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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 13.08.2009
Aktenzeichen: VII ZR 115/08
Rechtsgebiete: ZPO, GG


Vorschriften:

ZPO § 544 Abs. 7
GG Art. 103 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat

am 13. August 2009

durch

den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka,

den Richter Dr. Kuffer,

den Richter Bauner,

die Richterin Safari Chabestari und

den Richter Dr. Eick

beschlossen:

Tenor:

Der Beschwerde des Klägers wird teilweise stattgegeben.

Das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 7. Mai 2008 wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Abweisung der Klage in Höhe von 25.414,37 EUR nebst Zinsen durch das Versäumnisurteil des Landgerichts Stralsund vom 26. Januar 2004 aufrechterhalten und soweit die hilfsweise geltend gemachte Klageforderung in Höhe von 21.360,85 EUR abgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen.

Gegenstandswert der Nichtzulassungsbeschwerde: 72.777,44 EUR; des stattgebenden Teils: 46.775,22 EUR

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt die Beklagten wegen unzureichender Bauüberwachung auf Schadensersatz in Anspruch.

Der Kläger beauftragte die Beklagten mit der "Ausschreibung, Vergabe noch fehlender Leistungen und Bauleitung ab 21.9.1998; schlüsselfertige Herstellung" bei der Restaurierung eines denkmalgeschützten Hauses. Als Vertreter des Klägers schlossen die Beklagten einen schriftlichen Bauvertrag mit der D. GmbH über "Dachdichtungs- und Zimmerarbeiten Dachstuhl". Nach Ziffer 6 des Bauvertrags sollten Abschlagszahlungen "lt. Baufortschritt und gemeinsam erstelltem Aufmaß, jedoch nicht unter einer Bruttosumme von 10.000 DM" erfolgen. Der Kläger leistete Abschlagszahlungen in Höhe von 4.200 DM und 33.756 DM. Auf eine weitere Abschlagsrechnung über 29.000 DM zahlte der Kläger nicht, da es zu einem Wassereinbruch im Dachgeschoss gekommen war, der zu erheblichen Schäden geführt und beim Kläger Zweifel an der Vertragsgemäßheit der bisher erbrachten Leistungen der D. GmbH geweckt hatte.

Am 8. Februar 1999 gab es eine Baubesprechung, an der auch der Kläger teilnahm. In dem von den Beklagten über die Besprechung erstellten Protokoll heißt es:

"1.5

Die Arbeiten werden bei Eingang der Zahlungen an die Firmen D. GmbH und Bauservice T. S. fortgesetzt."

Mit Schreiben vom 10. Februar 1999 teilten die Beklagten der D. GmbH mit, dass weitere Zahlungen nur erfolgen würden, wenn die Arbeiten kurzfristig weitergeführt würden. Die D. GmbH verlangte daraufhin Zahlung bis zum 13. Februar 1999, mahnte den Kläger am 15. Februar 1999 zur Zahlung der Abschlagsrechnung in Höhe von 29.000 DM und stellte am 16. Februar 1999 die Arbeiten wegen fehlender Zahlung ein.

Über das Vermögen der D. GmbH wurde am 17. November 1999 das Insolvenzverfahren eröffnet.

Der Kläger begehrt von den Beklagten Schadensersatz in Höhe von 60.946,24 EUR. Der Betrag setzt sich zusammen aus 77.087,80 DM = 39.414,37 EUR erforderliche Kosten für die noch durchzuführende Mängelbeseitigung, 40.135,14 DM = 20.520,77 EUR bereits zur Mängelbeseitigung angefallene Gerüstkosten und 1.977,54 DM = 1.011,10 EUR für eine vorgenommene Imprägnierung. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers, mit der er zusätzlich die Feststellung der Ersatzpflicht hinsichtlich allen weiteren Schadens beantragt und die Klageforderung hilfsweise mit Kosten für Sicherungsmaßnahmen in Höhe von 41.778,19 DM = 21.360,85 EUR und für die Entsorgung des Bitumendachs in Höhe von 2.875,76 DM = 1.470,35 EUR begründet hat, hat das Berufungsgericht die Beklagten verurteilt, an den Kläger 14.000 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Darüber hinaus ist die Berufung erfolglos geblieben. Mit der Revision, deren Zulassung der Kläger begehrt, verfolgt er seine in der Berufungsinstanz gestellten Anträge weiter.

II.

Das Berufungsurteil beruht auf einer Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör, soweit das Berufungsgericht einen Anspruch des Klägers auf Schadensersatz in Höhe von 25.414,37 EUR aberkannt hat.

1.

Das Berufungsgericht hat dem Kläger Schadensersatz nur in Höhe von 14.000 EUR zuerkannt. Hinsichtlich einer Reihe von behaupteten Mängeln, die das Berufungsgericht durch Bezugnahme auf das von ihm eingeholte Sachverständigengutachten näher bezeichnet, könne eine Pflichtverletzung nicht festgestellt werden. Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen, die dieser auch im Termin der mündlichen Verhandlung schlüssig und nachvollziehbar habe erläutern können, handele es sich hierbei um unfertige Restarbeiten, die durch die Erbringung der fehlenden Leistungsteile fertiggestellt werden könnten. Dass dies bisher nicht erfolgt sei, beruhe nicht auf einer mangelhaften Bauüberwachung, sondern darauf, dass die D. GmbH ihre Tätigkeit auf der Baustelle eingestellt habe.

2.

