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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 11.12.2008
Aktenzeichen: VII ZR 235/06
Rechtsgebiete: HOAI


Vorschriften:

HOAI § 3
HOAI § 5 Abs. 2
HOAI § 52 Abs. 1
a) Die in einem Auftrag enthaltenen Leistungen eines Ingenieurs für eine Anlage des Straßenverkehrs sind gemeinsam abzurechnen. Dies gilt auch dann, wenn der Planungsauftrag nicht umfassend ist, sondern nur Teilplanungsleistungen, die die Planung einzelner Gewerke betreffen, in Auftrag gegeben worden sind.

b) Sind für diese Teilplanungsleistungen nicht alle Grundleistungen in Auftrag gegeben, muss das Honorar nach § 5 Abs. 2 HOAI gemindert werden. Sind unterschiedliche Grundleistungen für die verschiedenen Planungsbereiche in Auftrag gegeben, so muss eine sich an § 5 Abs. 2 HOAI orientierte Gewichtung stattfinden.

c) Das Objekt im Sinne der §§ 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 HOAI wird durch den Vertragsgegenstand bestimmt; das gilt auch hinsichtlich der Einordnung eines Objekts in eine Honorarzone (im Anschluss an BGH, Urteil vom 12. Januar 2006 - VII ZR 2/04, BGHZ 165, 382).


Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat

auf die mündliche Verhandlung vom 11. Dezember 2008

durch

den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka und

die Richter Dr. Kuffer, Bauner, Dr. Eick und Halfmeier

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Kammergerichts vom 17. November 2006 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt Vergütung für Planungsleistungen als Mindesthonorar nach der HOAI.

Die Beklagte beauftragte 1996 die Klägerin, die wegweisende sowie verkehrsführende Beschilderung und Markierung nach der StVO, die Schutz- und Leiteinrichtungen sowie die Langzeitzählstellen für eine Bundesautobahn zu planen. Die Parteien vereinbarten ein Pauschalhonorar.

Das Berufungsgericht hat mit Urteil vom 28. Mai 2004 die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 26.201,96 EUR und Zinsen zu zahlen. Dabei ist es davon ausgegangen, dass die Honorarvereinbarung wirksam sei, weil die beauftragten Leistungen nicht in den Anwendungsbereich der HOAI fielen. Auf die Revision der Klägerin hat der Senat dieses Urteil aufgehoben, soweit zu ihrem Nachteil entschieden worden ist, und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen, weil nach den getroffenen Feststellungen nicht beurteilt werden konnte, ob und gegebenenfalls inwieweit die Planungsleistungen der Klägerin Teile einer Anlage des Straßenverkehrs betreffen (BGH, Urteil vom 23. Februar 2006 - VII ZR 168/04, BauR 2006, 1010 = NZBau 2006, 384 = ZfBR 2006, 460).

Nachdem die Klägerin ursprünglich eine Teilklage erhoben hatte, hat sie zuletzt den gesamten Schlussrechnungsbetrag in Höhe von 196.363,28 EUR eingeklagt. In seinem zweiten Berufungsurteil hat das Berufungsgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin weitere 59.671,68 EUR, insgesamt also 85.873,64 EUR zu zahlen; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision möchte die Beklagte eine Klageabweisung auch insoweit erreichen, als sie zur Zahlung eines Betrages verurteilt worden ist, der über den im ersten Berufungsurteil ausgeurteilten Betrag hinausgeht.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Das Berufungsgericht führt aus, die Leistungen der Klägerin in den Bereichen wegweisende Beschilderung, verkehrsführende Beschilderung und Markierung nach der StVO sowie Schutz- und Leiteinrichtungen seien aus konstruktiven oder rechtlichen Gründen für die Nutzung einer Anlage des Straßenverkehrs im Sinne des § 51 Abs. 2 Nr. 1 HOAI erforderlich. Ihre Vergütung unterliege deshalb dem zwingenden Preisrecht der HOAI. Das insoweit vereinbarte Pauschalhonorar sei wegen Verstoßes gegen das Mindestpreisgebot des § 4 Abs. 4 HOAI unwirksam und es sei daher nach den Mindestsätzen der HOAI abzurechnen. Die Klägerin könne diese drei Gewerke getrennt abrechnen. Die Parteien hätten vertraglich durchgehend nach vier voneinander zu trennenden Gewerken differenziert. Dies stehe im Rahmen der Abrechnung einer Zusammenziehung zu einem gemeinsamen Objekt ebenso entgegen wie der Umstand, dass andernfalls nicht berücksichtigt werden könnte, dass für die verschiedenen Gewerke jeweils unterschiedliche Prozentsätze für die einzelnen Leistungsphasen vereinbart worden seien. Das Objekt sei in Honorarstufe III einzuordnen. Es sei auf die Schwierigkeit des Gesamtobjekts abzustellen und nicht auf die konkrete Aufgabe der Klägerin, die jedenfalls hinsichtlich der verkehrsführenden Beschilderung und Markierung einen geringeren Schwierigkeitsgrad aufweise.

