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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 21.06.2001
Aktenzeichen: VII ZR 423/99
Rechtsgebiete: HOAI, BGB


Vorschriften:

HOAI § 8 Abs. 1
BGB § 196 Abs. 1 Nr. 7
HOAI § 8 Abs. 1 BGB § 196 Abs. 1 Nr. 7

Zur Verjährung einer Architektenhonorarforderung nach Erteilung einer Schlußrechnung, deren Prüfbarkeit der Auftraggeber in einem Vorprozeß bestritten hat.

BGH, Urteil vom 21. Juni 2001 - VII ZR 423/99 - OLG Oldenburg LG Oldenburg


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

VII ZR 423/99

Verkündet am: 21. Juni 2001

Heinzelmann, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. Juni 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Hausmann, Dr. Wiebel, Dr. Kuffer und Dr. Kniffka

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 13. Oktober 1999 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Widerklage in Höhe von 42.560,11 DM abgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Beklagten, die mit einem weiteren Gesellschafter eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts bilden, fordern mit ihrer Widerklage, soweit in der Revision von Interesse, von der Klägerin restliches Architektenhonorar für das Bauvorhaben Universität V.

Die Beklagten behaupten, die Klägerin habe sie 1989 beauftragt. Sie erteilten der Klägerin im Dezember 1991 eine Abschlagsrechnung, auf die die Klägerin einen Teilbetrag zahlte. In einem Vorprozeß hatten sie zunächst restliche Zahlung aus der Abschlagsrechnung und im weiteren Verlauf des Rechtsstreits aus zwei am 15. November und 7. Dezember 1995 erstellten Schlußrechnungen gefordert. Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hatte sie für unzulässig gehalten, da der weitere Gesellschafter mit der Klageerhebung nicht einverstanden gewesen sei. Jedenfalls seien die Ende 1995 erstellten Schlußrechnungen nicht prüfbar. Dieses Urteil ist seit dem 23. Februar 1996 rechtskräftig.

Mit ihrer im Januar 1999 erhobenen Widerklage verfolgen die Beklagten ihren Honoraranspruch bezüglich des Bauvorhabens Universität V. teilweise weiter. Sie haben unter dem 30. Dezember 1998 erneut eine Schlußrechnung über 259.608 DM erstellt, aus der sie einen Teilbetrag von 42.560,11 DM geltend machen. Ferner haben sie eine Einverständniserklärung des weiteren Gesellschafters mit der Prozeßführung vorgelegt. Beide Tatsacheninstanzen haben den Anspruch der Beklagten als verjährt angesehen. Dagegen wendet sich ihre Revision.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht führt aus, die Forderung der Beklagten sei verjährt. Die Verjährungsfrist habe Ende 1995 aufgrund der Vorlage der beiden Schlußrechnungen vom 15. November und 7. Dezember 1995, spätestens aber mit der Rechtskraft des Urteils im Vorprozeß zu laufen begonnen. Diese Rechnungen seien zwar möglicherweise nicht prüffähig gewesen. Darauf könnten sich die Beklagten nach Treu und Glauben jedoch nicht berufen. Auch wenn die Klägerin den Beklagten im Vorprozeß keine Frist gesetzt habe, eine prüfbare Rechnung zu erstellen, müßten sich die Beklagten so behandeln lassen, als sei ihnen eine solche Frist gesetzt worden und fruchtlos abgelaufen. Die Beklagten hätten im Vorprozeß nämlich deutlich gemacht, daß sie nicht willens seien, andere als die erstellten Schlußrechnungen vorzulegen. Sie hätten trotz der Hinweise der Gegenseite und des Senats in der letzten mündlichen Verhandlung auf ihrer Abrechnung als prüfbar bestanden. Unter diesen Umständen wäre eine nochmalige Aufforderung mit einer Fristsetzung seitens der Klägerin nutzlose Förmelei gewesen.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Der Beginn der Verjährung knüpft an die Entstehung und damit an die Fälligkeit der Forderung an. Die Honorarforderung eines Architekten wird gemäß § 8 Abs. 1 HOAI erst fällig, wenn dieser eine prüfbare Schlußrechnung erteilt (BGH, Urteil vom 11. November 1999 - VII ZR 73/99, BauR 2000, 589 = ZfBR 2000, 172).

