Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 11.10.2007
Aktenzeichen: VII ZR 235/05 (1)
Rechtsgebiete: MaBV, BGB


Vorschriften:

MaBV § 4 Abs. 1 Nr. 2
MaBV § 6 Abs. 1
BGB § 134
Die sicherungshalber erfolgende Vorausabtretung der dem Bauträger gegen einen Erwerber zustehenden Vergütungsforderung an die finanzierende Bank ist grundsätzlich nicht wegen Verstoßes gegen § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 6 Abs. 1 MaBV i. V. m. § 12 MaBV, § 134 BGB unwirksam.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

VII ZR 235/05

Verkündet am: 11. Oktober 2007

in dem Rechtsstreit

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 27. September 2007 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler, die Richter Dr. Kuffer und Bauner, die Richterin Safari Chabestari und den Richter Dr. Eick

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 28. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 30. August 2005 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von dem beklagten Insolvenzverwalter die Übertragung des Eigentums an zwei Eigentumswohnungen.

Die Klägerin erwarb im Jahr 1996 die Wohnungen Nr. 1 und 4 einer von der Schuldnerin (im Folgenden: Beklagte) zu errichtenden Wohnanlage. In den notariellen Erwerbsverträgen war für die Wohnung Nr. 1 ein Erwerbspreis von 227.561 DM und für die Wohnung Nr. 4 von 216.972 DM vereinbart. Die Vergütung war entsprechend dem Baufortschritt in Raten zu zahlen. Das Objekt ist vollständig fertig gestellt.

Die Beklagte hatte die Vergütungsforderungen bereits vor Abschluss der Erwerbsverträge an die sie finanzierende R.-Bank als Sicherheit für bestehende und künftige Forderungen aus der Geschäftsverbindung abgetreten. Die Abtretung wurde der Klägerin nach Vertragsschluss angezeigt. Nachdem diese die ersten Raten für die Wohnung Nr. 1 in Höhe von 68.268,30 DM und die Wohnung Nr. 4 in Höhe von 65.091,60 DM an die R.-Bank gezahlt hatte, leistete sie weitere Ratenzahlungen in Höhe von insgesamt 103.540,25 DM (Wohnung Nr. 1) und 105.079,90 DM (Wohnung Nr. 4) auf ein Konto der Beklagten bei der V.-Bank, für das ihr Ehemann eine Kontokorrentbürgschaft übernommen hatte. In Höhe eines Betrages von 16.424,42 DM rechnete die Klägerin gegenüber der für die Wohnung Nr. 4 geschuldeten Vergütungsforderung mit einer an sie abgetretenen, ihrem Ehemann gegen die Beklagte zustehenden Forderung auf.

Anfang 1997 schlossen die Parteien zwei notariell beurkundete Verträge, in denen der Preis für die Wohnung Nr. 1 auf 130.780,50 DM und für die Wohnung Nr. 4 auf 108.486 DM herabgesetzt und vereinbart wurde, dass die Klägerin den Innenausbau selbst durchführen solle. In der Folgezeit nahm die Beklagte dennoch den Innenausbau vor.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, das Eigentum an beiden Wohnungen an die Klägerin aufzulassen und die Eintragung im Grundbuch zu bewilligen. Sie ist der Auffassung, die Vergütungsforderungen der Beklagten seien durch die erbrachten Zahlungen und die unstreitige Aufrechnung vollständig erfüllt. Hilfsweise erklärt sie mit weiteren Gegenforderungen im Umfang von insgesamt 107.599,17 DM die Aufrechnung.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin habe den vereinbarten Erwerbspreis nicht vollständig bezahlt; bei den Änderungsverträgen handele es sich um gemäß § 117 Abs. 1 BGB nichtige Scheingeschäfte. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag mit dem Inhalt weiter, den Notar anzuweisen, die zur Eintragung der Klägerin als Eigentümerin beurkundeten Erklärungen beim Grundbuchamt zum Vollzug der Eigentumsumschreibung einzureichen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg.

Auf das Schuldverhältnis finden die bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetze Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

I.

Das Berufungsgericht führt aus, die Klägerin habe die vereinbarte Vergütung für die Wohnungen Nr. 1 und 4 bislang nicht vollständig erbracht. Bei den notariell beurkundeten Änderungsverträgen handele es sich um nach § 117 Abs. 1 BGB nichtige Scheingeschäfte.