Hinsichtlich der Leistungen betreffend die Langzeitzählstellen könne dahinstehen, ob diese zum Leistungsbild der HOAI gehörten, da die Parteien insoweit ein Festhonorar von 3.022,22 DM pro Stück (insgesamt daher für drei Stück 9.066,66 DM) vereinbart hätten, das auch nur geltend gemacht werde.

Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts lassen nicht die Beurteilung zu, dass die Honorarvereinbarung der Parteien gegen § 4 Abs. 2 HOAI verstößt.

1.

Ein Verstoß gegen das Verbot des § 4 Abs. 2 HOAI setzt voraus, dass der Betrag des nach den Mindestsätzen der HOAI berechneten Honorars höher ist als der Betrag des nach der vertraglichen Vereinbarung berechneten Honorars (BGH, Urteil vom 16. Dezember 2004 - VII ZR 16/03, BauR 2005, 735, 739 = NZBau 2005, 285 = ZfBR 2005, 355 ).

a)

Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht bei der Berechnung des nach der HOAI ermittelten Mindesthonorars für die drei Gewerke wegweisende Beschilderung, verkehrsführende Beschilderung und Markierung nach der StVO sowie Schutz- und Leiteinrichtungen eine getrennte Abrechnung vorgenommen. Hierfür bietet die HOAI keine Grundlage. Die in einem Auftrag enthaltenen Leistungen eines Ingenieurs für eine Anlage des Straßenverkehrs sind gemeinsam abzurechnen. Dies gilt auch dann, wenn der Planungsauftrag nicht umfassend ist, sondern nur Teilplanungsleistungen, die die Planung einzelner Gewerke betreffen, in Auftrag gegeben worden sind. Sind für diese Teilplanungsleistungen nicht alle Grundleistungen in Auftrag gegeben, muss das Honorar nach § 5 Abs. 2 HOAI gemindert werden. Sind unterschiedliche Grundleistungen für die verschiedenen Planungsbereiche in Auftrag gegeben, so muss eine sich an § 5 Abs. 2 HOAI orientierende Gewichtung stattfinden.

Dass die Planungsleistungen der Klägerin getrennt abzurechnen wären, ergibt sich entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung nicht aus § 52 Abs. 8 HOAI i.V.m. § 22 HOAI. Denn die Leistungen der Klägerin betreffen nicht mehrere Anlagen des Straßenverkehrs, sondern Teile einer einzigen Verkehrsanlage. Die Verkehrsanlagen ergeben sich aus § 51 Abs. 2 HOAI. Teile einer Verkehrsanlage sind unabhängig davon gemeinsam abzurechnen, ob sie eine funktionelle Einheit bilden. Der Verweis der Revisionserwiderung auf das Fehlen einer dem § 69 Abs. 1 HOAI entsprechenden Regelung verfängt schon deshalb nicht, weil die technische Ausrüstung gemäß § 68 HOAI in unterschiedliche Anlagen aufgeteilt ist.

