 2007 am Tage des Inkrafttretens der WEG-Novelle im ersten Fall 1 Monat und 1 Tag und im zweiten 1 Monat und 29 Tage zur Verfügung gestanden hätte. Ein sachlich einleuchtender Grund für derartige Ungleichbehandlungen ist nicht ersichtlich (ebenso BAG aaO zu § 1 Abs. 5 BeschFG). Er kann insbesondere nicht in der Erwägung gefunden werden, Anfechtungskläger hätten auch in solchen Übergangsfällen - vom Zeitpunkt der jeweiligen Beschlussfassung aus betrachtet - zwei Monate Zeit zur Begründung gehabt. Denn eine solche Argumentation übersähe, dass das Gesetz vor dem Inkrafttreten der WEG-Novelle keine Begründungsfrist kannte und demgemäß kein Wohnungseigentümer vor diesem Zeitpunkt gehalten war, eine Begründungsfrist in Rechnung zu stellen. Besonders deutlich tritt dies zutage, wenn man bedenkt, dass der Klägerin bei Antragstellung etwa am 30. Juni 2007 mit Blick auf die Begründungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 WEG von vornherein kein Rechtsverlust gedroht hätte. Das Verfahren wäre dann nach dem Gesetz über die Freiwillige Gerichtsbarkeit zu führen gewesen. Es liegt indessen auf der Hand, dass die genannte Frist - schon wegen ihrer Bezeichnung als Frist zur Begründung der Klage und vor allem nach ihrem Sinn und Zweck (dazu oben 2.b) - nur in Verfahren nach der Zivilprozessordnung zum Tragen kommen sollte.

4.

Auf der Grundlage des derzeitigen Verfahrensstandes kann die Klage auch nicht aus anderen Gründen als unbegründet abgewiesen werden.

Soweit die Revisionserwiderung geltend macht, die Klägerin habe schon die Klagefrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 WEG versäumt, ist richtig, dass die einmonatige Anfechtungsfrist durch die Erhebung der Klage, also durch deren Zustellung (§ 253 Abs. 1 ZPO) gewahrt wird. Die rechtzeitige Einreichung der Klageschrift genügt nur dann, wenn die Zustellung demnächst erfolgt (§ 167 ZPO). Auf diese Frage kommt es vorliegend an, weil die Klage erst Ende August 2007 und damit nicht innerhalb eines Monats nach Fassung der angefochtenen Beschlüsse zugestellt worden ist.

Geht es um von der klagenden Partei zu vertretende Zustellungsverzögerungen, ist das Merkmal "demnächst" nur erfüllt, wenn sich die Verzögerung in einem hinnehmbaren Rahmen hält. Mit Blick auf den nach § 12 Abs. 1 GKG zu leistenden Gerichtskostenvorschuss ist das nur zu bejahen, wenn dieser nach seiner Anforderung innerhalb eines Zeitraumes eingezahlt wird, der sich "um zwei Wochen bewegt oder nur geringfügig darüber liegt" (BGH, Urt. v. 25. November 1985, II ZR 236/84, NJW 1986, 1347, 1348; vgl. auch BGH, Urt. v. 20. April 2000, VII ZR 116/99, NJW 2000, 2282 m.w.N.). Feststellungen dazu hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Insbesondere ist unklar, wann genau die Klägerin die Aufforderung zur alsbaldigen Zahlung erhalten hat. Da die Klägerin für die Wahrung der Klagefrist die Darlegungslast trägt und dieser Gesichtspunkt in dem Rechtsstreit bislang keine Rolle gespielt hat, ist ihr Gelegenheit zur Stellungnahme und zu ergänzendem Sachvortrag zu geben (§ 139 ZPO).

5.

