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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 14.02.2008
Aktenzeichen: VII ZR 100/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 544 Abs. 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

VII ZR 100/07

vom 14. Februar 2008

in dem Rechtsstreit

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Februar 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler, die Richter Dr. Kuffer, Bauner, die Richterin Safari Chabestari und den Richter Dr. Eick

beschlossen:

Tenor:

Der Beschwerde der Klägerin wird stattgegeben.

Das Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 22. März 2007 wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Gründe:

Die Klägerin rügt zutreffend, dass das Berufungsgericht in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt hat.

1. Das Berufungsgericht hat zum einen nach formloser Beiziehung der Akten aus dem Rechtsstreit 2 O 370/05 die darin befindlichen Sachverständigengutachten des Architekten L. zu Beweiszwecken verwertet, ohne die Parteien auf diese Absicht hinzuweisen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Es ist zum anderen, ohne der Klägerin durch gebotenen ausreichenden richterlichen Hinweis Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben, von der fehlenden Darlegung des Umfangs der vertraglichen Pflichten der Beklagten sowohl betreffend die Fenstermontage als auch die Dachkonstruktion des Wintergartens ausgegangen; soweit im Verhandlungsprotokoll vom 22. März 2007 ein richterlicher Hinweis dokumentiert ist, betrifft er nicht die hier relevanten Fragen.

Wenn das Berufungsgericht durch dieses mehrfach fehlerhafte prozessuale Vorgehen weiteres Vorbringen der Klägerin zu den Kernfragen des Rechtsstreits abgeschnitten hat, liegt hierin nicht nur ein Verstoß gegen Verfahrensrecht, sondern eine Verletzung des Grundrechts der Klägerin aus Art. 103 Abs. 1 GG.

2. Hierauf kann das Berufungsurteil beruhen.

a) Die Klägerin hätte, wie in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ausgeführt ist, nach Erteilung gebotenen Hinweises vorgetragen, dass die fachgerechte Montage von Fenster- und Türelementen die wind- und dampfdichte Abdichtung einschließe, und dass nach der Verkehrsanschauung Angebote und Aufträge, die die Position "Einbau" oder "Montage" enthielten, die Herstellung einer solchen Abdichtung voraussetzten und mit einschlössen. Sie hätte diese Behauptungen unter Beweis durch Sachverständigengutachten gestellt. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht, hätte es solchen Vortrag beachtet und zu den technischen Vorfragen hinsichtlich der bei der Fenstermontage für die jeweiligen Gewerke sich stellenden Aufgaben jedenfalls eine Anhörung des Sachverständigen vorgenommen, zu einer anderen Beurteilung des Pflichtenumfangs der Beklagten gelangt wäre.

Bei der Ermittlung des vertraglichen Leistungsumfangs kann die Vereinbarung der Pflicht zur Montage von Fenstern die Auslegung nahe legen, dass die Fenster in voll funktionsfähigen Zustand gebracht, also wind- und dampfdicht ausgeführt werden müssen. Wenn demgegenüber im Hinblick auf die Vereinbarung einer weiteren Position "dreiseitiges Ausschäumen" eine auf einen erheblich geringeren Leistungsumfang gerichtete Auslegung der Vertragspflichten in Betracht gezogen werden soll, so kann dies aus Rechtsgründen nur nach einer umfassenden interessengerechten Würdigung aller Umstände in Frage kommen. Die Schaffung der hierfür erforderlichen Tatsachengrundlage setzt vor allem voraus, dass die Parteien die ihnen verfahrens- und verfassungsrechtlich zustehende Gelegenheit zu Vortrag, Stellungnahme und dazu haben, mit dem Sachverständigen die technischen Vorfragen im einzelnen zu erörtern.

b) Soweit es um die Mangelhaftigkeit der Dachkonstruktion des Wintergartens geht, hätte die Klägerin auf einen gebotenen Hinweis entsprechend ihrem Vorbringen in der Nichtzulassungsbeschwerde vorgetragen, dass die von der Beklagten gewählte Konstruktion mangelbehaftet sei, und dafür Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angeboten oder die mündliche Anhörung des Sachverständigen beantragt. Auch insoweit kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht, hätte die Klägerin ergänzenden Vortrag gebracht und das Gericht diesen berücksichtigt und gegebenenfalls Beweise erhoben, insbesondere eine Anhörung des Sachverständigen angeordnet, zu einer für die Klägerin günstigeren Beurteilung des Umfangs der Vertragspflichten der Beklagten und der Mangelhaftigkeit ihrer Leistungen gelangt wäre.

3. Das Berufungsurteil war daher gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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