Die Klägerin habe Zahlungen nach Kenntnis der Abtretung nicht mit befreiender Wirkung an die Beklagte leisten können. Die Vorausabtretung der Vergütungsforderungen an die R.-Bank sei nicht wegen Verstoßes gegen § 6 Abs. 1 MaBV unwirksam. In den Erwerbsverträgen sei vereinbart gewesen, dass die Raten entsprechend dem Baufortschritt zu zahlen seien. Bei einer derartigen Vertragsgestaltung sei gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 MaBV eine getrennte Vermögensverwaltung nicht notwendig.

II.

Dies hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

1. Das Berufungsgericht geht im Ergebnis zutreffend davon aus, dass den nach Anzeige der Abtretung geleisteten Zahlungen der Klägerin auf ein Konto der Beklagten bei der V.-Bank keine schuldbefreiende Wirkung zukommt.

a) Entgegen der Auffassung der Revision ist die Vorausabtretung der gegen die Klägerin gerichteten Vergütungsforderungen an die R.-Bank nicht wegen Verstoßes gegen § 4 Abs. 1 Nr. 2 MaBV i.V.m. § 12 MaBV, § 134 BGB unwirksam.

aa) Das Berufungsgericht nimmt, von der Revision unbeanstandet, an, dass die Beklagte die Verträge mit der Klägerin über die Veräußerung der Eigentumswohnungen in Ausübung ihrer gewerblichen Tätigkeit im Sinne des § 34 c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GewO geschlossen hat.

bb) Die Beklagte hat sich der nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 MaBV bestehenden Verwendungspflicht nicht von vornherein dadurch entzogen, dass sie die gegen die Klägerin gerichteten Vergütungsforderungen aus den Erwerbsverträgen an die R.-Bank abgetreten hat. Durch diese Abtretung zur Sicherung bestehender und künftiger Forderungen aus der Geschäftsverbindung mit der Bank wird die nach § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 12 MaBV zwingende Verpflichtung des Gewerbetreibenden zur zweckentsprechenden Verwendung der vom Auftraggeber erhaltenen Vermögenswerte nicht beschränkt oder ausgeschlossen.

(1) Der Gewerbetreibende erhält Vermögenswerte des Auftraggebers im Sinne des § 4 Abs. 1 MaBV auch dann, wenn dieser die nach dem Vertrag geschuldete Vergütung nach Abtretung der Forderung weisungsgemäß unmittelbar an den Zessionar zahlt und damit die Darlehensschuld des Gewerbetreibenden gegenüber dem Zessionar tilgt (vgl. BR-Drucks. 786/73, S. 3). Dieses Verständnis des § 4 Abs. 1 Nr. 2 MaBV entspricht dem mit der Makler- und Bauträgerverordnung verfolgten Zweck, sämtliche dem Gewerbetreibenden zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu erfassen, in den Besitz von Vermögenswerten des Auftraggebers zu gelangen (vgl. Marcks, MaBV, 7. Aufl., § 2 Rdn. 4; ders., DNotZ 1974, 524, 527).

Der Vermögenswert, den der Gewerbetreibende durch die Zahlung des Auftraggebers an den Zessionar erhält, besteht darin, dass er in Höhe der an den Zessionar geleisteten Zahlungen des Auftraggebers von seiner gegenüber dem Zessionar bestehenden Verbindlichkeit frei wird (vgl. MünchKomm BGB/Lieb, 4. Aufl., § 812 Rdn. 142). Das bedeutet bei wirtschaftlicher Betrachtung, dass den vom Zessionar, hier der Bank, zugeflossenen Darlehensmitteln in Höhe der vom Auftraggeber geleisteten Zahlung kein Rückzahlungsanspruch mehr gegenübersteht. Dem Gewerbetreibenden wächst in dieser Höhe somit ein Vermögenswert zu.

(2) Es bedarf nicht der ausdrücklichen Vereinbarung einer Zweckbindungsklausel im Abtretungsvertrag mit dem Zessionar (so aber OLG Jena, OLGR 2006, 381; vgl. dazu Basty, ZfIR 1997, 587, 589 und Everts in: Grziwotz (Hrsg.), MaBV, § 5 Rdn. 5). Der Gewerbetreibende ist unabhängig von einer solchen Zweckvereinbarung im Sicherungsvertrag nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 MaBV verpflichtet, den Vermögenswert, den er aufgrund der vom Auftraggeber an den Zessionar erbrachten Zahlung erlangt, nämlich die nicht mehr mit dem Rückzahlungsanspruch belasteten Darlehensmittel, ausschließlich zur Vorbereitung und Durchführung des Bauvorhabens einzusetzen, auf das sich der Auftrag bezieht, der der abgetretenen Vergütungsforderung zugrunde liegt. Diese Verpflichtung beschränkt der Gewerbetreibende durch die Abtretung nicht im Sinne des § 12 MaBV, der eine beschränkende Abrede mit dem Auftraggeber voraussetzen würde.