Schließlich ist der Rechtsstreit auch nicht im Sinne der Klägerin zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Zwar verweist die Revision mit Recht darauf, dass die materiellrechtlichen Ausschlussfristen des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG für Nichtigkeitsgründe nicht gelten. Jedoch stellt der Einwand der Klägerin, das Protokoll der Eigentümerversammlung vom 19. Juni 2007 sei entgegen § 14 Abs. 8 der Teilungserklärung nicht von zwei von der Versammlung bestimmten Wohnungseigentümern unterzeichnet worden, keinen Nichtigkeitsgrund dar. Der Senat hat bereits für eine mit § 14 Abs. 8 der hiesigen Teilungserklärung wörtlich übereinstimmende Regelung entschieden, dass Verstöße hiergegen lediglich einen die Anfechtung eröffnenden Gültigkeitseinwand begründen(Beschl. v. 9. Oktober 1997, V ZB 3/97, NJW 1998, 755, 756; vgl. auch Senat, BGHZ 136, 187, 192) . Daran wird festgehalten. Der Umstand der neu eingeführten Begründungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG rechtfertigt entgegen der Auffassung der Revision keine andere Beurteilung.

6.

Scheidet nach allem eine den Rechtstreit abschließende Entscheidung durch den Senat aus, erscheint es mit Blick auf die nach § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO gebotene Zurückverweisung sachdienlich, die Sache auf Antrag der Klägerin an das Amtsgericht zurückzuverweisen, das bislang nur über die Zulässigkeit der Klage befunden hat (§ 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO).

7.

Sollte die erneute Verhandlung eine Wahrung der Klagefrist ergeben, hängt die Begründetheit der Klage davon ab, ob die Klägerin mit ihren Einwendungen gegen die angefochtenen Beschlüsse durchzudringen vermag. Dabei weist der Senat im Hinblick auf den von der Klägerin im Revisionsverfahren geltend gemachten Einwand, die Protokollunterzeichnung entspreche nicht den Vorgaben der Teilungserklärung, auf folgendes hin: Da ein Nachschieben von Anfechtungsgründen ausgeschlossen ist, braucht sich das Amtsgericht mit diesem Punkt in der Sache nur zu befassen, sofern die Klägerin ihre Klage innerhalb der Begründungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG auch auf diesen Grund zumindest in seinem wesentlichen tatsächlichen Kern gestützt hat (dazu oben 2.b). Die Revision verweist jedenfalls auf kein schriftsätzliches Vorbringen, aus dem sich dies ergeben könnte. Der Umstand, dass der Klage sowohl die Teilungserklärung als auch das - in der Tat neben dem Verwalter nur von einer Wohnungseigentümerin unterschriebene - Protokoll als Anlagen beigefügt worden sind, erfüllt nicht die Anforderungen, die das Gesetz an die erforderliche Begründung stellt.

Die Begründungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG ist Ausdruck des gesetzgeberischen Anliegens, über die Herstellung von Rechtssicherheit und Rechtsklarheit die ordnungsgemäße Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zu gewährleisten (vgl. auch Jennißen/Suilmann, aaO, § 46 Rdn. 101 i.V.m. Rdn. 70; zur Anfechtungsfrist vgl. auch OLG Zweibrücken NJW-RR 1995, 397 ). Sie führt dazu, dass für die Wohnungseigentümer und für den zur Ausführung von Beschlüssen berufenen Verwalter zumindest im Hinblick auf Anfechtungsgründe alsbald Klarheit darüber besteht, ob, in welchem Umfang und aufgrund welcher tatsächlichen Grundlage gefasste Beschlüsse einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen werden. Vor diesem Hintergrund ist es - zumal unter der nunmehrigen Geltung der den Zivilprozess beherrschenden Beibringungsmaxime - unerlässlich, dass sich der Lebenssachverhalt, auf den die Anfechtungsklage gestützt wird, zumindest in seinem wesentlichen Kern aus den innerhalb der Frist eingegangenen Schriftsätzen selbst ergibt; wegen der Einzelheiten mag auf Anlagen verwiesen werden. Dass dem Gericht bei der Durchsicht der Anlagen rechtserhebliche Umstände auffallen, ersetzt nicht den erforderlichen Sachvortrag (vgl. BT-Drs. 16/887 S. 38). Daraus folgt zwar in dem Sonderfall des § 46 Abs. 2 WEG eine Hinweispflicht. Aber selbst dann bleibt es Sache der klagenden Partei, ob sie ihrer Klage diese Umstände zugrunde legen möchte oder nicht (BT-Drs. aaO; allgemeine Auffassung, vgl. nur Palandt/ Bassenge, aaO, § 46 WEG Rdn. 7; Wenzel in Bärmann, aaO, § 46 WEG Rdn. 73 f.).

Ende der Entscheidung

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