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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 22.12.2003
Aktenzeichen: VIII ZB 76/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 574 Abs. 1
ZPO § 238 Abs. 2
ZPO § 522 Abs. 1 Satz 4
ZPO § 574 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

VIII ZB 76/03

vom 22. Dezember 2003

in der Rechtsbeschwerdesache

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Dezember 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und die Richter Dr. Beyer, Dr. Leimert, Wiechers und Dr. Wolst beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluß der 1. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 24. Juni 2003 wird verworfen.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens der Rechtsbeschwerde zu tragen.

Streitwert: 2.968,48 €.

Gründe:

I.

Mit Entscheidung des Amtsgerichts vom 28. März 2003, der Beklagten zugestellt am 3. April 2003, ist die Beklagte zur Zahlung von 920,32 € nebst Zinsen verurteilt worden und ist ihre auf 2.048,16 € gerichtete Widerklage abgewiesen worden. Am 5. Mai 2003, einem Montag, hat die Beklagte durch Schriftsatz ihres Prozeßbevollmächtigten vom selben Tag Berufung eingelegt. Die Begründung des Rechtsmittels ist am 5. Juni 2003 beim Landgericht eingegangen.

Nach einem Hinweis der Kammer darauf, daß die Berufungsbegründungsfrist bereits am 3. Juni 2003 verstrichen sei, hat die Beklagte beantragt, ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung dieser Frist zu gewähren.

Das Berufungsgericht hat den Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, nach dem Sachvortrag der Beklagten sei nicht ersichtlich, daß im Büro des Beklagtenvertreters eine hinreichende Fristenkontrolle gewährleistet sei. Auch aus den vorgelegten Versicherungen an Eides statt lasse sich nur entnehmen, daß die Büroleiterin die Fristeintragungen ihrer Kollegin als solches überprüfe. Dies sei nicht ausreichend, da damit keine Überprüfung daraufhin stattfinde, ob die Fristberechnung selbst sachlich richtig sei. Daher sei von einem Organisationsverschulden des Beklagtenvertreters auszugehen.

II.

Die gemäß § 574 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit §§ 238 Abs. 2, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil sie keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 ZPO).

Auf die von der Beklagten im Rahmen des § 574 Abs. 2 ZPO für bedeutsam gehaltenen Fragen kommt es nicht an. Dem Gesuch auf Wiedereinsetzung konnte schon deshalb nicht entsprochen werden, weil dem Vortrag der hierfür darlegungspflichtigen Beklagten (vgl. § 233 ZPO) nicht entnommen werden kann, daß in der Kanzlei ihres Prozeßbevollmächtigten für Rechtsmittelbegründungsfristen Vorfristen im Fristenkalender eingetragen werden. Fehlt eine entsprechende allgemeine Kanzleianordnung, liegt ein Organisationsverschulden vor (vgl. BGH, Beschluß vom 5. Oktober 1999 - VI ZB 22/99, NJW 2000, 365 unter II 1 c; Musielak/Grandel, ZPO, 3. Aufl., § 233 Rdn. 18 m.w.Nachw.). Dieses Organisationsverschulden ist auch ursächlich für die Fristversäumnis gewesen. Würden im Büro des Beklagtenvertreters für Rechtsmittelbegründungsfristen Vorfristen notiert, wäre vorliegend die Berufungsbegründungsfrist nicht versäumt worden. Dies ist auch für den Fall anzunehmen, daß nur eine von der Rechtsprechung als ausreichend erachtete Vorfrist von vier Tagen eingetragen worden wäre (BGH, Beschluß vom 5. Oktober 1999, aaO). Wäre dem Rechtsanwalt die Sache vier Tage vor dem (vermeintlichen Ablauf der Frist am) 5. Juni 2003, d.h. also spätestens am (Montag) 2. Juni 2003 vorgelegt worden, hätte er bei pflichtgemäßer Sorgfalt die Berufungsbegründungsfrist noch einhalten können. Zwar ist ein Rechtsanwalt nicht gehalten, Rechtsmitteleinlegungen noch am Tag der Vorlage zur Vorfrist abschließend zu bearbeiten. Es trifft ihn jedoch die Obliegenheit, nunmehr zu prüfen, ob das Fristende zutreffend notiert ist (BGH, Beschluß vom 27. Mai 1997 - VI ZB 10/97, NJW 1997, 2825 unter II 2).



Ende der Entscheidung

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