Der gemeinsamen Abrechnung der von der Klägerin erbrachten Planungsleistungen steht entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht entgegen, dass dieser die anrechenbaren Kosten für den gesamten Autobahnabschnitt zugrunde gelegt werden müssten. Sind nur Teilplanungsleistungen beauftragt, muss die DIN 276 (1981) in angepasster Form angewandt werden. Dies ist zum einen in der Weise möglich, dass das Honorar nach den anrechenbaren Kosten des Vertragsgegenstandes errechnet wird. Möglich ist es zum anderen aber auch, von den nach DIN 276 (1981) ermittelten Gesamtkosten auszugehen und unter Berücksichtigung des Anteils der anrechenbaren Kosten des Vertragsgegenstandes eine Quote zu bilden (BGH, Urteil vom 12. Januar 2006 - VII ZR 2/04, BGHZ 165, 382, 389).

b)

Ob das vereinbarte Honorar das nach den Mindestsätzen der HOAI zu berechnende Honorar unterschreitet, kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts zudem nicht beurteilt werden, ohne dass festgestellt ist, ob die Langzeitzählstellen durch das Leistungsbild der Verkehrsanlage im Sinne des § 51 Abs. 2 Nr. 1 HOAI erfasst werden. Ist dies zu bejahen, muss ein einheitliches, nach den Mindestsätzen der HOAI berechnetes Honorar für alle von der Klägerin erbrachten Leistungen bestimmt werden. Erst der Vergleich dieses Honorars mit dem vereinbarten Honorar erlaubt die Beurteilung, ob die Honorarvereinbarung wirksam ist. Unerheblich ist es insofern, ob die Klägerin für ihre die Langzeitzählstellen betreffenden Leistungen gesondert nur ein geringeres Honorar geltend macht.

2.

Rechtsfehlerhaft sind auch die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht das Objekt in die Honorarstufe III eingestuft und es für unerheblich angesehen hat, dass "davon auszugehen sein dürfte", dass der Auftrag hinsichtlich der verkehrsführenden Beschilderung und Markierung einen niedrigeren Schwierigkeitsgrad aufweist. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es für die Einstufung in eine Honorarzone nicht auf das Gesamtobjekt, sondern auf die von der Klägerin bearbeiteten Teile an.

Der Senat hat entschieden, dass das Objekt im Sinne der §§ 3 Nr. 1, 10 Abs. 1 HOAI durch den Vertragsgegenstand bestimmt wird (Urteil vom 12. Januar 2006 - VII ZR 2/04, BGHZ 165, 382, 388 f.). Damit hat der Senat dem Grundsatz Rechnung getragen, dass sich der Wert und damit die Honorarwürdigkeit der Architektenleistung in den anrechenbaren Kosten widerspiegelt (BGH, Urteil vom 12. Januar 2006 - VII ZR 2/04, aaO, S. 390). Nichts anderes gilt hinsichtlich der Einordnung eines Objekts in eine Honorarzone gemäß § 53 HOAI. Die Systematik der Honorarberechnung dient dem Ziel, das Honorar in ein angemessenes Verhältnis zum Wert der Leistung des Ingenieurs zu bringen (BGH, Urteil vom 30. September 2004 - VII ZR 192/03, BGHZ 160, 284, 287). Es wäre aber nicht leistungsangemessen, wenn ein Ingenieur, der nur mit leichten Aufgaben betraut ist, davon profitieren würde, dass das Gesamtobjekt höhere Planungsanforderungen stellt. Ebenso unangemessen wäre es, wenn ein Ingenieur, der sehr schwierige Aufgaben zu bewältigen hat, deshalb nur ein niedriges Honorar erhielte, weil das Objekt im Übrigen nur geringe Planungsanforderungen stellt.

Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben. Das Berufungsgericht wird die erforderlichen Feststellungen treffen müssen, auf deren Grundlage beurteilt werden kann, ob die Langzeitzählstellen Teil einer Anlage des Straßenverkehrs im Sinne des § 51 Abs. 2 Nr. 1 HOAI sind. Es wird außerdem die Planungsleistungen der Klägerin entsprechend ihren Planungsanforderungen einer Honorarzone gemäß § 53 Abs. 1 HOAI zuzuordnen haben, ohne dass es dabei auf die Objektliste des § 54 HOAI zurückgreifen kann, die auf eine Gesamtbeauftragung zugeschnitten ist. Schließlich wird das Berufungsgericht erneut das nach den Mindestsätzen der HOAI berechnete Mindesthonorar zu ermitteln und die Wirksamkeit der Honorarvereinbarung zu beurteilen haben.

Ende der Entscheidung

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