2. Danach ist die geltend gemachte Honorarforderung nicht verjährt. Zugunsten der Beklagten ist davon auszugehen, daß die Rechnungen vom 15. November und 7. Dezember 1995 nicht prüfbar waren, da das Berufungsgericht die Frage ihrer Prüfbarkeit offenläßt. Nach der Feststellung des Berufungsgerichts haben die Beklagten am 30. Dezember 1998 erneut eine Schlußrechnung erstellt. Zugunsten der Revision ist von der Prüfbarkeit dieser Schlußrechnung, zu der das Berufungsgericht keine weiteren Feststellungen trifft, auszugehen. Damit ist die Forderung der Beklagten erst im Dezember 1998 fällig geworden.

3. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts müssen sich die Beklagten nicht nach Treu und Glauben so behandeln lassen, als habe die Verjährung der Honorarforderung schon mit der Vorlage der nicht prüfbaren Rechnungen im Jahre 1995 begonnen. Dazu besteht aufgrund ihres Verhaltens kein Anlaß.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bedeuten weder die Vorlage einer nicht prüfbaren Rechnung noch die späte Vorlage einer prüfbaren Rechnung für sich allein treuwidrige Verhaltensweisen eines Architekten. Vielmehr müssen zusätzliche Umstände gegeben sein, um aus Gründen von Treu und Glauben rechtliche Folgen einer Fälligkeit des Honoraranspruchs für einen Zeitraum annehmen zu können, in dem eine prüfbare Honorarschlußrechnung des Architekten noch nicht vorgelegen hat (Urteil vom 11. November 1999 - VII ZR 73/99 aaO). So hat der Bundesgerichtshof beispielsweise entschieden, ein Auftraggeber könne seinem mit der Schlußrechnung säumigen Architekten eine angemessene Frist zur Rechnungsstellung mit der Folge setzen, daß für die Frage der Verjährung nach Treu und Glauben bei weiterer Untätigkeit des Architekten von der Vorlage der Rechnung innerhalb angemessener Frist ausgegangen werden könne (Urteil vom 19. Juni 1986 - VII ZR 221/85, BauR 1986, 596 = ZfBR 1986, 232).

b) Den Feststellungen des Berufungsgerichts läßt sich ein treuwidriges Verhalten auf seiten der Beklagten nicht entnehmen. Zu Unrecht beruft es sich auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19. Juni 1986 - VII ZR 221/85 aaO. In dieser Entscheidung hat der Senat auf die Möglichkeit verwiesen, daß der Auftraggeber dem mit der Schlußrechnung säumigen Architekten eine Frist zur Rechnungsstellung setzt. Damit wird dem Architekten verdeutlicht, daß ein weiteres Zuwarten rechtliche Nachteile mit sich bringen könne. Das rechtfertigt es, dem Architekten nach Treu und Glauben die Berufung darauf zu versagen, die Verjährung habe mangels prüfbarer Rechnung bisher nicht beginnen können.

So liegt der Fall hier nicht. Die jetzige Klägerin hat sich im Vorprozeß gegenüber dem Honoraranspruch neben anderen Einwendungen mit der fehlenden Prüfbarkeit der im November und Dezember 1995 erteilten Schlußrechnungen verteidigt. Dieses Vorbringen war nicht geeignet, aus Gründen von Treu und Glauben rechtliche Folgen der Fälligkeit für einen Zeitpunkt annehmen zu können, in dem eine prüfbare Honorarschlußrechnung noch nicht vorgelegen hat. Es führte den jetzigen Beklagten nicht vor Augen, daß im Falle gerichtlich festgestellter fehlender Prüfbarkeit die Verjährung ihrer Vergütungsansprüche beginnen könne. Die Klägerin hatte daher keinen Anlaß für die Annahme gegeben, die Beklagten müßten sich bei rechtskräftiger Abweisung ihres Anspruchs wegen fehlender Prüfbarkeit so behandeln lassen, als sei ihnen zugleich eine angemessene Frist zur Vorlage einer prüffähigen Schlußrechnung gesetzt worden.



Ende der Entscheidung

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