(3) Der Erfüllung dieser Verpflichtung steht die Vorausabtretung zur Sicherung an eine Bank, die durch die von ihr gewährten Kredite das Bauvorhaben finanziert und seine Durchführung ermöglicht, auch dann nicht in einer rechtlich relevanten Weise entgegen, wenn die Vorausabtretung, wie es hier der Fall ist, in der im Kreditgeschäft üblichen Weise zur Sicherung der aus der Geschäftsverbindung resultierenden gegenwärtigen und künftigen Forderungen erfolgt. Denn auch in dieser Form sind die Vorausabtretung und die ihr zugrunde liegende Sicherungsabrede nicht mit der Rechtsfolge des § 134 Abs. 1 BGB darauf gerichtet, dem Gewerbetreibenden die Erfüllung seiner Verpflichtung aus § 4 Abs. 1 MaBV unmöglich zu machen. Die Vorausabtretung birgt auch kein dem Sicherungszweck dieser Norm entgegenstehendes Risiko dafür, dass die Zahlungen des Auftraggebers keine zweckgerichtete Verwendung finden, ohne dass der Gewerbetreibende hierauf noch in Erfüllung seiner Pflichten Einfluss nehmen könnte. Denn da die Bank diese gesetzlichen Pflichten des Gewerbetreibenden kennt und im Rahmen dieser Kenntnis eine Vergütungsforderung zur Sicherung der Finanzierung des Bauträgervorhabens erwirbt, die durch § 4 Abs. 1 MaBV geschützt ist, übernimmt sie ungeachtet des weitergehenden Wortlauts der Vorausabtretungsvereinbarung die diesem Sicherungsgeschäft immanente Verpflichtung, eingehende Zahlungen des Erwerbers vorrangig im Rahmen der Finanzierung des konkreten Bauvorhabens einzusetzen, insbesondere zur Tilgung von Krediten, die für die Durchführung dieses Bauvorhabens ausgegeben wurden.

b) Die Abtretung der gegen die Klägerin gerichteten Vergütungsforderungen an die R.-Bank zur Sicherung der dieser aus der Geschäftsverbindung mit der Beklagten zustehenden Ansprüche verstößt auch nicht gegen § 6 Abs. 1 MaBV. Danach hat der Gewerbetreibende Vermögenswerte des Auftraggebers, die er zur Ausführung des Auftrags erhält, von seinem Vermögen und dem seiner sonstigen Auftraggeber getrennt zu verwalten, soweit es sich nicht um vertragsgemäß im Rahmen des § 3 Abs. 2 oder 3 MaBV geleistete Zahlungen handelt.

Die Beklagte hat diese Verpflichtung unabhängig davon, ob die Parteien in den Erwerbsverträgen eine den Vorgaben des § 3 Abs. 2 MaBV entsprechende Ratenzahlungsvereinbarung getroffen haben, nicht bereits dadurch verletzt, dass sie die gegenüber der Klägerin bestehende Vergütungsforderung zur Sicherheit an die R.-Bank abgetreten hat. Der Zweck der nach § 6 Abs. 1 Satz 1 MaBV bestehenden Pflicht zur getrennten Verwaltung der vom Auftraggeber erhaltenen Vermögenswerte liegt darin sicherzustellen, dass diese dem Zugriff anderer Gläubiger des Gewerbetreibenden entzogen werden, und zu gewährleisten, dass diese Vermögenswerte zweckentsprechend zur Ausführung des beauftragten Bauvorhabens verwendet werden (vgl. Heinemann in: Grziwotz (Hrsg.), MaBV, § 6 Rdn. 1; Marcks, MaBV, 7. Aufl., § 6 Rdn. 1). Dieser Zwecksetzung steht die Vorausabtretung an die Bank nicht entgegen, die in dem oben dargestellten rechtlichen Rahmen erfolgt (vgl. a bb), um als notwendige Sicherheit die wirtschaftlichen Grundlagen dafür zu schaffen, dass das Bauvorhaben durchgeführt werden kann und die Zahlungen der Erwerber ihr wirtschaftliches Ziel erreichen.

2. Der Senat hat die Verfahrensrügen der Revision gegen die Feststellungen geprüft, die der Beurteilung des Berufungsgerichts zugrunde liegen, die Verträge zur Herabsetzung des Erwerbspreises seien als Scheingeschäfte im Sinne des § 117 Abs. 1 BGB nichtig. Der Senat hat die Rügen nicht für revisionsrechtlich durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO).

Ende der Entscheidung

Zurück