Das Berufungsgericht befasst sich nicht mit dem Vortrag des Klägers, mit den Beteiligten sei ausdrücklich besprochen gewesen, dass das gesamte Sprengewerk nicht verändert, sondern lediglich ausgetauscht werden sollte, da eine Veränderung eine Statik erfordert hätte. Mit der D. GmbH sei vereinbart gewesen, dass die Verbindung der Balken des Daches entsprechend dem Altzustand mit Holzzapfen erfolgen solle. Dies sei mit den vom Sachverständigen vorgeschlagenen Einzelmaßnahmen nicht mehr herstellbar. Der Dachstuhl müsse vollständig abgerissen und neu erbaut werden. Die dafür notwendigen Kosten überstiegen bei Weitem die Klageforderung.

3.

Darin liegt, wie die Nichtzulassungsbeschwerde zu Recht rügt, ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG. Ein solcher Verstoß liegt vor, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht nicht seiner Pflicht nachgekommen ist, entscheidungserhebliche Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das muss angenommen werden, wenn das Gericht zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, trotz entsprechenden Parteivortrags in den Entscheidungsgründen nicht Stellung nimmt (BVerfG, NJW-RR 1995, 1033).

So liegt der Fall hier. Der Kläger hat zwar in erster Linie geltend gemacht, dass das geschuldete Werk durch bestimmte, im Privatgutachten des Sachverständigen B. bezeichnete ingenieurmäßige Maßnahmen herzustellen sei, und hat auf dieser Grundlage die Mängelbeseitigungskosten berechnet. Er hat sein Begehren jedoch auch darauf gestützt, dass die Verbindungen an den Knotenpunkten des Dachstuhls zimmermannsmäßig herzustellen seien und insoweit ein Mangel vorliege, der nur durch Neuherstellung des Dachstuhls zu beseitigen sei. Diesen Gesichtspunkt durfte das Berufungsgericht nicht unerörtert lassen.

4.

Der Gehörsverstoß ist entscheidungserheblich. Es ist nicht auszuschließen, dass dem Kläger der für die noch durchzuführende Mängelbeseitigung geltend gemachte Betrag unter dem Gesichtspunkt zusteht, dass der Dachstuhl mit zimmermannsmäßigen Verbindungen neu hergestellt werden muss.

III.

Das Berufungsurteil war auch gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben, soweit das Berufungsgericht den hilfsweise erhobenen Anspruch auf Erstattung der Kosten für Sicherungsmaßnahmen in Höhe von 21.360,85 EUR zurückgewiesen hat.

1.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, soweit der Kläger in der Berufung hilfsweise Schadensersatzansprüche wegen Sicherungsarbeiten geltend mache, sei dies, ungeachtet dessen, dass ein substantiierter Vortrag zu durch Pflichtverletzung entstandenen Mängeln nicht vorliege, gemäß § 531 Abs. 2 ZPO verspätet.

2.

Diese Ausführungen lassen bereits nicht erkennen, ob das Berufungsgericht das auf die neue Begründung gestützte Klagebegehren zurückweisen wollte oder den dieses Begehren stützenden Vortrag. Der Hinweis auf § 531 Abs. 2 ZPO lässt vermuten, dass es den Vortrag zurückweisen wollte. Insoweit fehlt es allerdings an einer nachvollziehbaren Begründung, inwieweit neues Vorbringen vorliegt. Die Beschwerde weist zutreffend darauf hin, dass jedenfalls ihr unstreitiges Vorbringen hätte berücksichtigt werden müssen. Nicht verständlich ist, dass das Berufungsgericht Vortrag zu durch die Pflichtverletzung der Beklagten entstandenen Mängeln vermisst. Dies lässt darauf schließen, dass es im Zusammenhang mit der hilfsweise geltend gemachten Forderung den umfangreichen Vortrag des Klägers zu den Mängeln unberücksichtigt gelassen hat.

3.

Auch insoweit kann der Gehörsverstoß entscheidungserheblich sein. Es ist nicht auszuschließen, dass die Klage aufgrund des vom Berufungsgericht zu berücksichtigenden Vortrags begründet ist, soweit sie hilfsweise auf die Kosten der Sicherungsmaßnahmen gestützt ist.

IV.

Die weitergehende Beschwerde war zurückzuweisen.

1.

Bedenken gegen die Abweisung des Feststellungshilfsantrags rechtfertigen die Zulassung nicht, weil insoweit ein Zulassungsgrund nicht dargelegt ist. Das Berufungsgericht hat sich in der Sache lediglich mit dem Hauptantrag auseinandergesetzt und insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass dieser keinen Erfolg haben kann, weil nicht ersichtlich ist, welche Mängel über die bereits festgestellten hinaus noch zu einem Schaden führen könnten. Die Beschwerde setzt sich mit dieser Begründung nicht auseinander, sondern macht lediglich geltend, es sei offensichtlich, dass durch die entstandenen Mängel noch ein weiterer Schaden entstehen könne. Die Beschwerde rügt insbesondere nicht, dass das Berufungsgericht den Hilfsantrag übersehen und damit gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör verstoßen habe.

2.

Im Übrigen (Abweisung der Klage auf Ersatz der Gerüst- und Imprägnierungskosten und der Kosten für die Entsorgung des Bitumendachs) wird von einer Begründung der Entscheidung über die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbs. ZPO).

V.

Wegen der Gehörsverletzung ist das Berufungsurteil gemäß § 544 Abs. 7 ZPO teilweise aufzuheben und die Sache insoweit zurückzuverweisen.

Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, Beweis darüber zu erheben, ob die Herstellung des Daches in der vom Kläger behaupteten Weise vertraglich geschuldet war, und gegebenenfalls mit Hilfe des Sachverständigen zu ermitteln, wie und mit welchem Kostenaufwand die Mängel der vertragsgemäßen Leistung zu beseitigen sind.

Ende der Entscheidung

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