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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 23.02.2006
Aktenzeichen: VII ZR 168/04
Rechtsgebiete: HOAI


Vorschriften:

HOAI § 3 Nr. 12
HOAI § 4 Abs. 1
HOAI § 51
HOAI § 51 Abs. 2
HOAI § 51 Abs. 2 Nr. 1
HOAI § 52 Abs. 7 Nr. 6
HOAI § 53
HOAI § 54
HOAI § 55
HOAI § 55 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

VII ZR 168/04

Verkündet am: 23. Februar 2006

in dem Rechtsstreit

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. Januar 2006 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler, die Richter Dr. Haß, Hausmann, Dr. Wiebel und Prof. Dr. Kniffka

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Kammergerichts vom 28. Mai 2004 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu ihrem Nachteil entschieden worden ist.

Die Sache wird in diesem Umfang zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt Vergütung für Planungsleistungen als Mindesthonorar nach der HOAI.

Die Beklagte beauftragte 1996 die Klägerin, für eine Bundesautobahn die wegweisende sowie verkehrsführende Beschilderung und Markierung nach der StVO, die Schutz- und Leiteinrichtungen sowie die Langzeitzählstellen zu planen. Die Parteien vereinbarten ein Pauschalhonorar. Im Revisionsverfahren streiten sie nur noch darüber, ob die Honorarvereinbarung gemäß § 4 Abs. 1 HOAI unwirksam ist und die Klägerin deshalb ein Honorar nach den Mindestsätzen der HOAI verlangen kann. Auf dieser Grundlage errechnete die Klägerin zuletzt ein noch offenes Honorar in Höhe von 224.912,57 €, von dem sie einen erststelligen Teilbetrag in Höhe von 139.856,28 € mit der Klage geltend macht.

Das Landgericht hat der Klage nur in geringem Umfang stattgegeben. Das Berufungsgericht hat das Urteil des Landgerichts geringfügig abgeändert. Es hat der Klägerin einen von der Beklagten vorgenommenen Einbehalt und ein weiteres Honorar aus einem Zusatzauftrag, mithin insgesamt 26.201,96 € und Zinsen zugesprochen; die weitergehende Berufung der Klägerin hat es zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter, soweit die Klage abgewiesen worden ist.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg.

Auf das Schuldverhältnis finden die bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetze Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

I.

Das Berufungsgericht, dessen Urteil in BauR 2005, 745 f. veröffentlicht ist, hat die Honorarvereinbarung als wirksam angesehen. Die HOAI finde auf den Vertrag keine Anwendung. Es bestünden keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die von der Klägerin geschuldeten Leistungen in den Leistungsbildern der HOAI beschrieben seien. Es sei zwischen Grundleistungen und Besonderen Leistungen zu unterscheiden; für Besondere Leistungen könne, wenn diese nicht im Zusammenhang mit Grundleistungen vergeben würden, ein Honorar frei vereinbart werden. Dem Preisrecht der HOAI sei ein Honoraranspruch dann unterstellt, wenn es um "konstruktive Ingenieurbauwerke für Verkehrsanlagen" gehe; dies sei hier nicht der Fall. Es sprächen auch keine weiteren Anhaltspunkte für die Anwendung des Preisrechts. Die hier fraglichen Anlagen seien weder als Grundleistung noch als Besondere Leistung in § 55 HOAI erwähnt; sie seien auch nicht in den Definitionen und Katalogen der Honorarzonen (§ 53 HOAI) oder der Objektliste für Verkehrsanlagen (§ 54 HOAI) aufgeführt. § 52 Abs. 7 Nr. 6 HOAI spreche für die Nichteinbeziehung dieser Leistungen in die HOAI, denn daraus ergebe sich, dass die Planung des Zubehörs nicht notwendig zu den Aufgaben des Verkehrsplaners gehöre. Schließlich begründe die Planung einzelner Teile einer Verkehrsanlage auch nach § 51 Abs. 2 HOAI keine Anwendung des Preisrechts, denn diese Vorschrift sei nur eine Legaldefinition.

II.

Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat den Anwendungsbereich der HOAI verkannt. Seine bisherigen Feststellungen rechtfertigen nicht die Beurteilung, dass die Parteien nicht an das Preisrecht der HOAI gebunden waren.

1. Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die HOAI auf vertraglich vereinbarte Leistungen eines Auftragnehmers anwendbar ist, die in den Leistungsbildern der HOAI beschrieben sind (vgl. BGH, Urteil vom 28. Mai 2000 - VII ZR 125/99, BauR 2000, 1512 = ZfBR 2000, 481 = NZBau 2000, 473). Zu den Leistungsbildern der HOAI gehört gemäß § 55 HOAI die Objektplanung für Ingenieurbauwerke und Verkehrsanlagen. Letztere sind nach § 51 Abs. 2 Nr. 1 HOAI Anlagen des Straßenverkehrs mit Ausnahme von Freianlagen im Sinne des § 3 Nr. 12 HOAI. Die HOAI ist danach anwendbar, wenn und soweit ein Auftragnehmer mit der Planung einer Anlage des Straßenverkehrs beauftragt ist. Nicht erforderlich ist es, dass ihm die Planung der Anlage insgesamt übertragen ist. Es genügt, wenn der Auftrag gegenständlich auf Teile einer Verkehrsanlage beschränkt ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2006 - VII ZR 2/04, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist es ohne Bedeutung, ob die Voraussetzungen eines konstruktiven Ingenieurbauwerks für Verkehrsanlagen vorliegen. § 51 HOAI unterscheidet zwischen Ingenieurbauwerken und Verkehrsanlagen. Zu Unrecht vermisst das Berufungsgericht ferner, dass die in Auftrag gegebene Leistung in den §§ 53, 54 HOAI genannt ist. Die Aufzählung in diesen Vorschriften gibt nichts zu der Frage her, was im einzelnen Gegenstand der Planung einer Verkehrsanlage ist.

2. a) Unter einer Anlage des Straßenverkehrs im Sinne des § 51 Abs. 2 Nr. 1 HOAI ist nach dem allgemeinen Sprachgebrauch eine funktionsfähige Anlage zu verstehen. Teil einer Anlage des Straßenverkehrs sind alle Gegenstände, die dem vorausgesetzten Gebrauch der Anlage zum Zweck des Straßenverkehrs dienen. Sie umfasst insbesondere diejenigen Ausstattungsgegenstände, die aus konstruktiven oder rechtlichen Gründen für ihre Nutzung erforderlich sind.

Das Leistungsbild "Objektplanung für eine Verkehrsanlage" ist nach der Systematik der HOAI lediglich insoweit eingeschränkt, als Ingenieurbauwerke und andere Objekte, die zu einem anderen in der HOAI geregelten Leistungsbild gehören, nicht zugleich dem Leistungsbild "Verkehrsanlage" unterfallen (vgl. BGH, Urteil vom 30. September 2004 - VII ZR 192/03, BGHZ 160, 284 ff.).

b) Es sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass der Begriff einer Anlage des Straßenverkehrs in § 51 Abs. 2 Nr. 1 HOAI eine dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht entsprechende Bedeutung hat. Dies wäre Voraussetzung für eine davon abweichende Auslegung dieses Begriffs (vgl. Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl., S. 141). Die Entstehungsgeschichte und die Systematik der HOAI enthalten keinen Hinweis auf ein anderes Verständnis. § 52 Abs. 7 Nr. 6 HOAI lässt keine Schlussfolgerung darauf zu, ob die Ausstattung und die Nebenanlagen von Straßen zum Leistungsbild der Verkehrsanlage gehören. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist auch aus dem Umstand, dass die vereinbarten Planungsleistungen in § 55 Abs. 2 HOAI nicht erwähnt sind, nicht herzuleiten, dass sie nicht zum Leistungsbild der Verkehrsanlage zu rechnen sind. § 55 Abs. 2 HOAI erfasst unter den Grundleistungen die Planungsschritte, besagt aber nichts darüber, was im Einzelnen zu planen ist. Die Aufzählung der Besonderen Leistungen ist nicht abschließend.

3. Das Berufungsurteil enthält keine hinreichenden Feststellungen, um abschließend zu beurteilen, ob und gegebenenfalls inwieweit die Planungsleistungen der Klägerin Teile einer Anlage des Straßenverkehrs in dem oben ausgeführten Sinne betreffen.

III.

Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben. Das Berufungsgericht wird die erforderlichen Feststellungen nachzuholen haben. Es wird berücksichtigen müssen, dass eine Beschilderung nach der StVO für den Betrieb einer Autobahn erforderlich und ihre Planung zu den Grundleistungen zu rechnen sein dürfte. Gleiches dürfte für Schutz- und Leiteinrichtungen sowie die wegweisende Beschilderung gelten. Soweit es um die Planung der Verkehrszählleitstellen geht, bleibt zu prüfen, ob sie, sollte auch sie zum Leistungsbild gehören, zu den Grundleistungen oder Besonderen Leistungen zählt.

Ende der Entscheidung

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